OGH 11Os163/98

OGH11Os163/9815.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Holy als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert N***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Satz 1 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Robert N***** und Erdem D***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Krems an der Donau vom 20. August 1998, GZ 14 Vr 189/98-126, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Staatsanwältin Mag. Fuchs, der Angeklagten Robert N***** und Erdem D***** sowie der Verteidiger Dr. Gahleithner und Dr. Kresbach zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Jovo M***** enthaltenden - Urteil wurden Robert N***** und Erdem D***** der Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 (Satz 1) zweiter Fall StGB (1) und der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach haben sie in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Milovan P***** und Dejan Z***** in Krems an der Donau und Wien

1. am 15. März 1998 versucht, Johann G***** jun. mit Gewalt unter Verwendung eines Baseballschlägers, sohin einer Waffe, 500.000 S Bargeld mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

2. gemeinsam mit Jovo M***** vom 16. bis 19. März 1998 versucht, Günter G***** und Johann G***** jun. durch gefährliche Drohung mit dem Tod, nämlich die Behauptung, es gebe einen Mordauftrag für Johann G***** jun., sein Leben müsse ihm 200.000 S wert sein, zu einer Handlung, nämlich zur Bezahlung von 200.000 S zu nötigen, wodurch Johann G***** jun. und Günter G***** an ihrem Vermögen geschädigt worden wären, wobei die Täter mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz handelten.

Die Geschworenen hatten die anklagekonform, gesondert für jeden Angeklagten gestellten Hauptfragen nach versuchtem schweren Raub (I a und b) - unter Ausschluß (§ 330 Abs 2 StPO) bandenmäßiger Begehung nach § 143 Satz 1 erster Fall StGB - sowie die beide Angeklagte betreffende Hauptfrage nach versuchter schwerer Erpressung (II) bejaht und die Zusatzfragen (1 und 2) nach freiwilligem Rücktritt vom Raubversuch jeweils verneint.

Gegen den Schuldspruch 2 richten sich die auf Z 6 des § 345 Abs 1 StPO gestützten - getrennt ausgeführten, jedoch inhaltsgleichen - Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagter. Erdem D***** bekämpft aus Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO auch den Schuldspruch 1.

Rechtliche Beurteilung

Zum Schuldspruch wegen versuchten schweren Raubes (1):

Zu Unrecht vermißt der Angeklagte Erdem D***** im Hinblick auf seine Bestreitung eines Waffeneinsatzes die Stellung einer Eventualfrage nach § (§ 15,) 142 Abs 1 StGB. Zu diesem Grundtatbestand normiert § 143 Satz 1 zweiter Fall StGB einen im Gesetz namentlich angeführten Strafänderungsgrund, der den Gegenstand einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) bilden, jedoch auch - wie hier - in die Hauptfrage aufgenommen werden kann (Mayerhofer StPO4 § 316 E 8). Den Geschworenen stand die Möglichkeit offen, die prozeßordnungsgemäß auch die Waffenqualifikation umfassende Hauptfrage I b mit einer entsprechenden Beschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) zu bejahen, worauf sie in der Einleitung zur Rechtsbelehrung (S 203/III) und durch die allgemeine Belehrung (§ 325 Abs 2 StPO) ausdrücklich hingewiesen wurden. In Ansehung der Qualifikation bandenmäßiger Begehung nach § 143 Satz 1 erster Fall StGB haben die Laienrichter von dieser Befugnis auch Gebrauch gemacht.

Entgegen der Instruktionsrüge (Z 8) wurden die Geschworenen hinsichtlich der Erfordernisse eines auch die Verwendung der Waffe umfassenden Vorsatzes jedes Beteiligten (§ 12 StGB) als subjektives Merkmal der Deliktsqualifikation nach § 143 Satz 1 zweiter Fall StGB belehrt. In der den Laienrichtern schriftlich erteilten Belehrung wurde zum Ausdruck gebracht, daß jeder Beteiligte als Täter anzusehen ist (S 205 f/III), und unter Anführung des Gesetzestextes sowie hinreichender Erläuterungen auch hinsichtlich der Deliktsqualifikation nach § 143 Satz 1 zweiter Fall StGB (S 225, 229 f/III) ausdrücklich darauf hingewiesen, daß, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, nur vorsätzliches Verhalten strafbar ist (§ 7 Abs 1 StGB), und sich der (zumindest) bedingte Vorsatz (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB) auch auf den Einsatz eines der Begehungsmittel beziehen muß (S 213, 229/III); die Rechtsbelehrung war daher fallbezogen nicht zur Beirrung der Geschworenen geeignet.

Zum Schuldspruch wegen versuchter schwerer Erpressung (2):

Im Hinblick auf die Behauptung des Angeklagten Erdem D*****, eine (Geld-)Forderung gegenüber Johann G***** jun. zu haben, rügen beide Beschwerdeführer das Unterbleiben einer Fragestellung nach §§ (15) 105, 106 Abs 1 StGB als Verletzung des § 314 Abs 1 StPO.

Eventualfragen sind nach dieser Bestimmung aber unter anderem nur dann zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden, die es in den Bereich der näheren Möglichkeit rücken, daß die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fällt, das nicht strenger ist als das in der Anklageschrift angeführte. Das Vorbringen muß dabei so konkret sein, daß bei Beachtung der objektiven Tatelemente die gewünschte Deutung des Geschehens logisch und empirisch naheliegend ist (Mayerhofer StPO4 § 314 E 16a).

Entgegen den Beschwerdestandpunkten war die Stellung der begehrten Eventualfrage hier jedoch nicht indiziert. Auch unter Berücksichtigung der - von den Geschworenen im übrigen nicht für glaubwürdig erachteten (Niederschrift zur Hauptfrage II) - Verantwortung des Angeklagten Erdem D***** in der Hauptverhandlung, das Erpressungsopfer habe ihm zur Tatzeit für Vermittlungstätigkeit 180.000 S geschuldet (S 15, 27, 57 f/III), bleibt ein auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteter Vorsatz dieses Angeklagten zumindest in Ansehung des Differenzbetrages zur Lösegeldforderung von 200.000 S (anklagekonforme Hauptfrage II) unbestritten, weshalb es an einem geeigneten Tatsachensubstrat für die Annahme eines (gänzlich) fehlenden Bereicherungsvorsatzes als Grundlage für die vermißte Fragestellung nach der Aktenlage fehlte (Mayerhofer aaO E 12 und 14).

Die Behauptung einer "unverständlichen Rechtsbelehrung" (der Sache nach - jedoch unsubstantiiert - Z 8) und die isolierte Wiedergabe einer zwar sprachlich unbefriedigenden, aber im Zusammenhang mit den übrigen Erläuterungen (S 235/III) leicht verständlichen Passage der Rechtsbelehrung vermag den Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO nicht zu begründen, weil die Rechtsbelehrung immer als Einheit und nicht nach ihren Teilstücken zu betrachten ist (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 50).

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB über Robert N***** (auch unter Anwendung des § 41 - zu ergänzen: Abs 1 Z 3 - StGB) eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, über Erdem D***** eine solche von sieben Jahren.

Bei der Strafzumessung wertete es bei Robert N***** als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, die Tatsache, daß es bei beiden Delikten beim Versuch geblieben ist, sein Alter unter 21 Jahren, den Beitrag zur Wahrheitsfindung sowie den Umstand, daß er zur Aufklärung des geplanten Raubüberfalles beigetragen hat; bei Erdem D***** als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die geistige Urheberschaft bei beiden geplanten Straftaten und die Intensität des Täterwillens, als mildernd den Umstand, daß es bei beiden Delikten beim Versuch geblieben ist, die Selbststellung und den Beitrag zur Wahrheitsfindung.

Gegen den Strafausspruch richten sich die Berufungen der Angeklagten N***** und D*****, in welchen beide eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, ersterer auch deren teilbedingte Nachsicht anstreben.

Die Strafzumessungsgründe sind insoweit ergänzungsbedürftig, als der Angeklagte D***** nicht nur Urheber der Straftaten war, sondern die übrigen Angeklagten zur Mitwirkung an diesen Taten angestiftet hat. Dieser Umstand ist bei ihm als erschwerend, beim Angeklagten N***** jedoch als weiterer Milderungsgrund (§ 34 Z 4 StGB) zu berücksichtigen.

Dessen ungeachtet besteht zu einer Korrektur der vom Geschworenengericht ausgemessenen Strafen kein Anlaß.

Die vom Angeklagten N***** behaupteten weiteren Milderungsgründe wurden vom Geschworenengericht ohnedies berücksichtigt. So wurde insbesondere der Beitrag zur Wahrheitsfindung und zur Aufklärung des Raubüberfalles ebenso wie die Tatsache, daß es zu keiner Tatvollendung kam, es also beim Versuch blieb, nicht nur als mildernd angeführt, sondern auch entsprechend gewichtet und daher die Freiheitsstrafe unter der gesetzlich vorgesehenen Untergrenze ausgemessen.

Im Hinblick auf den durch Beteiligung an zwei Verbrechen gezeigten Täterwillen, somit aus spezialpräventiven Aspekten, besteht für eine weitere Herabsetzung der Freiheitsstrafe oder die bedingte Nachsicht eines Teiles von ihr kein Grund.

Auch beim Angeklagten D***** wurden die in der Berufung geltend gemachten mildernden Umstände, nämlich der Beitrag zur Wahrheitsfindung und die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist, ohnedies vom Erstgericht berücksichtigt. Zutreffend hat es diesen Angeklagten aber auch als Urheber der Straftaten bezeichnet und ihm einen intensiven Täterwillen angelastet, weil er unmittelbar nach Scheitern des Raubüberfalles eine schwere Erpressung versucht hatte. Gerade diese Umstände sprechen in spezialpräventiver Hinsicht gegen eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und würde eine solche angesichts der nicht unbeträchtlichen Raubkriminalität in Österreich auch Belangen der Generalprävention nicht gerecht.

Beiden Berufungen kommt daher keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.

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