Spruch:
Der Revisionsrekurs des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß vom 16. 2. 1998 gemäß § 55a EheG geschieden, nachdem die Eheleute in der an diesem Tag stattgefundenen Tagsatzung einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hatten, in dem hinsichtlich der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse folgendes vereinbart wurde:
"5. Die beiden Antragsteller waren jeweils Hälfteeigentümer der Eigentumswohnung in K*****, O*****dorf 280. Diese Eigentumswohnung wurde nach Angaben der beiden Antragsteller bereits verkauft. Der Verkauferlös wird im Einvernehmen zwischen den Antragstellern zur Abdeckung der zur Finanzierung dieser Eigentumswohnung aufgenommenen Darlehen und Verbindlichkeiten verwendet, der Überling in Höhe von ca S 100.000 verbleibt im alleinigen Eigentum der Zweitantragstellerin;
6. beide Antragsteller unterhalten Konten bei der Sparkasse K*****, Filiale B*****. Zwischen den beiden Antragstellern besteht Einverständnis dahingehend, daß die jeweiligen Verbindlichkeiten auf den Konten von den jeweiligen Kontoinhabern und Antragstellern abgedeckt werden;
7. mit dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Titel der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, der Ersparnisse und Schulden gegenseitig abgegolten. Ansprüche aus dem Titel der Mitwirkung im Erwerb des anderen bestehen nicht".
Mit dem am 20. 8. 1998 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte der Antragsteller ein Aufteilungsverfahren hinsichtlich der ehelichen Wohnung samt Inventar einzuleiten; die Antragsgegnerin solle ua verpflichtet werden, einen Betrag von S 39.780 an ihn zu bezahlen; das Inventar solle in der Weise aufgeteilt werden, daß ihm wertmäßig in etwa die Hälfte desselben in natura zugesprochen werde.
Er brachte dazu vor, die Parteien seien bei Abschluß des Vergleiches vom 6. 2. 1998 der Meinung gewesen, die Wohnung sei bereits verkauft; nunmehr hätten sich die Verkaufsverhandlungen aber zerschlagen und habe die Wohnung bis heute nicht verkauft werden können. Auch das Inventar sei bisher nicht aufgeteilt worden. Anläßlich des Scheidungsvergleiches habe die Antragsgegnerin zugesichert, daß man sich in diesem Punkt ohnehin einigen und sie dem Antragsteller die Hälfte des Inventars herausgeben werde, was sie nunmehr aber verweigere. Die Wohnung sei mit diversen Krediten belastet; an Kreditrückzahlungen und Betriebskosten habe er seit März 1998 insgesamt S 79.560 bezahlt, welcher Betrag zur Hälfte der Antragsgegnerin zur Zahlung aufzuerlegen sei.
Die Antragsgegnerin wendete ein, der Antrag sei unzulässig, weil eine Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse bereits erfolgt sei.
Mit Beschluß ON 3 wies das Erstgericht den Antrag auf Einleitung eines Aufteilungsverfahrens hinsichtlich der ehelichen Wohnung im Umfange der Aufteilung der aufgenommenen Kredite und im Umfang der Festlegung der aufgelaufenen Betriebskosten zurück.
Es stellte fest, die Streitteile hätten anläßlich der Tagsatzung vom 16. 2. 1998 dem Gericht gegenüber erklärt, die Eigentumswohnung sei bereits verkauft, es sei jedoch beiden bekannt gewesen, daß der Verkauf der Wohnung noch nicht abgewickelt gewesen sei, sie hätten sich daher bei Abschluß des Scheidungsvergleiches diesbezüglich nicht in einem Irrtum befunden.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Meinung, Voraussetzung für eine nachträgliche neuerliche Antragstellung auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sei, daß die seinerzeitige Aufteilung aus Irrtum oder Unkenntnis eines Teiles oder beider Teile bezüglich einzelner Vermögensbestandteile unvollständig geblieben und darüber keine einvernehmliche Regelung zu erzielen sei. Da beiden Eheleuten bekannt gewesen sei, daß der Verkauf der Wohnung noch nicht endgültig abgewickelt sei und sie sich nicht in einem Irrtum befunden hätten, sei eine richterliche Entscheidung im außerstreitigen Verfahren unzulässig.
Mit Beschluß ON 9 ergänzte das Erstgericht den Beschluß dahin, daß auch der Antrag auf Einleitung eines Aufteilungsverfahrens im Umfang der Aufteilung des Inventars der ehelichen Wohnung zurückgewiesen wurde.
Das vom Antragsteller angerufene Rekursgericht bestätigte die angefochtenen Entscheidungen und sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand S 260.000 nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht schloß sich der Ansicht des Erstgerichtes an, daß eine neuerliche Antragstellung auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wenn bereits im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren hierüber eine Vereinbarung erfolgt oder ein gerichtliches Verfahren abgewickelt worden sei, nur dann zulässig sei, wenn die seinerzeitige Aufteilung aus Irrtum oder Unkenntnis eines Teiles oder beider Teile unvollständig geblieben und darüber keine einvernehmliche Regelung zu erzielen sei. Es liege keine unvollständige Aufteilung vor, weil die Eheleute hinsichtlich der Wohnung einschließlich der sie belastenden Kredite eine abschließende Regelung getroffen hätten, mit welcher mit den Mitteln ergänzender Vertragsauslegung durchaus der von ihnen nicht bedachte Problemfall, daß weiterhin Kreditzahlungen und Betriebskosten zu leisten seien, gelöst werden könne. Auch hinsichtlich des Inventars sei die abgeschlossene Vereinbarung nicht aus Irrtum oder Unkenntnis unvollständig geblieben. Nach den Behauptungen des Antragstellers sei nämlich anläßlich des Vergleichsabschlusses mündlich von der Antragsgegnerin zugesichert worden, daß er die Hälfte des Inventars erhalte. Da er nunmehr wertmäßig die Hälfte anspreche, könne dieses Vorbringen nur so verstanden werden, daß er mit diesem Vorschlag einverstanden gewesen und auch insoweit eine mündliche Vereinbarung zustande gekommen sei, welche nach § 97 Abs 2 EheG auch gültig sei. Auch diese müsse der Antragsteller gegebenenfalls im streitigen Verfahren durchsetzen.
Da das Erstgericht sohin zu Recht davon ausgegangen sei, daß die abgeschlossene Vereinbarung nicht infolge Irrtums oder Unkenntnis unvollständig sei, seien die angefochtenen Beschlüsse - allerdings mit der Maßgabe, daß der Antrag abgewiesen werde - zu bestätigen.
Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil eine oberstgerichtliche Judikatur zur Möglichkeit einer neuerlichen Antragstellung nach §§ 229 ff AußStrG für den Fall, daß die abgeschlossene Vereinbarung nur mit den Mitteln der ergänzenden Vertragsauslegung zur Problemlösung herangezogen werden könne, nicht existiere.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß seinen Anträgen vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Antragstellers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Rekursgerichtes ist gemäß § 16 Abs 3 AußStrG nicht bindend - nicht zulässig.
Der Antragsteller vertritt in seinem Rechtsmittel die Ansicht, es werde ihm durch die Entscheidung des Rekursgerichtes das Recht verweigert, seine aus der Scheidung resultierenden Ansprüche im hiefür vorgesehenen Außerstreitverfahren durchzusetzen; dies obwohl die Lösung der Fragen, wer von den Streitteilen zur Kreditrückzahlung verpflichtet sei bzw wie das Inventar billigerweise aufzuteilen sei, nur mit den rechtsgestaltenden Mitteln des Außerstreitverfahrens möglich sei, weshalb Nichtigkeit vorliege. Eine Mangelhaftigkeit liege darin, daß die Feststellung des Rekursgerichtes, es sei eine Einigung hinsichtlich des Inventars erzielt worden, im Beweisverfahren keine Deckung finde. Letztlich liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, weil die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung hinsichtlich der Aufteilung der Ehewohnung unvollständig gewesen sei. Es sei keine Regelung für den Fall getroffen worden, daß sich der Verkauf der Ehewohnung verzögere, bzw der Verkaufserlös hinter den Vorstellungen zurückbleibe. Da es in der Folge zu keiner Lösung dahin gekommen sei, wer bis zum Verkauf der Wohnung (Ende November 1998) die Kreditrückzahlungen und die anfallenden Betriebskosten zu leisten habe, sei ein darüber durchzuführendes Aufteilungsverfahren zulässig. Die Aussage der Streitteile vor dem Scheidungsrichter, daß "die Wohnung bereits verkauft sei" könne jedenfalls als gemeinsamer Irrtum bezeichnet werden, auch wenn beide Teile gewußt hätten, daß der Kaufvertrag noch nicht rechtsgültig gewesen sei. Selbst wenn man das Vorliegen eines Irrtums verneine, sei erwiesen, daß die Vereinbarung unvollständig geblieben sei, weil Regelungen für den Fall eines erst viel späteren Verkaufs der Ehewohnung fehlten.
In bezug auf das eheliche Inventar sei überhaupt keine gültige Vereinbarung getroffen worden, weshalb jedenfalls ein Anspruch auf gerichtliche Aufteilung bestehe.
Zu all diesen Fragen besteht aber eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, mit der die Entscheidung des Rekursgerichtes im Einklang steht.
Zwar ist der im Scheidungsvergleich abgegebene Verzicht auf ein Aufteilungsverfahren wegen der schon aus Art 6 Abs 1 erster Satz MRK abzuleitenden generellen Unzulässigkeit eines Rechtschutzverzichtsvertrages unwirksam (7 Ob 99/98d).
Aus §§ 85, 97 Abs 2 EheG und § 230 Abs 1 letzter Satz AußStrG ergibt sich aber, daß der Gesetzgeber der gütlichen Einigung der Ehegatten über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse den Vorrang gegenüber einer gerichtlichen Aufteilung einräumt; der Außerstreitrichter hat daher nur dann und insoweit zu entscheiden, als eine Einigung nicht erfolgte. Trotz Einigung der Eheleute über die wesentlichen Folgen der Scheidung ihrer Ehe kann innerhalb der gesetzlichen Fristen ein Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG und §§ 229 ff AußStrG eingeleitet werden, wenn eine solche Aufteilung wegen Irrtums oder Unkenntnis eines Teiles oder beider Teile in bezug auf einzelne Vermögensbestandteile unvollständig geblieben und hierüber kein Einvernehmen zu erzielen ist. Es widerspräche dem Zweck der gesetzlichen Aufteilungsanordnung, dem betroffenen Ehegatten die Durchsetzung des restlichen Aufteilungsanspruches zu verweigern. In einem solchen Fall sind jene Vermögensgegenstände aufzuteilen, bezüglich deren Aufteilung das Gericht angerufen wurde (RIS-Justiz RS0008585; zuletzt 7 Ob 99/98d). Die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung ist nun weder hinsichtlich der Wohnung und den damit verbundenen Lasten noch hinsichtlich des Inventars infolge eines Irrtums oder der Unkenntnis eines oder beider Teile in bezug auf einzelne Vermögensbestandteile unvollständig geblieben. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wußten die Streitteile, daß die Ehewohnung noch nicht verkauft war, sie haben auch eine Regelung über die Abdeckung der zur Finanzierung der Ehewohnung aufgenommenen Darlehen und Verbindlichkeiten getroffen. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist daher die mit der Antragsgegnerin getroffene Vereinbarung nicht unvollständig geblieben. Aber auch hinsichtlich des Inventars sind die Voraussetzungen einer Aufteilung nicht gegeben. Daß die Aufteilung wegen Irrtums oder der Unkenntnis eines Teiles oder beider Teile in bezug auf das Inventar unvollständig geblieben sei, wurde gar nicht behauptet. Unabhängig davon, ob nun hinsichtlich des Inventars eine (mündliche) Vereinbarung getroffen wurde, liegt keine Unvollständigkeit der Aufteilung vor, die auf einen Irrtum oder die Unkenntnis eines oder beider Teile in bezug auf dieses zurückzuführen wäre.
Was die Frage der Durchsetzung oder Anfechtung einer nach § 97 Abs 2 EheG zulässig getroffenen Vereinbarung betrifft, entspricht es der neueren ständigen Rechtsprechung, daß es dem Außerstreitrichter verwehrt ist, vor erfolgreicher Anfechtung des Scheidungsvergleiches materiell eine Aufteilung vorzunehmen (RIS-Justiz RS0008518; zuletzt 7 Ob 99/98d).
Die Entscheidung des Rekursgerichtes steht mit dieser Judikatur in Einklang, weshalb die Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht gegeben sind. Der Revisionsrekurs des Antragstellers war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 234 AußStrG. Es würde den Grundsätzen der Billigkeit widersprechen, der Antragsgegnerin, die auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses des Antragstellers nicht hingewiesen hat, die Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung zuzusprechen.
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