OGH 15Os192/98

OGH15Os192/9828.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 1999 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomas S***** und andere Angeklagte wegen des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Thomas S*****, Zilvinas Ba***** und Saulius L***** sowie die Berufung des Angeklagten Peter Be***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 1. September 1998, GZ 36 Vr 769/98-123, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Schroll, der Angeklagten und der Verteidiger Dr. Lebitsch, Dr. Lechenauer und Dr. Krause, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Thomas S***** des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen gewerbsmäßig verübten Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG (B.), Zilvinas Ba***** und Saulius L***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A.) sowie Peter Be***** des als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) begangenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (C.) schuldig erkannt.

Danach haben den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift mit Beziehung auf eine das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) überschreitenden Menge

(zu A.) Ba***** und L***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter über Auftrag des abgesondert verfolgten Aldas B***** zunächst am 4. April 1998 1.286,8 Gramm Kokainzubereitung (rund 985 Gramm reine Kokainbase enthaltend, vgl US 11) aus Litauen aus- [durch Polen und Deutschland durch-] und an einem unbekannten Ort nach Österreich eingeführt, sodann am 5. April 1998 im Gemeindegebiet zwischen Henndorf und Eugendorf durch Übergabe an Thomas S***** in Verkehr gesetzt;

(zu B.) S***** teils in Verkehr gesetzt, teils in Verkehr zu setzen versucht, nämlich

I. am 5. April 1998 in Mondsee gewerbsmäßig dadurch, daß er 1.059 Gramm Kokain an Karl K***** (in Wahrheit eine Vertrauensperson der Polizei) zu übergeben trachtete, wobei es zufolge rechtzeitigen Einschreitens der Sicherheitsbehörden beim Versuch geblieben war;

II. am 5. April 1998 gewerbsmäßig dadurch, daß er (in Straßwalchen) weitere 227,8 Gramm Kokainzubereitung an Roland M***** zu übergeben suchte, wobei es zufolge Sicherstellung des Kokains beim Versuch geblieben war;

III. im März 1998 durch Verkauf nachangeführter Mengen Kokain und in einem Fall (6.) Ecstasy-Tabletten an nachgenannte Personen, und zwar an

1. Thomas E***** 37 Gramm,

2. Christian P***** 7 Gramm,

3. Helmut N***** 5 Gramm,

4. Peter Be***** 3 Gramm,

5. Stefan Sch***** 5 Gramm,

6. Roland M***** 30 Gramm sowie 96 Stück Ecstasy-Tabletten und

7. Karl K***** ca. 6,5 Gramm;

(zu C.) Be***** zu der unter B.I. geschilderten Versuchstat dadurch beigetragen, daß er den Thomas S***** mit seinem PKW zum geplanten Übergabeort des Kokains bzw in die Nähe dieses Übergabeortes brachte und die 1.059 Gramm Kokain bis zur geplanten Übergabe in seinem PKW lagerte.

Gegen dieses Urteil richtet sich eine auf Z 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***** sowie die aus Z 4, 5, 9 lit a und 10 leg. cit. (in einer gemeinsamen Rechtsmittelschrift) erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Ba***** und L*****. Zur Beschwerde des Angeklagten S*****

(ON 139):

Rechtliche Beurteilung

Die zum Schuldspruch B.I. ausgeführte Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, es liege ein absolut untauglicher Versuch vor, weil der vom Angeklagten kontaktierte Suchtgiftabnehmer in Wahrheit ein Gendarmeriekonfident gewesen sei, sodaß die diesem Schuldspruch zugrundeliegende strafbare Handlung gleichsam unter polizeilicher Aufsicht stattgefunden habe und der vom Gesetz inkriminierte Erfolg, nämlich das Inverkehrsetzen von Suchtgift, bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung des Handlungsablaufs gar nicht hätte eintreten können.

Dieses Vorbringen setzt sich über die herrschende Rechtsprechung hinweg, von der abzugehen der aktuelle Fall keinen Anlaß bietet. Danach scheitert nämlich bei einer Weitergabe von Suchtgift an einen Vertrauensmann der Sicherheitsbehörde die Herbeiführung des verpönten Erfolges (Inverkehrsetzen des Suchtgiftes) bloß an den zufälligen Umständen des Einzelfalles, wogegen die Tathandlung in abstracto zur Deliktsvollendung durchaus geeignet ist (EvBl 1979/73, 1988/139, RZ 1989/6; 15 Os 159/88, 13 Os 28/90 uam).

Im Zusammenhang mit der Tauglichkeitsprüfung des Versuchs beruft sich die Beschwerde im Widerspruch zu den vorangehenden Beschwerdeausführungen auf die in SSt 57/81 wiedergegebene Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofs zur hier nicht in Frage kommenden Untauglichkeit des Objekts.

Mit dem in der Strafzumessungsrüge (Z 11) aus der Förderung der kriminellen Tätigkeit durch den als Vertrauensmann der Sicherheitsbehörde agierenden Karl K***** abgeleiteten Verstoß gegen § 25 StPO wird dieser Nichtigkeitsgrund in keiner einer sachbezogenen Erörterung zugänglichen Weise dargestellt, weil es an jedweder näheren Substantiierung des Vorbringens fehlt, inwieweit dadurch der Strafausspruch nichtig sein soll.

Dessen ungeachtet sei angemerkt:

Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer dem Vertrauensmann der Gendarmerie von sich aus, also ohne Verleitung im Sinne des § 25 StPO, die Lieferung auch größere Mengen Kokain von hervorragender Qualität angeboten hat (US 8), würde selbst eine durch Vertrauenspersonen der Sicherheitsbehörde bewirkte und dem Verbot des § 25 StPO zuwiderlaufende Verleitung des Angeklagten zur Unternehmung, Fortsetzung oder Vollendung einer von ihm selbst begonnenen strafbaren Handlung an der Beurteilung der Tathandlung als tauglicher (und damit strafbarer) Versuch des Delikts nach § 28 Abs 2 erster Fall, Abs 3 und Abs 4 Z 3 SMG nichts ändern, weil ein (allfälliger) Verstoß gegen diese Verfahrensbestimmung weder (wie dargelegt) eine mangelnde Versuchstauglichkeit noch andere materiellrechtliche Folgen nach sich ziehen würde (Leukauf/Steininger Komm3 RN 35 zu § 15; Hager/Massauer in WK Rz 104 f §§ 15, 16; JBl 1992,198; 13 Os 36/95, 11 Os 161,162/96; vgl auch 15 Os 68/98 und 15 Os 181/98).

Soweit der Nichtigkeitswerber schließlich im Rahmen der Berufungsausführungen in der Berücksichtigung der fast dreifachen Überschreitung der übergroßen Menge einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO) erblickt, wird (der Sache nach) ein Berufungsgrund releviert. Zu den Beschwerden der Angeklagten Ba*****

und L***** (ON 138):

Eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte (Z 4) erblicken die Beschwerdeführer in der Abweisung dreier von ihrem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellter Beweisanträge (129/IV), und zwar auf

1. Ausforschung und Ladung jener Beamten, "welche die Observation der Angeklagten von der Tankstelle E***** bis zum Waldstück durchgeführt haben", zum Beweise dafür, daß die Angeklagten Ba***** und L***** keinerlei Kokain aus dem PKW Opel Omega herausgeholt und an S***** übergeben haben;

2. Untersuchung der Frontabdeckung der Lüftungsschächte des Opel Omega auf Fingerabdrücke der beiden Beschwerdeführer zum Beweis dafür, daß diese weder mit der Frontabdeckung noch mit den Lüftungsschächten hantiert und diese nicht berührt haben;

3. Einvernahme der Dolmetscherin Tamara H***** zum Beweis dafür, daß die Gendarmeriebeamten anläßlich der Vernehmung der beiden Angeklagten vor Abnahme der Kleidung zur Untersuchung mit nicht verpacktem Kokain offen hantiert haben.

Dem ersten Beweisantrag liegt (den übereinstimmenden Verfahrensergebnissen entsprechend) zugrunde, daß die Observation nur bis zum Waldstück, die Übergabe des Kokains an S***** jedoch im Waldstück erfolgte. Davon geht das Urteil auch aus (US 9, 14 f). Der angebotene Beweis kann somit nicht nachweisen, daß die Übergabe (das Inverkehrsetzen) des Suchtgifts nicht im Waldstück erfolgte. Soweit die Beschwerdeausführungen aber über dieses Thema hinausgehen, müssen sie - als prozessual verspätet - auf sich beruhen.

Zu den beiden verbleibenden Punkten ist auf die zutreffende und sachgemäße Begründung des bekämpften Zwischenerkenntnisses zu verweisen, wonach die unter Beweis gestellten Umstände keine schuldrelevanten Aspekte betreffen, insbesondere aber keinen Schuldausschluß der Beschwerdeführer indizieren oder allfällige Rückschlüsse auf die Stichhältigkeit anderer Beweisergebnisse zulassen (130/IV).

Im übrigen wären die Nichtigkeitswerber verpflichtet gewesen, schon bei Antragstellung darzulegen, warum bei Durchführung dieser Anträge trotz der sich dem Tatgericht im Zeitpunkt der Entscheidung darüber bietenden Sach- und Beweislage erwartet werden kann, daß die Beweisdurchführung auch tatsächlich das vom Antragsteller erwartete Ergebnis haben werde (Mayerhofer, StPO4 § 281 Z 4 E 19 ff). Bezüglich der Kontaminierung der Angeklagten schließlich hat sich das Erstgericht zur Schuldspruchsbegründung auf eine solche im PKW gestützt (US 15 und 17) und jene der Kleidung lediglich illustrativ erwähnt.

Durch die zu Recht unterbliebenen Beweisaufnahmen erfuhren die Verteidigungsrechte der Angeklagten jedenfalls keine Schmälerung.

Dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z 5) zuwider ist das bekämpfte Urteil in bezug auf die Zeit des Kokainschmuggels nach Österreich weder undeutlich noch in sich widersprüchlich. Die in den Gründen konstatierte Einfuhr am selben Tag (5. April 1998) "bzw am Vortag" (US 9 Mitte) ermöglicht im gebotenen Zusammenhang mit der unmißverständlichen Datierung des Urteilsspruchs (US 2) eine hinreichende Individualisierung des Tatgeschehens in zeitlicher Hinsicht (Mayerhofer aaO § 260 E 32 ff).

Sowohl in Ausführung der weiteren Mängelrüge als auch in der auf Z 9 lit a gestützten Rechtsrüge - insoweit jedoch beide Male verfehlt -, aber - korrekt - in der Subsumtionsrüge (Z 10) vermissen die Nichtigkeitswerber ausreichende Feststellungen zur subjektiven Tatseite in bezug auf die Einfuhr und Übergabe einer großen bzw übergroßen Menge Kokain im Sinn der Qualifikationen nach § 28 Abs 2 und Abs 4 Z 3 SMG.

Soweit die Rechtsrügen die vom Erstgericht konstatierte Tatsache der Übergabe von 1.286,8 Gramm Kokain als "angeblich" und die Verwirklichung des "Grundtatbestandes" (gemeint: § 27 Abs 1 SMG) in Frage stellen, orientieren sie sich nicht am Tatsachensubstrat und bringen den relevierten materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Was hingegen den als fehlend reklamierten (zumindest bedingten) Vorsatz zur großen bzw übergroßen Menge anlangt, ist auf die schöffengerichtlichen Konstatierungen zu verweisen, denenzufolge Ba***** und L***** über Auftrag des abgesondert verfolgten B***** 1.286,8 Gramm Kokain in mehreren Päckchen von Litauen über einen unbekannten Grenzübergang nach Österreich "einschmuggelten", in einem Waldstück zwischen Eugendorf und Henndorf das Kokain, welches sich in mehreren Päckchen befand, aus einem Versteck des PKW hervorholten und dem Mitangeklagten Thomas S***** übergaben (US 2, 9, 11).

Diese Urteilsfeststellungen beschreiben deliktsspezifische Tathandlungen, die naturgemäß nur wissentlich und willentlich - also zumindest vorsätzlich im Sinne des § 5 Abs 1 StGB - verübt werden konnten. Sie enthalten darüber hinaus aber auch ein ausreichendes Substrat für die berechtigte Annahme, daß die Aus- und Einfuhr sowie das Inverkehrsetzen einer übergroßen Menge (§ 28 Abs 4 Z 3 SMG) von ihrem zumindest bedingte Vorsatz umfaßt war. Liegt es doch auf der Hand, daß nach dem Wissensstand der zwei Kuriere des litauischen Kokainlieferanten B***** (US 9 oben), die in seinem Auftrag vorsatzgemäß mehr als 1 1/4 kg Kokain (mit rund 950 Gramm Reinsubstanz) von Litauen nach Österreich transportierten und an einem geheimen Ort übergaben, die übergroße Menge (die bei Kokain bei 375 Gramm reiner Kokainbase liegt), nicht nur bewußt in Kauf genommen, sondern geradezu gewollt haben. Selbst wenn sie die tatsächliche Qualität nicht gekannt hätten, sondern bloß von einer Durchschnittsqualität ausgegangen wären, hätten sie das Quantum der übergroßen Menge bei weitem überschritten.

Schlichtweg unverständlich ist Punkt 1 der Rechtsmittelanträge, "nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten"; denn der (der Sache nach damit relevierte) Nichtigkeitsgrund des § 281a StPO (Entscheidung eines unzuständigen Oberlandesgerichtes über einen Anklageeinspruch oder eine Versetzung in den Anklagestand), auf den § 288a StPO abstellt, konnte im vorliegenden Verfahren nicht verwirklicht werden, weil ein Oberlandesgericht in diesem Zusammenhang gar nicht angerufen worden ist (s. ON 112, 113 und 114).

Die zur Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 35 Abs 2 StPO abgegebene Äußerung beschränkt sich auf eine teilweise Wiederholung der Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren sonach insgesamt zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte nach § 28 Abs 4 SMG über S***** fünf Jahre, über Ba***** und L***** je vier Jahre und über Peter Be***** zwei Jahre Freiheitsstrafe, wobei es diesem gemäß § 43a Abs 3 StGB einen Strafteil von achtzehn Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend bei allen vier Angeklagten die dreifache Überschreitung der übergroßen Menge, beim Angeklagten S***** darüber hinaus die Anstiftung des Be*****, die mehrfache "Qualifikation" (gemeint: Eignung) des Deliktes zum Verbrechen und insbesonders den Umstand, daß der Angeklagte als sportliches Vorbild mehrere junge Sportkollegen von sich aus mit Suchtgift versorgte und diese zu Suchtgiftkonsumenten machte. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber bei S***** das Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit und die Tatsache, daß es teilweise beim Versuch des Verbrechens geblieben ist; bei Be***** das Geständnis, die Anstiftung durch S*****, die bisherige Unbescholtenheit, daß es beim Versuch geblieben ist und daß er eine untergeordnete Rolle gespielt hat; bei Ba***** und L***** deren Unbescholtenheit.

Dagegen richten sich die Berufungen der vier Angeklagten, mit denen sie die Herabsetzung ihrer Freiheitsstrafen beantragen, S*****, Ba***** und L***** darüber hinaus teilbedingte Strafnachsichten gemäß § 43a StGB, während Be***** die gänzliche bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 StGB begehrt.

Keine dieser Berufungen ist berechtigt.

Voranzustellen ist, daß bei Erledigung der Berufungen der festgestellte Urteilssachverhalt zugrunde zu legen ist. Soweit daher in den Berufungsausführungen von sachverhaltsfremden und von den Berufungswerbern günstiger dargestellten Prämissen ausgegangen wird, ist darauf keine Rücksicht zu nehmen. Für alle Rechtsmittelwerber gilt grundsätzlich zudem, daß das Erstgericht die Strafzumessungsgründe - von geringfügigen Korrekturen abgesehen - im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt, und auch ihrem Gewicht entsprechend gewürdigt hat.

Der Berufung des Angeklagten S***** zuwider wurde keineswegs übersehen, daß sein reumütiges und umfassendes Geständnis auch wesentlich zur Wahrheitsfindung, insbesonders zur Ausforschung der Suchtgiftlieferanten und Suchtgiftabnehmer beigetragen hat (vgl US 13 ff). Der Einwand, er sei vom Polizeispitzel Karl K***** erst zum Kokainkonsum "verführt" worden, widerspricht in dieser Form der Aktenlage. Daß dieser zunächst mehrfach kleine Mengen Kokain angenommen und sodann den Kauf von 1 kg Kokain sowie die näheren Übergabemodalitäten mitgetragen hat, kann den Rechtsmittelwerber auch unter Hinweis auf § 25 StPO nicht zusätzlich begünstigen.

Wegen der Gefährlichkeit der tatverfangenen Suchtgiftquantität und Suchtgiftqualität wurde die nahezu dreifache Überschreitung der Übermenge im Lichte der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung gemäß § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB zutreffend als Erschwerungsgrund in Rechnung gestellt. Die in der Berufungsschrift isoliert hervorgehobene "besondere Verantwortung als internationaler Spitzensportler" ist angesichts der lebensnahen und zutreffend angeführten Strafzumessungserwägungen (US 19) nicht zielführend. Ebensowenig akten- und urteilskonform wird das schlichtweg nur als Krankheit dargestellte Abgleiten in die Suchtmittelabhängigkeit ins Treffen geführt.

Das Vorbringen hinwieder, eine Verurteilung nach § 28 Abs 4 SMG (Strafdrohung von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe) zeitige nahezu immerwährende Folgen, die das bürgerliche und familiäre Leben des Angeklagten nachhaltig und nahezu unwiderbringlich zerstöre, läßt die vom Gesetzgeber normierten Zwecke des Strafvollzuges (vgl § 20 StVG) völlig außer acht.

Die Berufung des Peter Be***** zeigt gleichfalls keine neuen Aspekte auf, die für seine aktuelle Beitragstäterschaft eine mildere Beurteilung zuließen, zumal auch bei ihm ein "umfassendes Geständnis" angenommen wurde (US 13). Daß seine "Tatbeteiligung/-Beitragshandlung im auffallenden Widerspruch zum sonstigen tadelfreien gesamten Leben" steht, widerspricht seiner eigenen Verantwortung (123 f und US 3) über den zeitlich vorangegangenen wiederholten Kokainerwerb und -konsum. Mit einer "Unkenntnis", durch seinen geleisteten kausalen Tatbeitrag eine strafbare Handlung begangen zu haben, hat sich der Berufungswerber im Verfahren nicht ernstlich verantwortet. Von einem Umstand, der einem Schuldausschließungsgrund nahekommt oder von einer Begehung der Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum in Verbindung mit der "Unbesonnenheit" in der Annahme, er würde mangels direkter Kontaktnahme mit dem Suchtgift an keiner strafbaren Handlung beteiligt sein, kann daher keine Rede sein.

Was bei der gegebenen Sachkonstellation unter einer "Unterlassungsbeteiligung am Versuch" zu verstehen ist, kann dem Berufungsvorbringen nachvollziehbar nicht entnommen werden.

Die aktenkundigen wiederholten Suchtgiftkontakte in der Vergangenheit in Verbindung mit dem Abgleiten in die schwere Suchtgiftkriminalität schließen die Gewährung der gänzlichen bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB sowohl aus spezialpräventiven wie auch aus generalpräventiven Rücksichten aus.

Den Berufungen der Angeklagten Ba***** und L***** ist zu entgegnen, daß ihnen kein erkennbarer Nachteil daraus entstanden ist, daß die ungefähr zweieinhalbfache Überschreitung der "Übermenge" (in der Beschwerdeschrift wird einmal versehentlich von "Grenzmenge" gesprochen) als besonderer Erschwerungsgrund gewertet wurde oder - wie die Berufungswerber meinen - höchstens im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB zu berücksichtigen gewesen wäre. Verläßliche Hinweise für eine begründete, somit sich erschwerend auswirkende Begehung sonstiger größerer Suchtgiftgeschäfte sind der Aktenlage in der Tat nicht zu entnehmen. Die "Sicherstellung des gesamten Suchtgiftes" hinwieder kommt ihnen deshalb nicht mit dem gewünschten Gewicht zugute, weil sie das tatverfangene Kokain erfolgreich aus- und eingeführt sowie durch Übergabe an S***** bereits in Verkehr gesetzt hatten. Nicht nachvollziehbar ist, inwiefern ihnen bei der gegebenen Sachlage im Sinne des § 32 Abs 2 StGB mildernd zugerechnet werden sollte, daß sie als Folge des Bekanntwerdens ihrer Straftaten aus ihrem bisherigen Leben in Litauen herausgerissen wurden und einer beträchtlichen psychischen Belastung ausgesetzt waren. Der Einwand einer Tatbegehung "in untergeordneter Weise als kleine Kuriere" verkennt ihre entscheidende und maßgebende Rolle bei Durchführung des inkriminierten Suchtgiftverbrechens.

Als zusätzlich erschwerend belastet beide Rechtsmittelwerber allerdings, daß sie mehrere strafbare Handlungen derselben und verschiedener Art verübt haben (mehrfache Aus- und Einfuhr sowie Inverkehrsetzen einer übergroßen Menge Kokain).

In Abwägung der Strafzumessungsgründe sowie unter gebotener Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) entsprechen die vom Schöffengericht für die vier Angeklagten gefundenen Sanktionen sowohl dem hohen Maß an personaler Täterschuld als auch dem relativ hoch zu veranschlagenden Unwertgehalt ihrer Straftaten. Eine Strafreduktion kommt demnach (auch in Anbetracht der gesetzlichen Strafdrohung) bei keinem der Berufungswerber in Frage. Da bei S*****, Ba***** und L***** die Milderungsgründe die erschwerenden Umstände keineswegs beträchtlich überwiegen und auch keine begründete Aussicht besteht, daß die Täter selbst bei Verhängung geringerer Freiheitsstrafen keine weiteren strafbaren Handlungen begehen, ist die Anwendung des § 41 Abs 3 iVm § 43a Abs 4 StGB ausgeschlossen.

Aus den dargelegten Gründen war sohin den Berufungen ein Erfolg zu versagen und insgesamt wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

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