OGH 15Os181/98

OGH15Os181/9817.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Rouschal, Dr. Schmucker und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Cihlar als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Avdija S***** und andere Angeklagte wegen des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen gewerbsmäßig und bandenmäßig begangenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster und zweiter Fall SMG sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Karel Va*****, Muazim Ve***** und Bekim H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 20. Mai 1998, GZ 8 Vr 3234/96-176, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalprokurators Dr. Strasser, der Angeklagten Va*****, Ve***** und H*****, der Verteidiger Dr. Erland, Dr. Ruhri und Dr. Insam sowie der Dolmetscher Mag. Beran und Mag. Lakits zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Voranzustellen ist, daß der besseren Übersicht halber im folgenden die buchstaben- und ziffernmäßige Faktenbenennung aus dem im ersten Rechtsgang gefällten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. Juli 1997, GZ 8 Vr 3234/96-131, übernommen und - unter Wiedergabe des entscheidenden Urteilssachverhalts - sämtliche Deliktsqualifikationen nach den Bestimmungen des mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen SMG, BGBl I Nr 112/1997 idF BGBl I Nr 30/1998, bezeichnet werden (§ 48 SMG iVm §§ 1, 61 StGB).

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch des Angeklagten Ve***** und einen rechtskräftigen Schuldspruch des Angeklagten S***** enthält, wurden die Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** (im zweiten Rechtsgang) unter Einbeziehung der bereits im ersten Rechtsgang (ON 131 in Verbindung mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 15. Jänner 1998, GZ 15 Os 176/97-7) in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche wie folgt verurteilt:

Va***** zu I.A 1. (= a des angefochtenen Urteils ON 176) und I.B 2. des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen gewerbsmäßig und bandenmäßig begangenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster und zweiter Fall SMG, zu III. des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG;

Ve***** zu I.B 4. des als Beitragstäter gemäß § 12 dritter Fall StGB gewerbsmäßig und bandenmäßig begangenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster und zweiter Fall SMG;

H***** zu I.A 1. (= a des angefochtenen Urteils ON 176), I.B 3.a und b (erster Teil) des teils als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB gewerbsmäßig und bandenmäßig begangenen Verbrechens nach § 28 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster und zweiter Fall SMG sowie zu I.B 3.b (zweiter Teil) des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG (= b des angefochtenen Urteils ON 176).

Danach haben - soweit dies für die Erledigung der Rechtsmittel von Bedeutung ist -

I. den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande Suchtgifte in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich

(zu A 1. = a auf US 3 iVm den Feststellungen auf US 11 ff, 16 ff der ON 176) Va***** und H***** "im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken" mit dem abgesondert verfolgten und inzwischen rechtskräftig verurteilten Milan C***** als "(Mit)täter" am 1. Dezember 1996 zumindest 250 Gramm Heroin aus Tschechien aus- und nach Österreich eingeführt sowie am 4. Dezember 1996 306 Gramm Kokain aus der Slowakei aus- und nach Österreich eingeführt;

(zu B)

2. S***** und Va***** am 5. Dezember 1996 in Hartberg dadurch, daß sie ca 301 Gramm Kokain an einen vermeintlichen Suchtgiftkäufer (in Wahrheit an einen verdeckten Vermittler der Polizei) um 300.000 S zu verkaufen trachteten, in Verkehr zu setzen versucht, wobei die Vollendung der Tat zufolge Festnahme der beiden Angeklagten unterblieb, und

3. H*****

a/ am 5. Dezember 1996 in Hartberg zur Ausführung des versuchten Inverkehrsetzens von Suchtgift in einer großen Menge durch die Angeklagten S***** und Va***** (I.B 2.) beigetragen, indem er den unmittelbaren Tätern zuvor Ratschläge für ihr Verhalten bei der Übergabe des Suchtgiftes erteilte, für die Bewaffnung des S***** sorgte (Überlassung von Patronen), sich gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Milan C***** in der Nähe des vereinbarten Übergabeortes aufhielt und sich zur Empfangnahme des Verkaufserlöses bereithielt,

b/ (erster Teil) am 8. Dezember 1996 in Graz ca 125 Gramm Heroin durch Verkauf an Raimund Sch***** in Verkehr gesetzt;

b/ (zweiter Teil = b in ON 176) von dem unter I.A 1. (= a in ON 176) genannten, in das Inland eingeführten Heroin ca 122,5 Gramm mit dem Vorsatz besessen, daß es in Verkehr gesetzt werde;

4. Ve***** am 22. November 1996 in Graz zur Ausführung des Inverkehrsetzens von ca 5 Gramm Heroin durch S***** am 4. Dezember 1996 in Graz (I.B 1.) und zu der unter I.B 2. geschilderten Straftat der Angeklagten S***** und Va***** dadurch beigetragen, daß er den Kontakt zwischen ihnen und einem vermeintlichen Suchtgiftkäufer (in Wahrheit einem verdeckten Ermittler der Polizei) herstellte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die sie betreffenden Schuldsprüche erhoben die Angeklagten Va***** aus Z 4, 5 und 5a, Ve***** aus Z 3 und 4 sowie H***** aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO getrennte Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.

Zur Beschwerde des Angeklagten Va*****

(ON 187):

Der Verfahrensrüge (Z 4) fehlt schon die formelle Voraussetzung einer Antragstellung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung und eines gegen seinen Willen gefällten Zwischenerkenntnisses (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 1, 4, 35). Die zudem unsubstantiierte Rüge, wonach die Verantwortung des Angeklagten "nicht vollständig" in das Hauptverhandlungsprotokoll und in das angefochtene Urteil Aufnahme gefunden habe, ist von vornherein ebenso verfehlt wie der weitere (in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbare) Einwand, dadurch sei "der Grundsatz des fair trial im Sinne des Art 6 MRK verletzt worden".

Eine umfassende Protokollierung aller Antworten des Angeklagten ist nämlich in der Verfahrensordnung nicht vorgesehen (§ 271 Abs 3 StPO). Eine nach Ansicht des Beschwerdeführers mangelhafte Protokollierung bewirkt aber auch keine andere als die bezeichnete Nichtigkeit (Mayerhofer aaO § 281 Z 3 E 51). Die insgesamt leugnende Verantwortung des Nichtigkeitswerbers hinwieder wurde in den Gründen hinreichend erwähnt und deren Unglaubwürdigkeit dargetan (US 15 f; Mayerhofer aaO § 270 E 104 f).

Das sonstige, teils unter anderen Nichtigkeitsgründen (Z 5, 5a), teils prozeßordnungswidrig auch noch in der Strafberufung - hier unter Mißachtung der Bestimmung des § 295 Abs 1 erster Satz StPO - wiederholte Vorbringen zur Verfahrensrüge stellt nach Inhalt und Zielrichtung bloß einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die schöffengerichtliche Beweiswürdigung dar. Diese gesetzwidrige Urteilskritik orientiert sich darüber hinaus nur mangelhaft an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe: Nach den erstgerichtlichen Feststellungen brachten die Angeklagten H***** und Va***** am 1. Dezember 1996 mindestens 250 Gramm Heroin aus der Tschechischen Republik und der abgesondert verfolgte Milan C***** am 4. Dezember 1996 306 Gramm Kokain aus der Slowakei nach Österreich, wobei alle drei Genannten zusammenwirkten (US 12 f, 16 ff). Die Einwände (laut I.1.a, 2., 6., 7. sowie I.1.b und c der Beschwerdeschrift und eingangs der Berufung) gegen die Konstatierung eines gemeinsamen Schmuggels am 2. Dezember 1996 betreffen nicht das aktuelle, sondern das insoweit aufgehobene Urteil aus dem ersten Rechtsgang (US 2 f, 11 der ON 131).

Zur Widerlegung der pauschalen Bestreitung jeglicher Beweisgrundlage (Z 5) für den festgestellten Suchtgiftschmuggel im PKW des Angeklagten Va***** (US 12 f) genügt der Hinweis auf die im Urteil dargelegten Verfahrensergebnisse, welche - im gebotenen Zusammenhang betrachtet - eine formell einwandfreie und tragfähige Basis für die bemängelten Konstatierungen abgeben (US 16 ff). Eine (vermeintliche) Entlastung vom Schmuggelvorwurf durch eine Aussage des Avdija S***** (vgl I.1.a, 4. der Beschwerdeschrift) nimmt der Rechtsmittelwerber ersichtlich bloß auf Grund eines unterlaufenen Mißverständnisses an, weil die von ihm mit Seitenzahl zitierten Angaben nicht das in Rede stehende Geschehen (I.A 1.), sondern eine im rechtskräftigen Schuldspruch laut I.B 2. der ON 131 beschriebene Fahrt nach Hartberg am 5. Dezember 1996 betreffen (S 98 f, 87/IV).

Soweit eine unterlassene Beischaffung des Aktes betreffend Milan C***** in Beschwerde gezogen wird, genügt es darauf hinzuweisen, daß dieser Akt angeschlossen und in der Hauptverhandlung verlesen wurde (S 127/IV).

Dem Erstgericht ist daher weder ein formaler Begründungs- (Z 5) noch ein Plausibilitätsfehler unterlaufen, noch hat es seine Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung verletzt (Z 5a).

Zur Beschwerde des Angeklagten Ve***** (ON 186):

Die Verlesung des polizeilichen Erhebungsberichtes ON 65 (S 125/IV) bedurfte entgegen der Beschwerdemeinung (Z 3) keiner Zustimmung des Angeklagten Ve*****. Denn den Verlesungsbeschränkungen nach § 252 Abs 1 StPO unterliegen nur gerichtliche und sonstige amtliche Protokolle über die Vernehmung von Mitbeschuldigten und Zeugen, andere amtliche Schriftstücke, in denen Aussagen von Zeugen oder Mitbeschuldigten festgehalten worden sind, und Gutachten von Sachverständigen. Dagegen müssen gemäß § 252 Abs 2 StPO für die Sache bedeutende Aktenteile verlesen werden, soweit sie (wie vorliegend ON 65) keine Aussagen oder Gutachten enthalten, wenn nicht beide Teile darauf verzichten (Foregger/Kodek StPO7 Erl V. zu § 252; 14 Os 15/96). Daß der Staatsanwalt und die Mitangeklagten auf die Verlesung dieses Erhebungsberichtes verzichtet hätten, wird im Rechtsmittel nicht behauptet. Ein derartiger Verzicht ergibt sich aber auch nicht aus dem Hauptverhandlungsprotokoll. Das Verlesungsgebot gilt insbesondere auch in Ansehung eines Berichtes des Vorgesetzten eines verdeckten Fahnders über dessen Ermittlungstätigkeit (EvBl 1993/30).

Durch Verlesung von Angaben des in Deutschland verurteilten Senad L***** hinwieder (Z 3) und durch die Ablehnung dessen beantragter Zeugenvernehmung (Z 4) entstand dem Beschwerdeführer kein Nachteil, weil die verlesene Aussage (S 419 ff/II in ON 54 iVm S 125/IV) nur zur Begründung des rechtskräftig gewordenen Teilfreispruches herangezogen wurde (US 20; § 281 Abs 3 StPO). Dazu kommt, daß nach dem Sinngehalt des Beweisantrages (Punkt 1. S 117 f/IV) die begehrte Zeugenbefragung in der Hauptverhandlung bloß eine Mitwirkung des Angeklagten Ve***** an (nicht näher konkretisierten) Suchtgiftgeschäften des L***** ausschließen (S 117 f/IV), somit ein hier nicht inkriminiertes Verhalten beleuchten sollte.

Die weiteren Anträge, dem Zeugen Franz B***** die Bekanntgabe von Namen und ladungsfähiger Anschriften des verdeckten Ermittlers (VE) und einer Vertrauensperson (VP) aufzutragen, sodann beide als Zeugen oder "anonym im Sinne des § 162a in Verbindung mit § 250 Abs 3 StPO" zum Beweis dafür zu vernehmen, daß durch den Beschwerdeführer "keine Vermittlung oder Anbahnung von Suchtgiftgeschäften erfolgte", und zum selben Beweisthema die Beischaffung jener schriftlichen Unterlagen zu veranlassen, auf welche sich der Zeuge B***** bei Erstellung seines Berichtes ON 65 stützte (Punkte 2. bis 4. der S 119/IV), zielten nach dem dabei genannten Beweisthema auf die Bestreitung jenes Anklagevorwurfs ab, der im erneuerten Verfahren nicht mehr zu prüfen war. Erwuchs doch der vorstehend zusammengefaßte Schuldspruch des Angeklagten Ve***** zu I.B 4. der ON 131 bezüglich des Grunddeliktes nach § 12 Abs 1 SGG iVm § 12 dritter Fall StGB durch Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde durch den Obersten Gerichtshof bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft. Eine Beweisaufnahme zur Prüfung eines rechtskräftigen Schuldspruchs in einem nach Teilaufhebung anderer Urteilsaussprüche erneuerten Verfahren ist unzulässig (Mayerhofer aaO § 289 E 3, 11a), sodaß alle daran geknüpften Beschwerdeausführungen auf sich beruhen müssen.

Zur allein Gegenstand des zweiten Verfahrensausganges bildenden Frage gewerbsmäßiger und bandenmäßiger Begehung hat das im Beweisantrag genannte Beweisthema keinen erkennbaren Bezug. Daher erfolgte durch die Abweisung der in Rede stehenden Anträge (S 121 f/IV) im Ergebnis keine Schmälerung der Verteidigungsrechte, wenn auch die Abweisung aus anderen Erwägungen erfolgte, auf die hier nach dem Gesagten nicht eingegangen werden muß.

Betreffend die schriftlichen Unterlagen, die der Erstellung des Berichtes ON 65 dienten, hätte es ebenfalls prozeßordnungsgemäß schon bei Antragstellung in erster Instanz der Darlegung jener Gründe bedurft, woraus nach Meinung des Nichtigkeitswerbers bei Durchführung dieses Beweises entlastende Umstände in bezug auf Gewerbsmäßigkeit und Bandenmitgliedschaft hervorgekommen wären. Dies ist aber nicht geschehen.

Das von der Beschwerde herangezogene Umgehungsverbot des § 252 Abs 4 StPO erstreckt sich nur auf jene Fälle, in denen gemäß § 252 Abs 1 StPO eine Verlesung nicht geschehen darf; es ist demnach hier ohne Bedeutung. Schließlich wird auch mit der Behauptung eines Verstoßes gegen § 25 StPO sowie mit Ausführungen "Zur Judikatur des Europäischen Gerichtshofes zur Benennung und Befragung von Zeugen" und "Kronzeugen" keine Nichtigkeit aufgezeigt (Mayerhofer aaO § 25 E 16); abgesehen davon ist auch hier der Sachzusammenhang des Beschwerdevorbringens mit der Frage der Gewerbsmäßigkeit und der bandenmäßigen Begehung nicht erkennbar. Überdies ist entgegen der Beschwerdemeinung der Einsatz verdeckter Fahnder, dessen Identität nicht preisgegeben werden kann, sowohl mit der österreichischen Rechtsordnung vereinbar (ÖJZ-LSK 1997/70, EvBl 1993/30 ua) als auch nach der Judikatur der Straßburger Instanzen möglich, sofern der Fahnder die Straftat (als agent provocateur) nicht gravierend beeinflußt (Newsletter 1995, 181; Frowein/Peukert EMRK-Komm2 Art 6 Rz 107).

Zur Beschwerde des Angeklagten H***** ON 185):

Die Verfahrensrüge (Z 4) dieses Beschwerdeführers betrifft durchwegs Beweisanträge zu unerheblichen Themen. Für die Strafbarkeit des Angeklagten H***** (auch wegen Gewerbsmäßigkeit und Bandenmitgliedschaft) ist grundsätzlich ohne Belang, ob Milan C***** und Denis Su***** in gesonderten Verfahren (wobei dem Urteil des Erstgenannten keineswegs "derselbe Sachverhalt" zugrundeliegt; vgl GZ 8 Vr 659/98-65 iVm ON 72 des angeschlossenen Aktes des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) wegen Suchtgiftdelikten ebenfalls der gewerbs- und bandenmäßigen Begehung schuldig erkannt wurden oder nicht. Es besteht keine wie immer gartetete Bindungswirkung. Die zum Beweis der Nichtannahme der genannten Qualifikationen verlangte Beischaffung des Aktes betreffend das Strafverfahren gegen S***** konnte daher ohne Nachteil für den Angeklagten unterbleiben. Der Strafakt betreffend C***** war ohnehin angeschlossen und wurde in der Hauptverhandlung verlesen (S 121 f und 127/IV).

Mit dem allgemeinen Vorbringen (Z 4, 5, 9 lit a), im zweiten Rechtsgang habe sich die Beweislage gegenüber dem ersten nicht geändert, weil kein weiteres Beweisergebnis hervorgekommen sei, wird kein Nichtigkeitsgrund aufgezeigt, sondern in unzulässiger Weise getrachtet, die Beweiswürdigung des im zweiten Verfahrensgang tätigen Schöffengerichtes zu bekämpfen. Im übrigen erfolgte die Teilaufhebung der Schuldsprüche im ersten Rechtsgang zufolge formeller und materieller Mängel der Urteilsausfertigung und nicht etwa - wie die Beschwerde zu glauben scheint - wegen unzureichender Beweisgrundlage (S 10, 16 und 19 des Urteils, GZ 15 Os 176/97-7 = ON 172).

Der irrig auch zum Teilfreispruch des Avdija S***** im ersten Rechtsgang (I.A 2. der Anklageschrift) vorgetragene Einwand (Z 5), für eine Verurteilung des Beschwerdeführers "im Sinne der Anklagepunkte I.A 1. und 2. sowie I.B 3.b" gebe es keinen Nachweis, geht an der (nunmehr) abweichenden rechtlichen Beurteilung des Besitzes von ca 122,5 Gramm Heroin nach § 28 Abs 1 SMG (I.B 3. zweiter Teil) ebenso vorbei wie an den Verfahrensergebnissen, welche die Schuldsprüche tragen (US 16 ff).

Entgegen einem weiteren pauschalen Beschwerdeeinwand (Z 5, auch Z 9 lit a, der Sache nach jedoch Z 10) wurde die subsumtionserhebliche Reinsubstanz der tatverfangenen Suchtgiftmengen im Urteil aktengetreu, richtig und deutlich konstatiert (US 13; ON 48).

Die spekulative Argumentation (Z 5 und Z 5a), die "Unbescholtenheit" des Angeklagten H***** spreche gegen die allein auf die Aussage des Zeugen K***** (S 117/IV) gestützte Urteilsfeststellung, daß Behörden der Tschechischen Republik schon früher das Versteck im Schmuggelfahrzeug entdeckt haben, ist zum einen unschlüssig, weil dieses Fahrzeug (PKW Mercedes 260 E) dem Angeklagten Va***** gehört (US 17, S 117/IV), und zum anderen auf Tatsachen bezogen, denen hier keine entscheidende Bedeutung zukommt, wobei überdies verkannt wird, daß das (bloße) Anfertigen eines Versteckes nur eine Vorbereitungshandlung darstellen könnte, die als solche (auch in Tschechien) nicht zu einer gerichtlichen Verurteilung führt. Begründungsmängel oder erhebliche Bedenken an wesentlichen Feststellungen oder eine Verletzung der amtswegigen Wahrheitforschung durch das Erstgericht werden solcherart nicht dargelegt. Dem erst in der Beschwerde - somit prozessual verspätet - an den Obersten Gerichtshof gestellten Beweisantrag auf Überprüfung, ob H***** in Tschechien wegen Suchtgift tatsächlich bereits aufgefallen ist, steht das im Nichtigkeitsverfahren strikt geltende Neuerungsverbot entgegen (Mayerhofer aaO § 281 E 16 ff), das ergänzende Beweiserhebungen und Tatsachenfeststellungen durch den Obersten Gerichtshof ausschließt.

Worin der Beschwerdeführer einen "krassen Widerspruch" zwischen der Aussage des Zeugen Wolfgang K***** (S 113 ff/IV) und dem nicht näher bezeichneten "Akteninhalt" im Verfahren 8 Vr 132/97 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz betreffend Dennis Su***** erblickt (Z 5a), läßt das unsubstantiierte Vorbringen nicht erkennen. Der gesonderten Verurteilung des Milan C***** (8 Vr 659/98 desselben Gerichtes) liegt entgegen der Beschwerde zugrunde, daß dieser mit den hier verfolgten Angeklagten Va***** und H***** zumindest 306 Gramm Kokain aus der tschechischen Republik aus- und nach Österreich eingeführt hat. Von zwei einander ausschließenden Schuldsprüchen kann demnach keine Rede sein.

In Wahrheit kritisiert der Nichtigkeitswerber mit den Ausführungen in der Mängel- und Tatsachenrüge lediglich nach Art einer in den Verfahrensgesetzen gegen kollegialrechtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung die zu seinem Nachteil ausgefallene Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter, ohne nichtigkeitsrelevante formale Begründungs- oder/und Beweiswürdigungsmängel aufzuzeigen.

Die Qualifikationen gewerbsmäßiger und bandenmäßiger Begehung nach § 28 Abs 3 erster und zweiter Fall SMG (nominell Z 9 lit a, der Sache nach zum Teil Z 10) bekämpft der Angeklagte teils aus einer unzutreffenden Sicht von Tatbestandserfordernissen, teils auf Grund einer Fehlauffassung gesetzlicher Anfechtungsmöglichkeiten:

Aus den genannten Nichtigkeitsgründen können Tatsachenfeststellungen niemals beanstandet werden. Bei Darlegung dieser materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe ist vielmehr vom gesamten Urteilssachverhalt auszugehen. Soweit vorliegend dennoch die konstatierte Tatsachengrundlage für die rechtliche Annahme der bezeichneten Qualifikationen weitestgehend bestritten wird, ist die Beschwerde nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt (Mayer- hofer aaO § 281 E 26, 30). Dies gilt insbesonders für das urteilskonträre Vorbringen, der Beschwerdeführer habe "praktisch allein agiert" und mit niemanden Kontakt gehabt, es habe "Begegnungen gegeben von Personen, die eigentlich nichts miteinander zu tun gehabt haben" (vgl hiezu US 12, 14, 18), und für die Bestreitung des festgestellten Gewinnstrebens (US 14 f, 18 f).

Für die Qualifikation bandenmäßiger Begehung (§ 28 Abs 3 zweiter Fall SMG) kommt es zudem - entgegen der Beschwerde - nicht auf die Anzahl der Personen an, die an der vom Schuldspruch erfaßten konkreten Straftat "bewußt gemeinsam" zusammenwirkten oder zusammenarbeiteten (Foregger/Litzka/Matzka SMG S 75 f).

Die Auffassung, "daß die rechtliche Beurteilung für C*****, Su***** und H***** absolut gleich sein muß", ist schon von Ansatz her verfehlt, soweit zwischen den drei genannten Personen kein faßbarer Zusammenhang strafbarer Verhaltensweisen besteht; sie ist im übrigen auch rechtlich unzutreffend (§ 13 StGB).

Die Feststellung gewerbsmäßiger Begehung (§ 28 Abs 3 erster Fall SMG) setzt keineswegs voraus, daß der Angeklagte "schon mehrfache Tathandlungen der gleichen Art gesetzt hat". Das nur auf der inneren Tatseite bedeutsame Merkmal der Gewerbsmäßigkeit verlangt vielmehr nur, daß der Täter eine (wenn auch bloß im Stadium des Versuchs verbliebene) strafbare Handlung in der Absicht vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB; Foregger/Litzka/Matzka aaO S 74), was auch schon bei einem deliktischen Angriff zutreffen kann (RZ 1995/89; 15 Os 100/97 uam). Die vorliegend auf eine große Menge Suchtgift bezogene Konstatierung dieser Tendenz (US 14 f) trägt den bekämpften Qualifikationsausspruch.

Aus den dargelegten Gründen waren die Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.

Im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten H***** wegen Aus- und Einfuhr von 250 Gramm Heroin (a des Urteils ON 176) und zudem des Besitzes von ca 122,5 Gramm aus dem eingeführten Heroin (b des Urteils ON 176) ist anzumerken:

Wer eine große Suchtgiftmenge aus- und einführt und in der Folge mit einem auf Inverkehrsetzen gerichteten Vorsatz besitzt, hat entgegen dem (nicht näher begründeten) dritten Satz in Foregger/Litzka/Matzka SMG Erl VI.2. zu § 28 nicht nur die Aus- und Einfuhr nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG zu verantworten, sondern zusätzlich auch den (subjektiv besonders geprägten) Besitz nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG. Denn schon die (im Suchtmittelgesetz nicht mehr enthaltene) Subsidiaritätsklausel des § 14a SGG betraf nach richtiger Ansicht nur die Begehungsform des Inverkehrsetzens (12 Os 157/96; aM noch 12 Os 36/91 = NRsp 1991/237). Die besondere Betrachtung der verschiedenen Begehungsformen der Aus- und Einfuhr einerseits und des Inverkehrsetzens (auch in einer Vorbereitungsphase) andererseits entspricht auch dem Aufbau des § 28 Abs 2 SMG (wie schon jenem des § 12 Abs 1 SGG) als insoweit kumulatives Mischdelikt (Foregger/Litzka/Matzka aaO Erl VI 2. zu § 27).

Das Erstgericht verurteilte die Angeklagten nach § 28 Abs 3 SMG zu Freiheitsstrafen, und zwar Va***** unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu zwei Jahren, Ve***** zu einem Jahr und H***** unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu drei Jahren. Dabei wertete es als erschwerend bei den Angeklagten Va***** und H***** (zusammengefaßt), daß sie mehrere strafbare Handlungen verschiedener Art begangen haben, sowie die verstärkte Tatbildmäßigkeit (Gewerbsmäßigkeit und Bandenmitgliedschaft), beim Angeklagten Ve***** keinen Umstand; als mildernd hielt es den Angeklagten die Unbescholtenheit, die Sicherstellung des Suchtgiftes und den Umstand zugute, daß es beim Inverkehrsetzen der ca 301 Gramm Kokain beim Versuch geblieben war (I.B 2.), dem Angeklagten H***** überdies seine (bloße) Beitragstäterschaft zu dieser versuchten Tat (I.B 3a).

Dagegen richten sich die von den Angeklagten erhobenen Berufungen, denen keine Berechtigung zukommt.

Dem Angeklagten Va***** ist zwar zuzugeben, daß er nicht nur "unbescholten" war, sondern bis zur ersten Straftat auch einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat (§ 34 Z 3 StGB); dennoch besteht kein Anlaß, die verhängte Freiheitsstrafe herabzusetzen. Von einer Beteiligung in "untergeordneter Weise" kann schon angesichts des arbeitsteiligen Zusammenwirkens der Bandenmitglieder bei Verübung der aktuellen Suchtgiftdelikte keine Rede sein. Soweit der Berufungswerber aber "vorerst die Richtigkeit bzw Schlüssigkeit der erstgerichtlichen Feststellung einer Tatfrage bekämpft", muß dieses im Rahmen der Berufung prozeßordnungswidrige Vorbringen (s. § 295 Abs 1 StPO) auf sich beruhen.

Die vom Angeklagten Ve***** zusätzlich als mildernd reklamierte "untergeordnete Bedeutung", weil er "nur als Beitragstäter" gehandelt habe, ergibt sich naturgemäß und hinreichend determiniert schon aus seiner Verurteilung als (bloßer) Beitragstäter.

Daß der Angeklagte H***** "kein Suchtgift einführte und nur am Rande als Handlanger beteiligt war", widerspricht den Urteilsfeststellungen, an denen sich die Strafbemessung zu orientieren hat. Mag der Berufungswerber auch nicht der "Chef" gewesen sein, "keineswegs wiederholte Zugriffe" gesetzt haben und mag auch der von ihm mitgeplante - zufolge rechtzeitigen Einschreitens der Sicherheitsbehörde -, letztlich gescheiterte Kokaindeal seiner Meinung nach "dilettantisch ausgeführt" worden sein, ist aus all dem für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen.

Da sohin das Erstgericht - den Berufungen zuwider - die gegebenen Strafzumessungsgründe nicht nur im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt, sondern über die Angeklagten auch differenzierte Sanktionen verhängt hat, die sowohl dem Unrechtsgehalt der inkriminierten Taten als auch der personalen Täterschuld der Angeklagten gerecht werden, kommt die von ihnen primär begehrte Strafreduktion nicht in Frage.

Vor allem die Art der Taten, die Person der Rechtsbrecher, der Grad ihrer Schuld aber auch generalpräventive Rücksichten, denen angesichts der Häufung schwerer Suchtgiftkriminalität Bedeutung zukommt, verbieten unter den gegebenen Umständen die von den Angeklagten Ve***** und H***** zusätzlich beantragte Gewährung der bedingten Nachsicht eines Teiles der Strafe (§ 43a StGB), wobei beim Angeklagten H***** zudem die gemäß § 43a Abs 4 StGB erforderliche qualifiziert günstige Verhaltensprognose nicht erstellt werden kann.

Sonach war auch den Berufungen ein Erfolg zu versagen und insgesamt wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

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