OGH 15Os159/88

OGH15Os159/8831.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Jänner 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tegischer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sieglinde S*** wegen der § 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG und § 16 Abs 1 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Sieglinde S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 18.Oktober 1988, GZ 34 b Vr 1306/88-51, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, der Angeklagten Sieglinde S*** und des Verteidigers Dr. Trappel zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua Sieglinde S*** des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 vierter Fall SGG und des Vergehens nach § 16 Abs 1 vierter und fünfter Fall SGG schuldig erkannt und zu zwanzig Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Sie bekämpft dieses Urteil - im Schuldspruch lediglich wegen des zuerst genannten Verbrechens - mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 11 StPO sowie mit Berufung. Inhaltlich des angefochtenen Schuldspruchs hat sie (mit dem am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligten Manfred H***) am 21. Juli 1988 in Gallneukirchen den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 3.080,60 Gramm Cannabisharz, durch Verkauf an einen Unbekannten in Verkehr zu setzen versucht.

In der Hauptverhandlung beantragte die Angeklagte die Vernehmung der Sicherheitswachebeamten S*** und W*** sowie des seinerzeit mit der Fahndung betrauten (auszuforschenden) Sachbearbeiters der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität zum Beweis dafür, daß sie sich nur infolge ihrer aktiven Bestimmung durch einen bislang unbekannt gebliebenen "V-Mann" der Polizei zu dem Suchtgiftgeschäft verstanden habe (vgl. S 225 iVm ON 46). Das Schöffengericht wies diesen Antrag mit Zwischenerkenntnis gemäß § 238 StPO ab und begründete - dem Beschwerdevorbringen zuwider (vgl. ON 59) - die Entscheidung sinngemäß damit, daß das Beweisthema für die Strafbarkeit ihres Verhaltens ohne Belang sei.

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung der Verfahrensrüge (Z 4) vermeint die Beschwerdeführerin, durch die Ablehnung dieses Beweisantrags sei eine zu ihrer Entlastung angestrebte Beweisaufnahme vereitelt worden. Dementgegen könnte sie aber, wie der Gerichtshof zutreffend erkannt hat, selbst für den Fall, daß sie tatsächlich durch einen Suchtgiftfahnder unter Verstoß gegen § 25 StPO zu der gegenständlichen strafbaren Handlung verleitet worden sein sollte, daraus keine - hier (Z 4) allein akutellen - materiellrechtlichen Folgerungen auf eine Straflosigkeit ihres tatbestandsmäßigen Verhaltens ableiten (vgl. EvBl 1988/139 ua).

Denn auch der rechtliche Einwand (Z 9 lit a), daß bei der Übergabe von Suchtgift an eine von der Polizei beauftragte Person ein absolut untauglicher Versuch vorliege, versagt; scheitert doch bei einer Weitergabe von Suchtgift an einen Vertrauensmann der Sicherheitsbehörde die Herbeiführung des verpönten Erfolges, nämlich das Inverkehrsetzen des Suchtgiftes, bloß an den zufälligen Umständen des Einzelfalls, wogegen die Tathandlung in abstracto zur Deliktsvollendung durchaus geeignet ist (vgl. EvBl 1979/73, ÖJZ-LSK 1984/122, EvBl 1988/139, RZ 1989/6 ua).

Dementsprechend geht auch der im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) erhobene Einwand, das Erstgericht hätte in den Entscheidungsgründen die behauptete Tatverleitung der Angeklagten durch einen "V-Mann" einer Überprüfung unterziehen (gemeint: darüber Feststellungen treffen) müssen (sachlich abermals Z 9 lit a), deswegen fehl, weil er keine für die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes relevanten Tatsachen betrifft. Gleiches gilt für die Tatsachenrüge (Z 5 a), mit der die Beschwerdeführerin lediglich gegen das Fehlen beweiswürdigender Ausführungen und gegen die Nichtberücksichtigung von Verfahrensergebnissen betreffend ihre Tatbestimmung durch den erwähnten Vertrauensmann remonstriert.

Soweit die Angeklagte schließlich die Auffassung vertritt, das Erstgericht habe durch eine auf irriger Rechtsansicht beruhende Unterlassung von Feststellungen darüber, ob ihr Tatverhalten durch einen Verstoß des unbekannten "V-Mannes" gegen § 25 StPO herbeigeführt wurde, für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt und durch eine Strafzumessung im gleichen Ausmaß, wie wenn die Tat im Suchtgiftmilieu begangen worden wäre, in unvertretbarer Weise gegen die Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen (Z 11), ist sie erneut nicht im Recht. Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters (§ 32 Abs 1 StGB). Für das Gewicht der Schuld eines (durch "mehrmaliges und intensives Drängen") zur Tat verleiteten Suchtgifttäters ist aber die Frage, ob er (solcherart) durch einen (diesfalls pflichtwidrig handelnden) "verdeckten Fahnder" oder durch einen echten Suchtgiftinteressenten zur Tatbegehung bestimmt wird, ohne Belang. Demnach hat das Schöffengericht durch den Verzicht auf Konstatierungen darüber keineswegs für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen unrichtig beurteilt und durch die Festsetzung eines dem Inverkehrsetzen von Haschisch im Suchtgiftmilieu entsprechenden Strafmaßes auch nicht in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Sieglinde S*** nach § 12 Abs 1 SGG unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB eine 20-monatige Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend ihre einschlägige Vorstrafe und ihren raschen Rückfall, mildernd hingegen ihr Geständnis sowie, daß das Verbrechen beim Versuch geblieben ist.

Die Berufung der Angeklagten, mit welcher sie eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung bedingter Nachsicht eines Teils der Strafe gemäß § 43 a StGB begehrt, ist gleichfalls nicht begründet.

Ausgehend von der Strafdrohung des § 12 Abs 1 SGG, die sich auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren erstreckt, den vom Schöffengericht berücksichtigten Strafzumessungsgründen, die zum Nachteil der Berufungswerberin dahin zu korrigieren sind, daß ihr ein weiterer Erschwerungsgrund, nämlich die Begehung zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art (§ 33 Z 1 StGB) zur Last fällt, erweist sich die über sie verhängte Freiheitsstrafe, die gerade mit einem Drittel des gesetzlichen Strafrahmens ausgemessen wurde, unter Bedachtnahme auf den beträchtlichen Unrechtsgehalt der Tat, nämlich des versuchten Inverkehrsetzens von mehr als drei Kilogramm Cannabisharz, welches cirka 175 Gramm THC enthielt und solcherart die "Grenzmenge" bei diesem Suchtgift um mehr als das Achtfache überschritt, sowie auf das durch den raschen Rückfall manifestierte beachtliche Gewicht ihrer Schuld selbst dann als nicht überhöht, wenn man ihr (im Zweifel) zubilligt, daß sie durch mehrmaliges intensives Drängen zur Tat bewogen wurde. Die Angeklagte wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 23. Februar 1988, GZ 34 b Vr 2623/87-75, wegen § 12 Abs 1 SGG und § 15 StGB sowie § 16 Abs 1 SGG zu acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Nur fünf Monate nach dieser Verurteilung beging sie die verfahrensgegenständlichen strafbaren Handlungen. Dieser rasche Rückfall, aus dem augenscheinlich erhellt, daß die ihr gewährte bedingte Strafnachsicht wirkungslos blieb, obwohl sie in dem zuletzt genannten Verfahren bereits das Übel eines Freiheitsentzuges in Form einer cirka fünf Monate dauernden Untersuchungshaft verspürt hatte, lassen die Gewährung der bedingten Nachsicht eines Teils der Strafe gemäß § 43 a Abs 3 StGB nicht zu. Es konnte daher auch der Berufung ein Erfolg nicht beschieden sein.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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