Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelsverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mustafa K***** (zusätzlich zu einem bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldspruch wegen § 16 Abs 1 SGG, vgl ON 57) im zweiten Rechtsgang des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SGG und § 15 StGB (I.) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt.
Die auf § 281 Abs 1 Z 5 a und 9 lit a (sachlich auch Z 5) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wendet sich gegen den Schuldspruch wegen des Suchtgiftverbrechens (I.), mit dem ihm zur Last gelegt wurde, in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Heroin zusammen mit dem abgesondert verfolgten Hasan D***** in einer Menge, welche die im § 12 Abs 1 SGG genannte Menge (bei weitem) um das 25fache übersteigt, in Verkehr gesetzt bzw dies versucht zu haben, und zwar am 19.Juni 1990 durch Übergabe einer Heroinprobe im Gewicht von zumindest 25 Gramm an (den verdeckten Fahnder) "Karl"
(1.) und am 20.Juni 1990 durch den beabsichtigten (durch die Festnahme der observierenden Polizeibeamten vereitelten) Verkauf von ca 250 Gramm Heroin an diesen "Karl".
Die Tatsachenrüge (Z 5 a) bekämpft die festgestellte Mengenangabe von zumindest 25 Gramm Heroin, die vom Angeklagten an den verdeckten Fahnder zur Probe übergeben worden ist (I./1.). Sie bestreitet im wesentlichen die Glaubwürdigkeit seines (unter anderem auch wegen Weitergabe dieser Suchtgiftmenge bereits rechtskräftig verurteilten, vgl GZ 6 a Vr 8673/90-46 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) Mittäters Hasan D*****. Damit wendet sie sich aber nur unzulässigerweise gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, das diesem Zeugen, der die an "Karl" zur Probe abgegebene Heroinmenge sogar immer mit 50 Gramm angegeben hat (vgl S 145, 152, 181), vollen Glauben geschenkt hat (US 11 ff).
Aber auch der dazu inhaltlich geltend gemachte Begründungsmangel (Z 5) haftet dem angefochtenen Schuldspruch nicht an. Nach den Urteilsfeststellungen war der bedingte Vorsatz des Beschwerdeführers von vornherein auf das Inverkehrsetzen der gesamten, Hasan D***** zur Verfügung stehenden übergroßen Suchtgiftmenge von 300 Gramm Heroin durch Verkauf an den angeblichen Suchtgiftinteressenten gerichtet, an den am Tag nach Abgabe der Probemenge (von zumindest 25 Gramm Heroin) auch die restliche Heroinmenge (von ca 250 Gramm Heroin) verkauft werden sollte (US 3, 9, 17). Beide Tathandlungen (vom 19. und 20.Juni 1990) bildeten rechtlich eine im Fortsetzungszusammenhang stehende Einheit, bei der auf der subjektiven Tatseite der mindestens bedingte Vorsatz des Angeklagten jeweils auch den an die bewußt kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt mitumfaßte. Diesfalls genügt, daß die abstrakte Gemeingefahr im Sinn des § 12 Abs 1 (und 3 Z 3) SGG erst durch die Summierung der den einzelnen Tathandlungen zugrunde liegenden Suchtgiftmengen begründet wird (Mayerhofer-Rieder, Nebenstrafrecht3, SGG, § 12 E 16, 17 und 80).
Wird daher bei einer im Fortsetzungszusammenhang stehenden Mehrheit von Suchtgiftverkäufen die übergroße Suchtgiftmenge im Sinne der Qualifikationsnorm des § 12 Abs 3 Z 3 SGG bereits bei einer einzigen Tat (oder durch die Gesamtheit aller übrigen Taten) erreicht, so gereicht die allenfalls irrige Annahme einer überhöhten Suchtgiftmenge bei einer weiteren derartigen Tathandlung dem Angeklagten nicht zum Nachteil (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 281 Z 10 E 42 und 43).
Die Unterlassung der Auseinandersetzung des Erstgerichtes mit dem schriftlichen Bericht des Gruppenleiters des verdeckten Suchtgiftfahnders (Franz D*****, Beilage A./zu ON 35), wonach der Polizeikonfident "Karl" von D***** nur 0,5 Gramm Heroin zur Probe erhalten habe und dessen gleichfalls nicht näher erörterte Zeugenaussage, wonach eine Probemenge von 25 Gramm sehr ungewöhnlich sei (S 219), betrifft daher keine (für das Erkenntnis in der Schuldfrage, für die Unterstellung der unter das Gesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes) entscheidende Tatsache.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet absolut untauglichen Versuch, weil der Suchtgiftabnehmer ein Polizeikonfident (V-Mann) war, zu dessen Aufgaben die Täuschung über seine (nicht vorhandene) Kaufabsicht betreffend das ihm angebotene Suchtgift gehört. Das Wesen seiner Tätigkeit bestehe im Nichtkauf, weshalb der Versuch des Täters, an einen V-Mann Suchtgift zu veräußern, "denkunmöglich tauglich" sei.
Absolut untauglich im Sinn des § 15 Abs 2 StGB ist ein Versuch, wie auch die Beschwerde zutreffend erkennt, nur dann, wenn die Verwirklichung des Deliktstypus auf die vorgesehene Art auch bei generalisierender Betrachtung, also unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles, geradezu denkunmöglich ist, somit unter keinen wie immer gearteten Umständen erwartet werden kann (Leukauf-Steininger, Komm3, § 15 RN 30). Von jenen drei Umständen, auf die eine absolute Versuchsuntauglichkeit zurückgehen kann, scheiden aber bei Verkauf von Suchtgift durch einen Dealer an einen V-Mann der Sicherheitsbehörde bereits zwei, nämlich die Untauglichkeit des Subjektes (Dealer) und die Untauglichkeit des Objektes (Suchtgift) von vornherein aus. In einem derartigen Fall ist aber auch die Tathandlung (als drittes Moment einer allfälligen Versuchsuntauglichkeit) in abstracto durchaus zur Deliktsvollendung geeignet, scheitert doch bei Weitergabe von Suchtgift an einen Vertrauensmann der Sicherheitsbehörde die Herbeiführung des verpönten Erfolges, nämlich das Inverkehrsetzen von Suchtgift, bloß an den zufälligen Umständen des Einzelfalles. Hat ein Täter daher versucht, Suchtgift in Verkehr zu setzen, so ist es für die Versuchstauglichkeit ohne Belang, daß er hiebei an einen (verdeckten) Suchtgiftfahnder der Polizei geraten ist. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung selbst noch im hier allerdings nicht aktuellen Fall, daß der Täter vom V-Mann der Sicherheitsbehörde unter Verstoß gegen § 25 StPO zur Suchtgiftübergabe verleitet worden ist (Leukauf-Steininger, aaO, RN 35, Buchst h und die dort zitierte Judikatur; 15 Os 159/88 ua).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte ihn (unter Anrechnung der Vorhaft) nach § 28 StGB, § 12 Abs 3 SGG (im Spruch irrig Abs 2, sh jedoch US 17) zu drei Jahren Freiheitsstrafe, wobei als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen sowie die Begehung der Körperverletzung während eines anhängigen Verfahrens, als mildernd das Teilgeständnis zu den Vergehen, die (im Vergleich zum bereits rechtskräftig verurteilten Mittäter) untergeordnete Rolle und den Umstand, daß es bezüglich der Weitergabe von 250 Gramm Heroin beim Versuch geblieben war.
Die vom Angeklagten dagegen erhobene Berufung strebt Strafherabsetzung und teilweise bedingte Strafnachsicht an.
Sie geht davon aus, daß infolge Hinzutretens der Verurteilung wegen des § 83 Abs 1 StGB die im ersten Rechtsgang verhängte, - jedoch von der Staatsanwaltschaft als zu gering bekämpfte - Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren auf drei Jahre erhöht wurde, auf dieses Vergehen daher offenbar ein Strafteil von einem halben Jahr Freiheitsstrafe entfalle und dieser bedingt nachgesehen werden könne. Abgesehen davon, daß die Berufung damit ersichtlich unter Vernachlässigung der seinerzeitigen Berufung der Staatsanwaltschaft, irrig (s die hier unanwendbaren §§ 293 Abs 3 und 290 Abs 2 StPO), das Strafmaß des ersten Rechtsganges als Obergrenze der Strafe für dieselben Delikte im zweiten Rechtsgang ansieht, und auch das Wesen der Bestrafung bei Zusammentreffen mehrerer selbständiger Taten nach § 28 Abs 1 StGB, wonach nur eine einzige (ungeteilte) Freiheitsstrafe verhängt werden kann, verkennt, geht sie bezüglich des nicht bedingt nachgesehenen Teiles der Strafe an der Bestimmung des § 43 a Abs 3 letzter Satz StGB vorbei, die auch im Falle des Abs 4 leg cit anzuwenden ist.
Die Berufung ist ansonsten nicht in der Lage, weitere über die vom Erstgericht gefundenen Strafmilderungsgründe hinausgehende anzuführen. Zur Begründung einer Herabsetzung des Strafmaßes zielt sie auf eine stärkere Berücksichtigung der untergeordneten Beteiligung des Angeklagten an der Tat. Dies hat jedoch das Schöffengericht (ausdrücklich und) ausreichend getan, sodaß eine Strafherabsetzung nicht begründet werden kann. Alle zur Bestimmung der Sanktionierung des Angeklagten heranzuziehenden Umstände bieten auch insgesamt nicht jene im § 43 a Abs 4 StGB vorausgesetzte hohe Wahrscheinlichkeit für eine Rückfallsfreiheit zur (dem Gesetz entsprechenden) Anwendung dieser Bestimmung, sodaß auch die Berufung letztlich ohne Erfolg bleiben mußte.
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