OGH 10ObS424/98w

OGH10ObS424/98w12.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Dafert (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Erich Reichelt (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mustafa Ö*****, vertreten durch Dr. Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. September 1998, GZ 12 Rs 198/98v-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 23. April 1998, GZ 17 Cgs 230/96-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 3. Satz ZPO keiner Begründung. Der Revisionswerber versucht hiemit vielmehr in unzulässiger Weise (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 503), die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zur im Revisionsverfahren ausschließlich strittigen Frage der künftigen Krankenstandserwartungen des Klägers zu bekämpfen. Dies bildet jedoch im Revisionsverfahren keinen zulässigen Rechtsmittelgrund.

Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache nach § 503 Z 4 ZPO liegt ebenfalls nicht vor. Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ebenfalls ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit leidensbedingte Krankenstände von sieben Wochen oder mehr zu erwarten hätte und dadurch vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen wäre. In welchem Umfang der Kläger in der Vergangenheit Kuraufenthalte konsumierte, woraus der Schluß gezogen wird, daß solche auch in Zukunft "wieder" anfielen (indiziert werden), ist ohne Bedeutung; wesentlich ist ausschließlich die dem Tatsachenbereich zuzuordnende Prognose, ausgehend von den Anforderungen in den Verweisungsberufen (SSV-NF 7/75, 10 ObS 280/97t). Nach dieser Feststellungsgrundlage, an welche der Oberste Gerichtshof gebunden ist, sind aber beim Kläger bei Kalkülseinhaltung nur Krankenstände von maximal 4 bis 6 Wochen pro Jahr prognostizierbar. Den Ausführungen in der Revision, daß dazu noch Kuraufenthalte (in nicht feststehender Dauer) kämen, ist entgegenzuhalten, daß die wiedergegebenen Feststellungen (insbesondere auch unter Berücksichtigung des Inhaltes der eingeholten ärztlichen Gutachten: speziell ON 9 und 10) nur dahin verstanden werden können, daß damit die Dauer gesundheitsbedingter Arbeitsausfälle umschrieben wird, wozu aber auch Kuraufenthalte zählen. Der Oberste Gerichtshof hat hiezu erst in jüngster Zeit überdies und mehrfach ausgesprochen, daß die am Arbeitsmarkt (statistisch) gegebene Reduzierung der tatsächlich in Anspruch genommenen Krankenstände auf (ebenfalls statistisch) geringfügigere Krankenstandstage bzw Krankenstandsfälle pro Jahr keineswegs so wesentlich ist, daß damit eine Änderung der Rechtsprechung bezüglich der ein Arbeitsmarktausschluß bedingenden Krankenstandszeiten (7 Wochen oder mehr) angezeigt wäre (10 ObS 129/98p, 10 ObS 175/98b, 10 ObS 396/98b).

Daß sich die Verweisbarkeit des Klägers als ungelernter Fabriks- bzw Bauhilfsarbeiter nach § 255 Abs 3 ASVG richtet und er sich daher (im Rahmen des medizinischen Leistungskalküls) auf den gesamten Arbeitsmarkt verweisen lassen muß, wird auch in der Revision nicht in Abrede gestellt. Der (im Rechtsmittel hiegegen allein ins Treffen geführte) Umstand, daß allenfalls qualifizierte(re) Arbeiter in Bereiche drängen, in denen bisher ungelernte Arbeiter beschäftigt waren, vermag dabei kein Argument gegen die ständige Judikatur zur Verweisbarkeit zu bilden. Einerseits handelt es sich bei den Berufen, welche die Vorinstanzen als Verweisungsberufe herangezogen haben (leichtere Verpackungsarbeiten im Industriebereich; Gußputzer ebenfalls im Industriebereich; Regalbetreuer; Geschirrabräumer), um typische Hilfsarbeiterberufe, in welchen sich die Frage der Konkurrenz mit qualifizierten Arbeitern nicht stellt; zum andern handelt es sich bei der Frage, ob ein Versicherter auch tatsächlich einen Arbeitsplatz finden wird, um eine solche, die im Zusammenhang mit der Beurteilung des Vorliegens von Invalidität ohne Bedeutung ist. Fest steht nämlich, daß der Kläger die genannten (Verweisungs-)Berufe ausüben kann; gelingt es ihm nicht, einen konkreten Arbeitsplatz zu erlangen, dann ist er arbeitslos, nicht aber invalid (im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG), sodaß für einen solchen Fall die Leistungszuständigkeit der Arbeitslosenversicherung besteht (SSV-NF 6/56; 10 ObS 27/98p, 10 ObS 106/98f).

Seiner Revision war damit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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