OGH 9ObA184/98v

OGH9ObA184/98v11.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Heinz Paul und Winfried Kmenta als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden und beklagten Partei Alfred P*****, Hochschulprofessor, *****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte und klagende Partei Republik Österreich (Österreichischer Bundestheaterverband), vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen S 779.198,04 brutto abzüglich S 121.534,90 netto sA und S 121.534,90 netto sA, infolge Revision der beklagten und klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. März 1998, GZ 7 Ra 1/98p-14, womit infolge Berufung der beklagten und klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25. Juli 1997, GZ 9 Cga 109/96f-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte und klagende Partei ist schuldig der klagenden und beklagten Partei die mit S 22.131,-- (darin enthalten S 3.688,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß die auf S 2 der Revision (= AS 142) erfolgte Verweisung "auf die bisherige Darstellung des Rechtsstandpunktes der beklagten Partei, insbesondere Seiten 4 f der Berufung" wirkungslos bleiben muß. Es ist nämlich unzulässig, den Inhalt eines anderen (Rechtsmittel- oder sonstigen) Schriftsatzes zum Inhalt eines Rechtsmittels zu machen. Vielmehr können nur solche Ausführungen berücksichtigt werden, die im Rechtsmittel selbst oder zumindest ausdrücklich gegenüber dem Rechtsmittelgericht geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 506 mwN; SZ 23/89;

RZ 1966, 185; EFSlg 39.585). Ein solcher Mangel einer Rechtsmittelschrift ist auch nicht verbesserungsfähig (EvBl 1985/153;

10 ObS 2129/96b; 10 ObS 2303/96s; 9 ObA 54/97z).

Die Begründung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß auf deren Richtigkeit hingewiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Die Revisionswerberin weist richtig darauf hin, daß das Bundestheaterpensionsgesetz keine Anwendung auf Bundestheaterbedienstete findet, die in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Bund aufgenommen werden, wenn ihnen aus diesem eine Anwartschaft auf Pensionsversorgung zusteht (§ 1 Abs 3 lit m BThPG). Damit wurde durch den Gesetzgeber durch die 2. BThPG-Novelle, BGBl 1976/688 jene Regelung getroffen, die der Kläger als angestellter Orchestermusiker der Wiener Staatsoper bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung durch seinen am 20. 3. 1974 erklärten Verzicht auf eine Anwartschaft auf Pensionsversorgung nach dem BThPG im Hinblick auf seine Ernennung zum Professor an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst vorwegnahm. Mit dem Verzicht des Klägers wurde aber - aus der Sicht der Beklagten - nicht nur der Weg frei, den Kläger zum Professor an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst zu ernennen, sondern rund 21 Jahre später - aus der (späteren) Sicht des Klägers - auch der Weg frei für einen Abfertigungsanspruch aus der per 31. 8. 1995 erfolgten Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Klägers als angestellter Orchestermusiker der Wiener Staatsoper. Zu diesem Zeitpunkt kam das (erst nach dem Verzicht des Klägers in Kraft getretene) Arbeiter- Abfertigungsgesetz, BGBl 1979/107, zur Anwendung, nach dessen §§ 1 und 2 allen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen, eine Abfertigung gebührt. Gemäß Art I § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG sind zwar Arbeitsverhältnisse zum Bund von diesem Bundesgesetz ausgenommen; hiezu wurde jedoch bereits wiederholt judiziert - wovon im übrigen auch die Revisionswerberin ausgeht - daß die in Art I ArbAbfG getroffenen Regelungen auch auf jene vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommenen und vertraglich beschäftigten Bundesbediensteten analog anzuwenden sind, denen bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses weder ein Abfertigungsanspruch im Sinne der §§ 23 und 23a AngG bzw § 35 VBG noch ein als adäquater Ersatz für die Abfertigung in Frage kommender, über die Pensionsleistung nach dem ASVG hinausreichender Versorgungsanspruch zusteht. Nur in letzterem Fall wäre im Hinblick auf den einer Abfertigung vergleichbaren Zweck einer Versorgung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Absehen von einer Abfertigungsregelung sachlich gerechtfertigt (ZAS 1988/25 mwN; 9 ObA 70/89; 9 ObA 2126/96d; Petrovic in Runggaldier, Abfertigungsrecht-Die Abfertigung im Bühnendienstrecht 360 ff).

Das Schauspielergesetz, dem das Arbeitsverhältnis des Klägers als Orchestermusiker unterlag (§ 1 Abs 1 SchSpG), enthält keine eigenständigen Abfertigungsbestimmungen. Eine unmittelbare Anwendung der §§ 23 und 23a AngG ist nicht möglich, weil das Angestelltengesetz gemäß § 50 SchSpG auf Bühnendienstverträge keine Anwendung findet. Auch das Vertragsbedienstetengesetz ist gemäß seinem § 1 Abs 3 lit a auf Personen, deren Arbeitsverhältnis durch das Schauspielergesetz geregelt ist, nicht anzuwenden.

Eine sachliche Rechtfertigung für das Versagen eines Abfertigungsanspruches beim privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des Klägers zum Bund wäre nur dann gegeben, wenn ein (anderer) Versorgungsanspruch aufgrund dieses privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses den fehlenden Abfertigungsanspruch (im wesentlichen) ausgleichen würde (Arb 11.094). Ein derartiger Fall der Rechtfertigung liegt hier nicht vor, weil zufolge des vom Kläger - über Verlangen der Beklagten - abgegebenen Verzichtes auf eine Anwartschaft auf Pensionsversorgung nach dem BThPG kein über die Pensionsleistung nach dem ASVG hinausgehender Versorgungsanspruch des Klägers aufgrund seines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses als Orchestermusiker der Wiener Staatsoper besteht.

Den Überlegungen der Revisionswerberin, den Abfertigungsanspruch des Klägers aus seinem privatrechtlichem Arbeitsverhältnis als Orchestermusiker durch den Pensionsanspruch als Versorgungsanspruch des Klägers aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Hochschulprofessor auszugleichen, kann nicht beigetreten werden. Sie vernachlässigen nicht nur das Vorliegen zweier sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht völlig verschiedener Arbeitsverhältnisse, sondern auch den der Abfertigung - neben anderen Funktionen - immanenten Zweck der "Treueprämie" (Martinek/Schwarz, Abfertigung-Auflösung des Arbeitsverhältnisses 314; Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte Rz 161;

Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I3 180;

Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 323; ZAS 1988/13; 9 ObA 324/89; Arb 11.094 ua); hier: Honorierung der 50jährigen Betriebstreue des Klägers (1945-1995) zur Wiener Staatsoper, womit er sich die Abfertigung "erdiente". Von einem "ungerechtfertigten Privileg" kann im Hinblick auf die Abfertigung keine Rede sein.

Die Pension nach dem Pensionsgesetz, die der Kläger aus seiner mehr als 20jährigen Tätigkeit als Hochschulprofessor zu erhalten hat, ist kein Versorgungsanspruch, der in das schon früher beendete privatrechtliche Arbeitsverhältnis als Orchestermusiker hineinreicht. Dieser Zusammenhang kann auch nicht dadurch in relevanter Weise herbeigeführt werden, daß die Beklagte mit der Zahlung der Abfertigung solange säumig ist, bis dieser Pensionsanspruch entsteht. Durch die Pension nach dem Pensionsgesetz mag zwar die Versorgung des Klägers gewährleistet sein; der Aspekt der 50jährigen Betriebstreue des Klägers als Orchestermusiker bliebe aber in ungerechtfertigter Weise weiter offen.

Jene Überlegungen der Revisionswerberin, die darauf abzielen, der Kläger hätte durch seinen Verzicht auf eine Anwartschaft auf Pensionsversorgung nach dem BThPG auch bereits auf eine künftige Abfertigung aus dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis mitverzichtet, lassen unberücksichtigt, daß das Arbeiter-Abfertigungsgesetz (als Grundlage des Abfertigungsanspruches) zum Zeitpunkt des Verzichtes noch gar nicht gegolten hat. Dem Versuch der Revisionswerberin, den Verzicht des Klägers auf eine Anwartschaft auf Pensionsversorgung nach dem BThPG auch auf die Abfertigung auszudehnen, steht überdies der klare Wortlaut der Verzichtserklärung entgegen. Inwieweit der (beim Verzicht noch nicht in Kraft befindliche) § 3 ArbAbfG, der die Unabdingbarkeit von Arbeitnehmerrechten aus dem ArbAbfG regelt, einem (allfälligen) Verzicht auf Abfertigung entgegenstünde bzw inwieweit sich der Kläger bei der Verzichtserklärung in einer relevanten Drucksituation befand, kann daher dahingestellt bleiben.

Der Revision ist daher keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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