OGH 15Os84/98

OGH15Os84/982.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Köberl als Schriftführer, in der Strafsache gegen Konrad August M***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, begangen in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 11.Februar 1998, GZ 12 Vr 355/97-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Dr.Spitzer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Lindlbauer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Konrad M***** des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, begangen in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, schuldig erkannt, weil er im April 1996 in Eggendorf dadurch, daß er auf einer von ihm gepachteten Grundstücksparzelle in einem eigens dafür errichteten Gewächshaus in mit Erde gefüllten Behältern und Säcken ca 150 bis 200 Hanfkörner pflanzte und daraus ca

1.500 Hanfpflanzen zu ziehen trachtete, den bestehenden Vorschriften zuwider Cannabis, sohin Suchtgift, zu erzeugen versucht hat, wobei die Tatvollendung zufolge frühzeitigen Einschreitens durch die Gendarmerie unterblieben ist.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die (allein) auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, die nicht im Recht ist.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, daß der Angeklagte zu Unrecht - jedoch zu seinem Vorteil, daher vom Obersten Gerichtshof nicht zu korrigieren - nur wegen des versuchten Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG verurteilt worden ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSt 50/36; 12 Os 59,60/92, 12 Os 194/94, 13 Os 145/93, 13 Os 130/94, 13 Os 152/95, 12 Os 141/97), von der abzugehen auch nach der nunmehr geltenden Rechtslage kein Anlaß besteht, setzt das Erzeugen von Suchtgift als Oberbegriff für dessen Herstellung und Gewinnung (Art 1 Abs 1 lit n und t der Einzigen Suchtgiftkonvention 1961, BGBl 1978/531) bereits beim Anbau ein und umfaßt (solcherart bereits ausführungsspezifisch) jeden Akt der Aufzucht bis zur Erntereife. Liegen somit die übrigen Voraussetzungen des § 27 SMG vor, ist der Anbau von Cannabispflanzen zur Suchtgiftgewinnung auf Grund der Subsidiaritätsklausel des § 44 SMG dem (strenger pönalisierten) Vergehenstatbestand zu unterstellen.

In seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Beschwerdeführer das Vorliegen absolut untauglichen Versuches nach § 15 Abs 3 StGB, weil die urteilsgegenständlichen Pflanzen als "EU-Hanf" genehmigt und - nur geringe rauscherzeugenden Substanzen beinhaltend - keine Suchtmittel im Sinn des Suchtmittelgesetzes darstellten.

Gemäß § 2 Abs 1 SMG sind Suchtgifte im Sinn dieses Bundesgesetzes Stoffe und Zubereitungen, die durch die Einzige Suchtgiftkonvention vom 30.März 1961 zu New York, BGBl Nr 531/1978, idF des Protokolls vom 25.März 1972 zu Genf, BGBl Nr 531/1978, Beschränkungen hinsichtlich der Erzeugung (Gewinnung und Herstellung), des Besitzes, Verkehrs, der Ein-, Aus- und Durchfuhr, der Gebarung oder Anwendung unterworfen und mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales als Suchtgifte bezeichnet sind. Gemäß Anhang I der Suchtgiftverordnung sind Stoffe und Zubereitungen gemäß § 2 Abs 1 SMG laut (I.1.a.) ua folgende Drogen und daraus hergestellte Extrakte, Tinkturen und andere Zubereitungen: Cannabis (Marihuana)

Blüten- oder Fruchtstände der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, denen das Harz nicht entzogen worden ist,

ausgenommen sind

1. im gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten gemäß Art 18 der Richtlinie 70/457/EWG des Rates vom 29.September 1970, ABl Nr L 225 S 1 idgF, oder

2. in der geltenden Fassung des Anhangs B zu Art 3 Abs 1 der VO (EWG) Nr 1164/1989 der Kommission vom 28.April 1989, ABl Nr L 121 S 4, oder

3. in der Sortenliste gemäß § 65 SaatgutG 1997, BGBl I Nr 72/1997, in der geltenden Fassung

angeführt sind und deren Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) 0,3 % nicht übersteigt, sofern ein Mißbrauch als Suchtgift ausgeschlossen ist, sowie

Nach den hier relevanten Feststellungen des Erstgerichtes setzte der Angeklagte im April 1996 teils gekaufte, teils von anderen Personen erhaltene Hanfkörner in mit Erde gefüllten Eisteebehältern und Plastiksäcken an, um sie nach Keimung in Waldlichtungen zu setzen und im Herbst abzuernten. Er zog 1.500 Hanfpflanzen bis zu einer Größe von 10 cm hoch, welche am 15.Mai 1996 von der Gendarmerie beschlagnahmt wurden. Seine Absicht bei der Aufzucht der Hanfpflanzen lag darin, letztendlich Cannabiskraut mit unterschiedlichem THC-Gehalt zum Eigengebrauch zu erzeugen, wobei er davon ausging, daß der THC-Gehalt zwischen 0,01 und 1,2 % liegt. Er erwartete sich durch den Anbau und die Aufzucht der Pflanzen nicht nur Nutzpflanzen (nämlich für medizinische Zwecke oder Vogelfutter), sondern auch solche, aus denen Cannabis mit einem solchen THC-Gehalt gewonnen werden kann, der nicht mehr legalisiert ist (US 3, 5). Die beschlagnahmten Pflanzen (der Probe 1 - vgl S 131 iVm S 35) wiesen einen geringen Gehalt von THC auf, woraus das Erstgericht den Schluß zog, daß es sich um "EU-Hanf" handle (US 4).

Mit dem Einwand, daß sich in den "EU-genehmigten Sorten (Hanf) nur geringe rauscherzeugende Substanzen fänden, die keine Suchtmittel im Sinn des Suchtmittelgesetzes darstellen", verkennt die Beschwerde, daß die unter die Ausnahmebestimmung des Punktes I.1.a. des Anhangs I des SMG fallenden Hanfsorten - unabhängig von einem auch 0,3 % nicht übersteigenden THC-Gehalt - nur dann nicht dem SMG unterliegen, wenn sie der Verwendung für gewerbliche Zwecke dienen und ein Mißbrauch als Suchtgift ausgeschlossen ist.

Im aufgefundenen Cannabiskraut sind - wenn auch geringe Spuren von THC - enthalten; weiters hat das Erstgericht ausdrücklich festgestellt, daß die Pflanzen nicht nur zur gewerblichen Verwendung durch den Angeklagten, sondern auch zum Eigenkonsum als Suchtgift bestimmt waren und der Vorsatz des Beschwerdeführers dahin ging, auch Pflanzen mit einem THC-Gehalt bis zu 1,2 % zu ziehen (US 3 und 5 iVm ON 12 a), sodaß der Einwand des Beschwerdeführers, daß die von ihm angebauten Cannabiskrautsorten keine Suchtmittel im Sinn des SMG darstellten, ins Leere geht.

Da der Größe der Suchtgiftmenge für den Tatbestand des § 27 SMG - im Gegensatz zu § 28 SMG - keine Bedeutung zukommt, ist die Frage, in welchem Umfang - wenn auch nur geringe - rauscherzeugende Substanzen in den beschlagnahmten Pflanzen enthalten sind, in dem hier gegebenen Fall ohne Bedeutung.

Auf die weiteren Beschwerdeausführungen zum behaupteten Vorliegen eines absolut untauglichen Versuchs muß im Hinblick auf die eingangs getroffenen Darlegungen zur tatsächlichen Deliktsvollendung nach § 27 Abs 1 SMG nicht eingegangen werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 27 Abs 1 SMG unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 28.November 1996, AZ 13 E Vr 356/97, zu einer sechswöchigen Zusatzfreiheitsstrafe, faßte unter einem den Beschluß, gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zum Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 10.Februar 1994, AZ 12 Vr 525/93, abzusehen, und ordnete für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe an.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend vier einschlägige Vorstrafen, als mildernd das Geständnis und den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben ist.

Gegen den Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er die Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt.

Die Berufung erweist sich als nicht stichhältig.

Entgegen der darin vertretenen Ansicht kann das Zurückliegen der Tat über einen Zeitraum von rund 2 Jahren nicht zusätzlich im Sinn des § 34 Abs 1 Z 18 StGB als mildernd gewertet werden; erst eine Zeitspanne, die etwa der Rückfallverjährungsfrist von fünf Jahren entspricht, erfüllt dieses Kriterium (Leukauf/Steininger Komm3 § 34 RN 18). Daß durch die Tat kein Schaden herbeigeführt wurde, ergibt sich ohnedies aus dem zu Gunsten des Angeklagten angenommenen Milderungsgrund, daß die Tat beim Versuch geblieben ist.

Weder die Behauptung einer vermeintlich unrichtigen Gewichtigung der Strafzumessungsgründe noch die Hinweise auf den ordentlichen Wohnsitz, die begründete Aussicht auf ein geregeltes Arbeitsverhältnis und die in Untersuchungshaft zugebrachte Zeit stellen eine taugliche Grundlage zur Herabsetzung der Strafe dar; hat doch der Angeklagte trotz der günstigen Gegebenheiten von Beschäftigung und festem Wohnsitz nach Verbüßung der Freiheitsstrafen wiederum strafbare Handlungen verübt.

Unter zutreffender Bewertung des Schuld- und Unrechtsgehaltes der vom Angeklagten verübten Straftaten - insbesondere im Hinblick auf die Wirkungslosigkeit bisheriger (bedingter und teilbedingter) Verurteilungen wegen völlig gleichartiger Delikte - kann eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht gezogen werden.

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