OGH 13Os130/94

OGH13Os130/9419.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Oktober 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kahofer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter W***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 27.Jänner 1994, GZ 12 Vr 393/93-45, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr.Kodek, und des Verteidigers Rechtsanwalt Dr.Rogler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen B 3 und F zur Gänze und im Schuldspruch H 1 im Ausspruch über die gewerbsmäßige Tatbegehung sowie demzufolge auch im Strafausspruch nach § 201 Abs 1 StGB einschließlich der Vorhaftanrechnung aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung zu den Schuldsprüchen B 3 und H 1 wird die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Zum aufgehobenen Schuldspruch F wird sogleich in der Sache selbst erkannt:

Peter W***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 22. Juli 1993 in Steyr gegenüber der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Steyr durch Erstattung der Anzeige des Inhalts, sein PKW der Marke Renault 4 sei in Portugal gestohlen worden, die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht und hiedurch das Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB begangen, gemäß § 259 Abs 3 StPO freigesprochen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche enthält - wurde Peter W***** (A) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB, (B) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB, (C) des Vergehens des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs 1 und Abs 3 Z 1 StGB, das teils beim Versuch (§ 15 StGB) geblieben ist, (D) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, (E) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, (F) des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB, (G) des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB, (H) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster Fall SGG, (I) des Vergehens nach § 16 Abs 1 und Abs 2 Z 1 SGG, (K) des Finanzvergehens des (gewerbsmäßigen) Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG und (L) des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich der für das Rechtsmittelverfahren relevanten Schuldsprüche hat er in Steyr und anderen Orten:

(A) am 19.August 1993 Elke S***** durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben, indem er äußerte, er werde ihr eine Rohrzange in den After einführen und die Schamlippen mit einer Kombizange auseinanderziehen, falls sie sich zur Wehr setze, zur Duldung des Beischlafes genötigt;

(B) die nachgenannten Personen gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er teilweise mit dem Tod und teilweise mit Sprengmittel drohte, und zwar

1. am Vormittag des 19.August 1993 Elke S***** durch die Äußerung, er werde ihr eine Überdosis Heroin verabreichen und ihre Wohnung in die Luft sprengen lassen, sohin mit dem Tod und mit Sprengmitteln,

2. am Abend des 19.August 1993 Elke S*****, Ulrike M***** und Dieter G***** durch die Äußerungen, er werde sie fertigmachen, er werde einen "Gatsch" aus ihnen machen,

3. am 21.September 1993 Elke S***** durch die Äußerung gegenüber Beamten der Kriminalabteilung, er werde mit ihr gesondert abrechnen, er werde sich nach der Haftentlassung ein Schrotgewehr kaufen und sie damit hinrichten, sohin mit dem Tode;

(E, 5) im Juli 1993 in Portugal Elke S***** durch Faustschläge ins Gesicht und Ausdämpfen von Zigaretten, verbunden mit Blutunterlaufungen und Brandwunden, vorsätzlich am Körper verletzt;

(F) am 22.Juli 1993 in Steyr gegenüber der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Steyr durch Erstattung der Anzeige des Inhaltes, sein PKW der Marke Renault 4 sei in Portugal gestohlen worden, die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht;

(H 1) in der Zeit von Frühjahr 1993 bis 20.August 1993, indem er mit den abgesondert verfolgten Konrad M***** und Reinhard M***** zirka 600 Stück weibliche Cannabispflanzen züchtete und sodann im Raume Oberösterreich und Niederösterreich aussetzte und zwecks späterer Ernte als Marihuana aufzog, in Verbindung mit den in den Schuldsprüchen H 2 a)-d) angeführten Handlungen den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich Cannabis, in einer großen Menge erzeugt, wobei er die Taten gewerbsmäßig beging.

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum Schuldspruch A:

Die Behauptung, die hiezu getroffenen Feststellungen im Ersturteil seien einerseits im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO mangelhaft begründet und andererseits zur umfassenden rechtlichen Beurteilung unzulänglich (Z 9 lit a), kann der Beschwerdeführer an Hand des Urteils nicht näher dartun.

Eine ausdrückliche Feststellung, worin die Weigerung der Zeugin S***** gegen die Vornahme eines Geschlechtsverkehrs gelegen wäre, war bei der gegebenen Sachlage im Urteil gar nicht erforderlich, weil einerseits schon aus der Darstellung dieser Zeugin, die immer davon spricht, sie sei vom Angeklagten in der Nacht zum 19.August 1993 "vergewaltigt" worden (S 149/II), ihr Widerstreben gegen den Geschlechtsverkehr deutlich zum Ausdruck kommt, andererseits die von ihr beschriebene Vorgangsweise des Angeklagten (Fesselung, Bedrohung unter Vorweisung von zwei Zangen) schlechthin unbegreiflich wäre, wenn der Angeklagte die ablehnende Haltung der Zeugin nicht erkannt hätte und es ihm daher nicht darauf angekommen wäre, ihren widerstrebenden Willen zu brechen. In der zurückhaltenden Darstellung der Zeugin in der Hauptverhandlung kommt die Intensität der ausgeübten Drohung zwar nicht so anschaulich zum Ausdruck (siehe S 151/II) wie im Vorverfahren. Keineswegs handelt es sich aber auch nach dieser Darstellung bloß um eine Drohung durch Gesten, wie der Beschwerdeführer behauptet, wenngleich dies im übrigen auch zur Verwirklichung des Tatbestandes ausreichen könnte. Die Urteilsfeststellungen über die geäußerten Drohungen finden demgegenüber in der in der Hauptverhandlung verlesenen (S 176/II) polizeilichen Aussage der Zeugin S***** (siehe S 28, 29 ff/I) volle Deckung und werden noch durch die beiden bei der polizeilichen Hausdurchsuchung (S 156, 177, 179/I) vorgefundenen Zangen (und des zur Fesselung verwendeten Lederriemens) bestätigt.

Die behaupteten Begründungsmängel zum objektiven Tatgeschehen und zur subjektiven Tatseite liegen daher nicht vor; die bekämpften Feststellungen bilden auch eine einwandfreie Grundlage für den in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestrittenen Vorsatz des Angeklagten.

Ebenfalls zu Unrecht bekämpft der Beschwerdeführer aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO (der Sache nach Z 10 iVm Z 9 lit b) die Annahme einer Drohung mit (gegenwärtiger) schwerer Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 201 Abs 1 StGB:

Zur Interpretation des Begriffs der Drohung mit schwerer Gefahr für Leib oder Leben kann auf § 106 Abs 1 Z 1 StGB zurückgegriffen werden, wie der Beschwerdeführer selbst zutreffend ausführt (siehe Leukauf-Steininger StGB3 RN 15 zu § 201). Demnach ist eine Drohung dann geeignet, bei der bedrohten Person die Besorgnis schwerer Gefahr für Leib oder Leben zu erwecken, wenn ihr der Tod, eine erhebliche Verstümmelung oder eine auffallende Verunstaltung ..... (§ 106 Abs 1 Z 1 StGB) oder ein vergleichbares Übel angedroht wird.

Die im Urteil festgestellten Drohungen, Elke S***** eine Rohrzange, die der Angeklagte dabei in der Hand hielt und ihr vorwies, in den After einzuführen, und ihr mit einer ebenfalls vorgewiesenen Kombizange die Schamlippen auseinanderzuziehen, waren in ihrer sadistischen Grausamkeit geeignet, der Bedrohten Besorgnisse einzuflößen, die weit über eine einfache gefährliche Drohung hinausgingen. Hier fällt vor allem ins Gewicht, daß die Drohung mit schweren Verletzungen im Genitalbereich, somit an einer sehr empfindlichen Körperregion, erfahrungsgemäß als besonders belastend empfunden wird.

Der Schöffensenat beurteilte daher die Handlungen des Angeklagten rechtsrichtig als (gegenwärtige) Drohung mit schwerer Gefahr für Leib und Leben.

Der Versuch des Beschwerdeführers, seinen Drohungen ein geringeres Gewicht durch den Hinweis beizulegen, daß S***** früher seine Lebensgefährtin gewesen sei und das gebrauchte "Vokabular" zu seinen üblichen Umgangsformen gehört habe, versagt schon am Erfolg seiner Drohungen. Im übrigen hatte die Zeugin ausdrücklich erklärt, daß es bis zu diesem Zeitpunkt in der - von ihr damals auch beendeten - Lebensgemeinschaft nie zu einer Vergewaltigung gekommen sei (S 153/II).

Zu den Schuldsprüchen B 1 und 2:

Der Beschwerdeführer rügt hier das Fehlen ausdrücklicher Feststellungen über seine Absicht, die Bedrohten (und zwar zu B 1 durch Todesdrohung) in Furcht und Unruhe zu versetzen. Auch diese Rüge versagt, hat doch das Erstgericht die vermißte Feststellung zu beiden Schuldsprüchen (US 13 bzw 14) ohnedies ausdrücklich getroffen. Daß es dafür den vom Beschwerdeführer als unzulänglich bezeichneten Gesetzeswortlaut ("um zu ....") verwendete, stellt unter den gegebenen Umständen weder einen Feststellungs-, noch einen Begründungsmangel dar (Z 5). Geht doch schon aus dem Wortlaut der Äußerungen und der Situation, in der sie gefallen sind, unmißverständlich hervor, worauf es dem Angeklagten - der sich vorher gewaltsam Zutritt zum Aufenthalt der bedrohten Person verschafft hatte - dabei angekommen ist.

Was die Bedrohung der Elke S***** allein (B 1) anlangt, so zeigt schon die Wortwahl des Angeklagten, der damit keinesfalls schlechthin auf ein "Umbringen" abstellte, sondern konkret die in Aussicht gestellten Todesarten bezeichnete, daß das Erstgericht durchaus zutreffend nicht bloß von einem Wortüberschwang ausgegangen ist, sondern zu Recht eine (qualifizierte) Drohung mit dem Tod (und mit Sprengemitteln) angenommen hat. Zu B 2 wiederum wurde eine solche (qualifizierte) Drohung gar nicht angenommen, sodaß die Beschwerdeausführungen insofern ins Leere gehen.

Zum Schuldspruch B 3:

Hier kommt dem Beschwerdevorbringen Berechtigung zu, weil der Schuldspruch - offenkundig zufolge eines Versehens bei Abfassung der schriftlichen Urteilsbegründung - nur im Urteilstenor aufscheint. Das sohin in diesem Punkte unüberprüfbare Urteil ist daher mit dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5 (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 114) bzw Z 9 lit a (aaO E 8) StPO behaftet, sodaß insofern eine Urteilsaufhebung unvermeidlich ist.

Zum Schuldspruch F:

Im Ergebnis berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde auch, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen Vergehens nach § 298 StGB richtet. Der Tatbestand der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung (§ 298 Abs 1 StGB) schützt die österreichische Rechtspflege (Leukauf-Steininger StGB3 RN 10; Mayerhofer-Rieder StGB4 E 1 a; jeweils zu § 298). Darüber hinaus ist davon auszugehen, daß dieser Tatbestand nicht nur eine Tatbegehung gegenüber österreichischen Behörden und Beamten, sondern auch die Vortäuschung von Straftaten voraussetzt, die der österreichischen Gerichtsbarkeit (mögen sie auch im Ausland begangen sein) unterliegen und daher wenigstens abstrakt Anlaß zur Vornahme von Ermittlungen im Inland geben können (vgl Mayerhofer-Rieder aaO E 3 b).

Der nach der bewußt falschen Anzeige des Angeklagten angeblich durch unbekannte Täter in Portugal verübte PKW-Diebstahl (S 135/I) unterliegt aber - zumal keinerlei Hinweis dafür gegeben wurde, daß für diese Auslandstat dennoch das österreichische Strafgesetz gelte (s §§ 64 Abs 1 Z 7 bzw 65 StGB) - nicht der österreichischen Gerichtsbarkeit und konnte somit von vornherein nicht Anlaß für behördliche Erhebungen im Inland sein (vgl auch Linke, ÖJZ 1984, 487). Ein Angriff auf das Schutzobjekt des § 298 StGB, nämlich die inländische Rechtspflege, lag daher nicht vor. Das angebliche Bestreben des Angeklagten, eine Bestätigung der Polizei zu erhalten (US 30), bedeutet noch keinen solchen Angriff. Der in Rede stehende Schuldspruch ist demnach mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet und war daher ebenfalls aufzuheben. Hier liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Erledigung vor und war deshalb der Angeklagte in diesem Umfang (Schuldspruch F) sogleich freizusprechen.

Zum Schuldspruch E 5:

Nach den Urteilsfeststellungen (US 15) versetzte der Angeklagte, der nach einem Streit in Wut geraten war, der Elke S***** Faustschläge ins Gesicht und dämpfte Zigaretten auf ihrer Haut aus, um sie zu verletzen. Elke S***** erlitt dadurch Blutunterlaufungen und Brandwunden. Das Gericht stützte sich dabei auf die glaubwürdig befundene Aussage dieser Zeugin (US 25). Mit der auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Beschwerdebehauptung, diese Begründung im Urteil sei nicht ausreichend, wird kein Begründungsmangel im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt, zumal der ausdrücklich festgestellte Verletzungsvorsatz des Angeklagten schon in dessen Tathandlungen eindeutig zum Ausdruck kommt. In Wahrheit wird vom Beschwerdeführer lediglich die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Schuldberufung bekämpft.

Zum Schuldspruch H 1:

Die hiezu undifferenziert auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a, teilweise auch Z 10, StPO gestützte Rüge ist zum Teil berechtigt:

Das Gericht hat festgestellt, daß der Angeklagte mit den abgesondert verfolgten Konrad M***** und Reinhard M***** (als Komplizen: US 17) zirka 600 Stück weibliche Cannabispflanzen züchtete (US 6). Demgemäß ist davon auszugehen, daß er mit den genannten Personen im einverständlichen Zusammenwirken (§ 12 StGB erster Fall) handelte und der Erfolg des Tuns aller drei Personen auch von ihm zu vertreten ist. Es kommt daher nicht nur auf den im Urteil angeführten THC-Gehalt von 19,7 (+/- 1,6) g in den beim Beschwerdeführer sichergestellten 1.251.7 g Marihuana (S 479 ff/I) an, sondern es ist in gleicher Weise auch der THC-Gehalt der bei M***** sichergestellten 641 g Marihuana, nämlich 7,7 (+/- 0,88) g (S 489 f/I) zu berücksichtigen. Im Sinne des Gutachtens des Suchtgiftbeirats stellen aber bereits 20 g THC eine große Menge des Wirkstoffes von Cannabis dar (siehe Kodek SGG S 50).

Die in der Beschwerde aufgegriffene Versuchsproblematik stellt sich hier gar nicht. Denn das Erzeugen von Suchtgift iSd § 12 Abs 1 SGG setzt als umfassender Begriff bereits beim Anbau ein und reicht über die Aufzucht bis zur Erntereife (EvBl 1980/9). Somit erweist sich auch die Beurteilung des vom Erstgericht zum Schuldspruch H 1 als erwiesen angenommenen Sachverhaltes als vollendetes Delikt nach § 12 Abs 1 SGG (begangen durch Erzeugen einer großen Suchtgiftmenge) frei von Rechtsirrtum.

Auf der subjektiven Tatseite ist der Vorsatz erforderlich, eine solche Menge Suchtgift zu erzeugen, die im Falle der (gedachten) Weitergabe in großem Ausmaß eine Gefahr für Leib und Gesundheit von Menschen entstehen ließe, welche Kenntnis bei Suchtgiftabhängigen in der Regel vorausgesetzt werden kann (vgl Foregger-Litzka SGG2, S 32). Hingegen erfordert auch die Begehungsart der Erzeugung keineswegs einen auf Weitergabe des Suchtgifts gerichteten Vorsatz, sodaß es auf die nach dem Vorhaben des Täters allenfalls bloß zum Eigenkonsum bestimmte Menge entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht ankommt (siehe Kodek aaO S 55/56).

Die Gewerbsmäßigkeit wurde vom Gericht für sämtliche unter H 1 und 2 festgestellte Fakten angenommen und für den hier davon allein bekämpften Schuldspruch H 1 damit begründet, daß der Angeklagte bereits über regelmäßige Abnehmer von Suchtgift verfügte und kein Zweifel bestehen könne, daß er auch das selbst erzeugte Suchtgift zum Handel (Weiterverkauf) verwendet hätte (US 17, 26).

Gewerbsmäßige Tatbegehung erfordert die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlung, hier also durch Erzeugen von Suchtgift, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Nach den Urteilsfeststellungen (vgl US 6, 17 und 18 dA; ferner S 303/I) hat der Beschwerdeführer im Jahre 1993 an verschiedenen Orten Ober- und Niederösterreichs Cannabispflanzen angebaut und aufgezogen, dies mit dem Ziele, daraus (durch Verkauf) eine fortlaufende Einnahme zu erzielen. Dieser im Urteil als erwiesen angenommene Sachverhalt reicht, wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt (Z 10), zur Annahme einer gewerbsmäßigen Tatbegehung, soweit es (nur) den Schuldspruch H 1 wegen Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG, begangen durch Erzeugen von Suchtgift, betrifft, nicht aus. Denn die gewerbsmäßige Tatbegehung kann in diesem Falle nicht, so wie dies das Erstgericht begründet, auf einen (hier: erst geplanten), wenn auch skuzessiven Weiterverkauf (Inverkehrsetzen) dieses vom Beschwerdeführer erzeugten Suchtgifts, das er nach den Urteilsfeststellungen (vgl US 18) noch gar nicht geerntet hatte, abgestellt werden. Fortlaufende Einnahmen aus wiederholten Verwertungshandlungen einer einzigen strafbaren Handlung genügen somit nicht für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (13 Os 145/93). Es wäre vielmehr die urteilsmäßige Feststellung erforderlich gewesen, daß der Angeklagte das Erzeugen des Suchtgiftes (also den Anbau der Cannabispflanzen) in der Absicht vorgenommen hat, sich durch eine solche (in der Erzeugung des Suchtgifts liegende) wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine solche Feststellung fehlt aber im angefochtenen Urteil (vgl US 17, 18 und 28), sodaß der Rechtsrüge des Beschwerdeführers (Z 9 lit a) in diesem Belang Berechtigung zukommt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist daher zu den Schuldsprüchen A, B 1 und 2 und E 5 unbegründet, zu B 3 und F hingegen zur Gänze und zu H 1 teilweise berechtigt.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil in den Schuldsprüchen B 3 und F und im Ausspruch über die gewerbsmäßige Tatbegehung (nur) beim Schuldspruch H 1 sowie demnach auch im Strafausspruch aufzuheben und wie im Spruch teils mit Rückverweisung an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung (B 3, H 1), teils nach § 288 Abs 2 Z 3 StPO mit freisprechender Entscheidung (F) vorzugehen.

Mit seiner nur gegen die nach § 201 Abs 1 StGB ausgemessene Freiheitsstrafe gerichteten Berufung war der Angeklagte auf die Aufhebung des diesbezüglichen Strafausspruches zu verweisen. Die gesondert gemäß § 22 FinStrG ausgemessene und unangefochten gebliebene Strafe für den unbekämpften und unberührt gebliebenen Schuldspruch wegen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (Faktum K iVm H 2) bleibt hingegen unberührt und unverändert aufrecht (Komm zum Finanzstrafgesetz, Dorazil-Harbich ua ENr 19 zu § 22).

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