OGH 3Ob2199/96w

OGH3Ob2199/96w27.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Pimmer, Dr.Zechner, Dr.Sailer und Dr.Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg Z*****, Dentistin, ***** vertreten durch Dr.Paul Doralt ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dkfm.Dr.Hugo M*****, Wirtschaftstreuhänder, ***** vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 5,125.246,81 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 26.März 1996, GZ 12 R 19/96v-39, womit der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. November 1995, GZ 3 Cg 107/93i-34, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Das Klagebegehren des Inhalts,

1. die zwischen Walter S*****, Dentist, gestorben am 3.9.1986, und der beklagten Partei am 28.1.1982 getroffene Vereinbarung werde aufgehoben, und

2. die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 5,125.246,81 samt 4 % Zinsen seit 15.3.1990 zu bezahlen,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 764.640,05 (darin S 87.989,84 USt und S 236.701,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren erster und zweiter Instanz und des Rekursverfahrens dritter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 33.694,20 (darin S 5.615,70 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Walter S*****, seine Ehefrau Luise S***** und seine Tochter Ingeborg S*****, die nunmehrige Klägerin und Gesamtrechtsnachfolgerin des Walter S*****, veranlagten Anfang der siebziger Jahre das gesamte Familienvermögen, rund S 10 Mio, bei der A***** AG (A*****) auf Sparbüchern. Über das Vermögen dieser Bank wurde am 25.11.1974 das Ausgleichsverfahren und am 21.3.1975 das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Im Konkursverfahren meldeten Walter S*****, Luise S***** und die Klägerin den Betrag von insgesamt S 8,507.856,43 an. Dieser Betrag wurde anerkannt. Die Konkursquote betrug etwa 20 %.

Walter S***** beabsichtigte, gegen die Republik Österreich wegen der Verletzung der Bankenaufsicht durch die Bankenaufsichtsorgane einen Amtshaftungsanspruch geltend zu machen, und setzte sich diesbezüglich am 9.12.1977 mit dem Rechtsanwalt Dr.Heinrich W***** in Verbindung. Am 23.12.1977 beantragte dieser Rechtsanwalt für ihn die Gewährung von Verfahrenshilfe beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Dieses bewilligte ihm mit Beschluß vom 28.3.1978 Verfahrenshilfe im vollen Umfang und bestellte Dr.W***** zum Verfahrenshelfer. Walter S***** bezog im Jahre 1978 eine monatliche Pension von rund S 9.500,--, die in den folgenden Jahren bis 1986 auf monatlich rund S 11.300,-- stieg. Am 17.5.1978 übersandte Dr.W***** namens des Walter S***** ein Aufforderungsschreiben an die Republik Österreich, in dem er diese zum Ersatz eines Betrages von über S 10 Mio im Amtshaftungswege aufforderte, wobei er sich hinsichtlich der Ansprüche der Luise S***** und der nunmehrigen Klägerin auf eine Zession bezog. Am 16.11.1978 brachte Dr.W***** für den Kläger zu AZ 40 a Cg 521/78 (in der Folge 40 b Cg 508/80, zuletzt 52 b Cg 1066/88) des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich über S 61.000,-- ein (in der Folge: "kleiner Prozeß"). Die beklagte Republik Österreich wendete in der Klagebeantwortung im wesentlichen ein, eine schuldhafte rechtswidrige Unterlassung der Bankenaufsicht liege nicht vor, im übrigen sei der Klagsanspruch verjährt, weil Walter S***** anläßlich der Ausgleichseröffnung, spätestens aber mit Eröffnung des Anschlußkonkurses von der von ihm behaupteten schädigenden Handlung bzw Unterlassung und dem Schadenseintritt Kenntnis gehabt haben müsse.

Dr.W***** besprach mit Walter S*****, daß dieser Prozeß mit dem Streitwert von S 61.000,-- als Testprozeß geführt werden sollte. In der ersten mündlichen Streitverhandlung vom 1.2.1979 wurde im "kleinen Prozeß" die Verhandlung geschlossen und das Klagebegehren mit Urteil vom 23.3.1979 abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Der Oberste Gerichtshof hob mit Beschluß vom 14.12.1979 (veröffentlicht in SZ 52/186) die Entscheidungen beider Vorinstanzen auf und trug dem Erstgericht die Verfahrensfortsetzung auf; er bejahte grundsätzlich die Haftung der Republik für eine schuldhafte Verletzung der im Kreditwesengesetz auferlegten Aufsichtspflichten und trug dem Erstgericht hinsichtlich der Frage der Verjährung Verfahrensergänzungen auf. In der fortgesetzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 20.5.1980 beantragte der Vertreter der Republik, dem Walter S*****, der mittlerweile aus der Konkursmasse einen Betrag von insgesamt S 860.000,-- erhalten hatte, die Verfahrenshilfe zu entziehen.

Wegen vermuteter drohender Verjährung brachte Rechtsanwalt Dr.W***** für Walter S***** am 21.5.1980 zu AZ 40 b Cg 521/80 (zuletzt 52 c Cg 1062/88) eine weitere Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich über den Betrag von S 10,980.196,-- ein (in der Folge: "großer Prozeß") und erstattete im wesentlichen gleiches Vorbringen wie im "kleinen Prozeß". Am 3.7.1980 beantragte Dr.W***** für Walter S***** im "großen Prozeß" die Gewährung von Verfahrenshilfe. Am 23.9.1980 wurde im "großen Prozeß" von der Republik die Klagebeantwortung erstattet, die im wesentlichen den gleichen Inhalt wie im "kleinen Prozeß" aufwies.

In der Verhandlung vom 14.10.1980 wurde im "kleinen Prozeß" über das Thema Verfahrenshilfe verhandelt und nach Erstreckung der Tagsatzung vom Erstgericht mit Beschluß vom 22.12.1980 die Verfahrenshilfe für erloschen erklärt. Dem dagegen vom Walter S***** erhobenen Rekurs wurde nicht Folge gegeben. Dr.W***** besprach nun mit Walter S*****, es sei beabsichtigt, daß der "kleine Prozeß" als Testprozeß geführt und der "große Prozeß" unterbrochen werde. Im übrigen informierte Dr.W***** Walter S***** über die voraussichtlichen Prozeßkosten, insbesondere darüber, daß er als Beweispflichtiger auch Kostenvorschüsse für die einzuholenden Sachverständigengutachten zu erlegen habe.

Mittlerweile hatte Dr.W***** in der zweiten Jahreshälfte 1980 mit Irmgard N***** Kontakt aufgenommen, weil diese ebenfalls bei der A***** AG Spareinlagen getätigt und durch den Konkurs in Höhe von rund S 200.000,-- verloren hatte. Auch N***** beauftragte Dr.W***** mit der Durchsetzung eines Amtshaftungsanspruches gegen die Republik Österreich. Im Juli 1980 wurde ihr Verfahrenshilfe gewährt und Dr.W***** zu ihrem Verfahrenshelfer bestellt. Am 2.1.1981 wurde das Aufforderungsschreiben N***** an die Republik Österreich abgesandt. Am 6.5.1981 brachte sodann Dr.W***** die Amtshaftungsklage für N***** gegen die Republik Österreich auf Zahlung von S 225.490,89 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen ein (AZ 40 a Cg 531/81).

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 27.1.1981 wurde im "großen Prozeß" der Antrag des Walter S***** auf Gewährung von Verfahrenshilfe abgewiesen, das Verfahren jedoch bis zur rechtskräftigen Erledigung des "kleinen Prozesses" unterbrochen. Der Rekurs des Walter S***** gegen den Beschluß, mit dem sein Verfahrenshilfeantrag abgewiesen wurde, blieb erfolglos. Am 2.2.1981 teilte Dr.W***** dem Walter S***** schriftlich mit, daß Sachverständigenkosten in der von Höhe von S 200.000,-- bis S 300.000,-- zu erwarten seien. Mit Schreiben vom 17.6.1981 teilte Dr.W***** dem Walter S***** die Situation bezüglich der Prozeßkosten mit, insbesondere, daß im "großen Prozeß" eine Kostenforderung in Höhe von rund S 126.000,-- aushafte, die er aber derzeit noch nicht zur Zahlung begehre. Weiters teilte er ihm mit, welche Anwaltskosten im "kleinen Prozeß" zu erwarten seien. Zu dieser Zeit war Walter S***** schwer an Polyarthritis erkrankt. Am 27.8.1981 teilte Walter S***** dem Dr.W***** mit, er (und die Klägerin) sähen sich "krankheitshalber in physischer und psychischer und finanzieller Hinsicht" nicht mehr in der Lage, die beiden Prozesse weiterzuführen. Zur Minimierung des Prozeßkostenrisikos bot er aber Dr.W***** eine Erfolgsbeteiligung an, was dieser jedoch ablehnte. Auf Anraten der Klägerin begann nun Walter S***** Interessenten zu suchen, die sich gegen Erfolgsbeteiligung zur Übernahme des Prozeßkostenrisikos bereit erklären. Dabei schlug die Klägerin eine Erfolgsbeteiligung von 60 :

40 zugunsten des Walter S***** vor. Diese Bemühungen waren zunächst nicht erfolgreich. Mit Schreiben vom 15.9.1981 teilte Walter S***** dem Rechtsanwalt Dr.W***** mit, daß er die im "kleinen Prozeß" angesetzte Verhandlung "absagen" (wohl nicht besuchen) möge. Mittlerweile fand im Prozeß N***** gegen die Republik Österreich (in der Folge: "N*****-Prozeß") am 8.10.1981 die erste Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung statt. Am 14.10.1981 fand zwischen Walter S*****, Dr.W***** und der Klägerin eine Besprechung statt. In diesem Zeitpunkt betrug im "großen Prozeß" die Honorarforderung Dris.W***** S 117.928,71 zuzüglich Gerichtsgebühren in der Höhe von S 8.090,--. Bei dieser Besprechung wurde vereinbart, daß Dr.W***** seine Honorarforderung zurückstellt, von Walter S***** jedoch die Auslagen in Höhe von S 8.090,-- ersetzt bekommt. Weiters wurde vereinbart, daß Dr.W***** im "kleinen Prozeß" ab Erlöschen der Verfahrenshilfe für seine Leistungen die tarifmäßigen Kosten auf der Bemessungsgrundlage von S 61.000,-- verzeichnet. Weiters wurde folgendes vereinbart:

"Sollte der erste und zweite Prozeß mit Erfolg beendet werden, gleichgültig ob durch Urteil oder Vergleich, so erhalte ich (Dr.W*****) für alle unter Punkt 2 genannten Arbeiten ("kleiner Prozeß") und für alle Arbeiten, die im "großen Prozeß" nach einer etwaigen Verfahrensfortsetzung noch zu erbringen sind, die tarifmäßigen Kosten auf einer Bemessungsgrundlage jener Summe, die die Republik Österreich bezahlt..... sowie die gemäß Punkt 1 dieser Vereinbarung zurückgestellten S 117.928,21.....

Die gemäß Punkt 1 dieser Vereinbarung zurückgestellten Kosten meiner Kanzlei in Höhe von S 117.928,71 brauchen Sie an mich nicht zu zahlen, wenn einer der beiden Prozesse verlorengeht......"

Walter S***** war weiterhin bemüht, Interessenten für die Übernahme des Prozeßkostenrisikos gegen Erfolgsbeteiligung zu finden, und teilte dies auch Dr.W***** mit. Dieser verwies darauf, Walter S***** könne diesbezüglich beim Beklagten anfragen. Über Vermittlung Dris.W***** war nämlich der Beklagte für Walter S***** bereits zu einem früherem Zeitpunkt in einem Finanzstrafverfahren eingeschritten. Im Oktober 1981 nahm Walter S***** telefonisch mit dem Beklagten Kontakt auf; bei allen Besprechungen, die zwischen ihm und dem Beklagten geführt wurden, war auch die Klägerin anwesend. Walter S***** schilderte dem Beklagten die Situation über die beiden Amtshaftungsprozesse und legte ihm die mit Dr.W***** getroffene Kostenvereinbarung vor. Er erklärte, er sehe sich außerstande, das Prozeßkostenrisiko zu übernehmen. Er bot eine Beteiligung im Verhältnis von 60 : 40 zu seinen Gunsten an und übergab dem Beklagten eine handschriftliche Notiz, die die wesentlichen Punkte der von ihm gewünschten Vereinbarung enthielt. Der Beklagte erbat sich Bedenkzeit aus. Er studierte den Handakt in der Kanzlei des Rechtsanwalts Dr.W*****. Dieser besprach mit dem Beklagten die einzelnen Prozeßschritte und teilte ihm mit, daß er das Prozeßrisiko mit 50 :

50 einschätze, insbesondere deswegen, weil es sich um juristisches Neuland handle. Nach Einholung dieser Information erstellte der Beklagte einen Entwurf über eine schriftliche Vereinbarung und übermittelte diese an Walter S*****.

Mitte Jänner 1982 wurde zwischen Walter S***** und dem Beklagten eine Einigung über die Kostenvereinbarung erzielt. Der wesentliche Inhalt dieser Vereinbarung war der, daß der Beklagte das gesamte Prozeßkostenrisiko gegen Erfolgsbeteiligung im Verhältnis 50 : 50 übernimmt. Bei Abschluß dieser Vereinbarung wußte der Beklagte, daß ihm bei einem Prozeßgewinn aufgrund dieser Vereinbarung Geldmittel zufließen würden, die die allenfalls von ihm bei einem Prozeßverlust zu bezahlenden Prozeßkosten bei weitem übersteigen. Dem Beklagten war auch bekannt, daß Walter S***** einen Risikopartner suchte, weil er sich aufgrund seiner Vermögens- und Einkommenssituation außerstande sah, das Prozeßkostenrisiko alleine zu tragen.

Über Auftrag des Walter S***** errichtete sodann Dr.W***** über diese Einigung eine schriftliche Vereinbarung in Briefform und übermittelte diese an Walter S***** und den Beklagten. Diese Vereinbarung wurde am 28.1.1982 von Walter S*****, der Klägerin, dem Beklagten und dessen Ehegattin unterfertigt. Sie lautete:

"1.) Dkfm.Dr.Hugo M***** kennt meine mit Rechtsanwalt Dr.Heinrich W***** getroffene Kostenvereinbarung vom 20.10.1981, tritt dieser auf meiner Seite zur ungeteilten Hand bei und verpflichtet sich, mich und meine Rechtsnachfolger daraus schad- und klaglos zu halten.

2.) Dkfm.Dr.Hugo M***** übernimmt es, alle Gerichts- und Sachverständigengebühren, einen allfälligen Kostenersatz an die Republik Österreich sowie alle anderen Auslagen, die mich auf Grund gesetzlicher Bestimmungen treffen könnten, zu bezahlen und mich und meine Rechtsnachfolger diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.

3.) Ich verpflichte mich, für mich und meine Rechtsnachfolger, die beiden Prozesse im eigenen Namen fortzuführen....

4.) Zahlungen an Kapital und Zinsen, die von der Republik Österreich auf Grund meiner Ansprüche, die ich mit den beiden Prozessen geltend gemacht habe, geleistet werden, sind wie folgt zu verwenden:

4.1.) Zuerst sind davon alle Beträge zu bezahlen, bezüglich derer mich Dkfm.Dr.Hugo M***** schad- und klaglos hält (Punkt 1.) und 2.) dieser Vereinbarung).

4.2.) Der Rest wird zwischen Dkfm.Dr.Hugo M***** und mir je zur Hälfte geteilt......"

Anläßlich der Besprechung vom 27.1.1982 in der Kanzlei Dris.W*****, bei der Walter S***** diesem den Auftrag zur Errichtung der oben zitierten schriftlichen Vereinbarung erteilte, erwähnte Dr.W***** auch, "daß er froh sei, daß der Beklagte in der Risikogemeinschaft sei, da nun auch ausreichendes Fachwissen eingebracht werden könne."

Es ist nicht erwiesen, daß zwischen dem Beklagten und Dr.W***** eine Vereinbarung geschlossen wurde, wonach auch Dr.W***** an einem allfälligen Prozeßerfolg des Walter S***** beteiligt sein sollte. Weiters ist nicht erwiesen, daß der Beklagte und Dr.W***** bei Abschluß der Vereinbarung vom 28.1.1982 zusammengewirkt hätten.

Im "kleinen Prozeß" fanden am 26.1.1982 und am 13.4.1982 noch Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung statt. Mit Urteil vom 7.5.1982 wies das Erstgericht das Klagebegehren neuerlich mit der Begründung ab, daß der Klagsanspruch verjährt sei. Das Oberlandesgericht Wien hob dieses Urteil auf. Den Rekursen beider Parteien an den Obersten Gerichtshof wurde nicht Folge gegeben (veröffentlicht in SZ 56/36). Nach einer Tagsatzung am 16.6.1983 wurde der "kleine Prozeß" am 7.7.1983 bis zur rechtskräftigen Erledigung des "N*****-Prozesses" unterbrochen. Am 3.9.1986 verstarb Walter S*****.

In der Zwischenzeit hatte am 25.2.1982 im "N*****-Prozeß" eine Tagsatzung stattgefunden, in der unter anderem erörtert wurde, daß in diesem Verfahren die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fach der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater erwogen werde. Nach zwei Verhandlungstagsatzungen wurde mit Beschluß vom 6.12.1982 Dr.Jakob S***** zum Sachverständigen bestellt. Er erstattete sein Gutachten am 4.1.1984 sowie zwei Ergänzungsgutachten am 20.2. und 21.10.1985. Nach Durchführung von zwei weiteren Verhandlungen wurde mit Beschluß vom 11.3.1986 Univ.Prof.Dr.Erich S***** zum Sachverständigen zur Beurteilung der Fragen bestellt, ob die Bankenaufsicht die Notsituation der A***** habe erkennen können und welche Möglichkeiten des Eingriffs gegeben gewesen wären. Er erstattete das Gutachten am 6.10.1986, ein Ergänzungsgutachten am 31.10.1987. Bei der Ausarbeitung der Schriftsätze zur Erörterung der Sachverständigengutachten stellte der Beklagte dem Rechtsanwalt Dr.W***** sein Fachwissen zur Verfügung. Der Beklagte erarbeitete in diesem Verfahren die Fragenkataloge zur ergänzenden Befragung der Sachverständigen. Im Ergebnis trugen dann die Gutachten beider Sachverständiger dem Prozeßstandpunkt des Walter S***** bzw der Klägerin (sowie N*****) Rechnung. Der "N*****-Prozeß" wurde schließlich in der Tagsatzung vom 24.3.1988 - im Grunde unter Submission der Republik - verglichen. In diesem Verfahren waren Sachverständigengebühren von insgesamt S 377.824,-- aufgelaufen.

Die Klägerin hatte - nachdem es im "N*****-Prozeß" zu einem Vergleich gekommen war - Bedenken hinsichtlich der im Jahre 1982 getroffenen Vereinbarung geäußert. Sie wollte, daß das "Honorar" des Beklagten wesentlich reduziert wird, und schrieb am 3.5.1988 den folgenden Brief an Dr.W*****:

"Vor allem möchte ich Ihnen nochmals zu ihrem großen Erfolg gratulieren. Über Ihre Honorarnote war ich allerdings sehr erstaunt....

Bezüglich des Vertrages mit Herrn Dr.M***** möchte ich hinweisen, daß ihr Freund keine wesentlichen Auslagen hatte, denn als die großen Zahlungen zu leisten gewesen wären, wurde dieser Prozeß von Ihnen zurückgestellt und der Prozeß von Frau N***** als Testprozeß herangezogen. Außerdem hatte ich Sie einige Male gefragt, ob wir doch um die Verfahrenshilfe ansuchen sollten, was Sie jedoch immer abgelehnt hatten.

Ich sehe nicht ein, daß Herr Dr.M***** überhaupt keine Zahlungen zu leisten hätte, und ich alleine die gesamte Höhe Ihres Honorares bezahlen sollte und Herr Dr.M***** Ihnen wahrscheinlich die Hälfte des Betrages abtreten wird. Es bleibt ja sehr wenig übrig, da ich Vermögens-, Erbschaftssteuer usw. bezahlen muß.

Deshalb würde ich eine wesentliche Reduktion des Betrages, den ich an Dr.M***** zu bezahlen habe, erwarten. Sehr geehrter Herr Doktor, ich ersuche Sie um ihre diesbezügliche Stellungnahme."

Dr.W***** übermittelte diesen Brief an den Beklagten, der deswegen sehr bestürzt war und eine Initiative zur Klärung der Probleme ankündigte. Am 10.5.1988 übermittelte Dr.W***** der Klägerin das Schreiben der Finanzprokuratur, in welchem die Aufrechterhaltung der Verjährungseinrede angekündigt wurde. Am 13.5.1988 kam es zu einem Telefonat zwischen dem Beklagten und der Klägerin, worin der Beklagte zum Ausdruck brachte, daß der Inhalt des Schreibens der Klägerin für ihn nicht verständlich und eine Erklärung, ob die Klägerin noch zur früheren Vereinbarung stehe, erforderlich sei. Weiters machte er die Klägerin darauf aufmerksam, daß anläßlich der Betriebsprüfung 1980 ein Aktenvermerk angelegt worden sei und daß nach Beendigung der Verfahren eine weitere Prüfung folgen werde. Daraufhin kam es vor dem 17.5.1988 zu einem Treffen des Beklagten mit der Klägerin und ihrem Ehegatten in deren Wohnung. Der Beklagte drängte auf eine Bekräftigung der alten Vereinbarung, andernfalls er eine Honorarnote für die erbrachten Leistungen für ihren Vater und den Prozeß legen werde und es zur Steuerprüfung kommen werde. Es konnte jedoch vorerst keine Einigung erzielt werden und es wurde ein neuerliches Treffen vereinbart. Dr.W***** schrieb der Klägerin am 16.5.1988 den folgenden Brief:

"....Betroffen bin ich insbesondere deshalb, weil ohne mich der nunmehr in greifbare Nähe gerückte Erfolg niemals möglich gewesen wäre bzw möglich sein wird...

Das letzte Schreiben der Finanzprokuratur vom 3.5.1988 macht es notwendig, daß wir alle unsere Kräfte auf den Erfolg konzentrieren und intern nicht uneins sind.

Voraussichtlich wird es notwendig sein, den Prozeß weiter zu führen, da ja die Finanzprokuratur den bereits erhobenen Einwand der Verjährung aufrecht erhalten will.

Bevor ich aber den Fortsetzungsantrag in beiden Verfahren stelle, müssen die internen Rechtsverhältnisse nochmals klargestellt und von allen Beteiligten bestätigt werden, damit für alle für Zukunft Schreiben wie das Ihre vom 3.5.1988 ausgeschlossen sind."

Daß Dr.W***** der Klägerin die Verfahrenslage so schilderte, daß sie auf jeden Fall und auch ohne ihn als Vertreter gewinnen würde, konnte nicht festgestellt werden. Dr.W***** beschrieb in einem Gespräch mit den Parteien die Prozeßsituation derart, daß die von der Finanzprokuratur erhobene Verjährungseinrede ein relativ geringes Prozeßrisiko mit sich bringe. Die Klägerin als juristische Laiin konnte diese Aussage aber nicht bewerten.

Mit Schreiben vom 17.5.1988 sagte die Klägerin gegenüber dem Beklagten ein weiteres Treffen ab. Es lautete:

"Ich möchte Ihnen mitteilen, daß sich ihr Besuch bei mir nach Pfingsten erübrigt.

Seit Jahren habe ich einen sehr guten Bekannten, der ebenfalls Steuerberater ist und meine finanztechnischen Angelegenheiten jahrelang zu meiner vollsten Zufriedenheit geregelt hat.

Auch hat er bereits bezüglich der Angelegenheit A***** verschiedene Erkundigungen eingezogen und mich beraten. Außerdem steht mir jederzeit kostenlos ein Rechtsanwalt zur Verfügung.

Ich habe auch schon beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern eine Nummer erhalten und brauche nur mehr die Höhe des Betrages mitzuteilen, den ich erhalten werde.

Also ein Steuerberater noch dazu kostenlos, genügt mir vollkommen.

Falls eine Überprüfung meiner Finanzen wirklich stattfinden sollte, habe ich keinerlei Bedenken, da ich diesbezüglich nichts zu verbergen habe, weil sich meine Einnahmen mit den Ausgaben vollkommen decken.

Ich würde also vorschlagen, daß die diesbezüglichen finanztechnischen Angelegenheiten jeder für sich selber regelt."

Dieses Schreiben war eine Reaktion der Beklagten auf eine Drucksituation, in der sie als juristische Laiin zwei erfahrenen Wirtschaftsfachleuten, von denen einer Jurist war, gegenüber stand, in der sie Angst haben mußte, daß ihr Anwalt die Vollmacht kündigt, und sein Honorar sofort fordert, der Steuerberater eine sehr hohe Honorarforderung von etwa S 1 Mio stellt und ein neuerlicher Anwalt zu einer wesentlichen Erschwerung der Verfahrenssituation für die Klägerin geführt hätte. Die Vermögenssituation der Klägerin war nicht günstig; jede Verzögerung des allfällig zu ersiegenden Betrages hätte für sie Probleme bedeutet. Die Klägerin hatte keine Ersparnisse und bezog seit 1976 eine Berufsunfähigkeitspension von S 2.000,-- monatlich. Ihr gehörte eine Frühstückspension in Puchberg, für deren Erwerb sie einen Kredit über S 2 Mio aufgenommen hatte, den sie monatlich mit S 25.000,-- bedienen mußte. Von den knappen Geldmitteln, die ihr blieben, konnte sie gerade leben. Der Beklagte und Dr.W***** hatten Kenntnis von dieser Situation.

Dr.W***** arrangierte für den 9.6.1988 in seiner Kanzlei ein Treffen, an dem außer ihm der Beklagte, die Klägerin und deren Ehegatte teilnahmen. Es wurden nochmals die gleichen Argumente, die schon im Vorstadium von Dr.W***** und dem Beklagten angeführt worden waren, wiedergegeben. Ohne daß das verlangte Honorar reduziert worden wäre, sah sich die Klägerin schließlich veranlaßt, den folgenden Aktenvermerk zu unterschreiben, um den Druck dieser Situation zu reduzieren:

"Am 9.6.1988 erscheinen in meiner Kanzlei Frau Dentist Ingeborg S*****, und Dkfm.Dr.Hugo M*****, Wirtschaftstreuhänder, ***** und besprechen mit mir die gesamte Prozeßführung S***** gegen Republik Österreich durch und bekräftigen neuerlich, daß die bisher abgeschlossenen Vereinbarungen vollinhaltlich gültig sind und auch in Zukunft von beiden Seiten eingehalten werden.

1.) Frau Dentist Ingeborg S***** und Herr Dkfm.Dr.Hugo M***** anerkennen die von Dr.W***** mit Schreiben vom 12.4.1988 auf Basis der Kostenvereinbarung vom 20.10.1981 erstellte Honorarnote in Höhe von S 485.732,80.

2.) Frau Dentist Ingeborg S***** und Dkfm.Dr.Hugo M***** bekräftigen, daß sie nach wie vor zu der Vereinbarung stehen, die Herr Dentist Walter S***** mit Herrn Dkfm.Dr.Hugo M***** laut Schreiben vom 28.1.1982 abgeschlossen hat. Frau Dentist Ingeborg S***** ist die Rechtsnachfolgerin des Herrn Dentisten Walter S*****, verstorben am 3.9.1986."

Die Kostenforderung Dris.W***** für seine Tätigkeit im "kleinen Prozeß" betrug S 43.334,67. Hierauf leistete der Beklagte eine Akontozahlung von S 37.736,59. Am 5.9.1988 wurde der "kleine Prozeß" außergerichtlich verglichen. Aufgrund des Vergleiches überwies die Republik Österreich an Dr.W***** den Betrag von S 86.435,16 und an Kosten S 45.798,47; Dr.W***** überwies seinerseits jeweils S 43.217,58 an die Klägerin und den Beklagten.

Aufgrund der im "großen Prozeß" schließlich am 22.9.1989 getroffenen vergleichsweisen Regelung überwies die Republik Österreich an Dr.W***** den Betrag von S 10,792.465,90. Hievon brachte er seine Kosten, berechnet auf der Basis von S 10,6 Mio, in der Höhe von S 628.407,43 in Abzug und überwies an die Klägerin einen Betrag von S 5,082.029,23 und an den Beklagten unter Berücksichtigung einer geleisteten Akontozahlung einen Betrag von S 5,119.765,82.

Mit der vorliegenden am 15.3.1990 eingebrachten Klage ficht die Klägerin die von ihrem Vater und dem Beklagten getroffene Vereinbarung, wonach der Beklagte gegen eine 50 %ige Erfolgsbeteiligung das Prozeßkostenrisiko in den beiden Amtshaftungsprozessen übernommen hat, wegen Wuchers und anderer Rechtsgründe als nichtig an und begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung des Betrages von S 5,125.246,81 sA. Die vom Beklagten gewährte Leistung stehe in einem groben Mißverhältnis zu dem von ihm verlangten und erhaltenen Entgelt. Walter S***** habe sich bei Abschluß der Vereinbarung in einer Zwangslage befunden, er habe sein ganzes Vermögen im Konkurs der A***** verloren und nur ein monatliches Pensionseinkommen von S 9.500,-- bezogen, sodaß der einzige Weg, zumindest einen Teil seines Vermögens wiederzuerlangen, von ihm in der Vereinbarung mit dem Beklagten gesehen worden sei. Dieser habe die Zwangslage des Walter S***** ausgenützt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die Initiative zum Abschluß der umstrittenen Vereinbarung sei von Walter S***** (und der Klägerin) ausgegangen. Dieser sei im Hinblick auf die pessimistische Beurteilung des Verfahrensausganges durch einen bekannten Fachautor und Höchstrichter auf dem Gebiet des Amtshaftungsrechtes nicht mehr bereit gewesen, allein das enorme Prozeßkostenrisiko zu tragen. Vom Beklagten habe sich Walter S***** nicht nur eine Risikoteilung, sondern vor allem fachlichen Beistand zu der das Schwergewicht des Amtshaftungsverfahrens darstellenden Tatfrage erwartet. Die Vereinbarung sei nach gesellschaftsvertraglichen Kriterien zu beurteilen, wobei die Grundsätze der Gesellschaft bürgerlichen Rechts heranzuziehen seien. Walter S***** bzw die Klägerin hätten eine - wenngleich auch zweifelhafte - Gewinnchance eingebracht, der Beklagte habe Kapitaleinsatz und Mitarbeit geleistet. Daß er dabei kein Vorfinanzierungsrisiko einzugehen gehabt habe, sei für die gesellschaftsrechtliche Betrachtung ohne Belang, weil auch das Eingehen einer Haftung ein vollständiges Einlagenäquivalent darstelle. Geschäftsgrundlage dieser Vereinbarung sei ein äußerst risikoreiches Unterfangen gewesen; es liege in der Natur der Sache, daß ein derartiges gemeinsames Vorhaben entweder positiv oder negativ ausgehe.

Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht hob infolge Berufung des Beklagten das Urteil des Erstgerichtes auf, verwies die Sache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es bejahte wie schon das Erstgericht alle Voraussetzungen der Anfechtbarkeit der Vereinbarung vom 28.1.1982 wegen Wuchers. Es vertrat jedoch die Auffassung, das Erstgericht habe sich nicht mit der Bedeutung der "Bekräftigung" dieser Vereinbarung durch die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres mittlerweile verstorbenen Vaters auseinandergesetzt. Ein Anerkenntnis oder Vergleich über eine Forderung aus einer wegen Wuchers anfechtbaren Vereinbarung sei dann möglich, wenn der für die Annahme des Wuchers maßgebliche Grund (etwa die Zwangslage) weggefallen sei. Auch Feststellungen darüber, ob sich die Klägerin im Zeitpunkt dieser "Bekräftigung" (9.6.1988) in einer vermeintlichen oder tatsächlichen Zwangslage befand, oder im Sinne ihrer vom Erstgericht und im Verfahren zwar zum Gegenstand des Beweisverfahrens, nicht aber zum Gegenstand von Feststellungen gemachten Behauptungen vom Beklagten (und/oder Dr.W*****) getäuscht oder unter Druck gesetzt wurde, fehlten, seien aber zur verläßlichen Beurteilung dieser "Bekräftigung" erforderlich, zumal die Klägerin auch ohne eine solche Bekräftigung an die von ihrem Vater geschlossene (und von ihr auch mitgefertigte) Vereinbarung bei deren Rechtmäßigkeit gebunden gewesen wäre.

Der Oberste Gerichtshof gab dem gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß gerichteten Rekurs des Beklagten nicht Folge (3 Ob 503/93; veröffentlicht in SZ 67/123). Er bejahte mit den Vorinstanzen das Vorliegen des Wuchers gemäß § 879 Abs 2 Z 4 ABGB hinsichtlich der Vereinbarung vom 28.1.1982. Eine die Willensbildung beeinträchtigende Zwangslage liege dann vor, wenn der Bewucherte nur die Wahl habe, den ungünstigen Vertrag einzugehen oder einen noch größeren Nachteil zu erleiden. Das Unterbleiben der Weiterführung des Amtshaftungsverfahrens wäre auf jeden Fall mit dem Verlust des Familienvermögens verbunden gewesen. Der Vater der Klägerin habe sich im Zeitpunkt der Vereinbarung vom 28.1.1982 in einer finanziellen und psychischen Zwangslage befunden, die ihn so weit getrieben habe, daß er nahe daran gewesen sei, wegen des von ihm als besonders hoch befundenen Prozeßkostenrisikos die Verfolgung der "Familienansprüche" im Ausmaß von über S 10 Mio im Amtshaftungswege aufzugeben. Er habe schließlich über Vermittlung durch seinen Rechtsvertreter den Beklagten gefunden, der ihm nach eingehender Information über den Prozeßstand und die Prozeßaussichten bei seinem Rechtsvertreter mit der umstrittenen Vereinbarung das Prozeßkostenrisiko gegen eine Erfolgsbeteiligung von 50 % abgenommen habe. Selbst wenn in Betracht gezogen werde, daß die Erfolgsaussichten des Amtshaftungsverfahrens dem Beklagten (vom Rechtsvertreter des Walter S*****) mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 : 50 genannt worden seien, so sei für ihn im Abschluß der Vereinbarung doch noch kein derart hohes Risiko gelegen, daß ein Verhältnis von rund 1 : 8 (S 640.000-- : S 5 Mio) beiderseitigen Hauptleistungen nicht doch auch ein auch für den Beklagten auffallendes Mißverhältnis dargestellt habe. Für den Vater der Klägerin sei aber im Zeitpunkt dieser Vereinbarung die Rettung wenigstens des halben Familienvermögens willensbestimmendes und -beeinträchtigendes Element gewesen, weil er ohne diese Vereinbarung nach seinen Vorstellungen auch die zweite Hälfte des Familienvermögens verloren gegeben hätte. Dem Beklagten seien alle diese Umstände bekannt gewesen; er habe sohin die Zwangslage des Vaters der Klägerin auch subjektiv ausgebeutet.

Dem Berufungsgericht sei aber auch darin beizupflichten, daß die Anfechtung einer "ursprünglich" wucherischen Vereinbarung dann nicht mehr möglich sei, wenn der Bewucherte (oder hier die Klägerin als dessen, an die ursprüngliche Vereinbarung "gebundene" Gesamtrechtsnachfolgerin) späterhin die Vereinbarung oder Forderungen aufgrund dieser Vereinbarung unter freier Willensbetätigung anerkenne (oder vergleiche), wenn in diesem Zeitpunkt die Wuchervoraussetzungen - etwa eine Zwangslage - nicht mehr vorliegen. Die Parteien hätten im Verfahren erster Instanz zur behaupteten und festgestellten "Bekräftigung" der Vereinbarung widerstreitendes Vorbringen erstattet. Es seien auch Beweise aufgenommen, jedoch vom Erstgericht keine allen Behauptungen Rechnung tragenden Feststellungen oder Beweiserörterungen getroffen worden, sodaß die Frage einer wirksamen Bekräftigung (Anerkennung) der wegen Wuchers angefochtenen Vereinbarung ohne die vom Berufungsgericht aufgetragene Verfahrensergänzung noch nicht abschließend beurteilt werden könne.

Im zweiten Rechtsgang bestritt der Beklagte weiterhin das Vorliegen eines Wuchers. Zum Zeitpunkt der Bekräftigung der ursprünglichen Vereinbarung am 9.6.1988 sei aber jedenfalls keine Zwangslage mehr vorgelegen. Der Beklagte habe der Klägerin (bzw deren Rechtsvorgänger) einen Vorteil von S 10,9 Mio verschafft. Die Klägerin sei hinsichtlich der Hälfte bereichert, die aufrechnungsweise bis zur Höhe der Klageforderung eingewendet werde.

Die Klägerin erwiderte mit Schriftsatz vom 13.1.1995 (ON 28), daß das Vorliegen von Wucher im ersten Rechtsgang abschließend geklärt und bejaht worden sei. Im zweiten Rechtsgang könne es nur mehr darum gehen, ob die wucherische Vereinbarung von der Klägerin nachträglich rechtswirksam bekräftigt worden sei. Dies sei zu verneinen. Die Klägerin sei nämlich bei der Bekräftigung von der Wirksamkeit der ursprünglichen Vereinbarung ausgegangen und sei in dieser unrichtigen Überzeugung von Dr.W***** noch bestärkt worden. Eine Konvalidierung der wucherischen Vereinbarung könne nicht erfolgen, wenn sich der Bewucherte gar nicht der Nichtigkeit der ursprünglichen Vereinbarung bewußt sei. Die Klägerin sei arglistig oder zumindest unter Ausnützung ihres Irrtums über die wahre Sachlage zur Bekräftigung bewogen worden. Sie mache daher auch insoweit Wucher, Irrtum oder Irreführung geltend. Während die Klägerin im ersten Rechtsgang (Band I AS 69) noch vorbrachte, nach Beendigung des N*****-Verfahrens habe Grund zur Annahme bestanden, daß sie nunmehr auch ihre beiden Verfahren gewinnen werde, berief sie sich im zweiten Rechtsgang (Band I AS 409) auf Äußerungen Dr.W*****, der bei ihr den Eindruck erweckt habe, der Prozeß sei noch keineswegs gewonnen. Die Gegenforderung des Beklagten werde bestritten. Sein finanzieller Aufwand habe lediglich S 37.736,59 betragen. Seine Arbeitsleistung habe der Beklagte im "N*****-Prozeß" erbracht. Der Beklagte replizierte, daß der Irrtumseinwand der Klägerin verspätet sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang statt. Unter Zugrundelegung der oben wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen vertrat es die Rechtsauffassung, daß die die Zwangslage des Vaters begründenden Umstände für die Klägerin auch noch im Zeitpunkt der Bekräftigung vom 9.6.1988 vorgelegen seien. Es drohte bei Nichtfortsetzung des Verfahrens das gesamte Familienvermögen verlorenzugehen. Die Zwangslage sei zusätzlich noch durch die drohenden Honorarforderungen des Beklagten im Ausmaß von ca S 1 Mio zu einem Zeitpunkt einer schwierigen finanziellen Situation der Klägerin und durch die in Aussicht gestellte Zurücklegung der Vertretung durch den Rechtsvertreter Dr.W*****, zu einem Zeitpunkt als entscheidende Schritte im Verfahren (Fortsetzungsantrag) zu setzen gewesen seien, oder es der Kläger fristgerecht nicht mehr möglich gewesen wäre, einen entsprechenden Ersatz zu finden, verstärkt worden. Daher scheide eine nachträgliche Anerkennung der Vereinbarung mangels freier Willensbetätigung aus, weil die Wuchervoraussetzungen auch noch am 9.6.1988 vorgelegen seien. Die wegen Wuchers zur Gänze nichtige Vereinbarung sei daher nicht durch eine gültige "Bekräftigung" saniert worden, sodaß es bei den Nichtigkeitsfolgen bleiben müsse. Der Beklagte habe somit das aufgrund des nichtigen Geschäftes Erhaltene abzüglich der von ihm aufgrund der nichtigen Vereinbarung geleisteten Akontozahlung zurückzuerstatten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Bereits abschließend erledigte Streitpunkte, wie hier die Frage der Anfechtbarkeit der Vereinbarung vom 28.1.1982 wegen Wuchers, könnten nicht wieder aufgerollt werden. Das Berufungsgericht habe sich daher nur mehr mit der Frage der Bekräftigung der Vereinbarung am 9.6.1988 zu befassen. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin, sie sei sich der Nichtigkeit der ursprünglichen Vereinbarung nicht bewußt gewesen und auch nicht darüber aufgeklärt worden, sei vom Beklagten nicht substantiert bestritten worden. Von diesem Vorbringen sei daher auszugehen. Die Konvalidierung einer wucherischen Vereinbarung durch nachträgliche Bekräftigung stelle einen Verzicht auf die Geltendmachung des Wuchereinwandes dar. Verzichten könne man aber nur auf ein Recht, das man kenne. Die Erklärung der Klägerin vom 9.6.1988 sei daher schon deshalb unwirksam, weil ihr die Möglichkeit, die Vereinbarung aus dem Jahre 1982 zur Gänze wegen Wuchers anzufechten, nicht bewußt gewesen sei. Überdies wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, hätte er eine wirksame Konvalidierung der Vereinbarung aus dem Jahre 1982 herbeiführen wollen, die Klägerin auf die Möglichkeit, diese Vereinbarung wegen Wuchers zur Gänze anzufechten, hinzuweisen. Die Klägerin mache daher auch zu Recht Irreführung geltend, zumal eine Irreführung durch Schweigen dann zu bejahen sei, wenn der Vertragspartner nach Treu und Glauben hätte reden müssen. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer ordentlichen Revision im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO lägen nicht vor.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zufolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Berufungsgerichtes zulässig; sie ist auch berechtigt.

Unbegründet sind zunächst allerdings die Ausführungen des Revisionswerbers, das Berufungsgericht hätte die "Bindungswirkung" verletzt, indem es von seiner eigenen rechtlichen Beurteilung im Aufhebungsbeschluß und der die Aufhebung bestätigenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes abgegangen sei. Das Berufungsgericht hat keineswegs auf die Behandlung der Wirksamkeit der Bekräftigung "verzichtet", sondern - zu Recht - den erst im zweiten Rechtsgang aufgetauchten Aspekt der mangelnden Kenntnis des Anfechtungsrechts bei der Bekräftigung behandelt. Während dieser Umstand mit der im zweiten Rechtsgang noch offenen Frage der Wirksamkeit der Bekräftigung im Zusammenhang steht, trifft dies auf die den zweiten Rechtsgang beherrschenden Überlegungen des Beklagten, nach denen er nach wie vor das Vorliegen einer Äquivalenzstörung und damit des Wuchers bei Abschluß der Vereinbarung vom 28.1.1982 zwischen dem Vater der Klägerin und dem Beklagten negierte, nicht zu. Das Vorliegen des Wuchers wurde bereits im ersten Rechtsgang abschließend bejaht. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Vorentscheidungen wird verwiesen. Zutreffend führte daher das Berufungsgericht aus, daß abschließend erledigte Streitpunkte im fortgesetzten Verfahren nach Aufhebung nicht wieder aufgerollt werden können (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 496 mwN; RIS-Justiz RS0042014, 0042031, 0042441).

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Zum Unterbleiben einer Entscheidung über die vom Beklagten aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderung ist die Revisionswerberin darauf zu verweisen, daß das Berufungsgericht einen Verfahrensmangel erster Instanz nicht wahrnehmen darf, wenn in der Berufung die Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens (hier:

unvollständige Erledigung der Sachanträge; § 496 Abs 1 Z 1 ZPO) nicht geltend gemacht wurde. Da sohin ein Verfahrensmangel zweiter Instanz nicht vorliegt, kann in diesem Fall ein Mangel erster Instanz nicht mehr als Revisionsgrund geltend gemacht werden (Kodek aaO Rz 3 zu § 503).

Das Berufungsgericht hatte sich entgegen der Auffassung des Revisionswerbers mit keiner "Beweisrüge der Berufung" zu beschäftigen, weil keine erhoben wurde. Der Beklagte machte zwar in seiner Berufung den Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellungen geltend, führte diesen jedoch nicht gesetzmäßig aus (Kodek aaO Rz 8 zu § 471). Der Beklagte wendete sich nämlich nicht gegen konkret getroffene Feststellungen, sondern rügte vielmehr das Fehlen einzelner, seiner Rechtsansicht nach relevanter Feststellungen (vgl S 31 der Berufung: "Zusammenfassung der vermißten Feststellungen"). Dabei handelt es sich allerdings um keinen Aspekt der richtigen Lösung der Tatfrage, sondern um die rechtliche Beurteilung; derartige Mängel wären daher mit der Rechtsrüge geltend zu machen (Kodek aaO Rz 4 zu § 496).

Berechtigt sind jedoch die Ausführungen des Revisionswerbers zur rechtlichen Beurteilung der Wirksamkeit der nachträglichen Bekräftigung der wucherischen Vereinbarung vom 28.1.1982, wobei die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zur abschließenden Beurteilung der Sache ausreichen:

Das Gesetz mißbilligt in seinem § 879 Abs 2 Z 4 ABGB die Ausbeutung eines Vertragspartners bei auffallend objektiver Äquivalenzstörung der beiderseitigen Hauptleistungen in Fällen der gestörten Freiheit der Willensbildung (2 Ob 540/92; 1 Ob 624/85; Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 214 zu § 879 mwN). Maßgeblich für diese Beurteilung ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Krejci aaO Rz 224 zu § 879 mwN). Eine die Willensbildung beeinträchtigende Zwangslage liegt dann vor, wenn der Bewucherte nur die Wahl hat, den ungünstigen Vertrag einzugehen oder einen noch größeren Nachteil zu erleiden (Krejci aaO Rz 218 zu § 879; Schwimann/Apathy, ABGB2 V Rz 26 zu § 879 jmwN). Kann - wie im vorliegenden Fall - die versprochene Leistung des Wucherers mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einem durchschnittlichen Wert ermittelt werden und steht die Gegenleistung des Bewucherten fest, dann kann die Äquivalenzstörung einwandfrei ermittelt werden, wenn das erhebliche Minderausmaß der vom Wucherer versprochenen Leistung nicht durch ein besonders hohes Risiko sachlich gerechtfertigt ist (2 Ob 540/92; 1 Ob 624/85; Krejci aaO Rz 226 zu § 879 mwN).

Das wucherische Geschäft ist nicht absolut nichtig, sondern nur auf Klage oder Einrede des Bewucherten anfechtbar. Wucherische Geschäfte sind demnach relativ nichtig. Wird das Geschäft nicht angefochten, ist es als gültig zu betrachten (Koziol/Welser I10 147; Krejci aaO Rz 252 zu § 879; Schwimann/Apathy aaO Rz 36 zu § 879; RZ 1987/68; SZ 58/150 ua; vgl auch RdW 1987, 260; JBl 1986, 674; JBl 1958, 43). Der Bewucherte kann also das relativ nichtige Geschäft auch gegen sich gelten lassen. In diesem Sinne wurde vom Obersten Gerichtshof in der Vorentscheidung im ersten Rechtsgang (3 Ob 503/93) ausgeführt, daß die Anfechtung einer - ursprünglich - wucherischen Vereinbarung auch dann nicht mehr möglich ist, wenn der Bewucherte späterhin die Vereinbarung oder Forderungen aufgrund dieser Vereinbarung unter freier Willensbetätigung anerkennt (oder vergleicht), wenn in diesem Zeitpunkt die Wuchervoraussetzungen - etwa eine Zwangslage - nicht mehr vorliegen (vgl Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1382 mwN; diese Ansicht wurde von Harrer/Heidinger in Schwimann, Rz 6 zu § 1375 ABGB übernommen).

Denkbar ist nun, daß die Parteien nach Wegfall der Wuchervoraussetzungen durch Abschluß eines konstitutiven Anerkenntnisses ihre wechselseitigen Beziehungen auf eine neue Rechtsgrundlage stellen oder es zwar bei der alten, nur relativ nichtigen Vereinbarung belassen, jedoch der Bewucherte auf sein Recht, das wucherische Geschäft anzufechten, verzichtet.

Das konstitutive Anerkenntnis ist ein Feststellungsvertrag, in dem eine Partei durch einseitiges Nachgeben das von ihr bezweifelte Recht in vollem Umfang zugesteht. Es bildet einen selbständigen Verpflichtungsgrund. Die anerkannte Forderung ist davon unabhängig, ob das früher zweifelhafte oder bestrittene Recht existiert hat (Koziol/Welser aaO 288 f; Ertl aaO Rz 6 zu § 1380;

Schwimann/Harrer/Heidinger, ABGB2 VII § 1375 Rz 2 ff jmwN). Wie beim Vergleich werden verzichtbare Einwendungen abgeschnitten, nicht aber - im Zeitpunkt des Anerkenntnisses immer noch - unverzichtbare. Die Voraussetzungen eines Anerkenntnisses sind erfüllt, wenn der Anerkennende die Zweifel am Bestehen des behaupteten Rechtes dadurch beseitigt, daß er das Recht zugibt. Ein Anerkenntnis ist nur zur Bereinigung eines ernsthaft entstandenen konkreten Streites oder Zweifels über den Bestand einer Forderung möglich (Ertl aaO Rz 6 zu § 1380 mwN). Ein derartiger "Streit" lag hier zwischen den Parteien vor, nachdem die Klägerin mit fortschreitender Dauer der Amtshaftungsprozesse und steigender Aussichten, diese auch zu gewinnen, Zweifel daran anmeldete, daß der Beklagte auf der Grundlage und im Umfang der seinerzeitigen Vereinbarung vom 28.1.1982 an dem Prozeßerfolg tatsächlich partizipieren solle. Die Klägerin brachte ihre Zweifel mehrfach zum Ausdruck, und zwar zunächst in ihrem Schreiben vom 3.5.1988 an Dr.W*****, dann in einem Telefonat mit dem Beklagten vom 13.5.1988, und schließlich bei zwei Besprechungen mit dem Beklagten vom 17.5. und 9.6.1988 (letztere im Beisein Dris.W*****).

Durch ein Anerkenntnis wird die bisherige Unsicherheit endgültig beseitigt; es bleibt auch gültig, wenn später eindeutig nachweisbar ist, was im Zeitpunkt des Anerkenntnisses noch strittig oder unsicher war. Das Anerkenntnis entfaltet somit wie ein Vergleich eine Bereinigungswirkung (Koziol/Welser aaO 287 f).

Dem Berufungsgericht, das argumentiert, man könne nur auf ein Recht verzichten, das man kenne, ist abgesehen davon, daß wohl nur auf das "Kennen können" abzustellen ist, nun zu erwidern, daß es nicht um einen Verzicht der Klägerin auf ein ganz bestimmtes Recht ging, sondern vielmehr um die globale Bereinigung aller Zweifel über die weitere Gültigkeit einer von den Parteien (bzw vom Rechtsvorgänger der Klägerin) früher getroffenen Vereinbarung. Aus welchen Erwägungen der Klägerin das Recht des Beklagten aus der Vereinbarung vom 28.1.1982 strittig war, ist zufolge Bereinigungswirkung der neuen Vereinbarung nicht entscheidend. Die Zweifel der Klägerin erschienen jedenfalls dem Beklagten so gravierend, daß er eine Bereinigung des Streites und der Zweifel verlangte, zu der sich schließlich auch die Klägerin bereit fand, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem die seinerzeitige, die Willensbildung ihres Vaters beeinträchtigende Zwangslage jedenfalls weggefallen war. Das fortgesetzte Verfahren im zweiten Rechtsgang ergab, daß die Bereinigung nicht durch eine bloße Verzichtserklärung auf eine Anfechtung wegen Wuchers oder eine Wissenserklärung der Klägerin (deklaratives Anerkenntnis), sondern durch eine neue Vereinbarung (konstitutives Anerkenntnis) erfolgte (JBl 1958, 44 ua). Insofern greift daher die Ansicht des Berufungsgerichtes und der Klägerin, zu einer freien Willensbetätigung des Bewucherten gehöre das Bewußtsein, an die getroffene Vereinbarung rechtlich nicht gebunden zu sein, nicht. Diese Ansicht kann im übrigen auch nicht auf deutsche Lehre und Rechtsprechung gestützt werden. Es genügt nach jüngerer Auffassung der deutschen Rechtsprechung und Lehre, daß der Bestätigende bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können, daß sein Verhalten als Bestätigung gedeutet werden kann (Erman/Brox, BGB9 Rz 2 zu § 144; Staudinger/Roth, BGB13 Rz 7 f zu § 144). Die bestätigenden Vertragsparteien müssen den Grund der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit nicht kennen; es reicht, daß sie zumindest Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Vertrages haben (BGHZ 129, 371 [377]; vgl Staudinger/Roth aaO Rz 20, 22 zu § 141; MünchKomm/Mayer-Maly, BGB3 Rz 12 zu § 141; Erman/Brox, aaO Rz 2 zu § 141). Die mangelnde Kenntnis der Klägerin von der Möglichkeit, die zwischen ihrem Vater und dem Beklagten getroffene Vereinbarung wegen Wuchers anfechten zu können, bewirkte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Anerkenntnisses auch nicht das subjektive Tatbestandsmerkmal der Unerfahrenheit. Das Fehlen der bloß für bestimmte Geschäfte erforderlichen besonderen Kenntnisse kommt nicht in Betracht, abgestellt wird vielmehr auf Mangel an Lebenserfahrung oder allgemeiner Geschäftskenntnisse (Krejci in Rummel2 Rz 222 zu § 879 ABGB; Apathy in Schwimann2 Rz 27 zu § 879 ABGB, beide unter Berufung auf Ehrenzweig II/12 172; ebenso die überwiegende deutsche Lehre; Heinrichs in Palandt57 127; Soergel-Hefermehl3 Rz 78 zu § 138 BGB; aA allerdings Rolf Sack in Staudinger13 Rz 208 zu § 138 BGB, der allerdings die entgegenstehende hL detailliert nachweist).

Maßgebend für die Abgrenzung zwischen dem konstitutiven und dem deklarativen Anerkenntnis ist der Parteiwille im Einzelfall. Dabei sind der mit dem Anerkenntnis verfolgte Zweck, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses maßgeblich. Die Rechtsprechung geht davon aus, daß das Bewußtsein der Parteien über die Unsicherheit der Rechtslage die Annahme eines konstitutives Anerkenntnisses nahelegt. Als bloß deklaratives Anerkenntnis wurde beispielsweise das Ansuchen um Stundung gewertet (Schwimann/Harrer/Heidinger aaO Rz 14 zu § 1375 mwN). Im vorliegenden Fall ist allerdings vom Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses auszugehen, zumal ein stärkerer Bindungswille als der von den Parteien in ihrer Vereinbarung vom 9.6.1988 kundgegebene nach den Umständen kaum denkbar erscheint (vgl BGHZ 11, 59 [60]).

Was nun die Anfechtung des konstitutiven Anerkenntnisses vom 9.6.1988 wegen Wuchers, Irrtums oder Irreführung angeht, ist der Revisionsgegnerin folgendes entgegenzuhalten:

Im Zeitpunkt des Anerkenntnisses ist jene Zwangslage, die noch für den Vater der Klägerin bei der ursprünglichen Vereinbarung vom 28.1.1982 willensbestimmendes und -beeinträchtigendes Element war, bereits weggefallen. Die Amtshaftungsprozesse hätten auch von einem anderen Rechtsanwalt (als Dr.W*****) fortgeführt und zu einem für die Klägerin positiven Abschluß gebracht werden können. Die wesentlichen Weichen waren ohnehin gestellt, der Prozeßerfolg lag, wie die Klägerin in ihrer Vernehmung selbst darlegte (Band I AS 517) bereits in greifbarer Nähe; die Klägerin geht auch in ihrer Revisionsbeantwortung von einer "entscheidenden günstigen Wendung" (S 3 Punkt 2 a) aus, sodaß sie sich auch nicht auf eine - durch Irrtum über tatsächliche Umstände hervorgerufene - vermeintliche Zwangslage (Krejci aaO Rz 219; Apathy aaO Rz 26) berufen könnte. In ihrem Schreiben vom 17.5.1988 an den Beklagten betonte sie unter anderem - wie oben wiedergegeben - daß ihr jederzeit kostenlos ein Rechtsanwalt zur Verfügung stehe, womit sichtlich nicht Dr.W***** gemeint war. Mangels feststellbaren "Zusammenwirkens" des Beklagten und Dris.W***** fehlt auch jegliche Grundlage dafür, dem Beklagten die Entscheidung Dris.W*****, ob er die Klägerin auch in Zukunft vertreten werde, in irgendeiner Form zuzurechnen. Allfällige im Raum stehende Honorarforderungen des Beklagten für Leistungen, die er ohne Auftrag der Klägerin erbracht hatte, vermochten keine relevante Zwangslage der Klägerin zu begründen.

Die Anfechtung eines Vertrages wegen Irrtums wiederum muß binnen drei Jahren ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erfolgen (§ 1487 ABGB; Rummel in Rummel aaO Rz 22 zu § 871; Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 7 zu § 1487; JBl 1988, 172 [zust P.Bydlinski 174] ua). Nicht entscheidend ist, wann der Anfechtende seinen Irrtum entdeckt hat bzw der Irrtum aufgekläfrt wurde (Schubert aaO; Schwimann/Mader, ABGB2 VII § 1487 Rz 12 jmwN). Der Verjährungseinwand des Beklagten ist daher berechtigt, weil der Irrtumseinwand hinsichtlich des Anerkenntnisses vom 9.6.1988 von der Klägerin erst im zweiten Rechtsgang im vorbereitenden Schriftsatz vom 13.1.1995 erhoben wurde. Da im Zeitpunkt des Anerkenntnisses die ursprüngliche Vereinbarung vom 28.1.1982 bereits mit anfechtbarem Wucher belastet war, fiel die Freiheit der ursprünglichen Vereinbarung von Nichtigkeit nicht weg, sondern fehlte vielmehr von Anfang an. Ein derartiger beiderseitiger Rechtsirrtum der Parteien könnte daher zwar keinen Wegfall, wohl aber ein Fehlen der (subjektiven) Geschäftsgrundlage begründen, sodaß es nicht auf die weiteren Anfechtungsvoraussetzungen des § 871 ABGB ankäme, weil § 1385 ABGB eine abschließende Regelung enthielte (Zum Meinungsstand siehe Koziol/Welser10 I 228 in FN 4; siehe auch § 779 BGB). Hieraus wäre jedoch für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen, weil die Geltendmachung dieses Umstandes ebenfalls der dreijährigen Verjährungsfrist unterläge. Die ratio des § 1487 ABGB, in kurzer Zeit ab Vertragsabschluß Sicherheit über Willensmängel zu erlangen, trifft zwar nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage, der erst nach dreißig Jahren verjährt (SZ 57/208; MietSlg 29.216; SZ 45/92 ua), wohl aber auf das ursprüngliche Fehlen der Geschäftsgrundlage zu (Rummel aaO Rz 8 zu § 901; RdW 1986, 377; vgl auch Wilburg in Klang2 VI 490 und Schubert aaO Rz 7 zu § 1487, die die kurze Verjährungsfrist im Hinblick auf die dogmatische Nähe zum Irrtum sogar für den Wegfall der Geschäftsgrundlage bejahen; vgl zur subjektiven Geschäftsgrundlage Larenz, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung3 17f, 20 f, 51, 184; MünchKomm-Kramer, BGB3 RdNr 120 ff zu § 119; Hoyer FS Fasching 239 f; Rummel, JBl 1981, 1 [8]). Ob der Irrtum der Parteien überhaupt die "Wesenheit des Gegenstandes" iS des § 1385 ABGB und nicht gerade jene Streitpunkte betraf, die anerkannt und damit bereinigt wurden, kann daher zufolge Verjährung auf sich beruhen (Koziol/Welser aaO 287 f; Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1385; Schwimann/Harrer/Heidinger, ABGB2 VII § 1385 Rz 5; JBl 1990, 333; SZ 47/102; SZ 39/57; EvBl 1961/248 ua).

Es gibt - entgegen der Ansicht der Revisionsgegnerin - auch keine tragfähigen Anhaltspunkte für das Vorliegen von Arglist oder "Ausnützung" eines Irrtums (vgl WBl 1994, 310; SZ 62/102). Der außerordentlichen Revision der Beklagten war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten erster Instanz beruht auf § 41 ZPO, jener über die Kosten der Rechtsmittelverfahren auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Pauschalgebühr TP 3 muß vom Rechtsmittelwerber nur einmal entrichtet werden, auch wenn die dritte Instanz mehrmals angerufen wird.

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