OGH 1Ob624/85

OGH1Ob624/8513.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A, Landwirt, Bezirksaltersheim Pudlach, Lavamünd, vertreten durch den Sachwalter Dr. Gottfried Hammerschlag, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1.) Franz B, 2.) Rosina B, beide Landwirte, Griffen, Untergreutschach 36, beide vertreten durch Dr. Siegfried Rack, Rechtsanwalt in Välkermarkt, wegen Anfechtung eines Übergabsvertrages (Streitwert S 150.000,--) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 27. März 1985, GZ. 2 R 41/85-64, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 25. Oktober 1984, GZ. 22 Cg 124/81- 55, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.727,99 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 622,54 Umsatzsteuer und S 2880,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 16. März 1910 geborene ledige Kläger, der keine pflichtteilsberechtigten Erben hat, ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 40 KG Kaunz. Diese hat eine Fläche von 12,6534 ha, davon sind 8,6249 ha landwirtschaftlich nutzbar, 0,1395 ha Gärten und 3,6382 ha Wald.

Am 11. August 1980 trat der Kläger wegen des Abschlusses eines Übergabsvertrages an die 4 km entfernt ansässigen Beklagten heran. Er gab dem Erstbeklagten gegenüber zu erkennen, daß er seine Liegenschaft übergeben wolle und daß er einen Übernehmer suche. Nach seinen Vorstellungen käme der Erstbeklagte für eine Hofübernahme deshalb in Frage, weil er ein fleißiger Landwirt sei. Am 24. August 1980 kam es auf der Liegenschaft des Klägers und am 11. September 1980 im Haus der Beklagten zu Vertragsgesprächen. Am 6. Oktober 1980 wurde in der Notariatskanzlei des Dr. Dieter C in Gegenwart des Substituten Dr. Josef D der Vertragsabschluß erörtert. Die Beklagten erklärten, der Kläger könne, so lange er gesundheitlich dazu in der Lage sei, auf der zu übergebenden Liegenschaft bleiben. Anläßlich einer Vertragsbesprechung am 15. Oktober 1980 übergab Dr. Josef D einen Vertragsentwurf an die Parteien zur Überprüfung durch die Pensionsversicherungsanstalt, ob auf Grund der vom Kläger zu vereinbarenden Bezahlung für die Verpflegskosten eine höhere Ausgleichszulage erwartet werden könne. Zur Unterfertigung des Übergabsvertrages kam es in der Notariatskanzlei am 20. Oktober 1980. Der Vertragsentwurf wurde dabei erneut vorgelesen und besprochen. Der Kläger übergab seine Liegenschaft mit Vertragsabschluß mit Ausnahme der 1,4893 ha großen Waldgrundstücke 840 und 841 und des Inventars in den Besitz der Beklagten. Die Übergabe der Waldgrundstücke sollte mit dem Ableben des Übergebers in Kraft treten. Der Kläger blieb bis dahin berechtigt, auf diesen beiden Grundstücken Schlägerungen vorzunehmen. Über das Inventar sollte er frei verfügungsberechtigt bleiben. Die Beklagten verpflichteten sich zu folgenden Gegenleistungen: Lebenslängliches und unentgeltliches Wohnungsrecht an einem Zimmer im Anwesen der Beklagten mit Mitbenützungsrechten; für Beheizung, Strom und Betriebskosten hatten die Beklagten aufzukommen; Verpflegung am gemeinsamen Tisch oder über Verlangen des Klägers in seinem Zimmer gegen Bezahlung eines wertgesicherten Bargeldbetrages von monatlich S 1.000,--; Wartung und Pflege des Klägers in alten und kranken Tagen einschließlich Reinigung und Instandhaltung der Bekleidung, Wäsche, Bettwäsche und Schuhe, soweit diese im Wohnhaus der Beklagten erbracht werden kann; Übernahme der Kosten für ein standesgemäßes ortsübliches Begräbnis einschließlich der Errichtung und Erhaltung einer standesgemäßen Grabstätte. Für die Kosten einer allenfalls erforderlichen Pflegeperson oder des Aufenthaltes in einem Pflegeheim hatten die Beklagten nicht aufzukommen. Am 19. Oktober 1982 wurde der Kläger in die Heil- und Pflegeanstalt des Landes Kärnten eingewiesen, weil er verwirrt auf der Autobahn in Richtung Villach gegangen war. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Välkermarkt vom 7. Dezember 1982, L 46/82, wurde der Kläger wegen Geistesschwäche beschränkt entmündigt, zu seinem Beistand wurde der Klagevertreter bestellt, der die bisherige Klagsführung genehmigte. Seit 21. März 1983 befindet sich der Kläger im Bezirksaltersheim Pudlach, Lavamünd.

Der Kläger begehrt das Urteil, der am 20. Oktober 1980 errichtete Übergabsvertrag sei wirkungslos und nichtig. Soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, brachte er vor, die Beklagten hätten seine Verstandesschwäche dazu ausgenützt, ihn zu einer übermäßigen Gegenleistung zu bewegen. Es liege der Tatbestand des Wuchers vor. Die Einräumung und Zusicherung eine Auszugsrechtes im Anwesen der Beklagten zwei Gehstunden von der übergebenen Liegenschaft entfernt sei für ihn völlig wertlos und unverständlich. Der Kläger habe niemals von seiner Liegenschaft fortziehen wollen. Er habe auch nicht vereinbaren wollen, daß er für die Verpflegung S 1.000,-- monatlich zu bezahlen habe. Nach dem Inhalt des Übergabsvertrages hätten die Beklagten nicht die Kosten des Aufenthaltes des Klägers in einem Altersheim zu tragen. Da der Gesundheitszustand des Klägers eine Besserung nicht erwarten lasse, seien für die Beklagten, da der Kläger die Auszugswohnung nie in Anspruch genommen habe und in Anspruch nehmen werde, Lasten aus dem Übergabsvertrag nicht erwachsen und würden auch in Zukunft nicht erwachsen. Der Kläger werde aus seinem verbliebenen Vermögen die Kosten des Altersheimes tragen müssen, sein Liegenschaftsvermögen stünde aber den Beklagten zu. Eine solche Auswirkung des Übergabsvertrages habe der Kläger nicht erfaßt.

Die Beklagten wendeten ein, der Kläger habe die Einräumung des Wohnrechtes auf ihrem Anwesen und die Bezahlung eines Betrages von S 1.000,-- monatlich für die Verpflegung selbst gewünscht. Die Tragung der Kosten eines Pflegeheimes sei über Wunsch des Klägers ausgeschlossen worden. Der Übergabsvertrag habe ausschließlich Versorgungs- und Unterhaltscharakter, er enthalte keine Schenkungsmerkmale. Berücksichtige man die zugesicherten Gegenleistungen, so ergebe sich, daß diese zumindest der Leistung des Klägers gleichwertig seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, der Kläger habe anläßlich der Besprechung vom 24. August 1980 erklärt, er wolle zu den Beklagten ziehen. In diesem Sinne hätten die Beklagten Dr. Josef D am 6. Oktober 1980 informiert. Dr. Josef D habe geraten, der Kläger solle sich für die Gewährung der Kost zu einer monatlichen Zahlung von S 1.000,-- verpflichten, damit er in den Genuß einer höheren Ausgleichszulage komme. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe beim Kläger eine mittelgradige Geistesschwäche bestanden. Die intellektuelle Minderleistung sei durch ungenügenden Schulbesuch, sprachliche Schwierigkeiten, mangelnden Kontakt und eine höchst eingeengte Existenz noch potenziert worden. Im Zeitpunkt der Einweisung in die Heil- und Pflegeanstalt des Landes Kärnten habe beim Kläger eine Hirnatrophie mit einem hirnorganischen Psychosyndrom bestanden. Der Kläger sei aber zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wahrscheinlich in der Lage gewesen, die Tragweite seiner Handlungen zu erkennen und dieser Einsicht gemäß zu handeln. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe der Verkehrswert der Liegenschaft ohne den Holzbestand auf den Grundstücken 840 und 841 S 2,267.308,-- betragen. Der Wert der zu erbringenden Gegenleistungen (die Bezahlung der Begräbniskosten und die Errichtung und Erhaltung der Grabstätte wurde dabei nicht berücksichtigt) betrage bei fünfjähriger Kapitalisierung S 70.450,--. Die Bezahlung des monatlichen Geldbetrages an die Übernehmer für die Verpflegung sei nicht ortsüblich und weiche von den bäuerlichen Gepflogenheiten ab. Es könne nicht festgestellt werden, daß die Vertragsbestimmungen, der Kläger habe die Kosten einer Pflegeperson und den Aufenthalt in einem Pflegeheim zu tragen, über seinem Wunsch in den Vertrag aufgenommen worden seien; es sei eher wahrscheinlich, daß dieser Vorschlag von den Beklagten gemacht worden sei. Der Kläger habe die Konsequenz einer solchen Bestimmung nicht erfassen können. Hätte man dem Kläger gesagt, daß er faktisch sein gesamtes (verbliebenes) Vermögen für die Verpflegung in einem Altersheim werde aufwenden müssen, könne nicht angenommen werden, daß er damit einverstanden gewesen wäre.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages geschäftsfähig gewesen sei. Die Streitteile hätten einen Übergabsvertrag, nicht aber einen Schenkungsvertrag abschließen wollen. Die Vorschrift des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB sei auch auf Übergabsverträge anzuwenden. Ein auffallendes Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung liege dann vor, wenn eine Leistung die andere an Wert bedeutend übersteige, ohne daß die Übermäßigkeit durch besondere Umstände des Falles, etwa durch die Gewagtheit des Geschäftes, sachlich gerechtfertigt wäre. Bei Übergabsverträgen sei der Wert der Leistungen der Übernehmer nach den Wahrscheinlichkeitsregeln festzustellen. Auffallend bedeute grobe, leicht erkennbare Mißverhältnisse. Es reiche aus, daß der Wucherer eine Lage benütze, die er nicht geschaffen habe, die ihm aber ebenso wie das Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung bewußt gewesen sei oder hätte bewußt sein können. Den Beklagten hätte dieses Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auffallen müssen. Verstandesschwäche sei der Mangel der für den geschäftlichen Verkehr erforderlichen geistigen Befähigung, insbesondere dann, wenn ein minderer Grad der Beeinträchtigung vorliege, als dies in den Fällen der Geschäftsunfähigkeit der Fall sei. Eine solche Verstandesschwäche sei beim Kläger bei Abschluß des Vertrages vorgelegen. Stelle man den Verkehrswert der Liegenschaft von S 2,267.308,-- dem Wert der Gegenleistungen von S 70.450,-- gegenüber, so müsse wohl von einem auffallenden Mißverhältnis zwischen dem Wert der Leistung und der Gegenleistungen gesprochen werden. Der Kläger müsse ca. 30mal solange leben, als dies nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, um durch die Gegenleistung überhaupt erst den vollen Wert seiner Leistung zu erhalten. Selbst wenn man bei einer Bewertung im Sinne des § 9 des Kärntner Erbhöfegesetzes, den Wohlbestehenswert, wie vom Sachverständigen ungefähr festgelegt, mit S 500.000,-- bis S 600.000,-- annehme, so liege der Wert der Gegenleistung mit S 70.000,-- noch immer um das Sieben- bis Achtfache unter dem Wert der Leistung des Klägers. Die Beklagten hätten diese für sie günstige Lage, obwohl sie zur Herbeiführung dieser Lage nichts beigetragen hätten, ausgenützt und die mangelnde Verstandesschwäche des Klägers ausgebeutet. Der Übergabsvertrag sei daher vom Kläger zu Recht wegen Wuchers angefochten worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Es übernahm die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes und billigte dessen rechtliche Beurteilung. Nicht nur die Tatsache, daß der Kläger für das gereichte Essen durch Bezahlung eines wertgesicherten monatlichen Betrages von S 1.000,-- faktisch zur Gänze selbst aufkommen müsse, sei außergewöhnlich und entferne sich von der ortsüblichen Regelung, auch die anderen Bestimmungen gereichten offensichtlich nur zum Vorteil der Beklagten und ließen elementare Bedürfnisse des Übergebers völlig außer acht. Die Verpflegung werde trotz der zu erbringenden Bezahlung nur im Haus der Beklagten, das in einer nicht unbeträchtlichen Entfernung von der Liegenschaft des Klägers liege, gereicht. Solange der Kläger daher nicht in das Ausgedingszimmer ziehe, stehe den Beklagten zwar die Nutzung der Liegenschaft des Klägers voll zu, sie bräuchten ihrerseits dafür dem Kläger jedoch keinerlei Leistungen erbringen. Offen sei auch, wie der Kläger das ihm vorbehaltene Inventar nutzen solle, wenn er sein Wohnrecht bei den Beklagten in Anspruch nimmt. Auch für den Unvergleichsfall sei eine Regelung nicht getroffen worden, ebenso seien die Beklagten, falls der Kläger ärztliche Hilfe oder eine Pflegeperson in Anspruch nehme, oder in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebracht werde, von allen weiteren Leistungen befreit. Selbst wenn diese Bestimmungen auf Wunsch des Klägers aufgenommen worden sein sollten, würde dies nur ein Indiz dafür abgeben, daß der Kläger wegen seiner bestehenden mittelgradigen Geistesschwäche tatsächlich die Situation bei Vertragsabschluß nicht in allen Konsequenzen erfaßt habe; den Beklagten, bei denen diese geistige Beeinträchtigung nicht vorgelegen sei, sei dieses objektive Mißverhältnis in den beiderseitigen Leistungen bewußt gewesen, es hätte ihnen aber zumindest bewußt sein müssen. Auch bei bloß fahrlässiger Handlungsweise läge Ausbeutung und damit Wucher im Sinne des Gesetzes vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Das Gesetz mißbilligt die Ausbeutung eines Vertragspartners durch auffallende objektive Äquivalenzstörung der beiderseitigen Hauptleistungen in Fällen der gestärten Freiheit der rechtsgeschäftlichen Willensbildung (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 214 zu § 879). Es zählt als Ursache der fehlerhaften Willensbildung in demonstrativer Weise (JBl 1954, 436; Krejci aaO 216) den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung auf. Unter Verstandesschwäche wird nicht gänzliche Geschäftsunfähigkeit, sondern ein minderer Grad der geistigen Beeinträchtigung verstanden (EvBl 1971/175; Krejci aaO Rdz 221; Gschnitzer in Kang 2 IV/1, 204). Der Kläger war im Gegensatz zu den Ausführungen der Revision zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses infolge seiner mittelgradigen Geistesschwäche verstandesschwach im Sinne des § 879 Abs 2 Z 4

ABGB. Seine intellektuelle Minderleistung wurde noch durch ungenügenden Schulbesuch, mangelnden Kontakt und ein zurückgezogenes Leben verstärkt. Der Kläger war zwar bei den wiederkehrenden bäuerlichen Geschäften wie etwa Vieh- und Obstverkauf geschäftstüchtig und versiert. Für den Abschluß eines seine selbständige Erwerbstätigkeit beendenden Übergabsvertrages fehlte ihm infolge seiner intellektuellen Minderleistung aber die Fähigkeit, sämtliche rechtlichen Konsequenzen eines solchen Vertrages für sein zukünftiges Leben zu erfassen. Den Revisionswerbern kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie die Ansicht vertreten, § 879 Abs 2 Z 4 ABGB könne schon deshalb nicht angewendet werden, weil eine (gemischte) Schenkung vorliege. Sie brachten vielmehr in erster Instanz ausdrücklich vor, der Übergabsvertrag habe Versorgungs- und Unterhaltscharakter, er weise keine Schenkungsmerkmale auf (S 63 d.A.).

Liegt aber kein unentgeltliches Geschäft vor, muß als Voraussetzung nach § 879 Abs 2 Z 4 objektiv eine auffallende, d.i. eine offenbar übermäßige, nach umfassender Würdigung des Einzelfalles leicht erkennbare Äquivalenzstörung gegeben sein. Ein solches Mißverhältnis liegt dann vor, wenn die Gegenleistung den Wert der Leistung bedeutend übersteigt, ohne daß dies durch die besonderen Umstände des Falles, etwa durch ein eine Seite treffendes besonderes Risiko, gerechtfertigt wäre (Ehrenzweig 2 II/1, 170 f;

Krejci aaO Rdz 220; Gschnitzer in ZBl. 1937, 849). Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob der Tatbestand des Wuchers gegeben ist, hat dabei die Ermittlung und Gegenüberstellung des objektiven Wertes der beiderseitigen Leistungen zu sein. Soweit die Revisionswerber ein solches objektives Mißverhältnis bestreiten, gehen sie nicht von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen aus. Da ein mit fremden (nicht gesetzlich erbberechtigten) Personen abgeschlossener bäuerlicher Übergabsvertrag nach seinem wirtschaftlichen Zweck nur einem Verkauf der Landwirtschaft gegen Stundung des Kaufpreises gleichgestellt werden kann, kann als Wert der veräußerten Liegenschaft nur der Verkehrswert, d.i. jener Wert herangezogen werden, den der Kläger als Austauschwert (Verkaufswert) auch bei Abschluß eines Kaufvertrages erzielt hätte (Koziol-Welser 7 II 9; Klang 2 II 4; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 195). Dieser Austauschwert wurde von den Tatsacheninstanzen mit S 2,267.308,-- festgestellt. Was die Kapitalisierung der zu erbringenden Gegenleistungen angeht, trifft es zwar zu, daß der durchschnittliche Wert der unbestimmten Leistungen nach den Wahrscheinlichkeitsregeln (nach versicherungsmathematischen Grundsätzen) festzustellen ist (EvBl 1958/94; JBl 1930, 148; Krejci aaO Rdz 227; Stanzl in Klang 2 IV/1, 593). Die für die bundesrechtlich geregelten Abgaben heranzuziehenden allgemeinen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 bildeten daher keine geeignete Grundlage für die Feststellung des Wertes der von den Beklagten zu erbringenden Gegenleistungen. Selbst wenn man aber von einer statistisch ermittelten durchschnittlichen Lebensdauer des zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages 70 1/2 Jahre alten Klägers von rund 10 Jahren ausginge (siehe hiezu Sterbetafel 80/82 in Statistische Nachrichten 1985, Heft 2, 67 ff) änderte dies nichts am objektiven Mißverhältnis zwischen Leistung und dem dann rund doppelt so hoch anzusetzenden Wert der Gegenleistungen der Beklagten. Subjektiv muß der Wucherer zwar das Bewußtsein des Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung haben. Nicht erforderlich ist, daß der Wucherer ein solches Mißverhältnis aber vorsätzlich ausnützt, es genügt bereits fahrlässiges Handeln (SZ 44/171; SZ 8/181; 1 Ob 532/85; Krejci aaO Rdz 229;

Koziol-Welser 7 I 132). Den Vorinstanzen ist zu folgen, daß den Beklagten bei dem festgestellten besonders auffallenden Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung und den zum Teil atypischen Bedingungen des Übergabsvertrages, die dazu geführt hätten, daß die Beklagten ohne nennenswerte Gegenleistung in den Genuß einer Liegenschaft im Wert von über 2 Mill. S gekommen wären, dieses Bewußtsein gehabt haben.

Die Behauptung der Revisionswerber, bei der vertraglich übernommenen Verpflichtung des Klägers für die Beistellung der Verpflegung monatlich den Betrag von S 1.000,-- wertgesichert zu bezahlen, handle es sich um eine Scheinvereinbarung, die bloß zu dem Zweck getroffen worden sei, dem Kläger die Gewährung einer höheren Ausgleichszulage zu ermöglichen - daß eine solche Leistung des Klägers auf die Höhe der Ausgleichszulage von Einfluß wäre, ist allerdings der Vorschrift des § 140 Abs 7 E nicht zu entnehmen - handelt es sich ebenso um eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung wie bei der Behauptung, der Kläger selbst vereitle die Wartung und Pflege im Haus der Beklagten.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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