Spruch:
Das Teilurteil des Berufungsgerichtes und der damit abgeänderte Teil des erstinstanzlichen Urteiles werden aufgehoben; die Rechtssache wird auch in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin verlegte 1992 über Auftrag des Beklagten in dessen Betriebsgebäude vom Beklagten beigestellte und von der Nebenintervenientin erzeugte Feinsteinzeugplatten mit unglasierter Oberfläche. Auf die hierfür von der Klägerin am 14. 9. 1992 gelegte Rechnung über S 270.811,14 zahlte der Beklagte unter Inanspruchnahme eines 5%igen Skontoabzuges bislang S 171.513,-.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten letztlich S 149.359,14 sA. Sie habe den Boden ordnungsgemäß hergestellt und von beim Verfugen entstandenen Verunreinigungen gereinigt übergeben, sodaß das noch aushaftende Werkentgelt von S 89.359,14 sA fällig sei. Weiterhin vorhandene Verunreinigungen seien nicht von der Klägerin verursacht oder verschuldet worden, sondern auf die Beistellung mangelhafter Fliesen durch den Beklagten zurückzuführen. In Unkenntnis der für sie nicht erkennbaren Ursache der Flecken habe die Klägerin aufgrund einer Mängelrüge des Beklagten ein Reinigungsunternehmen mit der Reinigung der Fliesen beauftragt und hiefür Kosten von S 68.472,72 aufgewendet, von denen nach Abzug von S 8.472,72 an erspartem Eigenaufwand ein Betrag von S 60.000,- begehrt werde.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Zur Verfärbung der Fliesen sei es gekommen, weil die Klägerin die Verlegearbeiten unsachgemäß durchgeführt, ungeeignetes Fugenmaterial verwendet und überschüssiges Material verspätet entfernt habe. Der restliche Werklohn sei daher nicht fällig sei. Durch die Verlegearbeiten der Klägerin seien die Fliesen unbrauchbar geworden. Deren Materialpreis sei höher als der eingeklagte Rechnungsbetrag und werde aufrechnungsweise als Gegenforderung eingewendet. Die Forderung auf Ersatz der Reinigungskosten sei nicht berechtigt und überdies verjährt.
Die auf Seiten der Beklagten beigetretene Nebenintervenientin brachte vor, daß die Verunreinigungen durch sachgemäße Vorgangsweise vermieden bzw. beseitigt hätten werden können. Die Klägerin habe ungeeignetes Fugenmaterial bzw. ein in den Katalogen der Nebenintervenientin ausdrücklich abgelehntes Imprägniermittel verwendet.
Das Erstgericht erachtete die Klageforderung als berechtigt, die Gegenforderung hingegen als nicht berechtigt und gab dem Klagebegehren - vom Begehren auf Zuspruch von 20% Umsatzsteuer aus den Zinsen abgesehen - statt. Nach seinen für das Revisionsverfahren wesentlichen Feststellungen sind die Bodenplatten stark verfleckt. Eine Behebung dieses Mangels ist nur durch Ausstemmen des alten Bodens oder durch dessen Überklebung und die Verlegung neuer Platten möglich. Ursache der Flecken ist, daß die vom Beklagten zur Verfügung gestellten Platten nicht salzsäurebeständig waren und daher dem von der Klägerin verwendeten salzsäurehaltigen Zementschleierentferner nicht standhielten. 1992 war es üblich, für Reinigungsarbeiten Zementschleierentferner zu verwenden; sämtliche derartigen Produkte sind salzsäurehaltig. Für die Klägerin war die mangelnde Salzsäurebeständigkeit der Fliesen nicht vorhersehbar. Sie hat die Fliesen ordnungsgemäß verlegt, verfugt und gereinigt. Nach Mängelrügen des Beklagten und einer Anfrage nach dem Zeitpunkt der Durchführung der Reinigungsarbeiten beauftragte die Klägerin mit der Reinigung der Platten ein Reinigungsunternehmen, das hiefür S 68.472,72 in Rechnung stellte.
Das Erstgericht bejahte den Anspruch der Klägerin auf den restlichen Werklohn, weil die Ursache für die nach wie vor vorhandenen Mängel die mangelnde Eignung der vom Beklagten beigestellten Fliesen sei und die Klägerin keine Warnpflicht verletzt habe. Da sie vom Beklagten mit Reinigungsarbeiten beauftragt worden sei, sei die Klägerin auch berechtigt, den Ersatz der aufgewendeten Reinigungskosten zu begehren.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Umfang des Zuspruchs von S 60.000,- im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab (Teilurteil) und hob es im Umfang des weiteren Begehrens von S 89.359,14 zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf. Es sprach aus, daß gegen das Teilurteil die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es erachtete das erstinstanzliche Verfahren als mangelhaft, weil das Erstgericht einem Antrag des Beklagten auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht entsprochen habe. Vor einer ergänzenden Begutachtung könne die Ursache der Flecken des Fliesenbodens und damit das Begehren auf Zuspruch des restlichen Werklohnes nicht abschließend beurteilt werden. Die von ihr aufgewendeten Reinigungskosten könne die Klägerin aber in keinem Fall auf den Beklagten überwälzen. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes habe der Beklagte die Klägerin nicht mit den Reinigungsarbeiten beauftragt, sondern nur die Beseitigung der als Mängel beanstandeten Verunreinigungen und damit die vollständige und ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrages begehrt. Die Klägerin habe die Reinigungskosten in Erfüllung ihrer Gewährleistungspflicht aufgewendet. Selbst wenn sich herausstellen sollte, daß die Reinigungsarbeiten aufgrund eines nicht von der Klägerin zu vertretenden Mangels notwendig geworden seien, fehle es für eine Haftung des Beklagten an einem Rechtsgrund. Ein Schadenersatzanspruch der Klägerin scheide mangels Verschuldens des Beklagten aus. Ein Bereicherungsanspruch scheitere bereits am Fehlen jeglichen Vorteils für den Beklagten. Im Umfang der Reinigungskosten von S 60.000,- sei daher das Urteil iS eines das Klagebegehren abweisenden Teilurteiles abzuändern. Insoweit sei die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Gegen den abändernden Teil dieser Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Teilurteil im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat. Sie ist iS des darin gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Unterstellt man die erstgerichtlichen Feststellungen, wonach die in Rede stehenden Flecken des Bodens durch die mangelnde Eignung der vom Beklagten beigestellten Fliesen verursacht wurden, als richtig, hängt die Berechtigung des Begehrens der Klägerin primär davon ab, welcher der Vertragsteile das Risiko für die mangelnde Eignung der Fliesen zu tragen hat. Die Frage, welchen der Vertragsteile beim Werkvertrag die Gefahr trifft, wird im österreichischen Recht nach der Sphärentheorie beantwortet (WBl 1987,219; EvBl.1986/27 = SZ 58/41; SZ 54/128; Adler/Höller in Klang Kommentar2 V 400; Koziol/Welser, Grundriß 10 I 409). Danach hat jeder Teil den Zufall zu tragen, der sich in seiner Sphäre ereignet. Diese Risikoverteilung kommt insbesondere in der Bestimmung des § 1168 Abs. 1 ABGB zum Ausdruck, wonach dem Unternehmer das Entgelt gebührt, wenn das Werk zufolge von Umständen, die auf Seite des Bestellers liegen, unterbleibt. Dem Unternehmer gebührt weiters (§ 1168 Abs. 1 letzter Satz ABGB) eine angemessene Entschädigung, wenn er infolge solcher Umstände (auf Seiten des Bestellers) durch Zeitverlust bei der Ausführung des Werkes verkürzt wurde. Nicht immer müssen aber die hindernden Umstände auf der Bestellerseite gerade zu einer Verzögerung der Werkerstellung führen. Es kann auch sein, daß diese Umstände den Unternehmer zu erhöhtem Arbeitseinsatz und zu erhöhten Aufwendungen zwingen. Auch hiefür gebührt ihm unter der dargestellten Voraussetzung eine Entschädigung durch Aufstockung des Werklohns (WBl 1987,219; 5 Ob 558/93 [auszugsweise veröffentlicht in ecolex 1994, 814]; Ris-Justiz RS0021825; Krejci in Rummel, ABGB, Rz 25, 28 zu § 1168). Der Sphäre des Werkbestellers gehört der von ihm beigestellte Stoff an (§ 1168a letzter Satz ABGB). Das Risiko für vom Besteller beigestellte untaugliche Fliesen fällt daher grundsätzlich in die Sphäre des Bestellers, wenn auch unbeschadet der den Unternehmer allenfalls treffenden Warnpflicht (WBl 1987,219). Eine Verletzung ihrer Warnpflicht ist aber - unterstellt man die erstgerichtlichen Feststellungen als richtig - der Klägerin nicht vorzuwerfen, weil auch für sie der Mangel der (auch bei Fliesen zweiter und dritter Wahl vorauszusetzenden) Säurebeständigkeit der Fliesen nicht erkennbar war. Zu nicht üblichen Prüfungen und Untersuchungen oder gar zur Beiziehung eines Fachmannes ist aber der Werkunternehmer nicht verhalten (SZ 58/7; Ris-Justiz RS0021971). Der Beklagte hat bislang auch gar nicht behauptet, daß die Klägerin die mangelnde Eignung der Fliesen vor der Werkerstellung (oder auch nur vor der Durchführung der vom Beklagten verlangten Reinigungsarbeiten) erkennen hätte können. Damit hat aber die Klägerin - unterstellt man die erstgerichtlichen Feststellungen als richtig - iS der dargestellten Rechtsprechung für den ihr durch die Untauglichkeit des vom Bestellter beigestellten Stoffes entstandenen zusätzlichen Aufwand Anspruch auf eine Entschädigung durch Aufstockung des Werklohns. Die vom Berufungsgericht vor einer endgültigen Klärung des Sachverhaltes vorgenommene Abweisung des darauf gerichteten Klagebegehrens war daher verfehlt.
In Stattgebung der Revision waren daher die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichtes und der hievon betroffene Teil des Ersturteiles aufzuheben und die Sache auch im Umfang des Begehrens auf Ersatz der Reinigungskosten an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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