OGH 3Ob119/98s

OGH3Ob119/98s6.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Karin S*****, vertreten durch Dr.Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (AZ C 231/96 i des Bezirksgerichts Mariazell), infolge "Revisionsrekurses" der klagenden Partei und Ablehnungswerberin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Graz vom 5.Februar 1998, GZ 3 Nc 5/98h, womit den Ablehnungsanträgen der klagenden Partei vom 4.Juli 1997 und 5. Dezember 1997 gegen den Vizepräsidenten des Landesgerichts Leoben Dr.Peter Ferstl, die Richter dieses Gerichtes und alle "nach der Geschäftsverteilung" hier zuständigen Landesgerichtsräte des Landesgerichtes Leoben in Zivilsachen nicht stattgegeben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die anwaltlich vertretene Klägerin und Ablehnungswerberin ist selbst Rechtsanwältin. In dem aufgrund deren "Sachverhaltsdarstellung" wegen des Verdachts des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt gegen die Vorsteherin des Bezirksgerichts Mariazell und andere Personen eingeleiteten Strafverfahren gab der Präsident des Landesgerichts Leoben den Befangenheitsanzeigen von neun Strafrichtern dieses Gerichts mit Beschluß vom 4.November 1997 "Folge" und übertrug "das anhängige Vorerhebungsverfahren" seinem "in Strafsachen tätigen Präsidenten". Es waren aber nicht alle Befangenheitsanzeigen dieser Richter mit einem kollegialen Naheverhältnis zur Vorsteherin des Bezirksgerichts Mariazell begründet. Einzelne dieser Anzeigen bezogen sich auf ein kollegiales Naheverhältnis zu einem anderen Richter, gegen den als Verdächtiger im Strafverfahren ebenfalls Vorerhebungen geführt werden.

Im Schriftsatz vom 4.Juli 1997, GZ 2 Nc 86/97y-1, lehnte die Klägerin die Vorsteherin des Bezirksgerichtes Mariazell sowie den in der gegenständlichen Sache entscheidenden Senat des Landesgerichtes Leoben, die Abt. 2 (Vorsitz Richter Dr.Ferstl, die Richter Dr.Krempl und Dr.Kafrda) wegen Befangenheit ab.

Vom Landesgericht Leoben zur Stellungnahme aufgefordert brachte die Klägerin im Schriftsatz vom 27.November 1997 vor, sie habe am 15. November 1997 davon Kenntnis erlangt, daß sich alle neun in Strafsachen tätigen Richter des Landesgerichtes Leoben in einem Verfahren gegen die Gerichtsvorsteherin Dr.H***** im wesentlichen mit der Begründung als befangen erklärt hätten, sie seien mit ihr "per Du" bzw. bestünden zu ihr kollegiale Kontakte. Diesen Befangenheitsanträgen habe der Präsident dieses Gerichtes Folge gegeben. Damit sei klar, daß besondere kollegiale Kontakte auch zu sämtlichen Richtern des Landesgerichtes Leoben in Zivilsachen bestünden, weshalb sie die "nach der Geschäftsverteilung hier zuständigen Landesgerichtsräte des Landesgerichtes Leoben in Zivilsachen ablehne. Zur Aufforderung äußerte sie sich dahin, daß offensichtlich - wie zu den sich schon befangen erklärten neun Richtern - persönliche bzw. besondere kollegiale Kontakte zwischen Dr.H***** und den hier abgelehnten Richtern bestünden.

Die nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung berufenen sechs Richter des Landesgerichts Leoben erklärten, nicht befangen zu sein.

Das Landesgericht Leoben legte diesen Antrag gemäß § 23 JN dem Oberlandesgericht Graz vor.

Das Oberlandesgericht Graz gab den Ablehnungsanträgen nicht statt und ersuchte das Landesgericht Leoben um Zustellung seiner Entscheidung. Dieses Gericht veranlaßte sodann die Zustellung. Am 3.März 1998 ging eine Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses dem anwaltlichen Vertreter der Ablehnungswerberin zu, der in der Folge den an das Landesgericht Leoben adressierten "Revisionsrekurs" am 17.März 1998 zur Post gab. Das Rechtsmittel langte am 18.März 1998 beim Adressatgericht ein.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist verspätet.

Das Ablehnungsverfahren unterliegt, soweit nicht die §§ 19 bis 25 JN Sonderregelungen enthalten, den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgte (1 Ob 2153/96s; 3 Ob 560/90; SZ 54/96). Hier handelt es sich zum einen um Ablehnungsanträge in einem Zivilprozeß, zum anderen um einen Ablehnungsantrag im Ablehnungsverfahren aus Anlaß eines streitigen Verfahrens, sodaß auf die Abwicklung des Rekursverfahrens und die Rechtsmittelfrist die §§ 520 Abs 1 und 521 ZPO anzuwenden sind. Die Rechtsmittelfrist beträgt im Falle eines einseitigen Rekursverfahrens - wie hier - vierzehn Tage. Sie beginnt mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des anzufechtenden Beschlusses. Gemäß § 520 Abs 1 ZPO ist der Rekurs durch Überreichung der Rechtsmittelschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Beschluß angefochten wird. Rekurse gegen Entscheidungen eines Gerichts zweiter Instanz sind jedoch beim Gericht erster Instanz einzubringen. Der Rekurs gegen einen Beschluß, mit dem einem Ablehnungsantrag nicht stattgegeben wurde, ist nach herrschender Ansicht immer bei dem Gericht einzubringen, das in der Ablehnungssache erkannte (SZ 13/108 = ZBl 1931/220; Fasching, I 211 und IV 419; Mayr in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 24 JN).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtslage entschied das Oberlandesgericht Graz in den vorliegenden Ablehnungssachen nicht als Gericht zweiter Instanz, sondern - nach funktionellen Kriterien - als Gericht erster Instanz. Die Rechtsmittelwerberin hätte daher ihren Rekurs gegen den Beschluß dieses Gerichts vom 5.Februar 1998, womit ihren Ablehnungsanträgen nicht stattgegeben wurde, beim Oberlandesgericht Graz einbringen müssen.

Wird ein Rechtsmittel an ein unzuständiges Gericht adressiert, so muß es als Voraussetzung seiner Rechtzeitigkeit noch innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht einlangen, weil die Tage des Postwegs nur dann nicht in die Frist eingerechnet werden, wenn das Rechtsmittel an das zuständige Gericht gerichtet war (2 Ob 128/97f; RZ 1990/109; EFSlg 49.410 uva; Kodek in Rechberger aaO Rz 7 vor § 461). Hier langte der an das Landesgericht Leoben adressierte und am 17.März 1998 zur Post gegebene Rekurs erst am 18.März 1998 - also schon nach Ablauf der Rechtsmittelfrist von vierzehn Tagen am 17. März 1998 - beim unzuständigen Gericht ein.

Der Rekurs ist daher als verspätet zurückzuweisen, was gemäß § 523 ZPO bereits vom Oberlandesgericht Graz auszusprechen gewesen wäre.

Stichworte