OGH 2Ob128/97f

OGH2Ob128/97f26.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Norbert Scherbaum, Rechtsanwalt, 8010 Graz, Einspinnergasse 3, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Bauunternehmung Franz E***** GmbH, ***** (26 S 7/93 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz), gegen die beklagte Partei R***** R***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn und Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 586.906,92 sA, infolge außerordentlichen Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 4.März 1997, GZ 2 R 224/96w-31, mit dem ein Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5.April 1995, GZ 23 Cg 23/95d-4, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger brachte am 31.1.1995 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz die Klage auf Zahlung von S 586.906,92 sA gegen die "R***** Gesellschaft mbH" ein, wobei für die beklagte Partei eine Anschrift in Graz angegeben wurde. Die beklagte Partei erstattete unter Angabe einer Anschrift in Wien eine Klagebeantwortung, in der sie die örtliche Unzuständigkeit des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz einwendete, weil sich ihr Firmensitz in Wien befinde und sie in Graz auch keine Zweigniederlassung habe. Der Kläger gab in der Folge bekannt, daß die beklagte Partei ihren Firmensitz tatsächlich in Wien habe, weshalb die Überweisung an das nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien beantragt werde. Gleichzeitig brachte er vor, daß infolge eines Schreibfehlers in der Klage nicht der volle Firmenwortlaut der beklagten Partei angeführt worden sei. Die Bezeichnung der beklagten Partei werde daher nunmehr vollständig wiedergegeben und auf "R***** R***** GmbH" richtiggestellt.

Mit Beschluß vom 5.4.1995 (ON 4) erklärte sich das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz für örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache gemäß § 261 Abs 6 ZPO an das nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien. Die beklagte Partei wurde in dem Beschluß als "richtig: R***** R***** GmbH" bezeichnet und hiefür eine Anschrift in Wien angegeben.

Diesen Beschluß focht die ursprünglich als beklagte Partei bezeichnete R***** GmbH in dem Umfang an, "als er - möglicherweise über die Berichtigung der Parteienbezeichnung der beklagten Partei abspricht".

Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht wies mit dem - inzwischen rechtskräftig gewordenen - Beschluß vom 12.7.1995 diesen Rekurs zurück. Der Rekurs sei unzulässig, weil die sich als Beklagte fühlende bzw als solche intervenierende Rekurswerberin vom Kläger nicht geklagt worden sei. Da die Rekurswerberin somit nicht Prozeßpartei sei, fehle ihr das Rechtsschutzinteresse, was zur Zurückweisung ihres Rechtsmittels führe.

Das Handelsgericht Wien, an das die Rechtssache überwiesen worden war, beraumte eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung an, zu der es den Kläger und auch den für die R***** GmbH einschreitenden Rechtsanwalt lud. Die R***** R***** GmbH wurde hingegen dem Verfahren nicht beigezogen. In einem in der Tagsatzung verkündeten Beschluß hob das Handelsgericht Wien das Verfahren, soweit es die Zustellung der Klage und den Auftrag zur Erstattung einer Klagebeantwortung an die R***** GmbH anlangte, ebenso wie die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung und die Zustellung der Ladung an die zuletzt genannte Partei als nichtig auf. Es begründet dies damit, daß vom überweisenden Gericht unwidersprochen eine Änderung der Parteienbezeichnung vorgenommen worden sei.

In der Folge stellte das Handelsgericht Wien eine Gleichschrift der Klage der R***** R***** GmbH zu, die auch eine Klagebeantwortung erstattete. In der sodann vom Handelsgericht Wien anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung trug die nunmehr als beklagte Partei behandelte Gesellschaft die Klagebeantwortung vor und führte ferner aus, daß ihr weder den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5.4.1995 (ON 4), mit dem die Bezeichnung der in der Klage angeführten beklagten Partei berichtigt worden sei, noch die Rekursentscheidung des Oberlandesgerichtes Graz (vom 12.7.1995) zugestellt worden sei. Das Handelsgericht Wien verfügte hierauf die Zustellung der angeführten Beschlüsse an den Vertreter der beklagten Partei, die am 1.10.1996 durchgeführt wurde.

Die nunmehrige beklagte Partei erhob gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5.4.1995 (ON 4) Rekurs, den sie am 15.10.1996 zur Post gab und an das Handelsgericht Wien richtete. Dieses legte den Rekurs dem Oberlandesgericht Wien vor, das sich mit Beschluß vom 15.11.1996 für unzuständig erklärte und den Rekurs an das zuständige Oberlandesgericht Graz überwies.

Das Oberlandesgericht Graz wies den Rekurs zurück und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Rekurswerberin habe übersehen, daß das Verfahren, das vor der Zustellung der Klage an sie durchgeführt worden sei, bevor die Klage an sie zugestellt wurde, mit rechtskräftigem Beschluß des Handelsgerichtes Wien für nichtig erklärt worden sei und daß das für nichtig erklärte Verfahren keine Rechtswirkungen gegen sie entfalten könne. Der Rekurswerberin fehle es daher an der Beschwer.

Der Akt wurde vom Oberlandesgericht Graz dem Handelsgericht Wien zurückgestellt, das auch die Zustellung der angeführten, von ihm erlassenen Entscheidung an die Vertreter der Parteien verfügte. Sie wurde am 14.3.1997 vollzogen. Die nunmehr beklagte Partei gab am 27.3.1997 einen außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz zur Post, den sie an das Handelsgericht Wien richtete, der dort am 28.3.1997 einlangte und der vom Handelsgericht Wien unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei ist verspätet.

Gemäß § 520 Abs 1 ZPO wird der Rekurs durch Überreichung eines Schriftsatzes (Rekursschrift) bei dem Gericht erhoben, dessen Beschluß angefochten wird; doch sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz beim Gericht erster Instanz zu überreichen. Betrachtet man diese Bestimmung in ihrem Zusammenhang, so ist anzunehmen, daß der Gesetzgeber mit dem Gericht erster Instanz dasjenige Gericht gemeint hat, von dem der Beschluß stammt, gegen den sich das vom Gericht zweiter Instanz behandelte Rechtsmittel richtete.

Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung gilt aber nichts anderes, wenn die Rechtssache vor Einbringung des Rekurses an ein anderes Gericht überwiesen wurde, wie dies gemäß § 44 JN oder § 230a oder § 261 Abs 6 ZPO der Fall ist. Es trifft zwar zu, daß sich der Akt in solchen Fällen bereits bei dem Gericht befinden kann, an das die Rechtssache überwiesen wurde, und daß die geschäftsordnungsgemäße Behandlung des Rekurses erleichtert werden könnte, wenn er bei diesem Gericht eingebracht würde. Zu bedenken ist aber auch, daß der Rekurs zu Protokoll gegeben werden kann (§ 520 Abs 1 ZPO), daß unzulässige Rekurse von Amts wegen von der Vorinstanz zurückzuweisen sind (§ 523 ZPO) und daß Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (vgl § 521 Abs 3 ZPO) und auf Zuerkennung der hemmenden Wirkung (§ 524 Abs 2 ZPO) in Betracht kommen. In all diesen Fällen wäre es nicht sachgerecht, als Gericht erster Instanz jenes anzusehen, an das die Rechtssache überwiesen wurde.

Da somit Gründe der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig für ein anderes Ergebnis sprechen, hat es bei der aus § 520 Abs 1 ZPO sich ergebenden Regelung zu verbleiben, daß der Rekurs immer und somit auch im Fall der Überweisung der Rechtssache an ein anderes Gericht und der von diesem verfügten Zustellung der bekämpften Entscheidung bei demjenigen Gericht einzubringen ist, das den angefochtenen oder gegebenenfalls den von der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz betroffenen Beschluß erlassen hat.

Der hier zu prüfende Rekurs wäre daher beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz einzubringen gewesen. Wird ein Rechtsmittel nicht bei dem Gericht eingebracht, bei dem es einzubringen ist, so ist es nur dann rechtzeitig, wenn es innerhalb der Rechtsmittelfrist bei diesem Gericht einlangt, zumal dann die Tage des Postenlaufs in die Rechtsmittelfrist einzurechnen sind (RZ 1990/109; EF 49.410; 2 Ob 2431/96f ua).

Da der Rekurs der beklagten Partei bisher nicht beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingelangt ist und dort auch innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht mehr einlangen kann, ist er somit verspätet.

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