OGH 2Ob103/98f

OGH2Ob103/98f23.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Anna W*****, vertreten durch den Separationskurator Dr.Friedrich Bubla, Rechtsanwalt, Baden, Biondekgasse 4, wider die beklagte Partei Dr.Johannes P*****, wegen S 230.000,-- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. Dezember 1997, GZ 12 R 200/97p-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 11.August 1997, GZ 29 Cg 27/97x-11, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichts einschließlich dessen Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 30.517,60 bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 5.079,60 USt und S 40,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Verlassenschaftsverfahren nach der am 1.1.1989 verstorbenen Anna W***** gab ihr Sohn und einziger Erbe Werner W***** eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Inanspruchnahme des ungeschmälerten Pflichtteils ab. Der aus mehreren Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteilen im steuerlichen Einheitswert von S 2,030.888,89, Bildern, Schmuck und sonstigen Wertgegenständen im Wert von S 1,977.750,--, einem Wertpapierdepot im Wert von S 1,816.000,02 sowie Forderungen im Wert von S 477.997,09 und Passiven von insgesamt S 624.478,57 bestehende Nachlaß war Werner W***** testamentarisch hinterlassen, durch zahlreiche Legate an 13 Legatare aber praktisch zur Gänze "entleert" worden. Am 22.9.1990 wurde Werner W***** die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen. Über Antrag der Legatare bestellte das Verlassenschaftsgericht am 17.5.1995 den Klagevertreter zum Absonderungskurator.

Werner W***** hatte den Beklagten, einen Rechtsanwalt, schon zu Beginn des Verlassenschaftsverfahrens mit seiner Vertretung und der Wahrung seiner Interessen beauftragt und bevollmächtigt. Nach Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses beauftragte und bevollmächtigte er den Beklagten auch für die damit zusammenhängenden Tätigkeiten mit "seiner" Vertretung. Dieser vertrat in der Folge Werner W***** bei der Wahrung seiner persönlichen Interessen, aber auch bei den im Zusammenhang mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses anfallenden Rechtshandlungen, insbesondere der Verwaltung der Nachlaßliegenschaften. In diesem Zusammenhang war zwischen dem Beklagten und Werner W***** vereinbart worden, daß der Beklagte die Beträge aus den Verwaltungserträgnissen, die bei ihm erlagen, bei sich behalten könne, weil seine Kosten damit abgedeckt werden sollten. Werner W***** bekam vom Beklagten letztlich zum 31.12.1995 eine - nicht näher aufgeschlüsselte - Honoraraufstellung, die einen Honoraranspruch des Beklagten in der Höhe von S 623.854,64 auswies. Eine endgültige Honorarabrechnung sollte gemäß der seinerzeitigen Vereinbarung erst nach Einantwortung der Verlassenschaft erfolgen. Zu dem Zeitpunkt, als Werner W***** und der Beklagte vereinbart hatten, daß dieser die Verwaltungserträgnisse aus den Liegenschaften zur (teilweisen) Abdeckung seiner Kostenforderung verwenden solle, war beiden Beteiligten weder bekannt, wie hoch die Honorarforderung des Beklagten schließlich sein werde, noch, welcher Saldo sich aus der Liegenschaftsverwaltung ergeben werde. Die - vor Bestellung des Absonderungskurators erzielten - Überschüsse aus der Liegenschaftsverwaltung bzw einer Wertpapier-Depotverrechnung - abzüglich mit Einverständnis von Werner W***** entnommener Vorschüsse - erlagen auf Anderkonten des Beklagten. Am 20.3.1997 erlegte dieser die vorhandenen Guthabensbeträge von S 204.546,09 bzw S 22.946,91 gemäß § 1425 ABGB bei Gericht. Der Honoraranspruch des Beklagten "gegen Werner W*****" übersteigt jedenfalls (auch unter Berücksichtigung des Kostenakontos von S 100.000,--) die nunmehr bei Gericht erliegenden Beträge.

Die durch den Absonderungskurator vertretene Verlassenschaft begehrt vom Beklagten die Ausfolgung der auf bestimmten Anderkonten erliegenden, namens und auf Rechnung der Verlassenschaft erzielten Verwaltungsüberschüsse, in eventu die Einwilligung in die Ausfolgung der vom Beklagten bei Gericht erlegten Beträge von S 204.546,09 und S 22.946,91. Werner W***** habe den Beklagten mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung und der Interessenwahrung im Verlassenschaftsverfahren beauftragt und bevollmächtigt, wobei er sich auch zur Besorgung und Verwaltung des Nachlasses des Beklagten bedient habe. Er habe die streitgegenständlichen Beträge als Verwaltungsüberschuß erwirtschaftet, der Beklagte habe gegenüber dem Absonderungskurator jedoch die Herausgabe mit wechselnden Begründungen verweigert. Der Beklagte könne auch ein anwaltliches Kostenpfandrecht nicht geltend machen, weil er keine detaillierte Honorarabrechnung gelegt habe. Eine Zahlung an den Beklagten aus Nachlaßmitteln für seine lang dauernde Verwaltung im Auftrag des erbserklärten Erben hätte einer abhandlungsbehördlichen Genehmigung bedurft.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die in der Klage genannten Beträge seien lange vor Bestellung des Absonderungskurators zugeflossen; die Verwahrung auf einem Anderkonto habe lediglich kanzleiorganisatorische Gründe gehabt. Die durch Werner W***** vertretene Verlassenschaft habe zugestimmt, daß er diese Beträge zur Deckung seiner Honoraransprüche einbehalten könne. Überdies stehe ihm daran ein Pfandrecht gemäß § 19 RAO zu.

Das Erstgericht wies das Haupt- und Eventualbegehren ab. Der Beklagte sei im Auftrag Werner W***** für die Verlassenschaft und in deren Interesse tätig geworden, weshalb ihm die Verlassenschaft das auf diese Tätigkeiten entfallende Honorar schulde. In diesem Rahmen sei Werner W***** gemäß § 810 ABGB berechtigt und verpflichtet gewesen, die Honorarforderung des Beklagten aus Mitteln der Verlassenschaft zu befriedigen. Die Vereinbarung, der Beklagte solle die Verwaltungserträgnisse behalten, weil seine Kosten damit abgedeckt werden sollten, sei als - zahlungshalber erfolgte - Abtretung von Forderungen der Verlassenschaft zur Abdeckung von dessen Kostenforderung gegen die Verlassenschaft zu werten. Auch wenn mangels endgültiger Abrechnung eine Verrechnung im Sinne einer wechselseitigen Aufrechnung noch nicht möglich sei, sei der Wille der Vertragsparteien eindeutig nicht dahin gegangen, dem Beklagten die letztlich auf Auszahlung des Guthabens gegen die Bank gerichtete Forderung erst in der Zukunft abzutreten, sondern dahin, daß der Beklagte sofort nach Beendigung seiner Verwaltungstätigkeit für die Verlassenschaft auf den zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Saldo greifen und seine Honoraransprüche in diesem Umfang unmittelbar daraus befriedigen könne. Spätestens ab der Beendigung der Tätigkeit des Beklagten aufgrund der Bestellung des Absonderungskurators sei somit das streitverfangene Vermögen nicht mehr Teil des Nachlasses, sondern Vermögen des Beklagten gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte - unangefochten - mit Teilurteil die Abweisung des Hauptbegehrens. Im Umfang der Abweisung auch des Eventualbegehrens hob es das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Hiezu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Das Hauptbegehren sei nicht berechtigt, weil das Erstgericht festgestellt habe, daß der Beklagte die Guthabensstände der Konten, auf denen die Verwaltungsüberschüsse liegen, gemäß § 1425 ABGB bei Gericht erlegt hat. Befinde sich aber kein aus der Verwaltung resultierender Überschuß mehr auf den betreffenden Bankkonten, könne die Verlassenschaft auch keinen Anspruch auf Ausfolgung derartiger Beträge haben. Dem zur Abweisung des Eventualbegehrens in der Berufung gebrauchten Argument, daß die Klägerin wegen Fehlens einer Feststellung, daß die Honorarvereinbarung zwischen den Streitteilen abgeschlossen worden sei, für die Honorarforderung nicht hafte, sei entgegenzuhalten, daß zwar bei Eingehen vertraglicher Verpflichtungen zu fragen sei, ob der Erbe mit der betreffenden Verpflichtung sich selbst oder die Verlassenschaft verpflichten habe wollen, wobei es in erster Linie auf den Inhalt der Vereinbarung ankomme. Sei aber die Frage - wie hier - nicht ausdrücklich angesprochen worden bzw sei klar, daß bestimmte Tätigkeiten für den Erben, andere hingegen für die Verlassenschaft zu erbringen seien, so könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sich der Erbe hinsichtlich aller Leistungen des Beklagten im eigenen Namen verpflichten habe wollen. Sei den Beteiligten von vornherein klar, daß bestimmte dem Beklagten in Auftrag gegebene Tätigkeiten ausschließlich der Verlassenschaft zuzukommen hätten und er teilweise auch in deren Namen habe tätig werden sollen, so spreche viel dafür, insoweit eine Beauftragung im Namen der Verlassenschaft anzunehmen, auch wenn darüber nicht eigens gesprochen worden sei. Gerade im vorliegenden Fall liege noch ein weiteres Indiz dafür vor, daß der Beklagte und Werner W***** davon ausgegangen seien, daß die Verlassenschaft in Anbetracht der die Verwaltung des Nachlaßvermögens betreffenden Leistungen selbst Vertragspartnerin des Beklagten werde. Nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen habe nämlich Übereinstimmung darüber geherrscht, daß der Beklagte die Beträge aus den Verwaltungserträgnissen bei sich behalten darf, weil seine Kosten damit abgedeckt hätten werden sollen, und daß er die Verwaltungserträgnisse zur teilweisen Abdeckung seiner Honorarforderung verwenden soll. Habe aber der vertretungsbefugte Erbe dem beauftragten Rechtsanwalt zugestanden, seine Honoraransprüche teilweise aus den bei ihm eingehenden Verwaltungserträgnissen abzudecken, so könne er dabei nur für die Verlassenschaft gehandelt haben, weil er ja im eigenen Namen nicht über Vermögen der Verlassenschaft verfügen habe können. Erkläre ein Vertreter aber im Zusammenhang mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts, daß dieser seine Honoraransprüche aus den Erträgnissen des zu verwaltenden Vermögens des Vertretenen befriedigen dürfe, so könne dies vernünftigerweise nur so verstanden werden, daß insoweit auch ein Auftrag namens des Vertretenen erteilt wurde.

Damit erweise sich aber die Rechtsansicht des Erstgerichts als zutreffend, daß Werner W***** in Ansehung der dem Beklagten aufgetragenen, das Vermögen der Verlassenschaft betreffenden Vertretungs- und Verwaltungstätigkeiten nicht selbst Vertragspartner des Beklagten geworden sei. Zu prüfen bleibe aber noch, ob Werner W***** berechtigt gewesen sei, einen derartigen Vertrag im Namen der Verlassenschaft abzuschließen, oder ob er dabei seine ihm durch die Einräumung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragene Vertretungsbefugnis überschritten habe.

Es entspreche herrschender Auffassung, daß der mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses betraute Erbe gemäß den §§ 810 ABGB, 145 Abs 1 AußStrG ohne Befassung des Verlassenschaftsgerichts alle Maßnahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs vornehmen könne, wogegen darüber hinausgehende Maßnahmen genehmigungspflichtig seien. Das Fehlen der erforderlichen Genehmigung führe zur Ungültigkeit des Geschäftes. Inwieweit die dem Beklagten namens der Verlassenschaft übertragenen Tätigkeiten nun dem ordentlichen Wirtschaftsbetrieb der Verlassenschaft zuzuordnen seien oder über diesen hinausgingen, könne noch nicht abschließend beurteilt werden, weil darüber ausreichende Feststellungen des Erstgerichts fehlten. Dieses halte zwar fest, daß der Beklagte "Werner W*****" auch im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nachlasses, insbesondere der Verwaltung der Nachlaßliegenschaften, vertreten, Zahlungsflüsse evident gehalten und durchgeführt, aber auch den Nachlaß vor Gericht vertreten habe; andererseits ergebe sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen, daß die Liegenschaften ohnehin durch Hausverwaltungen betreut worden seien. Soweit sich die Vertretungstätigkeit des Beklagten etwa - was sich aus der Honoraraufstellung ergebe - auf Bestandprozesse erstreckt habe, in denen es um die Zahlung von Mietzins oder die Aufkündigung von Mietverhältnissen gegangen sei, werde davon auszugehen sein, daß es sich hier um Maßnahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs der Verlassenschaft gehandelt habe. Entsprechendes gelte für die steuerliche Vertretung der Verlassenschaft und ähnliche mit der laufenden Vermögensverwaltung zusammenhängende Maßnahmen, sofern dafür die Inanspruchnahme rechtsfreundlicher Hilfe naheliege. Hätte aber der Erbe Werner W***** - was angesichts der erstgerichtlichen Feststellungen keineswegs ausgeschlossen erscheine - zwar über seinen Antrag die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen bekommen, in der Folge aber die gesamte Verwaltungstätigkeit dem Beklagten übertragen, so könnte dabei nicht mehr von einer Maßnahme des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs die Rede sein, zumal mit der Liegenschaftsverwaltung ohnehin Hausverwalter betraut gewesen seien. Die Übertragung von Tätigkeiten, die typischerweise vom Eigentümer selbst vorgenommen würden, an einen Rechtsanwalt sei in der Regel nicht als Maßnahme des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs zu qualifizieren. Es bestehe auch kein schutzwürdiges Interesse des Erben auf Übertragung des Rechts zur Verwaltung des Nachlasses unter gleichzeitiger Enthebung des vorher eingesetzten Verlassenschaftskurators, wenn der Erbe ohnehin nicht die Absicht habe, die Verwaltung selbst vorzunehmen, sondern dafür wieder einen Dritten heranzuziehen. Insbesondere in Ansehung des nicht weiter aufgeschlüsselten Betrages von S 486.915,60 in der letzten Honoraraufstellung des Beklagten, der ganz allgemein dem "Verlassenschaftsverfahren" zugeordnet werde, sei völlig unklar geblieben, welche Leistungen unter diesem Titel erbracht worden seien.

Der erkennende Senat könne sich auch nicht der in ZBl 1934/355 ganz allgemein ausgesprochenen Rechtsansicht anschließen, daß die Begleichung von Honoraransprüchen eines mit einer langdauernden Verwaltung betrauten Anwalts als Kosten des Abhandlungsverfahrens (jedenfalls) in den Rahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebes falle, weil es ja vor allem darauf ankomme, welche Gegenleistungen dafür erbracht worden seien. Im übrigen erscheine es nicht ganz exakt, eine allenfalls erforderliche Genehmigung einer Zahlung zu prüfen; vielmehr könne es nur darauf ankommen, ob der Vertrag, der den Zahlungsanspruch begründet habe, zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehöre oder aber über diesen hinausgehe.

Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zu erörtern haben, mit welchen die Verwaltung des Verlassenschaftsvermögens betreffenden Leistungen der Beklagte von Werner W***** im einzelnen betraut worden sei, inwieweit diese dem ordentlichen Wirtschaftsbetrieb zuzuordnen seien und welche Honoraransprüche für derartige Leistungen entstanden seien. Soweit vereinbarungsgemäß zu verrichtende Tätigkeiten darüber hinausgegangen seien und eine gerichtliche Genehmigung nicht vorliege, könnten Honoraransprüche des Beklagten gegen die Verlassenschaft mangels wirksamen Vertrags nicht entstanden sein, weshalb sich auch die Frage eines allfälligen Pfandrechts an eingegangenen Barschaften nicht stelle. Die dem Beklagten eingeräumte Befugnis, die gegenüber der Verlassenschaft bestehenden Honoraransprüche aus den Verwaltungsüberschüssen zu befriedigen, berechtige ihn allerdings dazu, im entsprechenden Umfang - auch schon vor der Endabrechnung und der damit eintretenden Fälligkeit - die (Einwilligung in die) Herausgabe zu verweigern, soweit sich unter Berücksichtigung der bereits empfangenen Vorschüsse ein Honoraranspruch zu seinen Gunsten gegenüber der Verlassenschaft errechne.

Der vom Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß erhobene Rekurs ist berechtigt.

Der Beklagte wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Übertragung der Verwaltung des Nachlasses durch den Erben, dem die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses eingeräumt wurde, an einen Dritten (Rechtsanwalt), sei als Maßnahme der außerordentlichen Wirtschaftsverwaltung anzusehen. Im übrigen habe ihm der Erbe aber auch nicht die gesamte Verwaltung des Nachlasses übertragen. Daß er vom Erben mit den im Zusammenhang mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses anfallenden Rechtshandlungen betraut worden sei, bedeute nicht, daß das Gesamtgeschäft einem Dritten übertragen worden sei. Es sei ihm daher nicht die Verwaltungsbefugnis übertragen worden; er sei vielmehr nur beauftragt worden, jene Aufgaben zu erledigen, die in den Rahmen des Rechtsanwaltsberufes fielen. Das Eventualbegehren sei aber auch deshalb nicht berechtigt, weil er gemäß § 19 RAO berechtigt gewesen sei, von den für die Verlassenschaft bei ihm eingehenden Beträgen die von erhaltenen Vorschüssen nicht gedeckte Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes abzuziehen. Selbst wenn die vom Erben ihm gegenüber vorgenommenen Rechtsgeschäfte genehmigungsbedürftig gewesen sein sollten, stehe dem Beklagten das Recht auf Honorar zu.

Rechtliche Beurteilung

Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, daß der Testamentserbe, dem die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen worden war, den Beklagten vor der Bewilligung der Nachlaßabsonderung zugunsten der Legatare und Bestellung eines Absonderungskurators mit Verwaltungs- und Vertretungshandlungen für den Nachlaß betraut und zum Zwecke der Tilgung von dessen Kostenforderung über Erträgnisse der Verwaltung, die beim Beklagten eingegangen sind, verfügt hat. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Erbe den Beklagten namens der Verlassenschaft beauftragt hat, soweit der Auftrag ein Handeln im Rahmen der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zum Gegenstand hatte; die Absicht, namens der Verlassenschaft zu handeln, muß auch in solchen Fällen nämlich nicht ausdrücklich geäußert werden; sie kann sich auch aus dem Zusammenhang des Auftrags mit dem Nachlaßvermögen ergeben (Weiß in Klang2 III 142; Welser in Rummel, ABGB2 Rz 11 zu § 810; SZ 42/59).

Der genauere Inhalt des Verwaltungsrechts des Erben, dem gemäß § 810 ABGB die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen wurde, ergibt sich aus § 145 Abs 1 AußStrG; soweit dieser keine Schranke setzt, kann der Erbe schon während der Verlassenschaftsabhandlung alle Rechte des Erblassers ohne gerichtliche Genehmigung ausüben, insbesondere ohne Befassung des Verlassenschaftsgerichts alle Maßnahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs vornehmen (Welser aaO Rz 13 zu § 810 ABGB; Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 14 zu § 810; Koziol/Welser10 II 400; SZ 28/267; JBl 1984, 552; SZ 56/195 uva). Der Erbe vertritt den Nachlaß bei allen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten (Welser aaO Rz 11 zu § 810). Durch seine Rechtshandlungen verpflichtet er unmittelbar den Nachlaß; die von ihm im Rahmen der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses eingegangenen Verbindlichkeiten stellen als sogenannte "Erbgangsschulden" Nachlaßverbindlichkeiten dar (Kralik, Erbrecht 347). Der Erbe, dem die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen wurde, kann sich dabei selbst eines Vertreters bedienen (Weiß in Klang aaO 143; Welser aaO Rz 11 zu § 810 ABGB; SZ 21/108).

Die gemäß § 810 ABGB eingeräumte Verwaltungsbefugnis des Erben erlischt durch die Bewilligung der Nachlaßabsonderung und die Bestellung eines Absonderungskurators (Koziol/Welser aaO 401; Echer aaO Rz 13 zu § 812; NZ 1934, 190; SZ 23/361; SZ 51/138). Die Bestellung eines Absonderungskurators ändert aber nichts an der ausschließlichen Berechtigung des Erben gemäß § 810 ABGB zur gesetzlichen Vertretung der Verlassenschaft (SZ 48/19; EFSlg 63.114; NZ 1995, 68). Der Absonderungskurator, der eine Vermengung des Nachlasses mit dem Vermögen des Erben zu verhindern hat, ist aber insofern, als die Gefahr einer solchen Vermengung besteht, vertretungs- und prozeßführungsbefugt (Welser aaO Rz 21 zu § 812 ABGB; Eccher aaO Rz 19 zu § 812 ABGB; NZ 1930, 138; EFSlg 63.114; NZ 1995, 68). In Prozessen, die nur eine Vermehrung oder Verminderung des Nachlasses bewirken können, also außerhalb des Bereichs jener Gefahr liegen, zu deren Abwehr die Bestellung eines Absonderungskurators nach § 812 ABGB begehrt werden kann, ist der Erbe gemäß § 810 ABGB ausschließlich zur Vertretung des Nachlasses berechtigt (EFSlg 63.114; NZ 1995, 68).

Vorausgehende Verwaltungs- und Vertretungstätigkeiten des Erben, die dieser in Ausübung der ihm gemäß § 810 ABGB zukommenden Rechte vorgenommen hat, hat der Absonderungskurator nicht zu überprüfen; so muß er auch ein vom Erben einem Nachlaßgläubiger gegenüber abgegebenes Anerkenntnis gegen sich gelten lassen (Welser aaO Rz 22 zu § 812 ABGB; NZ 1934, 190). Der Kurator hat lediglich zum Zeitpunkt der bewilligten Absonderung angefangen statt des Erben die Verwaltung des Nachlasses zu führen. Seine Tätigkeit hat sich aber nur auf die Verwaltung des gegenwärtigen Vermögens zu beschränken; Abgänge vom ursprünglichen Nachlaß aufzuklären oder die vorausgegangene Gebarung des Erben zu prüfen, fällt nicht in seinen Pflichtenkreis (NZ 1934, 190). Die Absonderung der Verlassenschaft vom Vermögen des Erben wirkt demnach nicht zurück; diese hat zur Folge, daß Rechtsgeschäfte, die der Erbe inzwischen vorgenommen hat, in Gültigkeit bleiben (Weiß aaO 1019 f).

Die zwischen dem Erben und dem Beklagten vor der Bestellung des Absonderungskurators getroffene Vereinbarung, daß der Beklagte bei ihm anfallende Verwaltungserträge behalten und damit seine Kostenforderung gegenüber dem Nachlaß abdecken kann, unterliegt daher nicht der Prüfungsbefugnis des Absonderungskurators. Auf jene Beträge, die der Beklagte gemäß § 1425 ABGB bei Gericht erlegt hat und schon vor der Bestellung des Absonderungskurators für die Verlassenschaft eingenommen hatte, hat er daher auch keinen Anspruch.

Somit war das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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