OGH 1Ob675/50

OGH1Ob675/504.12.1950

SZ 23/361

Normen

ABGB §810
ABGB §812
AußStrG §145
ABGB §810
ABGB §812
AußStrG §145

 

Spruch:

Die Überlassung der Verwaltung schließt die Separation nicht aus; die Separation hat vielmehr die Rechtsfolge, daß die Überlassung der Verwaltung erlischt.

Entscheidung vom 4. Dezember 1950, 1 Ob 675/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Mank; II. Instanz: Kreisgericht St. Pölten.

Text

Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Beschluß des Rekursgerichtes, womit der erstrichterliche Beschluß auf Abweisung der Nachlaßseparation aufgehoben worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Antragstellerin, die geschiedene Gattin des Erblassers, hat eine Darlehensforderung von 22.000 S zum Nachlaß angemeldet. Sie behauptet, daß von dem von ihr geliehenen Betrag der Verstorbene, der ein Elektrikergeschäft betrieben hat, Waren angeschafft habe. Diese würden nun allmählich abverkauft. Sie besorge daher, daß durch die Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen der Erben, der erblasserischen Geschwister, für die Einbringlichkeit ihrer Forderung Gefahr bestehe, weshalb sie Nachlaßseparation beantrage.

Die Forderung ist von den Erben bestritten worden. Die unteren Instanzen sahen die Forderung als bescheinigt an, da ein gewisser Anton S. eine Bestätigung ausgestellt hat, in der er angab, daß er wiederholt gesehen habe, daß die Antragstellerin ihrem geschiedenen Gatten Gelder zum Materialeinkauf gegeben habe, und daß ihm der Verstorbene überdies wiederholt mitgeteilt hätte, daß er zahlreiche Waren mit dem Gelde der Antragstellerin angeschafft habe.

Laut Inventar ist der Nachlaß, wenn die Forderung von 22.000 S voll berücksichtigt wird, überschuldet. Die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses wurde den erblasserischen Geschwistern überlassen.

Das Erstgericht hat den Separationsantrag abgewiesen, weil keine Gefährdung vorliege. Das vorhandene Nachlaßvermögen sei genau bezeichnet und geschätzt. Durch diese Aufnahme und Bewertung seien die Rechte der Antragstellerin ausreichend gesichert. Die den Nachlaß verwaltenden Erben seien in jedem Fall verpflichtet, den auf die Forderung der Antragstellerin entfallenden Anteil aus dem Nachlaßvermögen zu begleichen, so daß die Antragstellerin keinen Schaden mehr erleiden kann, da die Erben auf Grund der bedingten Erbserklärung bis zum Wert des Nachlasses haften.

Das Rekursgericht hob auf. Es führte aus, daß die Tatsache, daß die Erben die Forderung der Antragstellerin bestritten haben, die Separation nicht hindere. Die Inventarisierung des Nachlasses beseitige die Gefährdung der Forderung nicht, weil die Gefahr bestehen bleibe, daß dieser Befriedigungsfonds veräußert werde. Die Abweisungsgrunde des Erstgerichtes seien daher nicht stichhältig. Ob eine Gefährdung der Forderung der Antragstellerin zu verneinen sei, könne derzeit nicht beurteilt werden, weil nicht feststehe, ob die Erben Vermögen besitzen und in welcher Höhe. Es müsse daher den Erben Gelegenheit gegeben werden, sich zum Separationsantrag zu äußern und allenfalls den Beweis zu erbringen, daß kein Grund zur Besorgnis vorliege. Daher müsse unter gleichzeitiger Aufhebung des erstrichterlichen Beschlusses dem Erstgericht eine Ergänzung des Verfahrens in dieser Richtung aufgetragen werden.

Der Aufhebungsbeschluß wird von den erblasserischen Geschwistern und Erben angefochten. Zunächst wendet sich der Revisionsrekurs gegen die Annahme der Unterinstanzen, daß durch die Bestätigung Anton S. die Forderung der Antragstellerin bescheinigt sei. Richtig ist, daß eine Bescheinigung der Höhe der Forderung nicht vorliegt; doch ist dieser Umstand nicht entscheidend, da es zur Bewilligung der Separation des Nachweises der genauen Höhe der Forderung nicht bedarf. Da Anton S. bestätigt, daß Frau Leopoldine A. wiederholt ihrem geschiedenen Gatten Beträge zum Materialeinkauf geliehen hat und dieser ihm erzählt habe, daß er zahlreiche Waren mit ihrem Geld angeschafft habe, so kann als glaubhaft gemacht angesehen werden, daß der Verstorbene sich für seine Verhältnisse immerhin namhafte Beträge ausgeliehen hat. Das genügt aber im Sinne des § 812 ABGB.

Mit Unrecht rügen die Revisionswerber ferner, daß die Antragstellerin ihre subjektive Gefährdung nicht dargetan habe. Dies ist im § 812 ABGB. nicht vorausgesetzt. Es genügt die Behauptung einer subjektiven Gefahr, wofern nicht offensichtlich ist, daß sie nicht vorliegen kann. Der Nachlaß besteht zum großen Teil aus Handelswaren; da den Erben die Besorgung und Verwaltung überlassen wurde, so ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß sie die Ware allmählich abstoßen.

Eine subjektive Gefährdung wäre nur dann ausgeschlossen, wenn die Vermögensverhältnisse der drei Miterben so günstige wären, daß jederzeit mit der Einbringung der Forderung dem Antragstellerin aus dem Privatvermögen der Erben gerechnet werden kann. Um das festzustellen, hat aber das Rekursgericht den erstrichterlichen Beschluß aufgehoben. Das war durchaus begrundet.

Die letzte Rüge geht endlich dahin, daß die Bewilligung der Überlassung der Verwaltung zwangsläufig die Nachlaßabsonderung ausschließe. Das ist rechtsirrig. Nur nach der Einantwortung kann eine Separation nicht mehr bewilligt werden. Die Überlassung der Verwaltung schließt die Separation nicht aus, sie hat vielmehr umgekehrt die Rechtsfolge, daß die Überlassung der Verwaltung erlischt.

Dem unbegrundeten Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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