OGH 5Ob8/69

OGH5Ob8/6923.4.1969

SZ 42/59

Normen

HGB §377 (5)
HGB §377 (5)

 

Spruch:

Der Abschluß eines Vermittlungsauftrages, der für den Minderjährigen die Verpflichtung zur Zahlung erheblicher Provisionen nach sich ziehen würde, ist ein Geschäft von größerer Wichtigkeit und kann nicht als zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb des dem Kind angefallenen Vermögens im Sinne des § 233 ABGB. gerechnet werden.

Der Erbe, dem die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen wurde, kann mit der Erteilung eines Vermittlungsauftrages sich selbst oder die Verlassenschaft verpflichten. Dies ist in erster Linie nach dem Inhalt der Vereinbarung zu beurteilen. Die Absicht, namens der Verlassenschaft zu handeln, muß nicht ausdrücklich hervorgehoben werden.

Entscheidung vom 23. April 1969, 5 Ob 8/69.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der am 8. Dezember 1964 verstorbene Ing. B. war Inhaber der Firma H.; er war auch grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ. 628 KG. U. Die Erstbeklagte, seine Witwe, ist zu 1/4, die Zweit- und die Drittbeklagte, beider Kinder, sind zu je 3/8 seine gesetzliche Erben. Die Klägerin begehrt von allen drei Beklagten zur ungeteilten Hand den Betrag von 108.300 S samt Nebengebühren als 3%ige Provision für ihre Vermittlungstätigkeit beim Verkauf der Nachlaßliegenschaft.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich der Erstbeklagten zur Gänze, hinsichtlich der Zweit- und der Drittbeklagten mit einem Teilbetrag von je 40.612.50 S, sämtliche Beträge samt Zinsen statt und sprach hinsichtlich des Betrages von 40.612.50 S die Solidarhaftung aller drei Beklagten aus. Es traf noch folgende weitere Feststellungen:

Ing. B. war zu seinen Lebzeiten durch den Rechtsanwalt Dr. P. vertreten, der auch mit Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 5. Jänner 1965 zum Nachlaßkurator bestellt wurde, am 12. Jänner 1965 namens der drei Beklagten bedingte Erbserklärungen abgab und seine Enthebung als Kurator beantragte. Mit Beschluß des Abhandlungsgerichtes vom 15. Jänner 1965 wurde die Erstbeklagte zur Vormunderin ihrer beiden Kinder bestellt, Dr. P. als Nachlaßkurator enthoben und Dr. W. zum Kollisionskurator der beiden Minderjährigen bestellt.

Von Dr. P. erfuhr Karl B., der Prokurist der klagenden Partei, von der Absicht der Erstbeklagten, die Liegenschaft zu verkaufen. Am 7. und am 11. Jänner 1965 rief er die Erstbeklagte, die er von früher kannte, deswegen an und am 14. Jänner 1965 besuchte er sie auf Grund ihrer Aufforderung. Sie zeigte ihm das Haus, B. schätzte es auf 3.5 Millionen Schilling, doch erklärte die Erstbeklagte, auf einen Fall unter 4 Millionen Schilling zu verkaufen. B. drückte die Hoffnung aus, drei Interessenten bringen zu können, und gab ihr die Höhe seiner Vermittlungsprovision mit 3% der Kaufsumme bekannt, was die Erstbeklagte stillschweigend und ohne Erwiderung hinnahm. Sie erklärte, sie wolle noch eine andere Kanzlei mit der Vermittlung betrauen, weshalb Karl B. sie nicht drängte, einen Vermittlungsauftrag zu unterschreiben.

Am 21. Jänner 1965 brachte Karl B. zunächst das Ehepaar T. und sodann Rudolf B. als Kaufinteressenten in die Villa. Als ihn hienach Rudolf R., der Seniorchef der klagenden Partei, fragte, ob er gegenüber der Erstbeklagten die Provisionsfrage neuerlich angeschnitten habe, verneinte Karl B. mit der Begründung, er habe dies in Gegenwart der Kaufinteressenten nicht tun wollen. Rudolf R. rief daraufhin selbst die Erstbeklagte an und sandte ihr, darauf bezugnehmend, am 22. Jänner 1965 einen Brief, in dem er festhielt, daß seine Firma die beiden Interessenten gebracht habe und daß mit der Erstbeklagten für den Fall einer Vermittlung durch die Klägerin eine Verkäuferprovision in der Höhe von 3% des Kaufpreises vereinbart sei. Die Erstbeklagte übergab dieses Schreiben dem inzwischen verstorbenen Raoul K., der damals für sie die Verhandlungen führte. Es blieb unbeantwortet.

Am 26. Jänner 1965 stellte die Firma P. für Frau T., deren Vermögen sie verwaltet, der Klägerin ein bis 5. Februar 1965 befristetes schriftliches Anbot, die Liegenschaft um 3.5 Millionen Schilling zu kaufen. Dieses Schreiben war von Dipl.-Kfm. Otto K. unterfertigt. Die Klägerin teilte dies mit Schreiben vom 28. Jänner 1965 Raoul K. mit, der am 29. Jänner 1965 mit der Erstbeklagten in der Kanzlei des Dipl.-Kfm. K. erschien. Es wurde mündlich vereinbart, daß die Firma P. die Liegenschaft um 3.2 Millionen erwerbe. Am folgenden Tag wurde in der Kanzlei des Notars Dr. A. die Urkunde errichtet und von Dipl.-Kfm. K. als Vertreter der Firma P. und von der Erstbeklagten unterfertigt.

Im Punkt VII dieses Kaufvertrages wurde bestimmt, daß der Kaufpreis zunächst zur Lastenfreistellung der Liegenschaft zu verwenden und der verbleibende Rest dem bevorstehenden Ausgleichsverfahren zuzuführen sei. Der Differenzbetrag von 300.000 S gegenüber dem ursprünglichen Anbot sollte nicht den Ausgleichsgläubigern sondern den Beklagten zufließen. Mit Eingabe vom 1. Februar 1965 zeigten die Beklagten, vertreten durch den Notar Dr. A., den Vertrag dem Abhandlungsgericht an und dieses genehmigte noch am selben Tag abhandlungs- und vormundschaftsbehördlich die Einbringung eines Ansuchens um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung. Auf Antrag des Kollisionskurators Dr. W. genehmigte es außerdem die Anmeldung des Ausgleichsverfahrens über den Nachlaß. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 16. Februar 1965 wurde das Ausgleichsverfahren eröffnet.

Um Grundlagen für die beantragte Genehmigung des Kaufvertrages zu gewinnen, beauftragte das Verlassenschaftsgericht Dipl.-Ing. Gustav P. mit der Schätzung der Liegenschaft. Sein Gutachten vom 30. März 1965 lautete auf 3.135.000 S. Unter dem 9. April 1965 beantragte Dr. W., den Kaufvertrag vom 30. Jänner 1965 nicht zu genehmigen, weil Ing. Fred B. 3.3 Millionen Schilling geboten habe und die Erstbeklagte ein weiteres, angeblich auf 3.5 Millionen Schilling lautendes Anbot erwarte. Am 21. April 1965 legte der Ausgleichsverwalter tatsächlich einen Vertragsentwurf vor, nach welchem ein Interessent namens Ing. Georg J. 3.5 Millionen Schilling bot, wobei sich dessen Vertreter schriftlich bereit erklärte, dieses Anbot noch um 35.000 S zu erhöhen. Bei der vom Abhandlungsgericht am 28. April 1965 abgehaltenen Tagsatzung erhöhte schließlich Dipl.- Kfm. Otto K. das Anbot der Firma P. auf 3.610.000 S. Durch diese Erhöhung sollte "offensichtlich" die Provisionsforderung der Klägerin gedeckt werden, doch bedachten die Parteien nicht, daß der nach Befriedigung der im Ausgleich bevorrechteten Forderungen verbleibende Rest in die Ausgleichsmasse fließen mußte. Das Abhandlungsgericht genehmigte verlassenschafts- und vormundschaftsbehördlich den Verkauf der Liegenschaft an die Firma P. Der am 5. Mai 1965 schriftlich ausgefertigte Beschluß wurde rechtskräftig. Am gleichen Tag legte Notar Dr. A. einen Vertragsnachtrag vor, in dem der neue Kaufpreis aufschien.

Am 14. Mai 1965 kam es zum Abschluß eines Ausgleichs, nach welchem die bevorrechteten Forderungen voll, alle übrigen mit einer 50%igen Quote, und zwar 40% binnen 8 Tagen nach Rechtskraft des Ausgleichs, der Rest bis 14. November 1965, befriedigt werden sollten. Die Erstbeklagte verbürgte sich gemäß § 53 AO. als Bürge und Zahler für die Erfüllung der zweiten Rate. Der Ausgleich wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24. September 1965 bestätigt.

Am 22. September 1965 wurde im Verlassenschaftsverfahren ein Inventar errichtet, in dem die Liegenschaft mit 3.089.460 S bewertet wurde. Es ergab sich eine Überschuldung des Nachlasses von

801.837.62 S. Die Klägerin meldete ihre Provisionsforderung im Ausgleichsverfahren überhaupt nicht, im Abhandlungsverfahren erst nach Einantwortung an.

Zu diesen Feststellungen führte das Erstgericht in rechtlicher Beziehung aus, zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten als Vertreterin des Nachlasses nach Ing. B. sei eine Vereinbarung zustandegekommen, daß die Klägerin im Falle des Verkaufes der Liegenschaft durch ihre Vermittlung eine Provision in der Höhe von 3% des Kaufpreises erhalten solle. 3% des vereinbarten Kaufpreises von 3.610.000 S ergäben aber den Klagsbetrag, der "mit Rücksicht auf die Erbquote" spruchgemäß zuzuerkennen war.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die Erstbeklagte zur Zahlung von 27.075 S, die Zweit- und die Drittbeklagte zur Zahlung von je 40.612.50 S je samt 4% Zinsen seit 3. Juni 1965 verurteilte und das Mehrbegehren, die Erstbeklagte sei schuldig, der Klägerin weitere 81.225 S samt Nebengebühren zu bezahlen, sowie auf Ausspruch der Solidarverpflichtung der drei Beklagten abwies.

Das Berufungsgericht billigte die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, übernahm dessen Feststellungen und pflichtete der Rechtsansicht des Erstgerichtes insofern bei, als es das Zustandekommen eines Vermittlungsvertrages zwischen der Klägerin und den Beklagten gleichfalls bejahte. Daß die Erstbeklagte und ihr Berater Raoul K. im Zuge der Verhandlungen mehrmals den Standpunkt einnahmen, die Beklagten seien zur Zahlung einer Provision nicht verpflichtet, sei angesichts des Verhaltens der Erstbeklagten zu Beginn der Verhandlungen mit der Klägerin nicht entscheidend. Die Tätigkeit der Klägerin sei auch verdienstlich und kausal, weil der von ihr namhaft gemachte Käufer die Liegenschaft gekauft habe.

Im Hinblick auf Art und Umfang des vom Erblasser hinterlassenen Geschäftsbetriebes und seines sonstigen Vermögens gehöre die Erteilung des Vermittlungsauftrages zur ordentlichen Wirtschaftsführung im Sinne des § 233 ABGB., so daß die Zweit- und die Drittbeklagte durch den Vermittlungsauftrag der Erstbeklagten provisionspflichtig wurden, obwohl dieser Auftrag vormundschaftsbehördlich nicht genehmigt wurde. Widerstreitende Interessen zwischen der Erstbeklagten und ihren Kindern hätten nicht bestanden, so daß auch die Zustimmung des Kollisionskurators nicht erforderlich war. Schließlich ersetze die Einantwortung der Verlassenschaft an die Erben die verlassenschaftsbehördliche Genehmigung des von ihnen namens der Verlassenschaft abgeschlossenen Geschäftes.

Die Erteilung des Vermittlungsauftrages mit Provisionsvereinbarung gehöre aber auch zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 8

(2) AO. Die Forderung der Klägerin sei daher, weil sie erst nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens durch den Abschluß des Kaufvertrages vom 28. April 1965 entstand, als Geschäftsführungsforderung nicht Ausgleichsforderung und werde gemäß § 10 (4) AO. durch die Eröffnung und den Abschluß des Ausgleichs nicht berührt; sie müsse voll erfüllt werden.

Für die sich aus der Errichtung einer Nachlaßinventur ergebende Haftungsbeschränkung sei der Wert im Zeitpunkt der Einantwortung maßgebend, da die Haftung der Erben erst mit diesem Tag beginne. Da für die Liegenschaft um 520.540 S mehr erzielt wurde als im Inventar eingesetzt war, erhöhten sich die Nachlaßaktiven von 3.583.637 S auf

4.104.177 S. Hievon seien 397.461.78 S an bevorrechtete Gläubiger und 2.702.137.64 S an Aussonderungs- und Absonderungsgläubiger zu bezahlen gewesen, so daß 1.285.855.20 S für alle anderen Gläubiger blieben. Da an die nicht bevorrechteten Gläubiger nur die Hälfte davon, nämlich 642.927.60 S zu bezahlen waren, blieben zur Deckung allfälliger nicht angemeldeter Forderungen 361.629.98 S. Selbst bei Berücksichtigung der durch das Abhandlungs- und das Ausgleichsverfahren entstandenen Kosten sei die Klagsforderung daher gedeckt. Ungeachtet der Versäumung der Ediktalfrist für die Anmeldung von Forderungen könne somit die Klägerin den Zuspruch ihrer Provisionsforderung begehren.

Gemäß § 821 ABGB. haften mehrere Erben im Falle der Inventarerrichtung nach der Einantwortung nur nach Erbquoten. Die Erstbeklagte hafte daher nur für 27.075 S und eine Solidarverpflichtung aller drei Erben bestehe nicht.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen der Klägerin und der Erstbeklagten nicht, wohl aber jener der Zweit- und der Drittbeklagten Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß der Erstbeklagte zur Zahlung von 27.075 S s. A. verurteilt wurde, und das Mehrbegehren auf Verurteilung der Erstbeklagten zur Zahlung weiterer 81.225 S s. A., auf Verurteilung der Zweit- und der Drittbeklagten zur Zahlung von 108.300 S s. A. sowie auf Ausspruch der Solidarhaftung aller drei Beklagter hinsichtlich 108.300 S s. A. abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Provisionsanspruch eines Vermittlers einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vermittlungsauftrag voraus (HS. 418, 430, 431, 782, 799 ff., 2391 f., 2400, 4528 f., 5688 ff., JBl. 1968 S. 524, EvBl. 1967 Nr. 368 u. v. a.). Zumindest ein stillschweigender Auftrag wurde nach den Feststellungen der Untergerichte hier erteilt. Nach diesen hat die Erstbeklagte mehrmals mit Karl B., dem Angestellten der klagenden Partei, telefonisch wegen Vermittlung des Verkaufs der Villa gesprochen; sie bestellte ihn dann in das Haus, zeigte es ihm und nahm dessen mündliche Mitteilung wie auch spätere telefonische und schriftliche Mitteilungen des Seniorchefs der Klägerin, daß diese eine 3%ige Verkäuferprovision in Anspruch nehme, widerspruchslos zur Kenntnis. Sie gestattete in der Folge die Besichtigung der Villa durch von der Klägerin gebrachte Interessenten und schließlich wurde die Villa auch tatsächlich an einen von der Klägerin namhaft gemachten Interessenten verkauft. Die Erteilung eines Vermittlungsauftrages wie auch die Verdienstlichkeit und die Kausalität der klägerischen Tätigkeit kann hienach nicht zweifelhaft sein.

Mit Recht wendet sich die Revision jedoch gegen die Ansicht, durch das Vorgehen der Erstbeklagten seien auch die Zweit- und die Drittbeklagte provisionspflichtig geworden. Gemäß § 232 ABGB. kann ein unbewegliches Gut nur im Notfall oder zum offenbaren Vorteil des Minderjährigen mit vormundschaftsbehördlicher Genehmigung veräußert werden. Aber auch der Abschluß eines Vermittlungsauftrages, der für die beiden Minderjährigen die Verpflichtung zur Zahlung erheblicher Provisionen nach sich gezogen hätte, kann im Gegensatz zur Meinung des, Berufungsgerichtes nicht als zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb des den Kindern angefallenen Vermögens im Sinne des § 233 ABGB. gerechnet werden. Ein solcher Auftrag ist auch ohne Zweifel von größerer Wichtigkeit (vgl. SZ. XXVII 189, ZBl. 1937 Nr. 165). Die pflegschaftsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages bedeutet keineswegs die Genehmigung des Vermittlungsvertrages oder die Benützung der Vermittlungstätigkeit, da weder behauptet noch festgestellt wurde, daß diese dem Pflegschaftsgericht bei Genehmigung des Kaufvertrages bekannt waren. Vielmehr steht fest, daß die Klägerin ihre Ansprüche im Abhandlungsverfahren erst nach der Einantwortung angemeldet hat. Für die Zweit- und die Drittbeklagte wurde somit mangels pflegschaftsbehördlicher Genehmigung kein Vermittlungsauftrag erteilt, ihnen gegenüber ist das Klagebegehren daher nicht begrundet.

Da sämtlichen Beklagten mit Beschluß des Abhandlungsgerichtes vom 15. Jänner 1965 gemäß § 810 ABGB. und § 145 AußStrG. die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen wurde, erhebt sich hinsichtlich der Erstbeklagten die Frage, ob sie mit der Erteilung des Vermittlungsauftrages sich selbst oder die Verlassenschaft verpflichten wollte. Wie Weiß in Klang[2] III 142 ausführt, kommt es hiebei in erster Linie auf den Inhalt der Vereinbarung an. Der Erbe kann sich in einem solchen Fall persönlich verpflichten, er kann aber auch ohne persönliche Haftung den Nachlaß verpflichten. Im letzteren Falle ist es nicht erforderlich, daß die Absicht, namens der Verlassenschaft zu handeln, ausdrücklich hervorgehoben wird.

Im vorliegenden Fall war es allen Beteiligten von vornherein klar, daß es sich um den Verkauf einer Nachlaßliegenschaft handelt. Dieser Verkauf diente dem Zweck, den überschuldeten Nachlaß zu sanieren und allenfalls das Nachlaßunternehmen zu retten. Unter diesen Umständen kann es nicht zweifelhaft sein, daß die Erstbeklagte - wie die Untergerichte auch festgestellt haben - als Vertreterin des Nachlasses auftrat, dessen Verwaltung und Besorgung ihr gemeinsam mit den beiden Kindern überlassen war, und daß dies auch der Klägerin klar sein mußte. Durch den Vermittlungsauftrag ist demnach eine Nachlaßverpflichtung entstanden, für die die Erstbeklagte mit Rücksicht auf ihre bedingte Erberklärung nur im Ausmaß ihrer Erbportion haftet.

Dem Berufungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, daß es sich dabei um eine Verpflichtung im Sinne der §§ 8 (2) und 10 (4 AO) . handelt. Wie bereits in anderem Zusammenhang dargelegt wurde, kann die Veräußerung einer Liegenschaft im Wert von 31/2 Millionen Schilling, selbst wenn sie dazu dient, Nachlaßpassiven zu decken, nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gerechnet werden (§ 8 (2) A.O.). Sie kann daher vom Ausgleichsschuldner bzw. von seinen Erben nicht ohne Zustimmung des Ausgleichsverwalters vorgenommen werden. Selbst wenn aber die Forderung der Klägerin hienach unter den Ausgleich fällt, so war dies doch nicht von Amts wegen wahrzunehmen. Vielmehr hätte es hiezu einer Einwendung der Erstbeklagten bedurft, die in erster Instanz nicht erhoben wurde (Bartsch - Pollak II S. 437 Anm. 13). Eine allfällige Minderung der Klagsforderung gegenüber der Erstbeklagten auf Grund des Ausgleichs mußte daher in diesem Prozeß unberücksichtigt bleiben.

Zu Unrecht beruft sich die Revision auch auf das beneficium inventarii. Nach nunmehr herrschender Lehre und Rechtsprechung bedeutet die beschränkte Haftung des bedingt erbserklärten Erben allerdings keine Exekutionsbeschränkung, sondern eine im Prozeß einzuwendende und zu prüfende Minderung der materiell-rechtlichen Verpflichtung (JBl. 1953 S. 542 u. v. a., zuletzt 8 Ob 77/62 und 8 Ob 137/65). Die Beklagte hat jedoch in erster Instanz mit keinem Wort eingewendet, daß die Verlassenschaft für die Nachlaßforderung nicht hinreiche und daß sie schon mehr bezahlt habe, als die Nachlaßaktiven ausmachen. Soweit dies in der Berufung geltend gemacht wurde, handelte es sich um unzulässige Neuerungen, auf die das Berufungsgericht allerdings eingegangen ist; es hat diese Einwendung als unbegrundet erachtet und im übrigen die Rechtsansicht vertreten, daß eine allfällige Überschuldung des Nachlasses noch im Exekutionsverfahren geltend gemacht werden könne.

Die Revision bestreitet die Richtigkeit dieser Ausführungen lediglich mit der Begründung, daß durch eine Oppositionsklage nur Tatbestände geltend gemacht werden können, die nach Schluß der mündlichen Verhandlung eintreten; da im vorliegenden Fall zwischen diesem Zeitpunkt und der Einantwortung zwei Jahre liegen, könnten außer der Klagsforderung noch andere Verbindlichkeiten hervorgekommen sein. Abgesehen davon, daß nicht einmal in diesem Vorbringen die positive Behauptung enthalten ist, daß in dieser Zwischenzeit weitere Verbindlichkeiten tatsächlich hervorgekommen sind und befriedigt wurden, werden hiedurch die vom Berufungsgericht angestellten Berechnungen in keiner Weise widerlegt.

Die Entscheidung GlU. 14362 auf die sich die Revision der Klägerin beruft, betrifft einen anders gelagerten Sachverhalt, bei dem es sich um die Exekution zur Hereinbringung der Kosten eines von den Erben geführten und verlorenen Rechtsstreites handelt. Diese Entscheidung steht daher dem obigen Ausführungen nicht entgegen.

Für die in dieser Revision vertretene Ansicht, die Beklagten hätten bei den Verhandlungen mit der Klägerin als zukünftige Miteigentümer der Liegenschaft gehandelt, fehlt nach dem festgestellten Sachverhalt jeder Anhaltspunkt. Daraus ergibt sich aber, daß die Erstbeklagte nur im Ausmaß der Erbserklärung und der dementsprechenden Einantwortung haftet.

Da die Erteilung des Vermittlungsauftrages durch die Erstbeklagte mangels Genehmigung nach § 233 ABGB. für die Zweit- und die Drittbeklagte nicht wirksam war, ist für diese beiden Beklagten auch keine Provisionsverpflichtung entstanden. Der Hinweis der Revision auf jene oberstgerichtliche Rechtsprechung, nach der mehrere Auftraggeber eines Vermittlers für die Provision solidarisch haften (z. B. MietSlg. 15027, SZ. XXVII 299, EvBl. 1969 Nr. 17 u. a.), geht daher ins Leere, da die Zweit- und die Drittbeklagte keine Auftraggeber waren.

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