OGH 8ObA403/97s

OGH8ObA403/97s29.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rohrer und Dr.Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Walter Zeiler und Peter Scherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Miodrag K*****, Schlosser, ***** vertreten durch Dr.Marcella Zauner-Grois und Dr.Christof Dunst, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei F***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Klaus Altmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 285.793,42 brutto sA (Revisionsinteresse S 242.266,73 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.August 1997, GZ 10 Ra 129/97g-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 26. November 1996, GZ 15 Cga 98/95f-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.725,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.287,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht bleibt nur mangelhaft, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge überhaupt nicht auseinandersetzt, nicht aber schon dann, wenn es sich nicht mit jedem einzelnen Argument des Beschwerdeführers auseinandersetzt (1 Ob 566/95; RIS-Justiz RS0043162). Geht hingegen - wie im hier zu beurteilenden Fall - aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteiles hervor, daß das Berufungsgericht seiner Pflicht, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu überprüfen, nachgekommen ist und warum es die vom Berufungswerber geltend gemachten Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes nicht teilt, sondern die erstgerichtlichen Feststellungen für richtig hält, kann von einem Mangel des Berufungsverfahrns nicht die Rede sein (10 ObS 165/94; RIS-Justiz RS0043268). Ob die dabei angestellten Überlegungen richtig oder fehlerhaft sind, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung (10 ObS 11/95; RIS-Justiz RS0043371).

Im übrigen hat das Berufungsgericht das vorliegen der in erster Instanz geltend gemachten Entlassungsgründe zutreffend verneint, sodaß es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht aber insoweit, als es sich mit dem von der Beklagten erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Einwand inhaltich auseinandersetzt, die Entlassung sei im Hinblick auf die in der Beschäftigung eines noch nicht 19 Jahre alten Lehrlings liegenden Verstöße gegen das KJBG gerechtfertigt. Zwar kann der Arbeitgeber - da er die Entlassungsgründe beim Ausspruch der Entlassung dem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht bekannt geben muß - im gerichtlichen Verfahren alle Entlassungsgründe geltend machen, sofern sie nur im Zeitpunkt der Vornahme der Entlassung bereits vorgelegen sind und das Entlassungsrecht nicht insoweit bereits untergegangen ist (Kuderna, Entlassungsrecht2 51). Der an sich daher zulässigen nachträglichen Geltendmachung von Entlassungsgründen wird allerdings durch die Prozeßordnung insofern Schranken gesetzt, als im Berufungsverfahren Neuerungen nur nach Maßgabe des § 63 ASGG zulässig sind (Kuderna aaO 52). Da die Beklagte schon in erster Instanz durch einen Rechtsanwalt vertreten war, verstößt daher - wie in der Revisionsbeantwortung zutreffend geltend gemacht wird - ihr erstmals im Berufungsverfahren erstattetes Vorbringen, die Entlassung sei im Hinblick auf Verstöße gegen das KJBG gerechtfertigt - gegen das Neuerungsverbot und hat daher unbeachtet zu bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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