OGH 1Ob348/97a

OGH1Ob348/97a25.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Johann S*****, und 2.) Dr.Rudolf B*****, beide vertreten durch Dr.Teja H.Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 195.547,59 sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 10.Juli 1997, GZ 14 R 58/97w-14, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 10.Februar 1997, GZ 33 Cg 21/96t-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei je die Hälfte der mit 9.075,- - S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger, die je zu 1/36 Anteil Miteigentümer einer Grazer Liegenschaft sind, nahmen im Vorprozeß die fünf übrigen Miteigentümer auf Zivilteilung durch Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft in Anspruch. Sie bewerteten den Streitgegenstand ihrer Teilungsklage mit 1 Mio S und beantragten deren grundbücherliche Anmerkung. Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Das Rekursgericht gab ihm dagegen statt und verwies in seiner Begründung darauf, daß „für die Bewertung einer Teilungsklage hinsichtlich einer Liegenschaft ..... nach § 60 Abs 2 JN der Einheitswert maßgebend“ sei. Letzterer betrage „nach dem Inhalt der Klagebeantwortung des Zweitbeklagten 4,415.000 S“. Mit Urteil vom 23.Juli 1994 wies das Erstgericht das Teilungsbegehren ab und verhielt die Kläger zum Kostenersatz an die Beklagten. Dabei legte es der Kostenberechnung unter Heranziehung des steuerlichen Einheitswerts der Liegenschaft einen Streitwert von 4,415.000 S zugrunde. Die Berufung der Kläger blieb in der Hauptsache und im Kostenpunkt erfolglos. Der Kostenzuspruch an die Beklagten hätte - nach den Rechtsmittelausführungen - nur auf der Grundlage eines Streitwerts von 1 Mio S erfolgen dürfen, sei doch eine Streitwertbemängelung gemäß § 7 RATG unterblieben. Der Streitgegenstand sei auch nicht durch Gerichtsbeschluß mit 4,415.000 S festgesetzt worden. Eine solche Entscheidung hätte gemäß § 60 Abs 4 JN im übrigen gar nicht erlassen werden dürfen, weil eine Streitwertkorrektur durch Gerichtsbeschluß gemäß § 60 Abs 1 JN eine übermäßig hohe Bewertung voraussetze. Bei richtiger Kostenberechnung wären daher der Erst-, dem Viert- und der Fünftbeklagten bloß 81.561,60 S (statt 118.821,60 S), dem Zweitbeklagten 49.843,20 S (statt 108.469,68 S) und dem Drittbeklagten gleichfalls nur 49.843,20 S (statt 74.185 S) zuzuerkennen gewesen. Das Berufungsgericht erwiderte der Kostenrüge, daß „für die Bewertung einer Teilungsklage hinsichtlich einer Liegenschaft nach § 60 Abs 2 JN der Einheitswert maßgebend“ sei. Dieser betrage jedoch 4,415.000 S, weshalb die Berufung im Kostenpunkt erfolglos bleiben müsse.

Der Kostenbeamte des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz schrieb den Klägern mit Zahlungsauftrag vom 27.September 1995 160.795 S an weiteren Gebühren für die Teilungsklage vor, weil die Pauschalgebühr gemäß § 60 Abs 2 JN nach dem Einheitswert der Liegenschaft (4,415.000 S) zu bemessen sei. Der Berichtigungsantrag der Kläger war erfolgreich. Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 3.April 1996 wurde der „angefochtene Zahlungsauftrag aufgehoben“ und der Kostenbeamte angewiesen, den „in der Kostenevidenz zum Soll gestellten“ Betrag von 160.795 S zu löschen.

Die Kläger begehrten vom beklagten Rechtsträger die Zahlung von 195.547,59 S sA. Sie brachten vor, der Klageanspruch resultiere aus dem Rettungsaufwand zur Schadensabwehr und jenem Kostenmehrbetrag, der den Beklagten des Teilungsprozesses infolge Heranziehung einer unzutreffenden Kostenbemessungsgrundlage zuerkannt worden sei. Mangels Streitwertbemängelung gemäß § 7 RATG wäre der Kostenberechnung ein Streitwert von 1 Mio S laut Klage zugrundezulegen gewesen. Von Amts wegen hätte kein Streitwert in Höhe des steuerlichen Einheitswerts der Liegenschaft herangezogen werden dürfen, weil sich aus den Klageangaben keine Überbewertung ergeben habe. Die Gerichtsinstanzen des Vorprozesses hätten daher schuldhaft unrichtige Kostenentscheidungen gefällt. Das Berufungsgericht habe „den offensichtlichen Rechtsirrtum, der auch für die unrichtige Gebührenvorschreibung ursächlich“ gewesen sei, trotz entsprechender Rechtsmittelausführungen im Kostenpunkt nicht korrigiert.

Die beklagte Partei beantragte Klageabweisung und wendete ein, daß die Bestimmung des § 60 Abs 2 JN anderen Bewertungsvorschriften als lex specialis vorgehe, wenn eine unbewegliche Sache Streitgegenstand sei. Das gelte auch für Teilungsklagen. Träfe dagegen die Rechtsansicht der Kläger zu, wäre die Gesetzeslage - bei fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung - zumindest nicht eindeutig. Unter dieser Voraussetzung könnte Organen der beklagten Partei mangels Unvertretbarkeit der für die Kostenentscheidung im Teilungsprozeß maßgeblichen Rechtsansicht kein Verschuldensvorwurf gemacht werden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach dessen Rechtsansicht ist gemäß § 59 JN bei Klagen auf Vornahme von Arbeiten und anderen persönlichen Leistungen, auf Duldung oder Unterlassung oder auf Abgabe von Willenserklärungen das vom Kläger angegebene Interesse als Wert des Streitgegenstands anzusehen. Als Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache sei jedoch gemäß § 60 Abs 2 JN jener Betrag streitwertbestimmend, der als Steuerwert für die Gebührenbemessung (steuerlicher Einheitswert) heranzuziehen sei. Daraus leite die Rechtsprechung auch ab, daß eine Klage auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft nach ihrem steuerlichen Einheitswert zu bewerten sei. Das Gesetz sehe für eine Änderung des vom Kläger angegebenen Streitwerts allerdings nur zwei Möglichkeiten vor. Voraussetzung sei entweder eine Streitwertbemängelung gemäß § 7 RATG oder eine Überprüfung gemäß § 60 Abs 1 JN. Hier sei weder der eine noch der andere Tatbestand verwirklicht gewesen. Deshalb sei die von Amts wegen durchgeführte Korrektur der Bewertung des Streitgegenstands im Teilungsprozeß fragwürdig, jedoch nicht unvertretbar. Immerhin bestehe die ausdrückliche gesetzliche Anordnung, als Wert einer streitverfangenen Liegenschaft deren steuerlichen Einheitswert heranzuziehen. Diese Bewertungsvorschrift beziehe die Rechtsprechung aber auch auf Teilungsklagen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, im Zivilprozeß bilde gemäß § 3 RATG der für die Anwendung eines bestimmten Tarifsatzes maßgebliche Betrag den Wert des Streitgegenstands. Die Bemessungsgrundlage richte sich gemäß § 4 RATG nach den Vorschriften der §§ 54 bis 59 JN, soweit in den folgenden Bestimmungen des Rechtsanwaltstarifgesetzes nichts anderes bestimmt sei. Gemäß § 59 JN sei bei Klagen auf Duldung oder Unterlassung oder auf Abgabe von Willenserklärungen die vom Kläger angegebene Höhe seines Interesses als Wert des Streitgegenstands anzusehen. Der Beklagte könne die Bewertung des Streitgegenstands nach den §§ 56 oder 59 JN gemäß § 7 RATG bemängeln, wenn er sie für zu hoch oder zu niedrig halte. Unterbleibe eine Parteieneinigung, habe das Gericht die Bewertung im Rahmen der von den Streitteilen behaupteten Beträge festzusetzen. Danach wäre die Bewertung des Streitgegenstands in der Teilungsklage an sich als Kostenbemessungsgrundlage maßgeblich gewesen. Die Regelung des § 60 Abs 2 JN sei jedoch auch auf Teilungsklagen anzuwenden, deren Streitgegenstand die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft sei. Die Bewertung solcher Klagen unterliege nicht der Parteiendisposition. § 60 Abs 2 JN sei „unsystematisch eingeordnet“, gelte jedoch „in gleicher Weise .... wie die Vorschriften der §§ 54 bis 59 JN“. Deshalb sei die Einbeziehung des § 60 Abs 2 JN in die Bewertungsvorschriften der §§ 3 ff RATG geboten. Daher beruhe die Kostenentscheidung im hier bedeutsamen Teilungsprozeß auf einer zutreffend gewählten Bemessungsgrundlage. Wäre das zu verneinen, fehlte es an einem Organverschulden, sprächen doch „die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs über die Bewertung von Teilungsklagen“ für die Vertretbarkeit der Kostenentscheidung im Vorprozeß. Gleiche Überlegungen ließen auch die Vorschreibung der Gerichtsgebühren auf der Grundlage des § 60 Abs 2 JN als unverschuldet erscheinen.

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Besteht ein vermögensrechtlicher Streitgegenstand nicht in einem Geldbetrag, ist er gemäß § 54 Abs 2 ZPO in der Klage anzugeben. Diese Bestimmung ist auch auf Rechtsgestaltungsklagen anzuwenden (Fasching, LB2 Rz 265). Bei Klagen gemäß § 59 JN ist die vom Kläger angegebene Höhe seines Interesses als Wert des Streitgegenstands anzusehen. In Anlehnung an diese Bewertungsvorschriften bestimmen die §§ 3 und 4 RATG, daß sich die Heranziehung eines bestimmten Tarifsatzes im Zivilprozeß nach dem Wert des Streitgegenstands und die Bemessungsgrundlage - mangels besonderer Regelungen des Tarifgesetzes - nach den Vorschriften der §§ 54 bis 59 JN richten. Dagegen legt § 60 Abs 2 JN den Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache mit dem Steuerwert für die Gebührenbemessung - dem steuerlichen Einheitswert - fest. Die Bedeutung dieser Vorschrift im Normengefüge der Bewertungsvorschriften ist allerdings nicht vollständig geklärt.

Die Bestimmung des § 60 Abs 2 JN war bereits in der Stammfassung des Gesetzes enthalten. Die Materialien zu den Zivilprozeßgesetzen (687 BlgAbgH 11.Session [1893], 71 f) kommen für einen (vermögensrechtlichen) Streitgegenstand, der nicht in einem Geldbetrag besteht, nach Abwägung des Für und Wider zum Ergebnis, dessen „Taxirung dem Kläger zu überlassen“. Was dieser „bei der Schätzung beachten dürfe und müsse (Hervorhebung durch den erkennenden Senat)“, sage „ihm das Gesetz“ (§§ 57, 60 bis 62). Eine „zu geringe Taxierung, um die Sache vor das Bezirksgericht zu bringen“, sei „nicht zu besorgen, weil sich der Kläger mit dieser Selbstschätzung in ungünstiger Weise“ präjudiziere. Zu befürchten sei dagegen „eher eine zu hohe Bewertung“. Das Gesetz müsse allerdings gegen „die Erschleichung der collegialgerichtlichen Competenz mit Hilfe der Taxirung des Streitgegenstandes“ Schutz gewähren und „dem Gerichtshofe die Macht zur Reaction gegen (eine) übermäßig hohe Bewertung“ einräumen. Damit löse sich die Bewertungsfrage, „soweit sie mit der Zuständigkeitsordnung“ zusammenhänge, „auf das einfachste, ohne daß dadurch irgendwelche Interessen einer der Parteien oder der Justizverwaltung tangirt“ würden.

Auch diese Erläuterungen erhellen die Bedeutung des § 60 Abs 2 JN als Bewertungsvorschrift indes nicht vollständig. Deren sprachlicher und sachlogischer Begründungszusammenhang spricht jedoch eher dafür, die erörterte Bestimmung als absolut zwingend zu qualifizieren, weil etwa auch der Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits im Senatsprozeß auf Gerichtshofebene haben kann. Dann wäre aber der steuerliche Einheitswert einer unbeweglichen Sache auch für den in den Gesetzesmaterialien als wenig wahrscheinlich angesehenen Fall einer zu niedrigen Bewertung des Streitgegenstands durch den Kläger maßgeblich.

Die Stellungnahmen zur hier erörterten Bewertungsvorschrift im Schrifttum sind nicht einheitlich und schaffen ebenso keine vollständige Klarheit. Neumann (Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen I4 [1927] 167 f) behandelt den § 60 Abs 2 JN im Abschnitt über die „Befugnis des Gerichtshofes erster Instanz zur Bewertung des Streitgegenstandes“ und lehrt, daß das Gesetz „die Bewertung des nicht in einem Geldbetrage bestehenden Streitgegenstandes dem Kläger“ überlasse, das Gericht auch an „eine offenkundig zu niedrige“ Bewertung zur Erlangung der Kompetenz des Bezirksgerichts gebunden sei, nur eine „übermäßig hoch gegriffene“ Bewertung unter den weiteren Voraussetzungen des § 60 JN korrigierbar und in dieser Bestimmung auch angeführt sei, „welcher Art“ die vorherigen gerichtlichen „Erhebungen sein können“. Nur in diesem Zusammenhang wird sodann auf die Bestimmung des Werts „einer grund- oder hauszinssteuerpflichtigen unbeweglichen Sache“ Bezug genommen. Neumann hält § 60 Abs 2 JN daher offenbar nur dann für anwendbar, wenn der Kläger den Streitgegenstand übermäßig hoch bewertete und sich das auf die Zuständigkeit des Gerichtshofs erster Instanz oder die Besetzung des Gerichts auswirkt. Derselben Ansicht ist Pollak (System des österreichischen Zivilprozeßrechts [1932] 284, 286). Dieser betont - deutlicher als Neumann (aaO) - unmißverständlich, daß die Bewertungsvorschriften der Jurisdiktionsnorm zwingendes Recht seien und eine „klägerische Streitbewertung“ daran nichts ändern könne. In zwei Fällen bewerte „das Gesetz, obwohl es sich nicht um Geld“ handle, „im ersten zwingend, im zweiten ergänzend“. Zwingend sei die Regelung des § 57 JN, bilde dagegen „eine unbewegliche Sache den Streitgegenstand“, sei „deren Steuerschätzwert maßgeblich, jedoch nur dann, wenn der Kläger übermäßig hoch bewertet“ habe. Petschek/Stagel (Der österreichische Zivilprozeß [1963] 100) heben hingegen hervor, „unser Recht“ kenne keine „Wertbestimmung nach freier gerichtlicher Überzeugung“, sondern stelle „bei manchen Streitgegenständen einen festen Berechnungsschlüssel auf“ und überlasse „im übrigen (Hervorhebung durch den erkennenden Senat) die Wertbestimmung dem Kläger, die es nur in krassen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen der gerichtlichen Überprüfung“ unterwerfe. Unter die „unmittelbar gesetzliche Wertbestimmung“ falle die Regelung des § 60 Abs 2 JN. Dort führe das Gesetz „den Sachwert“ selbst „auf einen bestimmten Betrag zurück“. Diese Autoren lösen damit die erörterte Vorschrift aus dem Sachzusammenhang des Überprüfungsverfahrens nach § 60 JN und verselbständigen sie als von der Wertangabe des Klägers - gleichviel, ob diese eine Über- oder eine Unterbewertung ist - unabhängig anwendbares und daher für die Bewertung des Streitgegenstands jedenfalls zwingendes Recht. Dagegen lehrt Fasching (Kommentar I 361 ff; LB2 Rz 266f), daß die Unterbewertung eines Streitgegenstands vermögensrechtlicher Natur durch den Kläger das Gericht - von der Frage der Zulässigkeit von Rechtsmitteln abgesehen - immer binde und der Gesetzgeber eine Durchbrechung dieses Grundsatzes nur für die Verfahren gemäß § 7 RATG sowie - nach Verwirklichung des Tatbestands des § 60 Abs 1 JN - gemäß § 60 JN vorgesehen habe. Er stützt diese Ansicht, wie im besonderen die Berufung auf die Entscheidung SZ 6/36 (Kommentar I 363) belegt, auf die Regelung des § 60 Abs 4 JN. Derselben Meinung dürfte Mayr (in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 1 zu § 60 JN) sein, weil er § 60 Abs 4 JN als „Grundregel“ hervorhebt und die Bewertung einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache nach dem steuerlichen Einheitswert im Gesamtzusammenhang der Kommentierung des § 60 JN (aaO Rz 2) abhandelt. Auch Rechberger/Simotta (ZPR4 Rz 107 f) erwähnen als „Sonderregelungen für die Streitwertberechnung“ lediglich die §§ 57 bis 59 JN und halten die Bewertung des Streitgegenstands durch den Kläger gemäß § 60 Abs 4 JN für bindend, es sei denn, es wäre der Tatbestand des § 60 Abs 1 JN verwirklicht oder der Beklagte hätte die Streitwertangabe des Klägers gemäß § 7 RATG bemängelt. Damit stimmen inhaltlich auch die Ansichten Holzhammers (Österreichisches Zivilprozeßrecht2 [1976] 46 f) und Burgstallers (Streitwertangabe und Entscheidungskontrolle, in FS Matscher [1993] 65 [66 - ohne Bezugnahme auf § 7 RATG]) überein.

Der Oberste Gerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, daß § 60 Abs 2 JN auf Teilungsklagen anzuwenden ist, wenn Streitgegenstand die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft ist (2 Ob 2130/96s; 8 Ob 557/88; 6 Ob 712/87; 8 Ob 698/86; 8 Ob 599/86; EvBl 1986/128; 8 Ob 576/84; 3 Ob 543/83; RZ 1981/61 = MietSlg 33.672; dem zustimmend Mayr in Rechberger aaO Rz 2 zu § 60 JN), weil das vermögenswerte Interesse am Teilungsanspruch nicht höher „als der Wert der gesamten zu teilenden Liegenschaft“ sein kann (RZ 1981/61 = MietSlg 33.672). Solche Teilungsverfahren werden daher als Streitigkeiten qualifiziert, in denen die Liegenschaft - als Anwendungsvoraussetzung des § 60 Abs 2 JN - selbst streitverfangen ist (siehe zu letzterem Grundsatz etwa ÖA 1995, 100; NZ 1992, 81; EvBl 1991/156; SZ 55/186). Dagegen behandelt der Verwaltungsgerichtshof derartige Teilungsverfahren nicht als Streitigkeiten, in denen „die Liegenschaft selbst Ziel des Klagebegehrens“ ist. Bei Ermittlung der Gerichtsgebühren sei daher die Bewertung in der Klage als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (AnwBl 1991, 831; AnwBl 1987, 539; VwSlg 2734/F; im Erkenntnis des VwGH vom 19.März 1997, 97/16/0053 = RIS-Justiz Kennung 97/16/0053, wird als Voraussetzung einer Gebührenbemessung nach § 15 Abs 1 GGG angesichts eines Klagebegehrens auf Abgabe einer Aufsandungserklärung neuerlich der Grundsatz betont, „Ziel des Klagebegehrens“ müsse die Liegenschaft selbst sein). In allen vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fällen hatten jedoch die Kläger einen Wert über dem steuerlichen Einheitswert als Streitgegenstand der Teilungsklagen angegeben.

Der Oberste Gerichtshof hatte die Wirkung des § 60 Abs 2 - soweit überblickbar - immer im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Rechtsmitteln zu beurteilen. Er betonte dabei immer wieder, daß diese Bestimmung die Bewertung einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache zwingend regle (5 Ob 2/96; EvBl 1995/114; EvBl 1994/161 = WoBl 1994, 230; SZ 64/1 [ablehnend Pfersmann, ÖJZ 1994, 80 f]; 6 Ob 25/88) und richterliches Ermessen ausschließe (5 Ob 2/96; EvBl 1995/114; EvBl 1994/161 = WoBl 1994, 230; 5 Ob 98/93). In 6 Ob 635/88 wurde ausgesprochen, daß der „gemäß § 60 Abs 2 JN für die Bewertung des Streitgegenstandes bestimmende Wert ... auch (Hervorhebung durch den erkennenden Senat) für die nach § 500 Abs 2 ZPO vorgesehene Berechnung bindend“ sei. In 6 Ob 712/87 wurde die Maßgeblichkeit des letzten Einheitswertbescheids vor der Entscheidung des Berufungsgerichts betont, weil die in § 500 Abs 2 Satz 2 ZPO angeordnete sinngemäße Anwendung der §§ 54 bis 60 JN gebiete, „daß es nicht auf den lediglich für die Zuständigkeit und die Gerichtsbesetzung (Hervorhebung durch den erkennenden Senat)“ bedeutsamen Wert im Zeitpunkt der Klageeinbringung ankommen könne. Immer wieder findet sich überdies der - von der Frage nach der Rechtsmittelzulässigkeit allerdings nur scheinbar abstrahierende - Rechtssatz, „für die Bewertung des Streitgegenstandes einer Teilungsklage“ sei „der Einheitswert der Liegenschaft maßgebend“ (4 Ob 548/49; 8 Ob 557/88; 6 Ob 25/88; 8 Ob 698/86; 8 Ob 599/86; EvBl 1986/128; 8 Ob 576/84). Nur in 3 Ob 543/83 wird hervorgehoben, in RZ 1981/61 sei bloß ausgesprochen worden, „daß der Streitwert einer Teilungsklage höchstens (Hervorhebung dort) den Wert der gesamten zu teilenden Liegenschaft erreichen könne, womit nicht gesagt“ sei, das „Interesse an einer Teilung“ könne „nicht auch unter diesem Wert liegen“.

Nach dieser Analyse läßt auch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht mit gebotener Klarheit erkennen, daß die Bewertungsvorschrift des § 60 Abs 2 JN - entsprechend der Ansicht der überwiegenden Lehre und in Abgrenzung von der gesondert zu beurteilenden Frage nach der Zulässigkeit von Rechtsmitteln - nur nach einer übermäßig hohen Bewertung des Streitgegenstands anwendbar ist und eine allfällige Unterbewertung durch den Kläger das Gericht gemäß § 60 Abs 4 JN immer bindet (idS SZ 59/198 [Prozeßgegenstand 100 m2 großes Trennstück eines Grundstücks]), es sei denn, der Beklagte hätte die Bewertung des Streitgegenstands gemäß § 7 RATG bemängelt, um eine höhere Bewertung durch Gerichtsbeschluß und damit die Heranziehung anderer Tarifbestimmungen als nach der Bewertung des Klägers zu ermöglichen. § 4 RATG ist nicht deshalb planwidrig unvollständig, weil dort nur auf die §§ 54 bis 59 JN und nicht auch auf § 60 Abs 2 JN verwiesen wird. Aus dem Zusammenhang der Normen über die Bewertung des Streitgegenstands, der Zuständigkeit und Besetzung des Gerichts und der Zulässigkeit von Rechtsmitteln folgt bei richtiger Auslegung, daß der Gesetzgeber die Bewertung des Streitgegenstands und - abhängig davon - die Zuständigkeit und Besetzung des Gerichts einerseits und die Zulässigkeit von Rechtsmitteln andererseits offenbar nicht in einem geschlossenen und auf einheitlichen Grundlagen beruhenden System regeln wollte.

Der erkennende Senat kommt daher zum Ergebnis, daß die Bewertungsvorschrift des § 60 Abs 2 JN im Verfahren erster Instanz nur für die Überprüfung des Werts des Streitgegenstands nach übermäßig hoher Bewertung im Sinne des § 60 Abs 1 JN von Bedeutung ist. Demnach ist das Gericht bei einer Klage auf Teilung der Miteigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft gemäß § 60 Abs 4 JN an die Bewertung des Streitgegenstands durch den Kläger gebunden, wenn diese unter dem steuerlichen Einheitswert der Liegenschaft liegt.

Trotz dieser systematischen Erwägungen und des Gegenstands der referierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 60 Abs 2 JN wäre jedoch - selbst unter Ausklammerung der bereits erörterten scheinbar abstrahierenden Aussagen zur Geltung der gesetzlichen Regelung - die eine einheitliche Beurteilung anstrebende Rechtsansicht vertretbar gewesen, es müsse das, was für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln bedeutsam sei, ganz allgemein auch für die Bewertung des Streitgegenstands und die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz gelten, bemerkt doch etwa Burgstaller (aaO 69) nicht zu Unrecht, Fragen der Einhaltung der gesetzlichen Regelung der Zuständigkeit und Besetzung des Gerichts seien „weniger wichtig“ als jene der Überprüfbarkeit einer Entscheidung im Rechtsmittelverfahren. Diesem gedanklichen Ansatz entsprechen auch jene Äußerungen im Schrifttum, die in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Zulässigkeit von Rechtsmitteln ein Rechtsschutzdefizit erblicken, soweit die Bewertung des Streitgegenstands, über den das Gericht zweiter Instanz entschied, in Angelegenheiten, in denen grundsteuerpflichtige unbewegliche Sachen selbst streitverfangen sind, nach dem steuerlichen Einheitswert und nicht nach dem (gewöhnlich) höheren Marktwert erfolgt (Pfersmann, ÖJZ 1994, 80 f; Hofmeister, NZ 1992, 83).

Wegen dieser Gründe konnte das Berufungsgericht auf vertretbarer Grundlage zu jener Ansicht gelangen, die für die Berechnung der Kosten des Teilungsprozesses zur Korrektur des erheblich unterbewerteten Streitgegenstands auf 4,415.000 S führte.

Die Vorinstanzen wiesen daher den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch mangels Organverschuldens zu Recht ab. Diese Abweisung mußte sich auch auf jenen Teilbetrag des Klagebegehrens erstrecken, dessen Gegenstand der Rettungsaufwand zur Beseitigung des Zahlungsauftrags vom 27.September 1995 (10.068,30 S) war, stützten doch die Kläger diesen Anspruchsteil nicht auf eine allenfalls - entgegen ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - unvertretbare Entscheidung des Kostenbeamten des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als eines Verwaltungsorgans, sondern ausschließlich darauf, die Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts Graz sei „auch für die unrichtige Gebührenvorschreibung ursächlich“ gewesen. War aber diese Entscheidung vertretbar, ist der erörterte Teilanspruch nach dem behaupteten Klagegrund ebenso nicht ersatzfähig.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 46 und 50 ZPO. Die Kläger begehrten nicht die Verurteilung der beklagten Partei, ihnen den Klagebetrag zur ungeteilten Hand zu bezahlen. Sie sind daher auch nur nach Kopfteilen zum Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung zu verurteilen.

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