OGH 7Ob1/97s

OGH7Ob1/97s22.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Der Landesgrundverkehrsreferent der Tiroler Landesregierung, 6010 Innsbruck, Landhaus, vertreten durch Dr.Ernst Offer und Dr.Wolfgang Offer, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1.) Adolf S*****, 2.) Firma A*****gesellschaft mbH in Liquidation, vertreten durch den Liquidator Ing.Karl M*****, 3.) Hans-Eberhard J*****, und 4.) Maria-Margareta J*****, alle vertreten durch Dr.Manfred Trentinaglia und Dr.Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Feststellung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes (Streitinteresse S 150.000,--), aus Anlaß des Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 10.Oktober 1995, GZ 1 R 260/95-17, womit das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21.Juni 1995, GZ 17 Cg 19/95-13, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Ist Art 70 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (BA), wonach abweichend von den Verpflichtungen im Rahmen der die Europäische Union begründenden Verträge die Republik Österreich ihre bestehenden Rechtsvorschriften betreffend Zweitwohnungen während eines Zeitraumes von fünf Jahren ab dem Beitritt (1.1.1995) beibehalten kann, so auszulegen, daß die Übergangsbestimmungen des § 40 Abs 2 und 5 des am 1.10.1996 in Kraft getretenen Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, Landesgesetzblatt für Tirol Nr 61/1996, unter den Begriff der bestehenden Rechtsvorschriften fallen oder sind diese Bestimmungen dann als neue Rechtsvorschriften anzusehen, wenn aufgrund von Erkenntnissen des österreichischen Verfassungsgerichtshofes die Vorschriften früherer Tiroler Grundverkehrsgesetze auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden waren?"

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger ist der von der Tiroler Landesregierung bestellte Landesgrundverkehrsreferent. Mit der am 31.1.1995 beim Landesgericht Innsbruck überreichten Klage stellte er - ausdrücklich gestützt auf den § 16a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 (in der Fassung des Gesetzes vom 3.7.1991, mit dem das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 74/1991) und § 35 Abs 2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 82/1993 in Verbindung mit § 40 Abs 6 dieses Gesetzes - das Begehren auf Feststellung,

"1.) daß der Kaufvertrag vom 15.2.1982 samt Nachtrag vom 17.8.1983,

abgeschlossen zwischen der Firma A*****gesellschaft mbH .... als

Verkäuferin einerseits und Herrn Dr.Walter S***** ... als Käufer

andererseits über den Erwerb der 130/583 Anteile an der Liegenschaft EZ 429 GB 82101 A***** (Anteil 5), mit welchen das Wohnungseigentum an der Wohnung W 3 verbunden ist und der zu GZ 1119/1984 des BG Kitzbühel verbüchert worden ist, nichtig ist,

2.) daß die Vereinbarung vom 15.2.1982, abgeschlossen zwischen Herrn Dr.Walter S*****... einerseits und Herrn Hans-Eberhard J*****... andererseits, welche am 22.2.1982 beim Finanzamt für Gebühren und Finanzsteuern Innsbruck unter BRP 4610 angezeigt wurde, nichtig ist;

3.) daß das Vermächtnis des Dr.Walter S*****, vom 15.2.1982, kundgemacht zu 1 A 754/82 des BG Salzburg am 7.3.1983, mit welchem Dr.Walter S*****, die Wohnung Nr 4 im Dachgeschoß des auf der Liegenschaft EZ 429 II KG A***** errichteten Wohnhauses einschließlich des Abstellraumes Nr 4 und des Garagenabstellplatzes Nr 4 bzw die auf diese Wohnung entfallenden Anteile an der Liegenschaft EZ 429 II KG A***** samt Mitbenützungsrecht an allen Gemeinschaftseinrichtungen der Liegenschaft EZ 429 II KG A***** an Herrn Hans-Eberhard J***** vermacht hat, nichtig ist;

4.) daß die Vereinbarung vom 7.10.1985, abgeschlossen zwischen Herrn Hans-Eberhard J*****...... einerseits und Frau Maria-Margareta J*****..., aufgrund welcher zu GZ 4333/1985 des BG Kitzbühel ob den 130/583 Anteilen der Liegenschaft in EZ 429 GB 82101 A*****, mit welchen das Wohnungseigentum an der Wohnung Top 3 untrennbar verbunden ist, das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Maria-Margareta J*****, einverleibt wurde, nichtig ist."

Nach dem Vorbringen des Klägers habe es sich bei diesen Rechtsgeschäften um von den zitierten Gesetzesstellen erfaßte Schein- oder Umgehungsgeschäfte gehandelt.

Das Landesgericht Innsbruck wies mit Teilurteil vom 21.6.1995, 17 Cg 19/95-13, das Klagebegehren, soweit es gegen den Erstbeklagten gerichtet ist, ab, weil der Erstbeklagte nur das Vermächtnis seines Bruders Dr.Walter S***** erfüllt habe und darüber hinaus mit den angefochtenen Rechtsgeschäften und Vereinbarungen in keinerlei Zusammenhang gestanden sei.

Das Oberlandesgericht Innsbruck hob das Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der Erstbeklagte sei als Erbe nach Dr.Walter S***** aufgrund der Universalsukzession in dessen Rechtsstellung eingetreten und daher entgegen der Ansicht des Erstgerichtes als notwendiger Streitgenosse im Sinne des § 14 der Zivilprozeßordnung passiv legitimiert.

Der dagegen gerichtete, auf den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs aller Beklagten wiederholt im wesentlichen den Prozeßstandpunkt, daß der Erstbeklagte weder Partei noch Beteiligter eines der angefochtenen Rechtsgeschäfte gewesen sei und daß er kein Streitgenosse der anderen Beklagten im Sinn einer einheitlichen Streitpartei aller Beklagter sei.

Der erkennende Senat des Obersten Gerichtshofes hätte auf den zur Beurteilung anstehenden Sachverhalt die durch das Gesetz vom 3.7.1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 74/1991, geschaffene Bestimmung des § 16a ("Feststellungsklage des Landesgrundverkehrsreferenten") - welche sich nach Art II Abs 4 dieses mit 1.10.1991 in Kraft getretenen Gesetzes auch "auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Schein- oder Umgehungsgeschäfte erstreckt" - anzuwenden gehabt. Sie wäre für den vorliegenden Rechtsstreit deshalb präjudiziell gewesen (Mayer, MKK B-VG Anm II. 2. zu Art 89; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7 Rz 1158), weil die Klage nur bei Bejahung der in dieser Bestimmung normierten Klagelegitimation des Landesgrundverkehrsreferenten von Erfolg sein kann und daher andernfalls das hinsichtlich des Erstbeklagten ergangene klagsabweisende Teilurteil des Erstgerichtes mangels eines klagbaren Anspruches des Klägers wiederherzustellen wäre, ohne daß es auf die von den Vorinstanzen unterschiedlich gelöste Frage der Passivlegitimation ankäme. Die Frage, ob die angefochtenen Rechtsgeschäfte im Sinn des Klagsvorbringens nichtig sind, stellt sich im Fall der Unanwendbarkeit der betreffenden Bestimmungen nicht, sodaß damit auch die für das Vorliegen einer einheitlichen Streitpartei ins Treffen geführten Argumente des Klägers und des Oberlandesgerichtes Innsbruck, daß und warum die Frage der Nichtigkeit der Rechtsgeschäfte für alle Beklagten einheitlich zu entscheiden sei, nicht ausschlaggebend sein kann.

Da der Oberste Gerichtshof jedoch gegen die zitierte Bestimmung aus dem Grunde ihrer verfassungswidrig erfolgten Kundmachung bloß durch den Landeshauptmann allein ohne neuerliche Befassung des Tiroler Landtages als Gesetzgebungsorgan nach Verweigerung der Zustimmung durch die Bundesregierung gemäß Art 97 Abs 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) Bedenken der Verfassungswidrigkeit hatte, hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 13.3.1996, 7 Ob 647/95, gemäß Art 89 Abs 2, 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, auszusprechen, daß der § 16a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 in der Fassung des Gesetzes vom 3.7.1991 (Art I Z 41), mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 74/1991, sowie der Art II Abs 4 des Gesetzes vom 3.7.1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 74/1991, verfassungswidrig sind. Auch die Senate 3 (zu 3 Ob 2068/96 f) und 10 (zu 10 Ob 503/96) des Obersten Gerichtshofes haben gleichlautende Gesetzesprüfungsanträge gestellt.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28.9.1996, G 50/96-24 ua Zln, wurde zu Recht erkannt, daß das Gesetz vom 3.7.1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 74/1991, verfassungswidrig war und dieses Gesetz unter anderem in dem beim Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 647/95 anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist. Der Verfassungsgerichtshof kam dabei - zusammengefaßt - zum Ergebnis, daß die in Prüfung genommenen Bestimmungen nach Verweigerung der Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung durch die Bundesregierung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag kundgemacht wurden, damit Art 38 Abs 7 der Tiroler Landesordnung (TLO) 1989 widersprechen und demgemäß als verfassungswidrig aufzuheben waren.

Aufgrund dieses Erkenntnisses war nunmehr die Klagelegitimation des Landesgrundverkehrsreferenten für Tirol in der gegenständlichen Rechtssache nicht mehr nach der aufgehobenen Bestimmung des § 16a Grundverkehrsgesetz 1983 in der Fassung des Gesetzes vom 3.7.1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 74/1991, sondern nach dem inhaltsgleichen § 35 (speziell Abs 2) des Gesetzes vom 7.7.1993 über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz), Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 82/1993, in Verbindung mit der Übergangsbestimmung des § 40 Abs 6 dieses Gesetzes zu beurteilen, zumal die Klage - wie bereits ausgeführt - am 31.1.1995, sohin nach Inkrafttreten (§ 41 Abs 1) dieser Bestimmungen, beim Erstgericht überreicht wurde. Beide Bestimmungen waren daher nunmehr - seit Vorliegen des aufhebenden Erkenntnisses vom 28.9.1996 - für diesen Rechtsstreit (ebenfalls) präjudiziell geworden. Auch gegen diese Bestimmungen bestanden allerdings aus dem Grunde ihrer gleichfalls verfassungswidrig erfolgten Kundmachung bloß durch den Landeshauptmann allein ohne neuerliche Befassung des Tiroler Landtages als Gesetzgebungsorgan nach Verweigerung der Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen durch die Bundesregierung gemäß Art 97 Abs 2 B-VG idente verfassungsgemäße Bedenken.

Der Oberste Gerichtshof stellte daher mit Beschluß vom 13.11.1996, 7 Ob 2369/96z, gemäß Art 89 Abs 2 B-VG, Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, auszusprechen, daß die §§ 35 und 40 Abs 6 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 82/1993, verfassungswidrig sind. Auch die Senate 3 (zu 3 Ob 2068/96f) und 10 (zu 10 Ob 503/96) haben gleichlautende Gesetzesprüfungsanträge gestellt.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.12.1996, G 84/96-11 ua Zln, wurde zu Recht erkannt, daß das Gesetz vom 7.7.1993 über den Verkehr von Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz), Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 82/1993, verfassungswidrig war und dieses Gesetz unter anderem in dem beim Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 2369/96z anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist. Der Verfassungsgerichtshof begründete diese Entscheidung damit, daß auch das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993 nach Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag vom Landeshauptmann kundgemacht wurde. Es seien deshalb die gleichen Überlegungen maßgebend, die den Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.9.1996, G 50/96 ua Zln, zur Feststellung gezwungen hätten, das Gesetz vom 3.7.1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 74/1991, sei insgesamt wegen Verstoßes gegen Art 38 Abs 7 der Verfassung des Landes Tirol (Tiroler Landesordnung) 1989 verfassungwidrig gewesen. Zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen führte der Verfassungsgerichtshof aus, es sei zu berücksichtigen, daß den Regelungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1993 durch das Inkrafttreten des Gesetzes vom 3.Juli 1996 über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996), Landesgesetzblatt für Tirol Nr 61/1996, - im wesentlichen mit 1. Oktober 1996 - materiell derogiert worden sei. Der Verfassungsgerichtshof habe daher auszusprechen gehabt, daß das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993 verfassungswidrig gewesen sei. Dies ungeachtet der Tatsache, daß angesichts der Übergangsbestimmungen des § 40 Abs 4 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 für bestimmte Fälle die Vorschriften des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1993 weiterhin anzuwenden seien. Geltungsgrund für diese noch bestehende beschränkte Anwendbarkeit von Vorschriften des früheren Gesetzes sei § 40 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996. In dem durch die Bestimmung angeordneten Ausmaß sei daher das für verfassungswidrig erkannte Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993 noch anzuwenden.

Der erkennende Senat hat somit nun das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 anzuwenden, dessen Inkrafttreten § 41 folgendermaßen regelt:

"Dieses Gesetz tritt mit 1.Oktober 1996 in Kraft. Gleichzeitig treten das Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 82/1993, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 und die Verordnung über die Erklärung nach § 10 Abs 2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 24/1994, außer Kraft."

Nach § 35 Abs 1 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 kann der Landes- grundverkehrsreferent Klage auf Feststellung erheben, daß ein Rechtsgeschäft nichtig ist, insbesondere weil es ein Schein- oder Umgehungsgeschäft ist.

Die Übergangsbestimmungen des § 40 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 lauten folgendermaßen:

(1) Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Amt befindlichen Bezirks-Grundverkehrskommissionen und die Landes-Grundverkehrskommission sowie der Landesgrundverkehrsreferent und sein Stellvertreter bleiben bis zum Ablauf ihrer Amtsdauer im Amt. Die Landesregierung hat unverzüglich einen zweiten Stellvertreter des Landesgrundverkehrsreferenten zu bestellen.

(2) In jenen grundverkehrsbehördlichen Verfahren, die am 1.Jänner 1994 anhängig waren, ist in materiellrechtlicher Hinsicht weiterhin das Grundverkehrsgesetz 1983 anzuwenden. Hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.

(3) Auf Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 1.Jänner 1994 abgeschlossen wurden, ist in materiellrechtlicher Hinsicht weiterhin das Grundverkehrsgesetz 1983 anzuwenden. Hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.

(4) Übertretungen des Grundverkehrsgesetzes 1983, die vor dem 1. Jänner 1994 begangen wurden, sind nach dem Grundverkehrsgesetz 1983 zu ahnden. Übertretungen nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 82/1993, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen wurden, sind nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 82/1993, zu ahnden.

(5) Das Recht des Landesgrundverkehrsreferenten, nach § 35 Abs 1 Feststellungsklage zu erheben, erstreckt sich auch auf die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossenen Schein- und Umgehungsgeschäfte. Auf Verfahren nach § 35 Abs 1, die ein vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossenes Schein- oder Umgehungsgeschäft zum Gegenstand haben, ist das Grundverkehrsgesetz 1983 anzuwenden.

(6) Die §§ 34 und 35 gelten auch für grundbücherlich bereits durchgeführte Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, für die nach dem Grundverkehrsgesetz 1983 eine grundverkehrsrechtliche Genehmigung erforderlich gewesen wäre."

Dies bedeutet für den vom Obersten Gerichtshof zu beurteilenden Fall, daß sich nach § 40 Abs 5 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 das Recht des Landesgrundverkehrsreferenten, nach § 35 Abs 1 dieses Gesetzes Feststellungsklage zu erheben, auch auf die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossenen Schein- oder Umgehungsgeschäfte erstreckt, wobei "auf Verfahren nach § 35 Abs 1, die ein vor dem 1.1.1994 abgeschlossenes Schein- oder Umgehungsgeschäft zum Gegenstand haben, das Grundverkehrsgesetz 1983 anzuwenden" ist. Die Anwendbarkeit der betreffenden Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1993 auf den vorliegenden Fall ergibt sich ausschließlich aufgrund der Übergangsbestimmungen des am 1.10.1996 in Kraft getretenen Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996. Da Art 70 BA auf "bestehende Rechtsvorschriften" abstellt, ergibt sich die Auslegungsfrage, ob darunter auch derartige Übergangsbestimmungen fallen, aus denen sich die aktive Klagslegitimation des Landesgrundverkehrsreferenten ergibt. Die Klagslegitimation ist nach österreichischem Recht eine Frage des materiellen Rechtes (Fasching, Handbuch des Zivilprozeßrechtes2 Rz 338); dies gilt auch für das dem Landesgrundverkehrsreferenten eingeräumte Klagerecht (vgl OGH 1 Ob 2333/96m ZfRV 1997, 78 zum Salzburger Landesgrundverkehrsbeauftragten).

Nach der dargestellten Verfahrenschronologie stellt sich für den Obersten Gerichtshof folgende Situation bei Überprüfung der Aktivlegitimation des Klägers, die grundsätzlich von Amts wegen zu beachten ist (SZ 42/105; 3 Ob 634/78; 7 Ob 727/79): Gäbe es nicht das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28.9.1996, wäre Rechtsgrundlage für die Klagebefugnis des Klägers (weiterhin) § 16a Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 in der Fassung des Gesetzes vom 3.7.1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 74/1991; gäbe es nicht das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.12.1996, würde sich dessen Klagelegitimation nach dem (inhaltsgleichen) § 35 Abs 2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993 richten. Beide Bestimmungen sind nach diesen beiden, für die Gerichte bindenden (Art 140 Abs 7 Satz 1 B-VG) Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes in der vorliegenden Rechtssache (als Anlaßfall) nicht anzuwenden. Die Klagebefugnis des Landesgrundverkehrsreferenten ergibt sich erst aus der Übergangsbestimmung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, die aber die Anwendbarkeit derjenigen Bestimmungen vorsieht, die aufgrund der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes im vorliegenden Anlaßfall nicht anzuwenden sind.

Der Oberste Gerichtshof erachtet sich deshalb verpflichtet, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung über die vorgelegte Frage anzurufen.

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