OGH 2Ob569/95

OGH2Ob569/9510.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Dr.Harald Sitta, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Dipl.Ing.Dr.Friedrich G*****, 2. Mag.Gustav U*****, 3. Alfred S*****, 4. Josef N*****, 5. Fritz L*****, 6. Michael C*****, 7. Mag.Karin H*****, 8. Stefan S*****, 9. Herbert K*****, 1.-6. und 8.-9. vertreten durch Dr.Walter Riedl ua, Rechtsanwälte in Wien, 7. vertreten durch Dr.Bernhard Weissborn, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 221.847,40 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 21.März 1995, GZ 11 R 14/95-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 31.Oktober 1994, GZ 21 Cg 394/93b-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Aus Anlaß der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben, soweit sie die Abweisung eines auf Zahlung von S 25.462,40 sA gerichteten Klagebegehrens zum Gegenstand haben.

Die Klage wird in diesem Umfang zurückgewiesen.

2. Im übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden, soweit sie die Abweisung von S 132.225,30 sA zum Gegenstand haben, und ferner im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Außer Streit steht folgender Sachverhalt:

Die klagende Partei ist ein nicht untersagter Verein im Sinne des Vereinsgesetzes 1951 und war Mitglied des K*****-Landesverbandes ***** im österreichischen K*****bund. Nach § 4 der Statuten des Landesverbandes werden die Geldmittel für den Verein durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuwendungen und durch das Reinerträgnis von sportlichen Veranstaltungen und Lehrgängen aufgebracht, § 5 der Statuten sieht vor, daß der Landesverband aus ordentlichen Mitgliedern in Form von selbständigen Vereinen besteht. Nach § 10 der Statuten ist die Generalversammlung des Vereins dessen oberstes Organ und besteht aus je einem Delegierten der Mitgliedsvereinigungen. Ihr obliegt auch die Entscheidung über Statutenänderungen sowie die Auflösung des Landesverbandes. Dafür ist eine 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Dies wird auch im § 14 der Statuten festgehalten.

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 7.10.1993, das dem dort beklagten K*****-Landesverband ***** am 11.11.1993 zugestellt worden ist, wurde über Klage der auch hier klagenden Partei zu Recht erkannt, daß die Beschlüsse der Generalversammlung des K*****-Landesverbandes ***** vom 18.3.1991 und vom 25.5.1992 auf Ausschluß der klagenden Partei als Mitglied nichtig seien und die dort beklagte Partei schuldig sei, der klagenden Partei S 72.659 an Verfahrenskosten zu ersetzen. Die dort vom beklagten K*****-Landesverband ***** erhobene Prozeßeinrede der mangelnden Parteifähigkeit, die sich darauf stützte, daß der beklagte Landesverband am 29.10.1992 unstrittig den Beschluß gefaßt hatte, sich aufzulösen, war mit dem auch von der klagenden Partei vorgebrachten Argument verworfen worden, daß mangels Liquidation der Vermögenswerte eine Vollbeendigung des Landesverbandes nicht erfolgt und daher dessen Parteifähigkeit weiterhin gegeben gewesen sei.

Mit der nun vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei den Zuspruch von insgesamt S 221.847,40 sA. Sie brachte im wesentlichen vor, daß die im Vorverfahren festgestellte Absicht, durch die Auflösung die Parteifähigkeit des Landesverbandes zu beenden, schikanös und wegen Sittenwidrigkeit ungültig sei und sich daraus auch die sittenwidrige Schädigungsabsicht der beklagten Parteien, die als Vertreter ihrer Vereine für die Auflösung gestimmt hätten, ergebe. Wenn sie durch ihren Vertreter alle Personen, die seinerzeit für ihren Ausschluß gestimmt hätten, auf deren mögliche persönliche Haftung hingewiesen habe, so sei dies entweder richtig gewesen oder habe kein Risiko für die betroffenen Personen dargestellt. Auch eine Rücktrittsdrohung der sechst- und neuntbeklagten Partei als Organe des Landesverbandes sowie die mangelnde Bereitschaft anderer Personen, Organfunktionen im Landesverband zu übernehmen, habe den Vereinsdelegierten nicht das Recht gegeben, einen Auflösungsbeschluß zu fassen. Die Organe hätten es vielmehr darauf angelegt gehabt, durch gezieltes Aushöhlen den Landesverband vermögenslos zu machen und ihr so die Haftungsbasis zu entziehen. Die Organe hätten es auch verabsäumt, für die aus dem Vorprozeß zu erwartenden Kosten entsprechende Rückstellungen zu tätigen. Die beklagten Parteien hätten es ferner gezielt unterlassen, eine ordentliche Liquidation des Vereinsvermögens vorzunehmen, sie hätten vielmehr einer Verschleuderung des noch vorhandenen Vermögens zugestimmt. Dieses habe noch zwei Tage vor dem Auflösungsbeschluß S 45.259,70 an Bargeld sowie S 18.900 an Sachwerten betragen. Das deliktische Vorgehen der Vereinsdelegierten bei Fassung des Auflösungsbeschlusses vom 29.10.1992 erlaube ihr (klagende Partei) den Zugriff auf deren persönliche Haftung, ohne daß sie auf die Inanspruchnahme der Mitgliedervereine beschränkt wäre. Die gezielt herbeigeführte Vermögenslosigkeit des Landesverbandes habe nun dazu geführt, daß sie ihre Ansprüche gegen diesen faktisch nicht mehr durchsetzen könne. Im einzelnen handle es sich um folgende Teilansprüche:

Zugesprochene Kosten aus dem Vorprozeß S 72.659; im Vorprozeß aufgelaufene Kuratorskosten S 6.833,20; Kosten im Zusammenhang mit der nach Fassung des Auflösungsbeschlusses notwendig gewordener Bestellung des Kurators S 18.629,20; für die aufgrund des rechtswidrigen Ausschlusses entgangenen Mitgliedsbeiträge S 56.550 (infolge des Ausschlusses hätten ihre Mitglieder nicht mehr an Bewerben teilnehmen können, weshalb etliche Mitglieder seit Mai 1994 ausgetreten seien und keine Mitgliedsbeiträge mehr bezahlt hätten); für "rechtswahrende Schritte" wegen des Auflösungsbeschlusses seien außerdem insgesamt S 67.176 an Kosten aufzuwenden gewesen.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung der Klage. Das Begehren sei hinsichtlich der Zahlungspflicht der einzelnen Beklagten unschlüssig. Sowohl wegen der Rücktrittsdrohung des Sechst- und Neuntbeklagten als Vizepräsident und Präsident des Landesverbandes als auch aufgrund der mangelnden Bereitschaft anderer Mitglieder, Organfunktionen, insbesondere die eines Kassiers, zu übernehmen, sei die Generalversammlung verpflichtet gewesen, die Auflösung des Landesverbandes zu beschließen, um weitere Schäden hintanzuhalten. Abgesehen davon, daß es für eine Auflösung nach den Statuten des Landesverbandes einer Begründung nicht bedurft habe, seien sohin ausreichende Gründe für eine Auflösung vorhanden gewesen. Auch wären die Mitgliedsvereine des Landesverbandes ausgetreten, wenn deren Mitgliedsbeiträge ausschließlich für die Bezahlung von Kosten, nicht jedoch für Vereinszwecke Verwendung gefunden hätten. Die im Auflösungszeitpunkt vorhandenen Mittel seien ordnungsgemäß verwendet worden, insbesondere habe im Zeitpunkt der Auflösung eine Honorarforderung des Rechtsanwalts des Landesverbandes in Höhe von S 60.629,40 bestanden. Unschlüssig sei auch, wie in einem vom Kläger behaupteten Vereinsvermögen in Höhe von S 35.000,- dessen Forderung von (zunächst) S 106.000 Deckung hätte finden können.

Die Siebentbeklagte wendete überdies ein, daß dem Kläger aus dem Entfall von Mitgliedsbeiträgen schon deshalb kein Schaden habe erwachsen können, weil es sich um einen ideellen Verein handle, der nicht auf Gewinn gerichtet sei, weshalb die Beiträge der Mitglieder einerseits und die Vereinsaufwendungen für diese Mitglieder andererseits einander die Waage halten müßten. Da die Siebentbeklagte beim Auflösungsbeschluß nicht mitgestimmt habe, fehle es hier auch an der Passivlegitimation.

Das Erstgericht wies ohne Durchführung eines Beweisverfahrens mit Teilurteil das Begehren auf Bezahlung von S 157.687,70 sA ab. Die Satzung des Landesverbandes habe es dessen Mitgliedern freigestellt, den Verein ohne Beschränkung auf irgendwelche Gründe jederzeit aufzulösen. Die Vorgangsweise der beklagten Parteien sei schon deshalb nicht rechtswidrig. Zu prüfen bleibe - dies sei jedoch nicht Gegenstand des Teilurteils - , ob die beklagten Parteien bei Aufteilung des restlichen Vereinsvermögens von S 64.159,70 gegen analog heranzuziehende Liquidationsbestimmungen oder andere, auch strafrechtlich sanktionierte Gläubigerschutzbestimmungen verstoßen hätten.

Da die Auflösung des Vereines zulässig gewesen sei, mangle es an einem Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem Auflösungsbeschluß und den von der klagenden Partei begehrten Kurators- und Rechtsanwaltskosten. Der klagenden Partei dürfe als ideellem Verein aus Mitgliedsbeiträgen nicht mehr verbleiben, als die Aufwendungen des Vereins für ideelle Leistungen an die Mitglieder ausmachten, weshalb aus einem Entfall von Mitgliedsbeiträgen durch ausgetretene Mitglieder ein Schaden nicht abgeleitet werden könne.

Mit dem Vorbringen, das die klagende Partei zu den Kosten des Vorprozesses von S 72.659,- erstattet habe und wonach durch die Auflösung des Landesverbandes und durch die "gezielte Verarmung" dieses Verbandes die Durchsetzung des Kostenersatzanspruches vereitelt werden habe sollen, werde allerdings die Verletzung der §§ 12, 162 und 163 StGB und damit von Schutznormen geltend gemacht, die eine Durchgriffshaftung der beklagten Parteien zur Folge haben könnte. In diesem Punkt sei die Klage daher nicht zur Gänze unschlüssig. Da als Befriedigungsfonds nur das von der klagenden Partei mit insgesamt S 64.159,70 angegebene Vermögen des Landesverbandes in Betracht komme, sei die Differenz von S 8.499,70 (richtig: 8.499,30) schon jetzt abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der von der klagenden Partei gegen dieses Urteil des Erstgerichtes erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Dem Argument einer "culpa in contrahendo" sei schon deshalb nichts abzugewinnen, weil nicht aus einer Unwirksamkeit eines Vertrages Rechtsfolgen abgeleitet würden. Gegenstand des Verfahrens seien vielmehr Ansprüche aus einer wirksamen Auflösung. Erwägungen über eine "unerlaubte Gesellschaft im Sinne des § 26 ABGB" seien deshalb verfehlt, weil sich die Beklagten schon nach dem Vorbringen der klagenden Partei nicht in sittenwidriger Weise der Rechtsform einer juristischen Person bedient, sondern diese vielmehr aufgelöst hätten. Nicht zielführend seien Hinweise auf eine Beweislastumkehr, weil nicht zu erkennen sei, für welche Sachverhaltselemente eine solche postuliert werde. Die in der Berufung aufgestellte Forderung nach einer ordnungsgemäßen Liquidation decke sich mit der Rechtsansicht des Erstgerichtes. Ein aus einem Verstoß gegen Liquidationspflichten abgeleiteter Anspruch könne jedoch äußerstenfalls in der vom Teilurteil ohnehin nicht erfaßten Höhe bestehen. Das Begehren sei hinsichtlich der Kuratorskosten unschlüssig, weil der im Vorverfahren beklagte Landesverband durch die Auflösung allein seine Rechtspersönlichkeit nicht verloren habe und daher weiter parteifähig geblieben sei. Zu welchen anderen Zwecken eine Kuratorsbestellung erforderlich gewesen sei, habe der Kläger nicht dargelegt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könnten entgangene Mitgliedsbeiträge wohl einen Schaden im Vermögen der klagenden Partei dargestellt haben, doch habe diese in keiner Weise begründet, weshalb die Teilnahme an offiziellen Wettkämpfen nicht mehr möglich gewesen und inwieweit dies durch den Ausschluß bedingt gewesen sei und inwieweit sich auch darauf eine konkrete Absicht der beklagten Parteien bezogen hätte. Zu einem denkbaren "Kontrahierungszwang" habe die klagende Partei kein Vorbringen erstattet. Für einen Verstoß gegen das Schikaneverbot (§ 1295 Abs 2 ABGB) sei nach neuerer Rechtsprechung Anknüpfungspunkt nicht mehr die alleinige Schädigungsabsicht, sondern ein krasses Mißverhältnis zwischen eigenen und beeinträchtigten Interessen oder, daß der Schädigungszweck so augenscheinlich im Vordergrund stehe, daß andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten. Bei Ansprüchen, die nicht unmittelbar auf dem Gesetz beruhen, müsse beurteilt werden, ob deren Grundlage einer Überprüfung nach § 879 ABGB standhalte. Sei, wie im vorliegenden Fall, das zugrundeliegende Vereinsstatut des Landesverbandes nicht sittenwidrig, komme ein Verstoß eines darauf gegründeten Auflösungsbeschlusses gegen das Schikaneverbot dann in Betracht, wenn dieser Beschluß ausschließlich in Schädigungsabsicht erfolgt sei. Dies sei jedoch von der klagenden Partei nicht vorgebracht worden.

Aus dem Auflösungsbeschluß allein könne der Kläger daher Schadenersatzforderungen nicht ableiten. Diese könnten allenfalls auf eine nicht ordnungsgemäße Liquidation gegründet werden, zumal eine allfällige Lücke in der Satzung - es gebe keine Bestimmungen über eine Liquidation - durch Analogie zum Gesellschaftsrecht zu schließen sei. Der aus einer Verletzung solcher Verpflichtungen entstandene Schaden könne aber das Vermögen im Zeitpunkt der Liquidation nicht übersteigen. Dieser Vermögenswert sei jedoch vom Teilurteil nicht umfaßt und daher ohnehin Gegenstand des weiteren Verfahrens. Zu Recht habe das Erstgericht daher die Ansprüche auf Schadenersatz wegen entgangener Mitgliedsbeiträge (S 56.550), auf Ersatz der Kosten des Kurators und seiner Bestellung (S 18.629,20 und S 6.833,20), auf Ersatz der Kosten des Klagevertreters im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechtslage (S 67.176,- "vorprozessual") und auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses (S 72.659) - diese, soweit sie das Vereinsvermögen von S 64.159,70 überstiegen - abgewiesen.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage der Sittenwidrigkeit eines Verhaltens im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB im Einzelfall zwar keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darstelle, hier jedoch allgemein auch zu beurteilen sei, ob bei Ausübung vertraglich eingeräumter Gestaltungsrechte erneut eine Interessenabwägung stattzufinden habe.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Gründen der Aktenwidrigkeit sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragen, die Revision zurückzuweisen bzw dieser nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zum Problem der Anwendung der Bestimmung des § 1295 Abs 2 ABGB auf durch Vereinsstatut eingeräumte Gestaltungsrechte (hier: die Auflösung durch seine Mitglieder) eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist auch teilweise berechtigt.

Zu den im Zusammenhang mit der Bestellung des Kurators eingeklagten Kosten (S 6.833,20 und S 18.629,20) ist vorweg zu bemerken, daß es sich dabei um Kosten des Vorprozesses handelt. Dafür spricht deutlich § 64 Abs 1 Z 1 ZPO, weil dort vorgesehen ist, daß die Verfahrenshilfe auch die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Kosten eines Kurators, die die Partei nach § 14 ZPO zu bestreiten hätte, umfassen kann. Da alle anderen in dieser Ziffer angeführten Kosten und Gebühren zweifelsfrei zu den Verfahrenskosten gehören, ist anzunehmen, daß der Gesetzgeber auch die Kuratorskosten dazu zählt. Nichts anderes gilt aber für die der Partei durch das Bestellungsverfahren entstandenen Kosten, weil sie ebenfalls als durch die Prozeßführung verursacht im Sinn des § 41 Abs 1 ZPO anzusehen sind. Handelt es sich bei all diesen Kosten aber um Kosten des Vorverfahrens, können sie aufgrund ihrer Akzessorietät nicht im ordentlichen Rechtsweg, und zwar auch nicht aus dem Titel des Schadenersatzes, geltend gemacht werden (RdW 1995, 12; RZ 1995/92; 8 Ob 2070/96m; 4 Ob 2314/96i uva). Insoweit liegt demnach der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO vor, der aus Anlaß der zulässigen Revision von Amts wegen wahrzunehmen war und die Zurückweisung der Klage in dem hievon betroffenen Umfang zur Folge hat.

Der Rekursgrund der Aktenwidrigkeit wurde geprüft, er ist nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin verkennt das Berufungsgericht weder das Institut der "culpa in contrahendo" noch das einer "erlaubten Gesellschaft" im Sinne des § 26 ABGB. Da die klagende Partei im wesentlichen ihre schon in der Berufung dargelegten Argumente wiederholt, ohne schlüssig darlegen zu können, wie diese Institute im vorliegenden Fall als Anspruchsgrundlage dienen könnten, ist der diesbezüglich zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichtes beizupflichten: Die klagende Partei stützt ihre Ansprüche weder auf ein nicht zustandegekommenes Geschäft noch auf solche unerlaubte Handlungen, zu deren Setzung sich die Beklagten des Landesverbandes bedient hätten. Die Grundlage der Ansprüche ist vielmehr das von der klagenden Partei behauptete sittenwidrige Vorgehen bei der Fassung des Auflösungsbeschlusses, dessen Wirksamkeit von der klagenden Partei offensichtlich gar nicht bestritten wird, zumal ja sonst der Großteil ihrer Ansprüche a priori nicht bestünde.

Nach nunmehr ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 1295 Abs 2 ABGB haftet der Schädiger nicht nur für solche Vermögensschäden, bei denen die Schädigung des Klägers das einzige Interesse des Schädigers ist; seit langem ist vielmehr anerkannt, daß auch die Zufügung reiner Vermögensschäden rechtswidrig ist und daher schadenersatzpflichtig macht, wenn die Interessen des Schädigers wesentlich geringer zu bewerten sind als die des Geschädigten (WBl 1987, 37; JBl 1980, 248 [Rebhahn]; EvBl 1993/101), bzw der Schädigungszweck so augenscheinlich im Vordergrund steht, daß andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (EvBl 1990/51; JBl 1991, 518; EFSlg 69.091). Auch in der herrschenden Lehre (Koziol, Haftpflichtrecht II2 21 f, 95 f; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriffe, 497; Reischauer in Rummel, ABGB II2 Rz 5 zu § 1293; derselbe aaO Rz 59 zu § 1295; Mader, Rechtsmißbrauch und unzulässige Rechtsausübung 224 f) wird diese Meinung vertreten.

Nach Ansicht des erkennenden Senates ist diese Interessenabwägung, soferne vom Geschädigten ein Rechtsmißbrauch behauptet wird, auch dann vorzunehmen, wenn Gegenstand der "Rechts"ausübung ein durch unbedenkliches Vereinsstatut den Mitgliedern eingeräumtes Nutzungsrecht ist, zumal ja bei Abfassung eines Statuts und Unterwerfung der beitretenden Mitglieder unter dasselbe regelmäßig nicht alle in der Zukunft möglichen Interessenslagen bedacht und geregelt werden können. So betrachtet, könnte daher auch ein mit - zumindest bedingtem (WBl 1994, 167) - Schädigungsvorsatz gefaßter Auflösungsbeschluß, insbesondere als Bestandteil des behaupteten Planes zur gezielten Herbeiführung der Vermögenslosigkeit des Landesverbandes, sittenwidrig sein und daher ersatzpflichtig machen. Die Vorinstanzen hielten aufgrund ihrer Rechtsansichten - das Erstgericht erachtete eine Auflösung für unbeschränkt zulässig; das Berufungsgericht vermeinte, daß eine Interessenabwägung nicht vorzunehmen und die alleinige Schädigungsabsicht nicht vorgebracht worden sei (S 27 des Berufungsurteils) - weitere Feststellungen für nicht erforderlich. Da diese Auffassungen jedoch nicht zutreffen, ist die Rechtssache in diesem Punkt noch nicht entscheidungsreif.

Wer sich, wie der Kläger, auf Rechtsmißbrauch im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB beruft, hat den Nachweis aller für eine Sittenwidrigkeit sprechende Umstände, insbesondere dafür zu erbringen, daß zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des Geschädigten ein krasses Mißverhältnis besteht (WBl 1987, 37; WBl 1994, 167). Soweit sich die klagende Partei auf eine im Vorprozeß ihrer Ansicht nach bindend festgestellte Sittenwidrigkeit der Beschlußfassung beruft, ist ihr entgegenzuhalten, daß es für eine aus der Rechtskraft der Vorentscheidung entsprechende Bindungswirkung schon an der Identität der Parteien mangelt (RZ 1989/96; SZ 48/142; 1 Ob 561/92) und überdies die Frage der Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses nur als (letztlich gar nicht maßgebliche) Vorfrage für die aufrechte Parteifähigkeit des dort beklagten Landesverbandes beurteilt wurde. Ebensowenig zielführend ist das Vorbringen der klagenden Partei betreffend eine Beweislastumkehr zu Lasten der beklagten Parteien. Die Bestimmung des § 1295 Abs 2 ABGB ist nämlich kein Schutzgesetz, sondern eine Generalnorm über die sittenwidrige Schädigung, deren Bedeutung darin liegt, dem Geschädigten auch dann einen Ersatzanspruch zu geben, wenn weder seine absoluten Güter noch Rechte aus Schuldverhältnissen verletzt wurden noch ein Schutzgesetz übertreten wurde (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 95).

Im fortgesetzten Verfahren werden demnach die von der klagenden Partei hiezu ohnehin angebotenen Beweise genauso aufzunehmen sein wie die von den beklagten Parteien zum Beweis eines relevanten Eigeninteresses angebotenen. Hiebei wird zu beachten sein:

Hinsichtlich des durch Austritte von eigenen Vereinsmitgliedern verursachten Schadens (S 56.550) stützt die klagende Partei ihren Ersatzanspruch darauf, daß dieser Schaden vom Landesverband Wien zu tragen gewesen wäre (AS 88), dessen Generalversammlung den ungerechtfertigten Ausschluß des klagenden Vereins beschlossen habe. Wenngleich die in Österreich herrschende Lehre und neuere Rechtsprechung zu § 26 ABGB die Haftung der juristischen Person nicht auf deliktisches Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter einschränken, sondern auf das Verhalten von Repräsentanten in leitender Stellung mit eigenem Wirkungsbereich ausdehnen (näheres siehe bei Koziol, Haftpflichtrecht II2 377; Posch in Schwimann2 Rz 33 f zu § 26 ABGB jeweils mwN), wurde bislang im Schrifttum und in der Rechtsprechung, soweit überblickbar, zur Haftung eines Vereins für sein Organ "Mitglieder (= General)versammlung" nicht Stellung genommen. In der Bundesrepublik Deutchland, wo in Gestalt des § 31 BGB eine engere Vertreterhaftungsbestimmung als im österreichischen Rechtsbereich besteht (Koziol aaO; Ostheim, Gedanken zur deliktischen Haftung für Repräsentanten anläßlich der neueren Rechtsprechung des OGH, JBl 1978, 57 [60]), vertritt die herrschende Lehre (Flume, Die juristische Person 387; Enneccerus/Nipperdey § 110 I FN 3; Weick in Staudinger BGB13 Rz 38 zu § 31; Hadding in Soergel, BGB12 Rz 11 zu § 38; Heinrichs in Palandt54 Rz 5 zu § 31; krit Reuter in Münchner Komm BGB3 Rz 14 zu § 31) die Ansicht, daß ein Verein auch für Beschlüsse seiner Mitgliederversammlung hafte. Diese Meinung hält der erkennende Senat auch für den österr. Rechtsbereich für anwendbar, zumal es sich dabei um ein nach den Statuten zur Bildung des Willens des Vereins berufenes Organ handelt und die Haftung der juristischen Person für solche Organe stets anerkannt war (s die Nachweise bei Posch aaO). Dabei ist das Verschulden der Mitglieder dem Handeln der Mitgliederversammlung zuzurechnen (Flume aaO). Zu folgen ist - infolge vergleichbarer Rechtslage - auch der Ansicht des BGH (NJW 1984, 1884; NJW 1990, 2877), daß die Mitglieder eines Vereins ein Recht darauf haben, daß ihre Mitgliedschaftsrechte nicht verletzt werden. Geschieht dies, so begründet dies - ähnlich der positiven Vertragsverletzung - Schadenersatzpflichten des Vereins (BGH aaO).

Wäre im vorliegenden Fall - was jedoch aufgrund der schon erwähnten mangelnden Bindungswirkung noch nicht feststeht - der Ausschluß der klagenden Partei rechtswidrig gewesen und hätte die ihn beschließende Mitgliederversammlung von den mangelnden Voraussetzungen für einen Ausschluß gewußt oder wissen müssen, hätten daher auch Schadenersatzansprüche der dann ungerechtfertigt ausgeschlossenen klagenden Partei gegenüber dem für seine Mitgliederversammlung haftenden Landesverband entstehen können. Hiezu mangelt es noch an Feststellungen.

Sollte aus den zu treffenden Feststellungen auf einen vorsätzlichen Rechtsmißbrauch durch die Beklagten zwecks Verhinderung der Durchsetzung der der klagenden Partei zustehenden Ansprüche zu schließen sein, bedarf es weiterer Feststellungen zur Schadenshöhe. Dabei bilden entgegen der vom Erstgericht vertretenen Meinung gegebenenfalls auch die entgangenen Mitgliedsbeiträge einen ersatzfähigen Schaden. Dieser ist nämlich durch die Differenzrechnung zu ermitteln; es ist also zunächst der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abzuziehen (stRsp, aus jüngerer Zeit ÖBA 1996, 549 [553 f] mwN). Unter diesem Gesichtspunkt führt aber der Verlust des Anspruchs auf Bezahlung von Mitgliedsbeiträgen zu einer Vermögensverminderung, weil sie der klagenden Partei, erweist sich ihr Vorbringen als richtig, ohne den Ausschluß zur Verfügung gestanden wären, infolge des Ausschlusses jedoch nicht zur Verfügung standen. Daß diese Mitgliedsbeiträge zwecksgebunden zu verwenden sind und damit kein Gewinn erzielt werden darf, ist ohne Bedeutung, weil der Schaden schon und allein durch die Verminderung des Vermögens entstanden war.

Bei der Frage der Höhe des von den Beklagten allenfalls zu ersetzenden Schadens ist den Ausführungen in der Revision zwar darin beizupflichten, daß es nicht allein auf den Stand des Vermögens des Landesverbandes zu dem Zeitpunkt, zu dem der Auflösungsbeschluß gefaßt wurde, ankommt, sondern daß auf Grund der ohne die Auflösung zu erwartenden Entwicklung zu beurteilen ist, in welchem Umfang der Kläger gegebenenfalls Ansprüche aus dem Vermögen des Landesverbandes befriedigen hätte können. Zu beachten ist allerdings auch, daß die zuständigen Organe des Landesverbandes bei dessen Zahlungsunfähigkeit (vgl § 66 KO) oder Überschuldung (vgl § 67 KO) gemäß § 69 Abs 2 und 3 KO verpflichtet gewesen wären, die Eröffnung des Konkurses zu beantragen, was dazu führen hätte können, daß der Kläger nur mit einem Teil seiner Forderungen befriedigt worden wäre. Einen höheren Betrag kann er aber auch von den Beklagten nicht verlangen. All dies wird im fortzusetzenden Verfahren zu klären sein.

In diesem Zusammenhang wird die klagende Partei auch anzuleiten sein, die für "rechtswahrende Schritte, Prüfungen und Untersuchungen" aufgewendeten Kosten (S 67.176) im Detail zu erläutern, weil nicht auszuschließen ist, daß es sich dabei um Kosten zur Vorbereitung des hier zu entscheidenden Prozesses gehandelt hat, deren gesonderter Geltendmachung infolge ihrer Akzessorietät zum Hauptanspruch die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegenstünde (siehe die bereits zitierte Rechtsprechung).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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