Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Den Beklagten ist als Erben nach ihrem am 2.August 1994 verstorbenen Vater dessen Nachlaß eingeantwortet worden. Der Erblasser war Hauptmieter einer Wohnung in einem Haus der klagenden Partei. Er war an Krebs erkrankt und am 26.Mai 1994 „in ein Altersheim gebracht“ worden. Er hatte jedoch die Absicht, „nach Besserung seines Gesundheitszustandes“ in seine Wohnung zurückzukehren.
Die klagende Partei kündigte das Bestandverhältnis gemäß § 30 Abs 2 Z 5 MRG auf und brachte vor, dieses sei durch den Tod des Mieters beendet. Es fehle an eintrittsberechtigten Personen im Sinne des § 14 Abs 3 MRG. Das Bestandobjekt werde derzeit von der Enkelin des Verstorbenen ohne Rechtstitel bewohnt. Diese habe jedenfalls kein Eintrittsrecht, habe sie doch mit dem Verstorbenen nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt. Außerdem fehle es ihr auch an einem dringenden Wohnbedürfnis am Bestandobjekt. Der seinerzeitige Aufenthalt des nunmehr verstorbenen Mieters im Altersheim sei endgültig gewesen.
Der Erstbeklagte beteiligte sich am Verfahren nicht. Der Zweitbeklagte wendete ein, der geltend gemachte Kündigungsgrund liege nicht vor. Die Enkelin des Verstorbenen habe bis zu dessen Ableben zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses im gemeinsamen Haushalt mit dem Hauptmieter im Bestandobjekt gelebt. Der „Heimaufenthalt“ des Hauptmieters sei nicht auf Dauer berechnet gewesen. Dieser habe die Absicht gehabt, „in die gegenständliche Wohnung zurückzukehren“ (ON 16 Seite 1). Die Enkelin des Verstorbenen sei daher „in den Mietvertrag“ eingetreten.
Das Erstgericht erklärte seine Aufkündigung vom 28.November 1994 für rechtsunwirksam und wies das Räumungsbegehren ab. Es traf ua folgende Tatsachenfeststellungen:
Die Enkelin des verstorbenen Hauptmieters habe bis 1993 in der Wohnung ihres Vaters, des Zweitbeklagten, gelebt. Sie habe sich jedoch mit dessen Lebensgefährtin nicht verstanden und sei im Laufe des Jahres 1993 „in ein für sie neu eingerichtetes Zimmer“ der aufgekündigten Wohnung gezogen. Sie habe gemeinsam mit ihrem Großvater in dessen Mietwohnung gelebt. Dort hätten sich auch „ihre gesamten persönlichen Sachen“ befunden. Sie sei morgens fast täglich von Mödling nach Wien in die Schule gefahren und abends wieder in die Wohnung ihres Großvaters zurückgekehrt. Sie habe dort gemeinsam mit ihm die Mahlzeiten eingenommen. Dieser habe, soweit es sein Gesundheitszustand zugelassen habe, auch für beide gekocht. Einkäufe habe überwiegend die Enkelin besorgt. Diese habe dem Großvater auch bei der Bewältigung der täglichen Hausarbeit geholfen. Nur gelegentlich habe die Enkelin bei Freunden in Wien genächtigt. Später habe sich der Gesundheitszustand des Großvaters verschlechtert. Er habe dann „den ganzen Tag einer ständigen Aufsicht“ bedurft. Die Enkelin habe sich dagegen intensiv auf die Matura vorbereiten müssen und habe daher, um mehr lernen zu können, im Mai und Juni 1994 drei Nächte (offenbar wöchentlich) in Wien geschlafen, die restliche Zeit aber nach wie vor in Mödling gewohnt. Wegen seiner ständigen Betreuungsbedürftigkeit sei der Großvater dann „in ein Altersheim gebracht“ worden. Nach Ablegung der Reifeprüfung habe sich die Enkelin wieder jeden Tag im Bestandobjekt aufgehalten, dort gegessen, genächtigt und „ihre sonstigen Verrichtungen“ getätigt. Sie habe ihren Großvater regelmäßig im Altersheim besucht. Dessen Gesundheitszustand habe sich jedoch nicht mehr gebessert. Die Enkelin habe im Zeitpunkt des Ablebens ihres Großvaters im Bestandobjekt gewohnt. Sie hätte die Möglichkeit, in die Wohnung ihres Vaters zurückzukehren.
In rechtlicher Hinsicht würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der geltend gemachte Kündigungsgrund nicht vorliege, weil die Enkelin des verstorbenen Hauptmieters in das Mietverhältnis eingetreten sei. Diese habe mit ihrem Großvater bis zu dessen Ableben nicht nur im gemeinsamen Haushalt gelebt, sondern habe an der aufgekündigten Wohnung auch ein dringendes Wohnbedürfnis. Dieses werde durch die bloße Wohnmöglichkeit bei einem Familienangehörigen nicht beseitigt.
Das Berufungsgericht erklärte dagegen die Aufkündigung vom 28.November 1994 für rechtswirksam und erkannte die Beklagten schuldig, das Bestandobjekt zu räumen. Nach dessen Rechtsansicht wird der gemeinsame Haushalt des Hauptmieters mit einer eintrittsberechtigten Person nicht durch Lebensumstände beendet, die, obgleich sich der Hauptmieter nicht im Bestandobjekt aufhalte, nur zur vorübergehenden Unterbrechung des Zusammenlebens führten, solange der Hauptmieter nur die Absicht habe, in die Wohnung zurückzukehren. Ob eine dauernde Abwesenheit des Hauptmieters anzunehmen sei, bestimme sich nach der „Willensrichtung der Betroffenen“. Die Rückkehr in die Mietwohnung dürfe nur „nicht schlechthin ausgeschlossen sein“. Werde der Hauptmieter jedoch in einem Pflegeheim untergebracht, könne nicht ohne weiteres angenommen werden, er sei bloß temporär abwesend. Die überwiegende Zahl der untergebrachten Pflegefälle verbleibe bis zum Lebensende im Heim. Liege eine Beendigung der Pflegebedürftigkeit des Hauptmieters in absehbarer Zeit nicht auf der Hand, trete durch dessen Abwesenheit von der Mietwohnung die Unterbrechung des mit einem Angehörigen zuvor bestandenen gemeinsamen Haushalts ein. Die Beklagten hätten daher zu behaupten und zu beweisen gehabt, daß eine Rückkehr des Hauptmieters „in die aufgekündigte Wohnung in absehbarer Zeit möglich gewesen wäre“, weil dort für dessen Betreuung vorgesorgt worden wäre. Das Vorbringen der Beklagten habe sich jedoch bloß auf die Behauptung einer „subjektiven Absicht“ des Hauptmieters beschränkt, in das Bestandobjekt zurückzukehren. Dessen Enkelin habe daher infolge Unterbrechung des gemeinsamen Haushalts kein Eintrittsrecht, sodaß der Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 5 MRG verwirklicht sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Das Tatbestandsmerkmal des gemeinsamen Haushalts mit dem Hauptmieter im Sinne des § 14 Abs 3 MRG betrifft einen auf Dauer angelegten Lebensumstand. Daher wird, wenn der Hauptmieter eine eintrittsberechtigte Person auf unbestimmte Zeit in die Haushaltsgemeinschaft aufnimmt, ein gemeinsamer Haushalt begründet. Das Gesetz verlangt dabei nicht, daß diese Aufnahme unwiderruflich sein müsse (SZ 68/103 = JBl 1996, 463 [Deixler-Hübner]; RZ 1992/91 = WoBl 1993, 14 = MietSlg 43.183; ImmZ 1991, 150 = MietSlg 42.235). Ein derartiger gemeinsamer Haushalt wird nicht schon durch die Aufnahme des Hauptmieters in einem Pflegeheim beendet (SZ 68/103; 3 Ob 558/95; ImmZ 1991, 150). Ob dessen Aufenthalt in einem solchen Heim als dauernde oder bloß vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen ist, hängt maßgeblich von der Willensrichtung der Betroffenen ab. Hat der Hauptmieter die Absicht, im Falle der Ermöglichung einer Betreuung zuhause oder nach einer allfälligen Besserung seines Gesundheitszustands in die Mietwohnung zurückzukehren und wäre eine solche Rückkehr aufgrund objektiver Tatsachen nicht schlechthin ausgeschlossen, wird durch die vorläufige Unterbrechung des Zusammenlebens ein gemeinsamer Haushalt im Sinne des § 14 Abs 3 MRG nicht aufgehoben (SZ 68/103; 3 Ob 558/95 [auf „die Dauer des Aufenthaltes im … Pflegeheim kommt es nicht an“]; RZ 1992/91; ImmZ 1991, 150). Wenn also eine Rückkehr des Hauptmieters in seine Mietwohnung nicht jedenfalls ausscheidet, ist für das Fortbestehen eines gemeinsamen Haushalts nur dessen Willensbekundung von Bedeutung.
Das Berufungsgericht beruft sich dagegen auf die Entscheidung 2 Ob 569/90 (MietSlg 42.234 = ImmZ 1991, 150), mit welcher eine ordentliche Revision zurückgewiesen wurde. Dort wurde ausgesprochen, ein gemeinsamer Haushalt im Sinne des § 14 Abs 3 MRG werde „durch gewisse, durch Lebensumstände bedingte, auf nicht allzu lange Zeit berechnete Unterbrechungen des Zusammenlebens nicht beendet, solange die Rückkehrabsicht“ bestehe und „ehestmöglich wahrgenommen“ werde. Soweit dort nicht nur die Willensbekundung des Hauptmieters, sondern auch die objektive Dauer seiner Abwesenheit vom Bestandobjekt für maßgeblich gehalten wurde, hielt der Oberste Gerichtshof an dieser Ansicht, wie sich aus seiner späteren, einleitend referierten ständigen Rechtsprechung ergibt, nicht fest.
Aufgrund der Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts soll der Hauptmieter hier aber die Absicht gehabt haben, „nach Besserung seines Gesundheitszustandes wieder in die Wohnung zu seiner Enkelin zurückzukehren“ (ON 24 Seite 3). Die klagende Partei ließ diese Feststellung im Berufungsverfahren unbekämpft, rügte jedoch den Mangel einer Feststellung, wonach der Gesundheitszustand des Hauptmieters „so schlecht“ gewesen sei, daß „eine Rückkehr in die aufgekündigte Wohnung gar nicht bewerkstelligt hätte werden können“ (ON 25 Seite 8).
Mit dem Beweis des Vorliegens der Eintrittsvoraussetzungen gemäß § 14 Abs 3 MRG ist derjenige belastet, der eintrittsberechtigt zu sein behauptet (SZ 68/103; RZ 1992/91; ImmZ 1991, 150), oder auch derjenige, der - wie hier der Zweitbeklagte - vorbringt, der vom Vermieter geltend gemachte Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG sei wegen eines eintrittsberechtigten Dritten nicht verwirklicht. Dieser Beweislast genügte die beklagte Partei aber bereits durch den - hier gelungenen - Nachweis einer Willensbekundung des Hauptmieters, künftig in das Bestandobjekt zurückzukehren. Soweit die klagende Partei eine solche Rückkehr dagegen aufgrund bestimmter objektiver Tatsachen für schlechthin ausgeschlossen hielt, wäre es an ihr gelegen, einen entsprechenden Sachverhalt zu behaupten und auch zu beweisen. Dem Prozeßvorbringen der klagenden Partei im Verfahren erster Instanz sind allerdings keine derartigen Tatsachenbehauptungen zu entnehmen. Es ist daher auch der in der Berufung gerügte Feststellungsmangel zu verneinen.
Die klagende Partei bekämpfte jedoch im Berufungsverfahren die auf das Zusammenleben des vormaligen Hauptmieters mit seiner Enkelin in der Mietwohnung bezogenen Tatsachenfeststellungen des Ersturteils. Wäre diese Beweisrüge berechtigt und träfe das Berufungsgericht die von der klagenden Partei angestrebten Tatsachenfeststellungen, fehlte es am gemeinsamen Haushalt als einer der in § 14 Abs 3 MRG beschriebenen Eintrittsvoraussetzungen. Bliebe dem Rechtsmittel der klagenden Partei dagegen ein Erfolg in diesem Punkt versagt, wäre die Rechtssache im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils spruchreif.
Das Gericht zweiter Instanz wird daher über die Berufung der klagenden Partei durch Erledigung deren Beweisrüge neuerlich zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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