OGH 8ObA2255/96t

OGH8ObA2255/96t30.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Walter Zeiler und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann P*****, vertreten durch Dr.Kurt Klein, Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei J.***** KG, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 400.000,-- brutto sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei und Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8.Mai 1996, GZ 8 Ra 32/96d-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. September 1995, GZ 34 Cga 62/94i-23, teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 48 zweiter Halbsatz ASGG).

Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 59.561,60 (darin S 7.718,60 USt und S 13.250,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war in der Zeit vom 1.9.1954 bis 31.12.1993 als Angestellter mit einem Bruttomonatslohn von zuletzt S 34.972,--, zahlbar 14mal jährlich, bei der Beklagten beschäftigt. Er absolvierte bei der Beklagten eine Lehre als Handelskaufmann, welche er im Jahre 1957 erfolgreich abschloß. Nach einer Tätigkeit als Verkäufer begann er im Jahre 1961 als Vertreter im Lebensmittelgroßhandel zu arbeiten, wobei er noch im selben Jahr den Einkauf und die Organisation des Lebensmittelgroßhandels übernahm. Diese Arbeit verrichtete er seit zumindest drei Jahrzehnten für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär und Mehrheitsgesellschafter der Beklagten ist. Während die Beklagte bis Ende 1994 eine Mühle und eine in der Folge verpachtete Gastwirtschaft und einen Forstbetrieb unterhielt, betrieb die GesmbH einen Lebensmittelgroßhandel. Aufgabe dieses Großhandels war es, Wiederverkäufer mit Waren zu versorgen, wobei dies auch unter Einschaltung einer weiteren Handelsgesellschaft geschah, deren Kommanditist der Komplementär der Beklagten war. Dieser hielt auch die Mehrheitsanteile einer weiteren Gesellschaft mbH, welche einen Lebensmittelmarkt betrieb. Im Unternehmen der Beklagten, welche 1993 einschließlich des Klägers neun Angestellte beschäftigte, fanden der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie mit der Gehaltsordnung für Mitgliedsfirmen des Verbandes der Mühlenindustrie sowie die Kollektivverträge für Forstarbeiter und Arbeiter im Gastgewerbe Anwendung. Die den Lebensmittelgroßhandel betreibende GesmbH beschäftigte ca. 15 Personen, wobei den Dienstverhältnissen der Angestellten der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs zugrundegelegt wurde.

Wiewohl Angestellter der Beklagten arbeitete der Kläger seit Jahrzehnten ausschließlich für die den Lebensmittelgroßhandel betreibende GesmbH. Seine Tätigkeit umfaßte sowohl den Einkauf als auch den Verkauf, die Lagerhaltung sowie zielgerichtete Personalarbeit (Personaleinsatz, Aus- und Weiterbildung, Einfluß auf den Umgang der Mitarbeiter mit den Kunden), die Organisation des Betriebsablaufes und die Planung von Investitionen. Nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fielen die Aufnahme von Mitarbeitern, die Beendigung der Dienstverhältnisse, die tatsächliche Entscheidung über die Durchführung der Investitionen und die Führung der Buchhaltung. Im Jahre 1986 erhielt der Kläger für die GesmbH die Prokura. Er sollte in Vertretung des abwesenden Geschäftsführers dringende fristgebundene Papiere gegenzeichnen.

Der Kläger wurde als Arbeitnehmer der Beklagten nach dem Kollektivvertrag für die Angestellten in der Mühlenindustrie in der Verwendungsgruppe IV nach 18 Verwendungsgruppenjahren entlohnt. Er bezog im Dezember 1992 aufgrund dieser Einstufung S 27.150,-- zuzüglich einer Zulage in der Höhe von S 6.283,-- als Prämie für seine Tätigkeit in der GesmbH. Im selben Zeitraum hätte ein Bediensteter der Beschäftigungsgruppe 6 des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs S 29.425,-- verdient. Neben dieser Entlohnung erhielt der Kläger als Angestellter der Beklagten gewisse Naturalleistungen, wie etwa günstigere Preise im Elektromarkt oder eine Teilrefundierung der Stromkosten.

Mit seiner am 31.3.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger ursprünglich die Bezahlung von S 266.906,-- brutto sA. Er sei aufgrund seiner leitenden das Unternehmen der Beklagten in seinem Wirkungskreis entscheidend beeinflussenden Stellung in die Verwendungsgruppe VI im letzten Verwendungsgruppenjahr des Rahmenkollektivvertrages für Angestellte der Industrie mit der Gehaltsordnung für die Mühlenindustrie einzustufen gewesen und hätte dementsprechend entlohnt werden müssen. Unter Berücksichtigung des dreijährigen Verjährungszeitraumes und unter Vorbehalt der Ausdehnung mache er vorerst die Differenzbeträge von März 1991 bis einschließlich Juli 1992 geltend. Bis Juli 1991 habe die monatliche Gehaltsdifferenz S 12.765,-- und ab August 1991 S 13.594,-- jeweils brutto betragen, was einschließlich der Sonderzahlungen den Klagsbetrag ergebe. In der Tagsatzung vom 4.5.1995 (ON 19) erklärte der Kläger das Klagebegehren "hinsichtlich der bisher noch nicht geltend gemachten Ansprüche über Juli 1992 hinaus auf S 400.000,-- auszudehnen". Bereits mit Schreiben vom 31.1.1994 sei rechnerisch der Gesamtanspruch des Klägers aus der Anwendbarkeit der Verwendungsgruppe VI des Kollektivvertrages für die Mühlenindustrie im Betrage von S 791.482,-- brutto geltend gemacht worden und werde nun ein minus gegenüber diesem Gesamtanspruch begehrt.

Die Beklagte wendete dagegen ein, daß die Tätigkeit des Klägers im Unternehmen lediglich der eines Verkäufers mit selbständiger Einkaufsbefugnis entsprochen und der Kläger keine leitende Funktion ausgeübt und auch keine schöpferische Arbeit verrichtet habe. Die Einstufung in die Verwendungsgruppe IV des Rahmenkollektivvertrages für Angestellte der Industrie sei gerechtfertigt. Der Kläger habe ausschließlich für die den Lebensmittelgroßhandel betreibende GesmbH gearbeitet, für welche der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs anzuwenden sei. Die Entlohnung des Klägers sei über jener der Beschäftigungsgruppe 6 dieses Kollektivvertrages gelegen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß auf den Kläger der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs anzuwenden sei. Nach dessen höchster Beschäftigungsgruppe 6 hätte der Kläger im Dezember 1992 weniger erhalten als ihm tatsächlich unter Heranziehung der Entlohnung der Verwendungsgruppe IV des Kollektivvertrages der Mühlenindustrie zuzüglich der Zulage für seine Tätigkeit in der GesmbH ausbezahlt worden sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers teilweise Folge und bestätigte das angefochtene Urteil, insoweit es das ausgedehnte Klagebegehren von S 145.859,-- brutto sA abwies, als Teilurteil. Es sprach diesbezüglich aus, daß die Revision gemäß § 46 Abs 1 ASGG nicht zulässig sei. Darüber hinaus, somit in Ansehung eines Betrages von S 254.141,-- brutto sA hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Zum bestätigenden Teil seiner Entscheidung führte das Berufungsgericht aus, daß bei Berechnung des ursprünglich begehrten Klagsbetrages irrtümlich für den Zeitraum März bis Juli 1991 der Differenzbetrag für sechs Monate, statt richtigerweise lediglich für fünf Monate begehrt worden sei. Dieser Teil des geltend gemachten Anspruches sei daher jedenfalls zu Recht abgewiesen worden. Auch dem ausgedehnten Klagebegehren könne kein Erfolg beschieden sein, da das Vorbringen unschlüssig sei. Es könne nicht nachvollzogen werden, welchen Teilbetrag der Kläger aus welchem Titel mit der Ausdehnung begehre.

Zum aufhebenden Teil seiner Entscheidung führte das Gericht zweiter Instanz aus, es könne nicht zweifelhaft sein, daß die Beklagte Dienstgeberin des Klägers sei. Daß jemals eine Vereinbarung im Sinne des § 11 Abs 1 AÜG zustandegekommen sei, wonach die Arbeitskraft des Klägers der den Lebensmittelgroßhandel betreibenden GesmbH überlassen werde, sei im Verfahren weder behauptet worden noch sonst hervorgekommen. Auch wenn der Komplementär der Beklagten in beiden Unternehmen eine maßgebliche Stellung innehabe, könne nicht von der Identität der Beklagten einerseits und der GesmbH andererseitss ausgegangen werden. Daraus folge die Unanwendbarkeit des vom Erstgericht herangezogenen Kollektivvertrages für Handelsangestellte und die Unrichtigkeit der daraus resultierenden Abweisung des Klagebegehrens auf der Grundlage der Gegenüberstellung eines höchstmöglichen Angestelltengehaltes nach dem Kollektivvertrag für Handelsangestellte und dem tatsächlich bezogenen Einkommen unter Einschluß der Prämie. Auf das Dienstverhältnis des Klägers habe vielmehr der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie Anwendung zu finden. Maßgebend für die Einreihung sei die Art der tatsächlich überwiegend geleisteten Tätigkeit. Weil die Prokura nur die gesetzlich umschriebene Formalvollmacht darstelle, bedürfe es ergänzender Feststellungen, inwieweit der Kläger im Rahmen der ihm erteilten Prokura tätig geworden sei. Auch sei der jeweilige Umfang der Tätigkeit des Klägers zeitbezogen zu ermitteln, um beurteilen zu können, ab welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine entsprechende Einstufung vorgelegen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Aufhebungsbeschluß erhobene Rekurs der Beklagten ist berechtigt.

Unter Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes ist nach dem hiebei anzuwendenden § 1151 Abs 1 ABGB jene Person zu verstehen, der sich der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung verpflichtet hat (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht5 143; Tomandl, Arbeitsrecht I3, 104; VwGHSlg 11.559 [A]; 8 ObS 2049/96y). Dieser Arbeitgeberbegriff ist nicht ident mit jenem des Sozialversicherungsrechtes, wo gemäß § 35 ASVG derjenige als Dienstgeber gilt, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird (GesRZ 1979, 33). Sowohl die OHG (§ 124 HGB) als auch die KG (§ 161 Abs 2 HGB) nehmen, individualisiert durch ihre Firma, als Gesellschaft am Rechts- und Prozeßrechtsverkehr teil und können Sachenrechte erwerben (Koppensteiner in Straube HGB2 § 124 Rz 1). Diese Personengesellschaften des Handelsrechtes können daher auch Dienstgeber sein (Krejci in Rummel ABGB2 Rz 144 zu § 1151;

Schwarz/Löschnigg aaO 144; VwGH GesRZ 1983, 227; VwGH ZfVB 1989/2001;

8 ObS 2049/96y). Es gilt daher auch hier der sonst für juristische Personen anzuwendende Grundsatz, daß nicht den für die Gesellschaft handelnden Personen die Einhaltung der vertraglich übernommenen Pflichten des Arbeitnehmers geschuldet wird, sondern der Gesellschaft selbst (Tomandl, Arbeitsrecht I3, 104). Auch zwischen den Personengesellschaften des Handelsrechtes und ihren Gesellschaftern besteht keine Identität (EvBl 1964/13; WBl 1993, 92). Es bestehen daher aus der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion der Beklagten keine Bedenken, diese als Arbeitgeber des Klägers anzusehen.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes kann die vom Komplementär der Beklagten dominierte Firmengruppe als Konzern im Sinne des § 115 Abs 1 GmbHG (§ 15 Abs 1 AktG) angesehen werden. Darunter sind rechtlich selbständige Unternehmen zu verstehen, die zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sind. Innerhalb eines Konzernes könnten Erklärungen der Konzernleitung in tatsächlicher Ausübung der Arbeitgeberfunktion den für den Dienstnehmer nicht eindeutig erkennbaren Dienstgeber verpflichten (DRdA 1995/7; SZ 66/93 = DRdA 1994/13 [zust Kerschner]). Ebenso wurde ausgesprochen, daß dann, wenn mehrere Personen Arbeitgeberfunktion wahrnehmen, zu prüfen sei, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers objektiv gesehen darauf vertrauen durfte, daß der Erklärende im eigenen Namen als Arbeitgeber bzw als Vertreter für einen bestimmten Arbeitgeber handle. Aus der Wahrnehmung von Einzelpflichten sei nach den Grundsätzen eines beweglichen Systems auf die mögliche Arbeitgeberstellung im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes zu schließen (DRdA 1994/37). Für eine Anwendung dieser Rechtssätze ist im gegenständlichen Fall deshalb kein Raum, weil sich weder aus dem Parteienvorbringen noch den Feststellungen Anhaltspunkte dafür ergeben, der Kläger wäre sich über seinen wahren Arbeitgeber im unklaren gewesen. Es ist vielmehr unstrittig, daß Arbeitgeberin des Klägers die Beklagte war und dieser in Kenntnis der Gegebenheiten die grundsätzlich ihr geschuldeten Dienste der GesmbH erbrachte.

Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz 1988 (AÜG) gilt nach dessen § 1 Abs 1 für die Beschäftigung von Arbeitskräften, die zur Arbeitsleistung an Dritte überlassen werden. Auch die bloß gelegentliche Überlassung von Arbeitskräften fällt grundsätzlich in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes (Geppert, AÜG 16; SZ 66/79; 8 ObA 2186/96w). Allerdings sind die besonderen Bestimmungen des Abschnittes III, insbesondere jene des § 10 über den Anspruch auf ein bestimmtes Mindestentgelt unter Berücksichtigung der kollektivvertraglichen Entlohnung im Beschäftigerbetrieb bei gleichzeitiger Wahrung einer günstigeren für den Überlasserbetrieb geltenden kollektivvertraglichen Regelung gemäß § 1 Abs 3 AÜG nur auf die konzessionspflichtige Überlassung von Arbeitskräften anzuwenden. Diese ausdrückliche Einschränkung des Gesetzes, die der Gefahr des Einsatzes "billiger" Arbeitskräfte im Beschäftigerbetrieb entgegenwirken soll (vgl Geppert aaO 117), läßt eine analoge Anwendung dieser Grundsätze auf andere Sachverhalte nur insoweit zu, als sie allgemeine Grundsätze des Arbeitsrechtes wiederspiegelt.

Die Konkurrenz von Kollektivverträgen wird durch die Bestimmungen der §§ 9 und 10 ArbVG geregelt. Der Ansatzpunkt ist jedoch ein grundsätzlich anderer als in der hier zur Entscheidung vorliegenden Fallkonstellation. Unter den verfehlten (Floretta/Strasser KommzArbVG, 77) Rubriken "Fachlicher Geltungsbereich" und "Persönlicher Geltungsbereich" regelt das Gesetz nämlich in diesen Bestimmungen nur einige jener Fälle, in denen in bezug auf die Arbeitnehmer eines Arbeitgebers die Geltung mehrerer Kollektivverträge aufeinander stößt. Selbst unter Berücksichtigung des bestehenden Konzerngefüges kann aber - wie bereits eingangs dargestellt - nicht davon ausgegangen werden, daß für den Kläger ein (übergeordneter) Arbeitgeber bestünde, für dessen Tätigkeitsbereich sowohl der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie als auch der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs Geltung hätte. Zwar bildet die Arbeitsstätte, die dem Betriebsbegriff des § 34 Abs 1 ArbVG entspricht, den zentralen Anknüpfungspunkt des Betriebsverfassungsrechtes, doch hat dies auf die arbeitsvertragliche Stellung des Dienstnehmers deshalb keinen Einfluß, weil der Betriebsinhaber mit dem arbeitsvertraglichen Arbeitgeber nicht ident sein muß (DRdA 1995/7; JBl 1996, 262).

Gemäß § 11 Abs 1 ArbVG sind die Bestimmungen des Kollektivvertrages, soweit sie nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien regeln, innerhalb seines fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereiches unmittelbar rechtsverbindlich. Bestimmungen eines Kollektivvertrages, die geeignet sind, auf das Arbeitsverhältnis einzuwirken (normativer Teil des Kollektivvertrages) sind für alle Arbeitsverhältnisse innerhalb des Geltungsbereiches des Kollektivvertrages unabhängig vom Willen der einzelnen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unmittelbar rechtsverbindlich (Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, Arbeitsverfassungsrecht II, 76; SZ 63/144). Die Mindeststandards des jeweils gültigen Kollektivvertrages können auch mit Zustimmung des Arbeitnehmers nicht wirksam unterschritten werden (WBl 1987, 101; DRdA 1994/47; RdW 1996, 128). Der für die den Lebensmittelgroßhandel führende GesmbH anzuwendende Kollektivvertrag ist unbestrittenermaßen jener für die Handelsangestellten Österreichs. Dieser Kollektivvertrag wäre auf den Kläger anzuwenden und stellt den Mindeststandard dar, welcher zu Lasten des Klägers nicht unterschritten werden darf. Darüber hinaus kann jedoch die Geltung eines anderen Kollektivvertrages als Vertragsschablone vereinbart werden. In einem derartigen Fall, in welchem dem nur durch Vereinbarung gültigen Kollektivvertrag nicht mehr die Funktion zukommt, dem Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses einen Mindeststandard zu sichern, ist das Günstigkeitsprinzip des § 3 Abs 1 ArbVG in Ansehung dieses Kollektivvertrages ohne entsprechende Parteienvereinbarung nicht anwendbar (SZ 67/159). Dies muß umso mehr gelten, wenn der Dienstvertrag Sonderregelungen enthält - hier die Vereinbarung einer Zulage - , welche erkennbar den Mindeststandard des nach dem Tätigkeitsbereich normative Wirkung entfaltenden Kollektivvertrages wahren sollten. Diesem Grundsatz folgend hat der Oberste Gerichtshof zum sogenannten Angestellten ex contractu mehrfach ausgesprochen, daß die Zuerkennung der Angestellteneigenschaft in arbeitsrechtlicher Sicht lediglich die vertragsmäßige Behandlung als Angestellter unter Zugrundelegung des Angestelltengesetzes als Vertragsschablone bewirke. Die Anwendung des Kollektivvertrages für Angestellte des Gewerbes in einem einschlägigen Betrieb komme nur dann in Frage, wenn dies sowie die Einstufung in eine bestimmte Verwendungsgruppe unwiderruflich vereinbart worden sei. Für die Einstufung in eine höhere Verwendungsgruppe bedürfe es einer neuerlichen schlüssigen oder ausdrücklichen Vereinbarung (SZ 66/160; WBl 1994, 200; RdW 1995, 26; Floretta in Floretta/Strasser aaO 265). Daß die vom Kläger angestrebte Einstufung in die Verwendungsgruppe VI des Rahmenkollektivvertrags für Angestellte der Industrie mit der Gehaltsordnung für Mitgliedsfirmen des Verbandes der Mühlenindustrie schlüssig oder ausdrücklich mit der Beklagten vereinbart worden wäre, ist im Verfahren weder behauptet worden noch sonst hervorgekommen. Der Kläger wäre daher selbst dann nicht nach dieser Verwendungsgruppe zu entlohnen, wenn seine Tätigkeit den dort genannten Kriterien entsprechen würde. Beurteilungskriterien eines tätigkeitsfremden Kollektivvertrages können außerhalb des Anwendungsbereiches des § 10 AÜG zur Einstufung nämlich nicht herangezogen werden. Daß die vereinbarte Entlohnung jedenfalls über der höchstmöglichen Einstufung des Kollektivvertrags für die Handelsangestellten Österreichs gelegen ist, hat das Erstgericht unbekämpft festgestellt.

Da die Streitsache somit aufgrund der dargestellten Rechtsansicht zur Entscheidung reif ist, konnte der Oberste Gerichtshof in Stattgebung des Rekurses gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO in der Sache selbst erkennen. Damit ist aber auch dem Vorbringen in der außerordentlichen Revision des Klägers zur teilweisen Bestätigung der Klagsabweisung durch das Berufungsgericht der Boden entzogen, weil selbst, wenn man seinen zur Berechnungsmethode und zur Frage der Schlüssigkeit vorgetragenen Argumenten folgen wollte, auch dieses Begehren aufgrund der referierten rechtlichen Überlegungen abzuweisen wäre.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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