OGH 13Os1/97

OGH13Os1/9722.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Jänner 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Heißenberger als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht Innsbruck zum AZ 30 Vr 920/96 anhängigen Strafsache gegen Fridolin K***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 10.Dezember 1996, AZ 6 Bs 600/96, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht die (zulässige; siehe 12 Os 130/95, 12 Os 135/96) Beschwerde des Fridolin K***** gegen den gemäß § 176 Abs 1 StPO erlassenen Haftbefehl des Landesgerichts Innsbruck (nur) teilweise Folge gegeben, indem die Annahme der Verdunkelungsgefahr (§ 175 Abs 1 Z 3 StPO) aus dem Haftbefehl zu entfallen hatte, nicht jedoch die übrigen angenommenen Gründe des § 175 Abs 1 Z 3 und 4 StPO.

Der Beschwerdeführer ist flüchtig, der (für das Inland erlassene) Haftbefehl nicht vollzogen und die Beschwerde deshalb unzulässig.

Ohne Vollzug eines Haftbefehls hat kein Entzug der persönlichen Freiheit stattgefunden, es wurde deshalb auch weder eine Haft verhängt noch aufrecht erhalten und ist deshalb eine Grundrechtsbeschwerde nicht eröffnet.

Ein (begründeter richterlicher) Haftbefehl berührt das durch Art 5 Abs 1 EMRK geschützte und auf dieser Grundlage durch Art 2 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 1988/684, für den innerstaatlichen Rechtsbereich näher ausgestaltete Freiheitsrecht nämlich solange nicht, als er nicht vollzogen wird (Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar Art 5 RN 20). Demgemäß stellt auch das GRBG allein auf die durch eine gerichtliche Entscheidung oder Verfügung stattgefundene Verletzung (§ 7 GRBG) der persönlichen Freiheit durch Verhängung oder Aufrechterhaltung einer Haft ab (§§ 1, 2 GRBG). Das GRBG eröffnete jedoch (nach Erschöpfung des Instanzenzugs) keine zusätzliche Prüfung weder im Hinblick auf den Haftbefehl noch ob irgendwann einmal eine Grundrechtsverletzung (zukünftig) stattfinden könnte, welche übrigens bei einer solcherart erfolgreichen Beschwerde ebensowenig stattfinden würde, wie bei einer späteren Rücknahme des Haftbefehls (aus welchen Gründen immer; vgl auch 12 Os 145/95-5).

Daß sich der Beschwerdeführer - wie der Verteidiger in seiner gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung meint - subjektiv bereits jetzt im Grundrecht verletzt fühlt, weil er sich durch die drohende Verhaftung in seiner Freizügigkeit (deren Verletzung nicht vom GRBG erfaßt ist:

siehe Art 2 Abs 1 des 4.ZPzEMRK; Frowein/Peukert aaO RN 8) nach Österreich zurückzukehren behindert sieht, ist vorliegend ohne Belang. Das in dieser Stellungnahme erwähnte Grundrechtserkenntnis zu 14 Os 171/95, wonach ein Haftbefehl mit Grundrechtsbeschwerde dann nicht mehr angefochten werden kann, sobald die (mit Grundrechtsbeschwerde bekämpfbare) Untersuchungshaft verhängt wurde, enthält keine Aussage darüber, ab wann ein Haftbefehl mit Grundrechtsbeschwerde bekämpfbar ist und schon gar nicht, daß dies vor Haftverhängung zulässig sei. Einer solchen Annahme steht vielmehr das (nachfolgende) Erkenntnis zu 14 Os 128/96 entgegen, welche die Anfechtung eines (internationalen) Haftbefehls mit Grundrechtsbeschwerde (erst) bejaht, sobald (Unterstreichung auch in der Urschrift der zitierten Entscheidung) es (dort: im Ausland) zur Verhängung und Aufrechterhaltung der (Auslieferungs-)Haft gekommen ist.

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