OGH 14Os128/96

OGH14Os128/968.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Oktober 1996 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Ebner, Dr. E.Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Berger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard S***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Mai 1996, GZ 6 d Vr 12.289/95-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Blaschitz zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard S***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB sowie des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 30. August 1995 in Wien seine am 18. November 1989 geborene, sohin unmündige Tochter Lisa S***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er seinen Finger in ihre Scheide und ihren After einführte.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, der indes keine Berechtigung zukommt.

Die Kritik in der Mängelrüge (Z 5), wonach die Ergebnisse des Beweisverfahrens (Einvernahme vor der Sicherheitsbehörde und kontradiktorische Vernehmung - S 33 bis 35 und ON 9) nicht die Urteilsfeststellungen rechtfertigen, daß das Opfer über Schmerzen klagte und der Angeklagte daraufhin die im Urteil beschriebenen Handlungen beendete, betrifft keinen entscheidungswesentlichen Tatumstand. Im übrigen übersieht der Angeklagte, daß sich das Erstgericht bei diesen Feststellungen auf den Bericht der Psychologin Dr. Ilse P***** stützen konnte, der gegenüber die unmündige Lisa S***** angab, daß "es (...) ihr sehr wehgetan (habe), sodaß er (gemeint: der Angeklagte) damit letztlich wieder aufhörte" (AS 85). Die bemängelten Urteilsfeststellungen stehen überdies auch nicht im Widerspruch zu den Angaben des Mädchens vor der Untersuchungsrichterin, wonach bei diesen Handlungen nichts gesprochen wurde (AS 90 oben), weil das Gefühl von Schmerzen nicht nur auf verbale Weise ausgedrückt werden kann.

Soweit der Angeklagte weiters als Unvollständigkeit (Z 5) bzw als Feststellungsmangel (Z 9 lit a) die Unterlassung von Feststellungen über seine angeblich fehlende sexuelle Erregung rügt, läßt er außer acht, daß in dem ihm angelasteten ersten (sowie im zweiten) Deliktsfall des § 207 Abs 1 StGB die beabsichtigte geschlechtliche Erregung (oder Befriedigung) des Täters ebensowenig zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlich ist wie im ersten Deliktsfall des § 212 Abs 1 StGB (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 207 RN 12; § 212 RN 21), sodaß sich die Urteilsfeststellungen über den Vorsatz des Täters (§ 5 Abs 1 StGB) auf den Mißbrauch zur Unzucht und die Unmündigkeit bzw Minderjährigkeit des Opfers beschränken konnten. Der Beschwerde (Z 5) zuwider konnte das Erstgericht diese Feststellungen zur subjektiven Tatseite nach Lage des Falles mängelfrei aus den objektiven Umständen ableiten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht das (idealkonkurrierende) Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen als erschwerend, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten. Es verhängte über ihn nach §§ 28 Abs 1, 207 Abs 1 StGB fünfzehn Monate Freiheitsstrafe, deren Vollzug unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde (§ 43 Abs 1 StGB).

Die gegen den Strafausspruch gerichtete Berufung des Angeklagten, mit der er eine Reduzierung des Strafmaßes bzw die Verhängung einer Geldstrafe (§ 37 StGB) anstrebt, ist unbegründet.

Das Schöffengericht hat die Alkoholisierung des Angeklagten, die dieser als weiteren Milderungsgrund ins Treffen führt, zu Recht unbeachtet gelassen, wird doch die dadurch bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit durch den Vorwurf, daß er sich durch mehrere Gasthausbesuche in Begleitung seiner noch nicht sechsjährigen Tochter in diesen Zustand versetzt hat, aufgewogen (§ 35 StGB).

Daß die Intensität des sexuellen Angriffs relativ geringfügig war, läßt zwar die im unteren Drittel des bis zu fünf Jahren reichenden Strafrahmens ausgemessene Strafe gerechtfertigt erscheinen, bildet jedoch ebensowenig einen besonderen Milderungsgrund wie das behauptete Unterbleiben einer für die Tatbestandsverwirklichung gar nicht erforderlichen geschlechtlichen Erregung oder Befriedigung oder die Prognose, daß die Tat für die Minderjährige ohne Spätfolgen bleiben wird.

Für eine Herabsetzung des Strafmaßes bestand daher kein Anlaß.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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