OGH 12Os135/96

OGH12Os135/9631.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Oktober 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Stitz als Schriftführer, in der beim Landesgericht für Strafsachen Wien zu AZ 27 a Vr 9123/96 anhängigen Strafsache gegen Spiros K***** wegen des Verbrechens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen die Haftbefehle vom 27. April 1995, GZ 27 a Vr 13801/94-14, und vom 23.August 1996, GZ 27 a Vr 9123/96-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluß des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.Dezember 1994 wurde gegen den mazedonischen Staatsbürger Spiros K***** die Voruntersuchung wegen des Verbrechens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB eingeleitet, weil er inhaltlich einer von der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, Kriminalpolizeilicher Dienst-EDOK, an die Staatsanwaltschaft Wien erstatteten Strafanzeige vom 5.Dezember 1994 dringend verdächtig ist, den Betrag von (umgerechnet in österreichische Währung) 39,190.824,96 S aus einer im Geschäftsverkehr (durch ein Versehen bei der Bezeichnung der Überweisungssumme) unterlaufenen Fehlüberweisung statt entsprechender Refundierung Eigenzwecken zugeführt zu haben. Die in Italien ansässige Firma "Superbox CONTENITORI per Bevande SRL" hatte im Zusammenhang mit einem Getränkedosen betreffenden Liefervertrag den Betrag von 18.775,29 DM auf ein von der Firma "ZLOGOS Ltd" bei der Central Wechsel- und Creditbank AG, 1010 Wien, Kärntnerstraße 40, zu überweisen. Durch einen Schreibfehler kam es jedoch irrtümlich zur Überweisung eines Betrages von 18,775.296 DM, welche Summe der "ZLOGOS Ltd" mit Wert vom 18.Oktober 1994 gutgeschrieben wurde. Nach der durch entsprechende Geschäftskorrespondenz und Bankunterlagen erhärteten Darstellung des durch die Fehlüberweisung belasteten Unternehmens Firma "Superbox CONTENITORI per Bevandi SRL" hat Spiros K***** als Geschäftsführer der Firma "ZLOGOS Ltd" in der Folge zwar einen Teilbetrag von insgesamt (umgerechnet) 92,424.000 S rücküberwiesen, ein analoges Vorgehen hinsichtlich der Restsumme von 39,190.824,96 S jedoch im wesentlichen mit der Begründung verweigert, aus der - wenngleich als Irrtum erkannten - Fehlüberweisung Kursgewinne und einen Teil des Kapitalbetrages "als Provision" zu beanspruchen, das versehentlich seinem Unternehmen zugeflossene Geld bereits zu Geschäftszwecken verwendet zu haben und weitere Rückzahlungen erst aus erhofften Geschäftsgewinnen leisten zu können.

Zu der für Spiros K***** und die von ihm geführte Firma "ZLOGOS Ltd" in Erfahrung gebrachten Wohn- bzw Sitzadresse Nikosia, 5 B Samou Street, Ayie Omologihtes, Zypern, teilte Interpol Zypern am 24. November 1994 fernschriftlich mit, daß Spiros K***** mit 31.Jänner 1992 als Geschäftsführer der Firma "ZLOGOS Ltd" zurückgetreten war und dieses Unternehmen mit diesem Datum die Geschäftstätigkeit eingestellt hatte. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, daß sich der Beschuldigte nicht in Zypern aufhalte, wozu am 10.April 1995 der ergänzende Interpol-Hinweis auf einen möglichen (nicht näher konkretisierten) Aufenthalt des Beschuldigten in Bulgarien erging.

Der Untersuchungsrichter erließ daraufhin am 27.April 1995 gegen Spiros K***** einen auf §§ 175 Abs 1 Z 2, 3 und 4, 176 Abs 1 StPO gestützten Haftbefehl im wesentlichen mit der Begründung, daß der - nach Maßgabe der untersuchungsgegenständlichen Tathandlung von hoher Straferwartung betroffene - (an den aktenkundigen Anschriften nicht wohnhafte) Beschuldigte unbekannten Aufenthaltes sei, zu dem (noch weiter aufklärungsbedürftigen) Sachverhalt noch nicht vernommen werden konnte und nach dem Gewicht der angezeigten Straftat weitere Tatbegehung befürchten lasse. Gleichzeitig wurde - soweit die nach dem damaligen Untersuchungsstand verfügbaren Daten dazu ausreichten, ein als Grundlage eines allfälligen späteren Auslieferungsverfahrens gedachter Steckbrief ausgefertigt (ON 17). Am 19.Mai 1995 wurde das Verfahren zwar formal gemäß § 412 StPO abgebrochen, der Tatverdacht jedoch in der Folge durch weitere Untersuchungshandlungen, insbesondere durch die Vernehmung des als Kundenbetreuer für die Central Wechsel- und Creditbank AG tätigen Zeugen Gerhard L*****, der die Anzeigefakten im wesentlichen bestätigte, zusätzlich erhärtet (ON 25).

Spiros K***** wurde schließlich am 13.August 1996 auf Grund des Haftbefehls vom 27.April 1995 in Paphos (Zypern) festgenommen. Am 23. August 1996 fertigte schließlich der Untersuchungsrichter den von zypriotischen Justizbehörden als Grundlage der vorläufigen Auslieferungshaft bemängelten Haftbefehl mit Ergänzungen neu aus (ON 40).

Spiros K***** wurde nach den aktenkundigen Erhebungsergebnissen am 16. August 1996 aus der vorläufigen Auslieferungshaft "unter solchen Bedingungen, welche seinen Aufenthalt in Zypern während des Auslieferungsverfahrens sicherstellen", aus der vorläufigen Auslieferungshaft entlassen (343).

Rechtliche Beurteilung

Die gegen beide vorerwähnten Haftbefehle gerichtete Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten erweist sich - ohne daß auf das ihr zugrundeliegende Vorbringen einzugehen wäre - schon deshalb als unzulässig, weil die in § 1 Abs 1 GRBG normierte spezifische Primärvoraussetzung der in Rede stehenden Anrufung des Obersten Gerichtshofes mangels Erschöpfung des Instanzenzuges hier nicht erfüllt ist.

Dazu ist zunächst festzuhalten, daß der Oberste Gerichtshof mit Entscheidung vom 12.Oktober 1995, GZ 12 Os 130/95-5, die grundsätzliche Anfechtbarkeit gerichtlicher Entscheidungen über die Erlassung von Haftbefehlen betreffende Antragstellungen mit Beschwerde ausdrücklich klargestellt hat. Die dort für die (a limine-)Ablehnung anklagebehördlich beantragter Haftverhängung dargelegten Erwägungen, insbesondere der untrennbare rechtslogische Zusammenhang des Haftbefehls mit der regelmäßig gleichzeitig beantragten Verhängung der (dort Untersuchungs-)Haft und die regelmäßige meritorische Deckungsgleichheit der sowohl für den Haftbefehl als auch für die Haftverhängung entscheidenden Beurteilungskriterien gelten nahelegenderweise auch für den - hier aktuellen - Fall der antragskonformen Erlassung eines Haftbefehls. Daß der Beschuldigte inzwischen die Aufhebung der bekämpften Haftbefehle beantragt und der Untersuchungsrichter diesen Antrag mit Beschluß vom 7.Oktober 1996, GZ 27 a Vr 9123/96-50, abgewiesen hat, wird dem in Ansehung der Grundrechtsbeschwerde normierten Zulässigkeitskriterium der Erschöpfung des Instanzenzuges (§ 1 Abs 1 GRBG) (noch) nicht gerecht.

Dementsprechend war spruchgemäß - ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) - mit Zurückweisung der Grundrechtsbeschwerde vorzugehen.

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