Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die am 3.9.1919 geborene Josefa L***** ist zu 2/3 Eigentümerin der aus den Bauflächen 838/18 (begrünt) und 622 mit dem Wohnhaus A***** bestehenden Liegenschaft *****. Mit einem am 25.10.1995 vor dem nunmehrigen Vertreter des Antragstellers in der Form eines Notariatsaktes errichteten Übergabsvertrag übergab sie diese Liegenschaftsanteile dem Antragsteller, ihrem Enkel. Dieser verpflichtete sich zu bestimmten Versorgungsleistungen (zu deren Sicherung eine Reallast einverleibt werden sollte) sowie zur Verbücherung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten seiner Mutter.
Am 29.11.1995 erwirkte die Übergeberin die Anmerkung einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung (TZ 30798/95). Als dann der Antragsteller unter Vorlage des Rangordnungsbeschlusses am 13.8.1996 die Verbücherung des Übergabsvertrages, insbesondere die Einverleibung seines Eigentumsrechtes beantragte, lehnte das Grundbuchsgericht dieses Eintragungsgesuch ab, weil mittlerweile - Anfang Juli 1996 - zu TZ 18200/96 die die Bestellung eines Sachwalters für die Übergeberin (18 P 45/96w) angemerkt worden war (BLNR 3 lit d). Damit, so meinte das Erstgericht, hätten sich Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit der der Übergeberin ergeben. Einen weiteren Grund für die Abweisung des Eintragungsgesuches erblickte das Erstgericht darin, daß zwar dem Antrag eine notarielle Bestätigung über die Baulandeigenschaft der Übergabsgrundstücke angeschlossen war, nicht jedoch auch eine Bestätigung darüber, daß es sich beim Baugebiet um kein "Dorfgebiet" iSd § 2 Abs 2 stmk GVG 1993 (also nicht doch um landwirtschaftliche Grundstücke) handelt.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
Es treffe zwar zu, daß zwischen Errichtung des Übergabsvertrags und Bestellung eines Sachwalters für die Übergeberin (bzw der diesbezüglichen Anmerkung im Grundbuch) ca 8 Monate lägen, doch sei diese Zeitspanne nicht entscheidend. Zu berücksichtigen sei nämlich das Alter der Übergeberin von nunmehr etwa 77,5 Jahren. Dies in Verbindung mit der Bestellung eines Sachwalters spreche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ("prima facie") dafür, daß die Gründe für die Bestellung eines Sachwalters schon bei der Vertragserrichtung vorgelegen seien. Gegenteiliges sei dem Grundbuchsantrag nicht zu entnehmen. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, daß es bei Personen im Alter der Übergeberin nicht selten zu krankhaften Zuständen komme, die auf einen Abbau der Geschäftsfähigkeit hinauslaufen. Entscheidend sei somit nicht, daß die Übergeberin bei Errichtung des Übergabsvertrages geschäfts(un)fähig war, sondern daß die überwiegende Wahrscheinlichkeit gegen ihre Geschäftsfähigkeit spreche.
Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der gegenständliche Übergabsvertrag in Form eines Notariatsaktes errichtet wurde und der einschreitende Notar dabei die Geschäftsfähigkeit der Übergeberin prüfen mußte. Auch in der zu 5 Ob 20/79 ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes sei das Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 2 GBG angenommen worden, weil besondere Umstände, beispielsweise das hohe Alter des Verfügenden, aktenkundig gewesen seien, wozu hier noch die Bestellung eines Sachwalters komme. Die in der Judikatur nicht einheitlich entschiedene Frage, ob es auf die Geschäftsfähigkeit des Verfügenden im Zeitpunkt der Vertragserrichtung oder bei Überreichung des Grundbuchsgesuches ankomme, spiele im konkreten Fall keine Rolle, weil hier die Bedenken sowohl auf den Zeitpunkt des Gesuchseinlangens als auch auf den Zeitpunkt der Vertragserrichtung zu beziehen seien.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß eine speziell auf den vorliegenden Fall anwendbare Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (Zeitraum zwischen Vertragserrichtung und Bestellung eines Sachwalters ca 8 Monate; Alter der Verfügenden 77,5 Jahre) fehle und die Handhabung des § 94 Abs 1 Z 2 GBG von grundsätzlicher Bedeutung sei.
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht der Antragsteller geltend, daß einem Notariatsakt wegen der Verpflichtung des Notars, die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu überprüfen, höhere Rechtssicherheit zugebilligt werden müsse als einem gewöhnlichen Vertrag. Im konkreten Fall sei die Übergeberin dem vertragserrichtenden Notar sogar seit Jahren bekannt. Die Bestellung eines (vorläufigen) Sachwalters für die Übergeberin mag zwar Anfang Juli 1996 durchaus erforderlich gewesen sein, doch sei zu bedenken, daß sich die geistige und körperliche Verfassung einer älteren Person sehr rasch ändern könne. Generell müsse auch Personen vom Alter der Übergeberin die Geschäftsfähigkeit zugebilligt werden. Schließlich seien die Folgen zu bedenken, die sich aus dem mittlerweiligen Ablauf des Rangordnungsbeschlusses ergeben. Es bestehe auch keine Möglichkeit mehr, den Übergabsvertrag zu sanieren, weil nach endgültiger Bestellung eines Sachwalters nicht mehr damit zu rechnen sei, daß dessen nachträgliche Unterfertigung des Übergabsvertrags pflegschaftsgerichtlich genehmigt werde. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Stattgebung des Eintragungsbegehrens abzuändern.
Der Revisionsrekurs erweist sich trotz des gegenteiligen Ausspruchs des Rekursgerichtes (an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 126 Abs 1 GBG iVm § 13 Abs 3 AußStrG nicht gebunden ist) als unzulässig. In Anwendung der Begründungserleichterung des § 126 Abs 3 GBG (vgl auch § 16 Abs 3 AußStrG iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO) ist dazu nur folgendes auszuführen:
Rechtliche Beurteilung
Es entspricht der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes, daß das Grundbuchsgericht die Verbücherung eines Vertrages (sogar im Rang einer früheren Rangordnungsanmerkung) gemäß § 94 Abs 1 Z 2 GBG nicht bewilligen darf, wenn sich Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Veräußerers im Zeitpunkt der Vertragserrichtung ergeben (SZ 2/271; SZ 27/53; RPflSlgG 776; SZ 38/75; EvBl 1980/17 ua). Solche Bedenken können sowohl durch amtliches als auch durch privates (einer objektiven Überprüfung zugängliches) Wissen des Grundbuchsrichters bzw Rechtspflegers wachgerufen werden, insbesondere durch die Bestellung eines (einstweiligen) Sachwalters, weil sie eine Behinderung des Betroffenen iSd § 273 Abs 1 ABGB indiziert (5 Ob 1045/91 = RPflSlgG 2330). § 94 Abs 1 Z 2 GBG untersagt dabei dem Grundbuchsrichter nicht erst dann die Bewilligung der Grundbuchseintragung, wenn der Mangel der Verfügungsmacht eines Beteiligten klar zutage liegt, sondern verpflichtet ihn schon zu dieser Vorsicht, wenn die Beschränkung der Verfügungsfähigkeit aus beachtlichen Gründen anzunehmen ist (SZ 21/22; 5 Ob 309/74 = NZ 1977, 28; 5 Ob 26/79; 5 Ob 1004/93).
Dem Rechtsanwender ist insoweit ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt (5 Ob 1036/91; 5 Ob 106/92 = NZ 1993, 133/268). Er betrifft insbesondere die Zeit, die zwischen Vertragserrichtung und erstem Auftreten objektiver Anhaltspunkte für den gänzlichen oder teilweisen Verlust der Geschäftsfähigkeit liegen darf, um auf Bedenken gegen die Gültigkeit der zu verbüchernden Verfügung schließen zu können. Wird dieser Beurteilungsspielraum nicht überschritten, liegt keine iSd § 14 Abs 1 AußStrG (iVm § 126 Abs 2 GBG) bedeutsame, die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigende Rechtsfrage vor (5 Ob 1036/91; vgl auch 5 Ob 1091/92 = EWr II/26/11; 5 Ob 1083/92 = WoBl 1993, 80/59 ua). Die Rechtsansicht, daß die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters (deren Notwendigkeit auch vom Rechtsmittelwerber nicht in Frage gestellt wird) Bedenken gegen die Gültigkeit eines ca 8 Monate zurückliegenden Übergabsvertrages der Betroffenen erweckt, läßt insoweit keine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung erkennen und ist daher nicht revisibel. Ob der gegenständliche Übergabsvertrag gültig ist, wird im Rechtsstreit zu klären sein (vgl 5 Ob 56/66 = RPflSlgG 923; 5 Ob 346/68 = NZ 1969, 152 = RPflSlgG 1216; 5 Ob 309/74 = NZ 1977, 28 = RPflSlgG 1546; 5 Ob 20/79 = EvBl 1980/17; 5 Ob 26/79), womit sich das im Revisionsrekurs aufgeworfene Problem der "Sanierungsmöglichkeit" erledigt.
An dieser Beurteilung, daß die Vorinstanzen das Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 2 GBG grundsätzlich richtig erkannt und behandelt haben, ändert auch der Umstand nichts, daß sich die Bedenken gegen einen in Notariatsaktsform abgeschlossenen Übergabsvertrag richten. Die Verpflichtung des Notars, die Geschäftsfähigkeit der Vertragsparteien zu überprüfen, bietet zwar eine gewisse Gewähr für das Vorliegen der Geschäftsfähigkeit der Kontrahenten eines Notariatsaktes und ist daher auch durchaus geeignet, die Schwelle für Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG anzuheben, schließt jedoch Willensmängel eines Vertragsschließenden keineswegs aus, weil einem Notar das medizinische Fachwissen für die verläßliche Beurteilung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit von Mandanten fehlt. Im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters ist dieses medizinische Fachwissen ein ganz wesentliches Entscheidungskriterium (§ 241 Abs 2 AußStrG), sodaß sich aus der Tatsache einer Sachwalterbestellung auch Bedenken gegen die Gültigkeit eines vom Betroffenen abgeschlossenen Notariatsaktes ergeben können. Es kommt dabei immer auf die Umstände des Einzelfalls an, die ein Grundbuchsrichter bzw Rechtspfleger allerdings nicht zu erheben vermag, weshalb mit einer kursorischen Feststellung und Überprüfung der "Bedenken" iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG das Auslangen gefunden werden muß.
Hier wurde im Einklang mit der bereits vorhandenen Judikatur und mit durchaus plausiblen Zusatzerwägungen das Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 2 GBG angenommen, sodaß sich der Revisionsrekurs als unzulässig herausstellt. Zu bemerken bleibt, daß das vom Erstgericht angenommene (in der Entscheidung der zweiten Instanz und im Revisionsrekurs gar nicht mehr erwähnte) zweite Eintragungshindernis nicht besteht, weil eine notarielle Bestätigung vorliegt (§ 89b NO), daß die verfahrensgegenständlichen Grundstücke im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Hart bei Graz als Bauland ausgewiesen sind. Damit geht es um Baugrundstücke (§ 13 Abs 3 stmk GVG 1993), die außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde (§ 14 leg cit) liegen, sodaß die Zulässigkeit der Grundbuchseintragung nicht von der Vorlage der in § 30 Abs 2 stmk GVG 1993 erwähnten Urkunden abhängt (§ 30 Abs 5 leg cit). Für den Fall eines neuen Verbücherungsantrages wird allerdings, was von den Vorinstanzen als Abweisungsgrund unerwähnt blieb, eine dem § 77 Abs 1 GBG entsprechende Einschreitervollmacht (wenigstens die Berufung hierauf gemäß § 5 Abs 4a NO) zu fordern sein, weil auch Eintragungen gegen den Antragsteller vorgenommen werden sollen (vgl 5 Ob 26/92 = NZ 1993, 21/253 ua).
Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
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