OGH 3Ob11/95

OGH3Ob11/9518.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der führenden betreibenden Partei V***** AG, ***** vertreten durch Dr.Walter Kossarz, Rechtsanwalt in Krems, und anderer betreibender Parteien, wider die verpflichteten Parteien 1. Aloisia T*****, 2.Walter T*****, beide vertreten durch Dr.Christoph Brenner und Dr.Alexander Riel, Rechtsanwälte in Krems, wegen S 1,000.000 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der führenden betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 1.Dezember 1994, GZ 1 R 160/94-62, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zwettl vom 17.Oktober 1994, GZ E 256/93a-58, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Meistbotsverteilungsbeschluß ON 58, der in seinem Punkt 2.) bestätigt wird, in seinem Punkt 1.) wie folgt abgeändert wird:

"Die Verteilungsmasse beträgt:

1. an Kapital:

das Meistbot von insg S 2,343.000,--

2. die nicht bekannten Fruktifikationszinsen.

Hievon werden zugewiesen:

I. aus dem Kapitalbetrag:

Der G***** Aktiengesellschaft ***** als Gesamtrechtsnachfolgerin

der Ö***** AG die in

CLNR 8 der EZ 10 GB ***** S*****, in

CLNR 8 der EZ 57, in CLNR 7 der EZ 138 und in

CLNR 3 der EZ 353 jeweils GB ***** G***** auf Grund des Schuldscheins und der Pfandurkunde vom 19.10.1990 einveleibte Forderung an

Kapital S 1,957.321,14

Annuitäten - Zinsen S 523.889,49

Annuitäten - Kapital S 67.678,86

Verzugszinsen jeweils bis 28.2.1994 S 87.695,21

Exekutionskosten:

Exekutionsbewilligung (Beitritt ON 7)S 2.080,--

S 2,638.664,70

zur vollständigen Berichtigung der Zinsen und Kosten und zur teilweisen Berichtigung des Kapitals mit einem Betrag von S 1,729.335,30 durch Barzahlung.

Dadurch ist das Meistbot von S 2,343.000,-- erschöpft.

II. Die derzeit unbekannten Zinsen der fruchtbringenden Anlegung des Meistbots werden der G***** Aktiengesellschaft ***** zugewiesen".

Die der abgeänderten Meistbotsverteilung entsprechenden Anordnungen und Verfügungen obliegen dem Erstgericht.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Bei der gruppenweise vorgenommenen Zwangsversteigerung der Liegenschaften der Erstverpflichteten EZ 10 Grundbuch S***** und EZ 57, 138 und 353 Grundbuch G***** am 28.2.1994 wurde ein Meistbot von insgesamt S 2,343.000 erzielt. Auf allen versteigerten Liegenschaften ist im ersten Rang für die Ö***** AG aufgrund des Schuldscheins und der Pfandurkunde vom 19.10.1990 das Pfandrecht - mit Kautionsband und Vollstreckbarkeit gemäß § 3 NotO - für die Forderung von S 2,500.000 samt 17 % Zinsen, 18 % Verzugs- und Zinseszinsen, Nebengebührensicherstellung von S 500.000 einverleibt. Im folgenden Rang ist für die führende betreibende Partei V***** AG aufgrund der Urkunde vom 7.2.1992 das Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung von S 1,000.000 samt 12,75 % Zinsen, 9 % Verzugszinsen seit 1.2.1992 und Kosten von S 19.825,38, S 21.423,80 und S 6.958,80 (E 1251/92) einverleibt; bei beiden Pfandrechten ist die EZ 10 Grundbuch S***** Haupteinlage, die EZ 57, 138 und 353 Grundbuch G***** sowie weiters die - nicht Gegenstand dieses Zwangsversteigerungsverfahrens bildende - ebenfalls im Eigentum der Erstverpflichteten stehende EZ 267 Grundbuch G***** sind Nebeneinlagen.

Zur Meistbotsverteilungstagsatzung am 10.10.1994 erschien niemand; es lagen schriftliche Forderungsanmeldungen der führenden betreibenden Gläubigerin (und nunmehrigen Revisionsrekurswerberin) vom 13.1.1994 (ON 27) und vom 6.10.1994 (ON 54) mit Antrag auf Festsetzung des Ersatzanspruches (§ 222 Abs 4 EO) ob der Liegenschaft EZ 267 Grundbuch G***** sowie der beigetretenen betreibenden Gläubigerin G***** Aktiengesellschaft ***** als Gesamtrechtsnachfolgerin der Ö***** Aktiengesellschaft vom 7.10.1994 (ON 55 und 56) vor.

Das Erstgericht wies das gesamte Meistbot für die am 28.2.1994 versteigerten Liegenschaften im Betrag von S 2,343.000 sowie sämtliche Meistbots- und Fruktifikationszinsen der G***** Aktiengesellschaft ***** zur teilweisen Barzahlungsberichtigung ihrer auf sämtlichen versteigerten Liegenschaften durch jeweils erstrangige Pfandrechte von S 2,500.000 sichergestellten Forderung von S 2,873.232,38 laut Forderungsanmeldung ON 55 zu; es wurde nicht angeführt, inwieweit die Ansprüche der G***** Aktiengesellschaft ***** an Kapital und Nebengebühren getilgt sind. Den Antrag der führenden betreibenden Gläubigerin V***** AG auf Festsetzung des Ersatzanspruches und Einräumung einer Ersatzhypothek ob der Liegenschaft EZ 267 Grundbuch G***** wies das Erstgericht ab. Das Erstgericht begründete diesen Meistbotsverteilungsbeschluß damit, das gesamte Meistbot sei der G***** Aktiengesellschaft ***** aufgrund der auf sämtlichen versteigerten Liegenschaften erstrangigen Pfandrechte zuzuweisen. Der Antrag der V***** Aktiengesellschaft auf Festsetzung des Ersatzanspruches und Einräumung der Ersatzhypothek ob der Liegenschaft EZ 267 Grundbuch G***** sei schon allein deshalb abzuweisen, weil die V***** AG sowohl auf allen verkauften Liegenschaften als auch auf der Liegenschaft EZ 267 Grundbuch G***** über Simultanpfandrechte von S 1,000.000 sA in gleicher Rangfolge, und zwar im Rang unmittelbar nach den jeweiligen Pfandrechten der G***** Aktiengesellschaft ***** verfüge, so daß die Vorschrift des § 222 Abs 4 EO nicht anzuwenden sei. Im übrigen wäre die V***** AG auch bei verhältnismäßiger Befriedigung unter Einbeziehung der Liegenschaft EZ 267 Grundbuch G***** nicht zum Zuge gekommen, weil der Schätzwert dieser Liegenschaft 10,5 % der gesamten Schätzwerte aller Liegenschaften ausmache und ein Teil der Forderung der G***** Aktiengesellschaft ***** von 89,5 % das zugewiesene Meistbot ebenfalls noch übersteigen würde. Auch dieser Umstand schließe die Festsetzung eines Ersatzanspruches aus.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der führenden betreibenden Partei V***** AG nicht Folge und führte in der Begründung aus, ein Ausspruch gemäß § 528 ZPO (§ 78 EO) entfalle im Hinblick auf § 239 Abs 3 EO. Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, das Erstgericht habe seinen Beschluß mit Recht auf die Entscheidung SZ 19/254 gegründet. Dem Grundsatz des bücherlichen Rangs entspreche es, daß der im besseren Rang stehende Gläubiger voll befriedigt werde, ehe der nächstrangige Gläubiger zum Zug komme. Da die G***** Aktiengesellschaft ***** aus dem Versteigerungserlös nicht voll zum Zug gekommen sei, könne sie sich mit dem unbefriedigt gebliebenen Rest noch immer an die Liegenschaft EZ 267 Grundbuch G***** halten, wo sie ebenfalls den Rang vor der Rekurswerberin genieße. Im Rang danach werde die Rekurswerberin aus der Liegenschaft EZ 267 Grundbuch G***** zum Zug kommen.

Zur Bemängelung der Forderungsanmeldung der G***** Aktiengesellschaft ***** führte das Rekursgericht aus, der Formulierung dieser Anmeldung, wonach die Zuweisung des Meistbots zur Abdeckung der Forderungen durch Barzahlung begehrt werde, sei mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß Barzahlung aus dem Meistbot begehrt werde. Dieses Barzahlungsbegehren gehe wohl über den Inhalt des Exekutionsbewilligungsbeschlusses hinaus, weil die Exekution nur zur Hereinbringung von S 387.574,25 zuzüglich Zinsen und Kosten bewilligt wurde und die Zinsen bis zum Versteigerungstermin (28.2.1994) nur S 82.486,85 und die Kosten nur S 2.080 ausmachen. Da zugunsten der G***** Aktiengesellschaft ***** ein Pfandrecht (nicht Höchstbetragshypothek) von S 2,500.000 zuzüglich Zinsen und einer Nebengebührensicherstellung von S 100.000 einverleibt sei, wäre bezüglich des die betriebene Forderung übersteigenden Betrags § 223 Abs 1 EO anzuwenden gewesen. Gegen die Nichtbeachtung dieser Gesetzesstelle wende sich aber die Rekurswerberin nicht. Es könne daher im Anfechtungsumfang dem Rekurs nicht etwa insoweit ein Erfolg zukommen, daß statt der Barzahlungsberichtigung eine Zuweisung durch Übernahme der Schuld erfolge. Jedenfalls habe das Erstgericht gemäß § 216 Abs 1 Z 4 EO die zugunsten der G***** Aktiengesellschaft ***** pfandrechtlich sichergestellte Forderung zu berücksichtigen gehabt; in diesem Umfang habe es nicht eine Zuweisung an die Rekurswerberin vornehmen dürfen. Die Anmeldung der Forderung der G***** Aktiengesellschaft ***** habe sich nämlich im Rahmen des für sie verbücherten Pfandrechtes gehalten. Es wäre daher Sache der Rekurswerberin gewesen, gemäß § 213 EO Widerspruch gegen die Berücksichtigung dieser Forderung zu erheben. Die Berechnung der Zinsen sei anhand des Grundbuchstandes nachvollziehbar. Die angemeldete Zinsenforderung halte sich im Rahmen dessen, was als Verzinsung im Grundbuch eingetragen sei. Daß Zinsen und Verzugszinsen bis zum mutmaßlichen Tag der Liquidierung nicht berücksichtigt werden können, treffe zwar zu, habe aber hier keine Bedeutung, weil die diesbezüglich angemeldete Forderung außerhalb des zugewiesenen Betrages liege. Das gleiche gelte auch für die Kontoführungspesen von S 100,-- und für den Kostenbetrag von S 3.180,--, für den entgegen § 210 EO der Titel nicht in Urschrift oder beglaubigter Abschrift, sondern nur in unbeglaubigter Kopie vorgelegt wurde. Dort, wo also der Rekurs mit seinen Bemängelungen hinsichtlich der Forderungsanmeldung der G***** Aktiengesellschaft ***** an sich im Recht sei, komme ihm deswegen keine Bedeutung zu, weil dies auf den vom Erstgericht zugewiesenen Betrag keinen Einfluß habe.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der führenden betreibenden Gläubigerin ist zulässig und teilweise berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin ist zur Meistbotsverteilungstagsatzung nicht erschienen; für ihre Befugnis zur Anfechtung des Verteilungsbeschlusses gelten folgende Grundsätze:

Zur Anfechtung eines Verteilungsbeschlusses mit Rekurs sind nach § 234 Abs 1 EO der Verpflichtete und die zur Verteilungstagsatzung erschienenen Berechtigten nur im Umfang des ihnen gemäß § 213 EO zustehenden Widerspruchsrechts befugt. Das Rekursrecht steht in diesem Umfang aber auch den zur Verteilungstagsatzung nicht erschienenen Berechtigten und den Erschienenen, die nicht Widerspruch erhoben haben, zu, wenn durch den Verteilungsbeschluß zwingende Verfahrensbestimmungen verletzt wurden oder wenn der Verteilungsbeschluß gegen die zwingenden Verteilungsgrundsätze verstößt, die stets von Amts wegen zu beachten sind (EvBl 1976/82; SZ 37/123; JBl 1956, 102; SZ 25/166 ua; Heller/Berger/Stix 1597). Der Rekurs der zur Verteilungstagsatzung nicht erschienenen Berechtigten ist lediglich dann unstatthaft, wenn die Anfechtung aus Gründen geschieht, die nur bei der Verteilungstagsatzung wirksam mit Widerspruch geltend gemacht werden konnten (EvBl 1976/82).

Die von der Revisionsrekurswerberin relevierte Frage, ob die Forderungsanmeldung der G***** AG hinreichend bestimmt und ausreichend bescheinigt ist, betrifft die zwingende Formvorschrift des § 210 EO; die Nichtbeachtung dieser zwingenden Formvorschrift kann ein Berechtigter trotz Unterlassung des Widerspruchs mit Rekurs bekämpfen (EvBl 1976/82; Heller/Berger/Stix 1600). Dies gilt auch für die Frage, ob der Verteilungsbeschluß der Bestimmung des § 229 Abs 1 EO entspricht.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes, das einen Ausspruch gemäß § 528 ZPO (§ 78 EO) "im Hinblick auf § 238 Abs 3 EO" nicht gemacht hat, eröffnet § 239 Abs 3 EO jedoch nicht den Vollrekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluß. Da auch der Revisionsrekurswerber, der einen "außerordentlichen Revisionsrekurs" eingebracht hat, davon ausgegangen ist, daß auch die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO vorliegen müssen, kann die Nachholung des entsprechenden Ausspruchs durch das Rekursgericht unterbleiben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin bekämpft den Meistbotsverteilungsbeschluß, weil die Anmeldung der G***** Aktiengesellschaft ***** unklar und nicht ausreichend sei.

Nach § 210 EO sind jene Ansprüche, die sich nicht aus dem öffentlichen Buch oder den Akten des Versteigerungsverfahrens als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet ergeben, vor oder bei der Verteilungstagsatzung anzumelden. Weiters sind die zum Nachweis angemeldeter Ansprüche dienenden Urkunden, falls sich dieselben nicht schon bei Gericht befinden, spätestens bei der Meistbotsverteilungstagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen. Für den Fall, daß die Urkunden nicht vorliegen, die zum Nachweis von zur Meistbotsverteilung angemeldeten Ansprüchen erforderlich sind, schreibt § 210 EO zwingend vor, daß diese Ansprüche bei der Verteilung nur insoweit berücksichtigt werden dürfen, als sie aus dem Grundbuch sowie den Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet erhellen. Auf das Fehlen der erforderlichen Urkunden ist daher von Amts wegen Bedacht zu nehmen, ohne daß ein Widerspruch erhoben werden muß (RZ 1989/7; JBl 1989, 389; EvBl 1976/82 ua; Heller/Berger/Stix 1600).

Für die G***** Aktiengesellschaft ***** (als Gesamtrechtsnachfolgerin der Ö***** AG) ist auf allen versteigerten Liegenschaften aufgrund des Schuldscheins und der Pfandurkunde vom 19.10.1990 ein Pfandrecht über S 2,500.000 samt 17 % Zinsen, 18 % Verzugs- und Zinseszinsen und eine Nebengebührensicherstellung von S 500.000 einverleibt.

Die Pfandgläubigerin nahm eine schriftliche Anmeldung mit dem Vorbringen vor, das im Grundbuch intabulierte Darlehen von S 2,500.000 sA sei intern in die Tranche von S 2,400.000 samt 17 % Zinsen, 18 % Verzugs- und Zinseszinsen und eine Nebengebührensicherstellung von S 280.000 (Darlehen 501-85425-102) und die - wegen Erschöpfung des Meistbots durch die erste Darlehenstranche nicht gesondert angemeldete - zweite Tranche von S 100.000 sA geteilt worden. Im Rahmen des Pfandrechtes meldete die Pfandgläubigerin an Kapital S 1,957.321,14, an Annuitätenrückständen S 591.568,35 und an Verzugszinsen S 87.695,21, insgesamt S 2,636.584,70 an. Weiters meldete sie im Rahmen der Nebengebührenkaution Zinsen, Verzugszinsen und Kosten von insgesamt S 236.647,68 an. Verbunden mit der Ankündigung, sie könne den Termin der Versteigerungstagsatzung nicht wahrnehmen, legte die Pfandgläubigerin in nicht beglaubigter Kopie zu dem Darlehenskonto 501-85435-102 die Rückstandsevidenzen, die Jahreskontoblätter (Kontoauszüge) für den Zeitraum 1.1.1990 bis 20.9.1994, denNotariatsakt (Schuldschein und Pfandurkunde) vom 19.10.1990, die Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 1.9.1994, E 4065/94, und eine Amtsbestätigung des Handelsgerichtes Wienvor. Sie brachte vor, das Original des Notariatsaktes (Schuldschein und Pfandurkunde) sei bei der Exekutionseinleitung vorgelegen. Zur Zeit sei das Original nicht verfügbar, da es sich beim Bezirksgericht Krems an der Donau hinsichtlich der Exekutionseinleitung der EZ 267 KG G***** befinde.

Der Umstand, daß eine Urkunde, die mit dem Exekutionsantrag vorgelegt worden war, nun bei einem anderen Gericht vorgelegt wurde, befreit den Gläubiger nicht von der in § 210 EO normierten Verpflichtung, spätestens bei der Verteilungstagsatzung die Urkunde in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen. Die Vorlage einer unbeglaubigten Fotokopie genügt nicht (JBl 1978, 316; EvBl 1976/82). Das Gericht ist nicht verpflichtet, zum Nachweis eines Anspruches dienende Urkunden in der Urkundensammlung oder in anderen gerichtlichen Akten aufzusuchen; dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um erst beizuschaffende Akten eines anderen Gerichtes handelt. Da die Pfandgläubigerin der ihr durchaus zumutbaren Verpflichtung zur Vorlage zumindest einer beglaubigten Fotokopie der Schuldurkunde und des Pfandscheins nicht nachgekommen ist, ist diese bloß in nicht beglaubigter Fotokopie vorliegende Urkunde nicht der Verteilung zugrunde zu legen.

Dementsprechend können bei der Meistbotsverteilung Nebengebühren im Rahmen der Nebengebührensicherstellung nicht berücksichtigt werden. Derartige Nebengebühren müssen nämlich in der Urkunde aufgezählt sein (SZ 37/123); eine Überprüfung in dieser Richtung ist mangels Vorliegens der Urkunde nicht möglich.

Richtig wird im Revisionsrekurs auch aufgezeigt, daß der Spruch des erstinstanzlichen Verteilungsbeschlusses § 229 EO nicht entspricht. Der fehlende Ausspruch nach § 229 Abs 1 EO über den Umfang der Tilgung von Kapital und Nebengebühren war vom Obersten Gerichtshof nachzuholen. Der im Gesetz nicht begründeten Entscheidung ZBl 1932/242, wonach nur das Erstgericht diesen Mangel beseitigen könne, kann mit Heller/Berger/Stix 1577 nicht gefolgt werden.

Eine Massenbildung war wegen der gleichen Belastung der versteigerten Liegenschaften nicht erforderlich (vgl SZ 53/105).

Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß die Vorschrift des § 222 Abs 4 EO über die Einräumung einer Ersatzhypothek dann nicht anzuwenden ist, wenn - wie hier - die Ersatzansprecher auf den verkauften und unverkauften Liegenschaften Simultanpfandrechte in gleicher Rangfolge besitzen, entspricht der Rechtsprechung (ZBl 1938/149; SZ 19/254) und einhelligen Lehre (Heller/Berger/Stix 1523; Klang in Klang2 II 478). Diese Rechtsansicht wurde nur dann unzutreffend sein, wenn dem Eigentümer der nicht versteigerten Liegenschaft gemäß § 469 ABGB, Schlußsatz, ein Verfügungsrecht über die gesamte durch Zuweisung erloschene Pfandschuld zustünde. Diese noch von Eisner in GZ 1917, 137 und Staufer in NZ 1928, 142 ff vertretene Rechtsmeinung kann aber als überholt betrachtet werden. Nach Rechtsprechung (SZ 17/66; SZ 14/92) und jetzt herrschender Lehre (Klang in Klang2 II 531; Petrasch in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 469; Ehrenzweig, Sachenrecht2 476; Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Call/ Eccher, Sachenrecht2 229; Hoyer,

Die Simultanhypothek2 68 f; G.Graf, Überlegungen zum Schutz der nachrangigen Pfandgläubiger bei der Simultanhypothek, ÖBA 1989, 574 [582]) kann nämlich nach Tilgung einer durch Simultanpfandrecht sichergestellten Schuld der Eigentümer der verpfändeten Liegenschaften das ihm nach § 469 ABGB zustehende Verfügungsrecht hinsichtlich der einzelnen Liegenschaften nur in der Art ausüben, daß diese Liegenschaften mit Singularhypotheken besetzt werden, deren Betrag dem im § 222 EO festgesetzten Verhältnis entspricht. Ein diese Grundsätze mißachtendes Grundbuchsgesuch des Eigentümers müßte vom Grundbuchsrichter gemäß § 94 GBG aufgrund des Grundbuchsstandes und der vorgelegten Urkunden abgewiesen werden (Hoyer aaO 69 f); ein Bewilligungsbeschluß wäre auch den nicht zum Zug gekommenen Nachhypothekaren zuzustellen (§ 119 Z 1 GBG), da deren bücherliche Rechte betroffen sind; ihnen käme bei unrichtiger Rechtsanwendung ein Rekursrecht zu (Petrasch in Rummel**2, Rz 8 zu § 469 ABGB).

In teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses ist sohin wie im Spruch zu entscheiden. Die der abgeänderten Meistbotsverteilung entsprechenden Verfügungen und Anordnungen obliegen gemäß §§ 78 EO, 527 Abs 1 ZPO dem Erstgericht.

Ein Kostenersatz findet im Meistbotsverteilungsverfahren nicht statt (SZ 52/141; JB 201; 3 Ob 53, 54/93 uva).

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