OGH 2Ob2187/96y

OGH2Ob2187/96y14.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann T*****, vertreten durch Dr.Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei W*****-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Erwin Gstirner, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 268.713 sA und Feststellung (S 50.000) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichees Graz als Berufungsgerichtes vom 2. November 1994, GZ 2 R 186/94-41, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25.Mai 1994, GZ 18 Cg 392/93d-33, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem Ausspruch über das Feststellungsbegehren (B Punkt 2. des Urteilstenors) unberührt bleibt, wird im übrigen dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger einen Betrag von S 57.789,33 samt 4 % Zinsen seit 26.November 1991 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

2. ...

3. Das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 210.923,67 samt 4 % Zinsen seit 26.11.1991 wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 31.621,38 bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten S 4.752,22 Umsatzsteuer und S S 3.122,34 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die beklagte Partei hafte für den Umfang von 22 % für die Pauschalgebühren und jene Sachverständigengebühren, von deren Entrichtung die klagende Partei aufgrund der ihr bewilligten Verfahrenshilfe einstweilen befreit ist.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei an Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens S 31.266,53 (darin enthalten S 4.257 Umsatzsteuer und S 5.710 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Am 30.5.1990 wurde der Kläger bei einem Verkehrsunfall verletzt. Die Haftung der beklagten Partei im Rahmen ihres Versicherungsvertrages ist nicht strittig.

Der Kläger begehrt - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Zahlung von zuletzt S 268.713 unter Berücksichtigung einer Akontozahlung von S 150.000. In diesem Leistungsbegehren ist eine Forderung des Klägers aus dem Titel Verdienstentgang in der Höhe von S 20.000 aus der Tätigkeit für eine Firma H***** sowie von S

66.951 aus einer gemeinsam mit der Gattin des Klägers betriebenen Landwirtschaft enthalten. Die Verdienstentgangsforderungen für die erlittenen Einbußen aus der Tätigkeit einer mit der Gattin des Klägers betriebenen Landwirtschaft wurden auch darauf gestützt, daß er diesen Betrag für Ersatzarbeitskräfte aufwenden mußte.

Das Erstgericht ging von einer 50%igen Haftung der beklagten Partei für die Unfallsfolgen des Klägers aus.

Hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch strittigen Forderungen ging es von nachstehenden Feststellungen aus:

Der Kläger befand sich vom Unfallszeitpunkt 30.5.1990 bis 28.6.1990 in stationärer Behandlung im Landeskrankenhaus F*****, wurde anschließend ambulant am 2.7., 6.7., 17.7. und 24.7.1990 behandelt und begann am 21.9.190 seine stationäre Behandlung Rehabilitationszentrum T*****. Er betreibt gemeinsam mit seiner Gattin eine Landwirtschaft, die seiner Gattin alleine gehört. Durch den Unfall konnten im Jahre 1990 verschiedene erforderliche Arbeiten nur mit Fremdkräften verrichtet werden, die vom Kläger bezahlt wurden. Für das Jahr 1990 sind Gesamtkosten in der Höhe von S 66.951 aufgelaufen. Der Kläger war von Juni 1989 bis April 1990 bei der Firma H***** in Salzburg beschäftigt und hat dort insgesamt S 169.893 netto verdient, was einem durchschnittlichen Nettomonatsverdienst von S 13.070 entspricht. Dem Kläger wurde aufgrund des Unfalles bis zum 31.3.1992 von der Allgemeinen Unfallsversicherungsanstalt eine vorläufige Rente von 40 % der Vollrente gewährt. Ab 1.9.1992 erhält er eine gleichhohe Dauerrente in der Höhe von S 5.995,40. Von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter erhielt der Kläger unter Einbeziehung des Kinderzuschusses von S 1.300 und der Familienbeihilfe von S 3.300 eine Nettopension, die ab dem 1.1.1992 S 15.589,60 monatlich ausmacht.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß der Kläger unter Berücksichtigung des Sozialversicherungsträgers hinsichtlich der Geltendmachung von Verdienstentgang nicht aktiv legitimiert sei, weil diese Ansprüche gemäß § 332 ASVG an den Sozialversicherungsträger übergegangen seien. Die vom Kläger erhaltenen Leistungen seien unter Berücksichtigung des Mitverschuldens höher als die geltend gemachte Verdienstentgangsforderung. Der Kläger habe aber Anspruch auf die Kosten für Ersatzarbeitskräfte aus der Landwirtschaft, auch wenn diese als Verdienstentgang aus der Landwirtschaft bezeichnet würden.

Das Berufungsgericht erachtete über Berufung des Klägers die Haftung der beklagten Partei für 2/3 des vom Kläger erlittenen Schadens und auch für die künftig zu erwartenden Schäden für angemessen.

Es billigte den Zuspruch eines Verdienstentganges des Klägers aus der Landwirtschaft in der Höhe von S 66.951 - vermindert um die vom Kläger zu tragende Mitverschuldensquote -, weil es sich in Wahrheit nicht um einen aus dem Titel des Verdienstentganges resultierenden Schaden, sondern um den Ersatz aufgewendeter Kosten für Ersatzarbeitskräfte handle. Es stehe nicht fest, daß dafür kongruente Rentenleistungen, etwa aus der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, erbracht worden wären. Das Quotenvorrecht eines Sozialversicherungsträgers komme daher nicht zum Tragen.

Ausschließlich gegen den Ersatz der vom Kläger begehrten Kosten für die Ersatzarbeitskräfte der von ihm gemeinsam mit seiner Gattin betriebenen Landwirtschaft begehrten Beträge richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, daß das Leistungsbegehren um den für Ersatzarbeitskräfte zugesprochenen Betrag gekürzt und dem Kläger daher nur ein Betrag von S 57.789,33 zugesprochen und das Mehrbegehren abgewiesen werde.

Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger begehrt aus dem Titel Verdienstentgang bzw Aufwendungen für Ersatzarbeitskräfte den Ersatz jener Beträge, die er infolge unfallsbedingter Verhinderung für die Aufrechterhaltung der von seiner Gattin gemeinsam mit ihm betriebenen Landwirtschaft bezahlen mußte.

Auszugehen ist zunächst davon, daß der Kläger sowohl eine Unfallsrente als auch eine Invaliditätspension von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter bezieht. Gemäß § 332 ASVG geht der Anspruch auf Schadenersatz eines Verletzten insoweit auf den Sozialversicherungsträger über, als dieser Leistungen zu gewähren hat und die gewährten Leistungen dem Schadenersatzanspruch sachlich und zeitlich kongruent sind.

Wie die Vorinstanzen bereits richtig erkannt haben, dient der Schadenersatzanspruch auf Ersatz von Verdienstentgang dem gleichen Zweck wie der Anspruch gegen den Sozialversicherungsträger auf Leistung einer Versehrtenrente und eine Invaliditätspension, nämlich dem Ausgleich des durch die Schadenszufügung verminderten oder nur unter erschwerten Voraussetzungen erzielbaren Erwerbseinkommens (SZ 56/137; 2 Ob 59/94).

Die Vorinstanzen haben daher ohne Rechtsirrtum den aus dem Titel des Verdienstentganges aus der Tätigkeit des Klägers bei der Firma H***** gestützten Anspruch abgewiesen.

Nicht gefolgt werden aber kann der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, die begehrte Forderung für Ersatzarbeitskräfte für die vom Kläger und seiner Gattin gemeinsam betriebene Landwirtschaft falle nicht unter die Legalzessionsbestimmung des § 332 ASVG.

Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Schaden, den ein selbständiger Erwerbstätiger infolger eine Unfalls erleidet, entweder im eingetretenen Verdienstentgang oder in den Kosten aufgenommener Ersatzkräfte ausdrücken (so schon EvBl 1970/261; ZVR 1985/47, 2 Ob 830/84; 8 Ob 44/87; 2 Ob 54/94 uva).

Die vom Kläger begehrten Kosten für Ersatzarbeitskräfte stellen sich daher in Wahrheit als geltend gemachter Verdienstentgang dar. Dieser Verdienstentgangsanspruch ist aber sachlich kongruent mit den gewährten Leistungen der Sozialversicherung.

Der Kläger ist daher hinsichtlich der begehrten Kosten für Ersatzarbeitskräfte nicht aktiv legitimiert, weil diese Ansprüche infolge der Legalzession des § 332 ASVG auf den Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dienen alle Einnahmen, die dem Verletzten aus seiner Erwerbstätigkeit vor dem Unfall zugeflossen sind, also auch solche aus einer Nebenbeschäftigung, begrifflich der Deckung des Lebensunterhaltes, sodaß hinsichtlich aller Einkünfte ein Forderungsübergang auf den Sozialversicherunsträger insoweit stattfindet, als dieser - was hier zutrifft - kongruente Leistungen erbringt (ZVR 1985/39 mwN ua).

Danach ergibt sich nachstehende Berechnung:

Der Kläger war im Zeitpunkt des Unfalles bei der Firma H***** beschäftigt und bezog ein monatliches Durchschnittseinkommen von S 13.070. Dies entspricht für den Klagszeitraum einem Betrag von S

91.490.

Für den gleichen Zeitraum wurden Kosten für Aushilfskräfte in der Höhe von S 66.951 festgestellt, sodaß der gesamte Verdienstentgang S

148.441 beträgt. Die beklagte Partei hat aufgrund ihrer Haftung zu 2/3 einen Verdienstentgang von S 105.627,33 zu ersetzen.

Der Kläger bezieht seit dem Unfall eine Rente AUVA sowie eine Pension von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter von insgesamt S

18.235. Dies ergibt für den in der Klage geltend gemachten Zeitraum von sieben Monaten S 127.645.

Unter Berücksichtigung des Quotenvorrechtes der Sozialversicherungsträger bleibt daher für den Direktanspruch des Klägers hinsichtlich des geltend gemachten Verdienstentganges kein Raum.

Das Begehren auf Ersatz der Kosten von Ersatzarbeitskräften war daher abzuweisen.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 und 50 ZPO.

Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, daß der Kläger im Verfahren erster Instanz bis zur Erlassung des Teilanerkenntisurteiles nur mit rund 33 % seines Klagebegehrens durchgedrungen ist; er hat daher der beklagten Partei 33 % ihrer Vertretungskosten, ds S 4.387,68 (einschließlich Umsatzsteuer von S 738,66) zu ersetzen. Im zweiten Verfahrensabschnitt ist der Kläger mit 22 % seines Begehrens durchgedrungen. Die beklagte Partei hat daher Anspruch auf Ersatz von 56 % ihrer Vertretungskosten (S 24.111,36, davon S 4.018,56 Umsatzsteuer) und von 78 % der Barauslagen (S 3.122,34).

Im Berufungsverfahren ist der Kläger mit seiner Berufung in einem Ausmaß von 12 % durchgedrungen, während die beklagte Partei zur Gänze obsiegt hat. Der Kläger hat daher der beklagten Partei 76 % der Kosten der Berufungsbeantwortung (S 8.699,90, darin S 1.448,48 Umsatzsteuer) und die gesamten Kosten ihrer Berufung (S 5.781,12, darin S 2.400 Barauslagen und S 563,52 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung (Streitwert S 313.613) lediglich im Ausmaß von 11 % obsiegt und hat daher der beklagten Partei 78 % der Kosten der Berufungsverhandlung zu ersetzen (S 9.416,62, davon Umsatzsteuer S 1.569,43).

Im Revisionsverfahren hat die beklagte Partei zur Gänze obsiegt. Der Kläger ist daher zur Gänze kostenersatzpflichtig.

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