Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte war einer der beiden Geschäftsführer der K***** GmbH, die (ua) als Komplementärgesellschafterin der K***** GmbH & Co KG fungierte. Über beide Gesellschaften wurde am 8.5.1981 das Ausgleichs- und am 16.6.1981 der Anschlußkonkurs eröffnet.
In diesem Insolvenzverfahren blieben aus der Zeit vom 1.3.1981 bis zum 7.5.1981 Beitragsforderungen der Klägerin gegen die gemeinschuldnerische GmbH in der Höhe von S 659.518,72 offen (AS 27 und AS 301). Davon entfallen S 292.552,80 auf nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung.
Mit dem am 29.4.1988 verkündeten und am 9.5.1988 in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes Salzburg, 21b Hv 36/87, wurde der Beklagte (ua) schuldig erkannt, der Klägerin die erwähnten Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung vorenthalten und dadurch den Straftatbestand des § 114 Abs 1 und Abs 2 ASVG verwirklicht zu haben; dazu wurde er noch gemäß § 159 Abs 1 Z 1 und 2 sowie § 161 Abs 1 StGB wegen fahrlässiger Krida verurteilt, weil er fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der gemeinschuldnerischen GmbH herbeigeführt und in der Zeit von spätestens Oktober 1980 bis zum 16.6.1981 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung wenigstens eines Gläubigers der GmbH vereitelt oder geschmälert habe, indem er (ua) die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte.
Unter Berufung auf dieses Urteil verlangte die Klägerin vom Beklagten mit der am 31.10.1991 gerichtsanhängig gewordenen Klage zunächst die Zahlung von S 1,376.575,86, wobei sie ihm S 717.057,10 "gesetzliche Verzugszinsen" anlastete; dieses Zinsenbegehren wurde allerdings schon rechtskräftig abgewiesen.
Der Beklagte bestritt diese Forderung im wesentlichen mit dem Einwand der Verjährung. Im übrigen lägen auch die dem Beklagten angelasteten Straftatbestände nicht vor. Die unterstellte Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft sei unter dem Gesichtspunkt geplanter Sanierungsmaßnahmen neu zu beurteilen; außerdem habe der Beklagte den damaligen Hoteldirektor, der für den gesamten Hotelbetrieb allein verantwortlich gewesen sei und auch über eine entsprechende Kontovollmacht verfügt habe, ausdrücklich angewiesen, sämtliche Gehälter sowie die zugehörigen Beihilfen und Steuern sofort abzuführen. Die Klägerin habe den Beklagten diesbezüglich niemals gemahnt. Erst nach dem Konkursantrag habe der Beklagte von rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen erfahren. Der GmbH wäre es möglich gewesen, ihre Beitragsschuldigkeiten bei der Gebietskrankenkasse zu erfüllen. Es liege überdies eine Überklagung vor, weil derselbe Betrag auch gegen den zweiten Geschäftsführer eingeklagt worden sei. Letztlich treffe die Klägerin auch ein Mitverschulden. Es wurde daher die Abweisung des Klagebegehrens beantragt.
Der Verjährungseinrede des Beklagten hielt wiederum die Klägerin entgegen, daß eine Ausfertigung des gegen den Beklagten ergangenen Strafurteils erst im Dezember 1988 vorgelegen und ihr dann im Oktober 1990 zugestellt worden sei. Über die Höhe ihrer Forderung habe gar erst die Aufhebung des Konkurses über die K***** GmbH am 8.2.1991 Aufschluß gegeben.
Das Erstgericht wies zunächst das gesamte Klagebegehren wegen Verjährung ab (Urteil vom 12.5.1993, ON 14). Im Umfang des jetzt noch streitgegenständlichen Betrages hob jedoch das Berufungsgericht dieses Urteil im ersten Rechtsgang mit Beschluß vom 3.11.1993 (ON 20) auf. Es führte damals unter anderem aus, daß der Geschädigte sämtliche Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der 30-jährigen Verjährungszeit zu beweisen habe. Ein über den Hinweis auf das Strafurteil hinausgehendes Vorbringen habe die Klägerin aber nicht erstattet. Zufolge Aufhebung des § 268 ZPO durch den Verfassungsgerichtshof mangle es diesem an einer Bindungswirkung. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 114 ASVG habe die Klägerin weder behauptet noch bewiesen. Umgekehrt sei dem Beklagten der ihm obliegende Beweis für Beginn und Ablauf der kurzen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB nicht gelungen. Dazu sei gar kein substantiiertes Vorbringen erstattet worden. Demnach könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Verjährungsfrist vor Abschluß des Strafverfahrens gegen den Beklagten zu laufen begonnen habe. Maßgeblich sei dabei nicht das Datum der Urteilsverkündung und auch nicht der Eintritt der Rechtskraft des Urteils, sondern dessen Ausfertigung. Eine Verletzung ihrer Erkundigungspflicht könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Dieser Aufhebungsbeschluß (der im übrigen noch Ausführungen zu der mangels Bindungswirkung des Strafurteils noch zu prüfenden Geschäftsführerhaftung des Beklagten wegen Verletzung der Konkursantragspflicht enthielt) blieb trotz seines Ausspruchs der Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof unangefochten (lediglich das abweisliche Teilurteil über die mit S 717.057,74 kapitalisierten Verzugszinsen s.A. beschäftigte - zu 5 Ob 522/94 - den Obersten Gerichtshof).
Im zweiten Rechtsgang brachte der Beklagte - abgesehen von neuen Behauptungen zum Verjährungseinwand - noch vor, daß ihm bei Fälligkeit der geltend gemachten Beitragsforderungen von bestehenden Rückständen nichts bekannt gewesen sei. Die Klägerin habe sich auch nie an den Beklagten oder den anderen Geschäftsführer wegen einer Begleichung der Rückstände gewendet.
Mit Endurteil vom 11.10.1995 (ON 36) wies das Erstgericht im zweiten Rechtsgang das restliche Klagebegehren neuerlich ab. Es stellte unter anderem folgenden Sachverhalt fest:
Bei der gemeinschuldnerischen GmbH handelte es sich um einen sogenannten Selbstabrechner. Ein solches Unternehmen berechnet als Dienstgeber die Lohnsummen und meldet diese in Form einer Beitragsnachweisung dem Sozialversicherungsträger, wobei die Beiträge dann vom Dienstgeber abzuführen sind. Die Beitragshöhe für den Beitragszeitraum März 1981, April 1981 sowie vom 1.5. bis 7.5.1981 wurde von der Klägerin so übernommen, wie sie ihr in den Beitragsnachweisen des Dienstgebers angegeben worden war. Die Mahnungen an die Beitragsschuldnerin, welche ihren Sitz in Salzburg hatte, erfolgten an die Adresse des von ihr geführten Hotels in St.Johann.
Im Herbst 1980 wurde für das Hotel ein Hoteldirektor als Angestellter eingestellt, der in selbständiger Verantwortung den Wirtschaftskörper Hotelbetrieb führen sollte und auch allein verantwortlich war für die Abführung von Abgaben, Kassenbeiträgen und ähnlichem. Der Beklagte erfuhr erst nach Konkurseröffnung, daß Rückstände bei der Klägerin vorhanden waren.
Bis zur Eröffnung des Ausgleichs über das Vermögen der GmbH und der GmbH & Co KG am 8.5.1981 waren die Geldmittel für den laufenden Hotelbetrieb vorhanden.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß die Klägerin nicht habe nachweisen können, daß der Beklagte die Nichtabführung der Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung an die Klägerin veranlaßt hätte. § 114 Abs 1 ASVG sei ein Vorsatzdelikt. Eine vorsätzliche Handlung des Beklagten könne nach dem Sachverhalt nicht angenommen werden.
Ob der Beklagte fahrlässig die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragt habe, könne nur durch ein neuerliches aufwendiges Sachverständigengutachten über die bis ins Jahr 1976 zurückreichende Geschäftstätigkeit ermittelt werden. Dies sei jedoch nicht erforderlich erschienen. Selbst unter der Annahme, daß der Beklagte als Geschäftsführer in diesem Sinn fahrlässig gehandelt habe, habe er alle Vorkehrungen zur Bezahlung der Beitragsschulden getroffen. Da es bis zur Ausgleichseröffnung keine Probleme hinsichtlich der laufenden Zahlungen für den Hotelbetrieb gegeben habe, habe der Beklagte von Beitragsrückständen bei der Klägerin weder gewußt noch wissen müssen. Fahrlässigkeit liege ihm daher nicht zur Last.
Eine Auseinandersetzung mit dem Sach- und Beweisvorbringen des Beklagten zur Verjährungsfrage lehnte das Erstgericht ausdrücklich ab. Dieses Problem sei (im Sinn einer Verneinung der Verjährungseinrede) durch den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß im ersten Rechtsgang bindend und abschließend gelöst worden.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahingehend ab, daß es den Beklagten schuldig erkannte, der Klägerin die noch streitgegenständlichen S 659.518,76 samt 4 % Zinsen seit 6.11.1991 zu zahlen und anteilige Prozeßkosten zu ersetzen. Es führte aus:
Vorauszuschicken sei, daß nicht nur das Erstgericht (so ausdrücklich § 499 Abs 2 ZPO), sondern nach der Rechtsprechung grundsätzlich auch das Berufungsgericht im zweiten Rechtsgang an seine im Aufhebungsbeschluß geäußerte Rechtsansicht gebunden sei (Nachw bei Kodek in Rechberger § 499 Rz 2). Dennoch müsse die richtige Lösung der Rechtsfrage Vorrang vor dieser aus Gründen der Rechtssicherheit geltenden Bindungswirkung haben. Demnach könne ein in der Sache richtiges Berufungsurteil nicht deshalb erfolgreich beim Obersten Gerichtshof angefochten werden, weil das Berufungsgericht von der in seinem Aufhebungsbeschluß geäußerten Rechtsansicht abgegangen ist (Nachw aaO; Fasching2 RZ 1824).
Im vorliegenden Fall sei das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß ON 20 davon ausgegangen, daß die Aufhebung des § 268 ZPO durch den Verfassungsgerichtshof rechtlich zur Folge hätte, daß Strafurteile gegen eine der Parteien im Zivilprozeß ohne jegliche Bedeutung wären. In der Zwischenzeit habe nun der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung eines verstärkten Senates zu 1 Ob 612/95 am 17.10.1995 eine grundlegende Entscheidung über die Bindungswirkung von verurteilenden Straferkenntnissen für den Zivilprozeß getroffen
(AnwBl 1995/6067 = WoBl 1995/114 = JBl 1996, 117 = ecolex 1996, 91 =
RdW 1996, 15 = ZVR 1996/2). Demnach könne sich im wesentlichen
jemand, der rechtskräftig wegen eines strafrechtlichen Delikts verurteilt wurde, in einem nachfolgenden Rechtsstreit einer anderen Partei gegenüber nicht darauf berufen, daß er eine Tat, deretwegen er strafgerichtlich verurteilt wurde, nicht begangen hätte, gleichviel ob der andere am Strafverfahren beteiligt war oder in welcher verfahrensrechtlichen Stellung er dort aufgetreten ist. In einem vergleichbaren Fall sei demnach der Oberste Gerichtshof zur Auffassung gekommen, daß das Erstgericht den rechtkräftigen Schuldspruch im vorangegangen Strafverfahren von amtswegen unter Ausschluß der neuerlichen Behandlung und Prüfung des Gegenstandes der strafgerichtlichen Verurteilung seiner Entscheidung zugrundezulegen gehabt hätte.
Da gemäß § 8 OGHG von der Entscheidung eines verstärkten Senates wiederum nur durch einen solchen Senat abgegangen werden könne, seien einfache Senate des Obersten Gerichtshofes an die zitierte Entscheidung gebunden (Fasching2 Rz 1954). Es entspreche daher auch Erwägungen der Verfahrensökonomie, in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem ein Erkenntnis eines verstärkten Senates des Höchstgerichtes die entscheidenden Rechtsfragen geklärt habe, diese Rechtsansicht auch bereits im Berufungsurteil anzuwenden und die Parteien nicht auf einen weiteren Rechtszug an den Obersten Gerichtshof zu verweisen, welcher bei entsprechender Einsicht der nunmehr unterliegenden Partei möglicherweise unterbleiben könnte.
Daraus leite sich für den konkreten Fall ab, daß die erstgerichtlichen Feststellungen, soweit sie im Widerspruch zum verurteilenden Erkenntnis des Erstgerichtes als Strafgericht dem Beklagten gegenüber stehen, unbeachtlich seien. Aus diesem Urteil gehe nun hervor, daß der Beklagte in der Zeit von spätestens Oktober 1980 bis 16.6.1981 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines Gläubigers der GmbH vereitelt oder geschmälert hat, indem er unter anderen der Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte. Wie schon im zitierten Aufhebungsbeschluß ausgeführt worden sei, habe für diesen Fall der Beklagte der Klägerin die im fraglichen Zeitraum nicht bezahlten Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung zu ersetzen.
Der vom Beklagten erhobene Mitverschuldenseinwand sei unbegründet. Wie sich aus den Feststellungen ergebe, sei die vom Beklagten mitgeführte GmbH ein sogenannter Selbstabrechner gewesen, der die Dienstnehmerbeiträge selbst zu berechnen, der Klägerin zu melden und die Beträge an diese abzuführen hatte. Demnach könne der Umstand, daß Vorschreibungen der Klägerin nicht an den Sitz des Unternehmens in Salzburg, sondern an das Hotel selbst gesandt wurden, kein Mitverschulden begründen. Dasselbe gelte für die Annahme von Zahlungen des Hoteldirektors, für den mit ihm gepflogenen Geschäftsverkehr hinsichtlich der An- und Abmeldung von Mitarbeitern und für die angeblich fehlende Information der Geschäftsführer vom Rückstand und dem Unterbleiben eines Rückstandsausweises, gerichtet an den Sitz des Unternehmens.
Da auch der Verjährungseinwand, wie das Erstgericht richtig ausgeführt habe, bereits im ersten Rechtsgang jedenfalls für die Unterinstanzen endgültig erledigt worden sei, erweise sich das restliche Klagebegehren schon aus rechtlichen Erwägungen als berechtigt. Nur der Vollständigkeit halber werde festgehalten, daß aufgrund der zitierten Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes für den durch die Verurteilung nach § 114 ASVG gedeckten Teilbetrag die lange Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB zur Anwendung komme, sodaß insoweit schon aus diesem Grund eine Verjährung ausgeschlossen sei.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß zur Frage, welche Nachforschungspflichten Sozialversicherungsträger treffen, die gegen Geschäftsführer von in Konkurs befindlichen Beitragsschuldnern vorgehen wollen, eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
In der jetzt vorliegenden (zufolge Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist rechtzeitigen) Revision macht der Beklagten geltend, daß seiner Verjährungseinrede - jedenfalls hinsichtlich der nicht von der Verurteilung nach § 114 ASVG erfaßten Sozialversicherungsbeiträge - im Hinblick auf jene Judikatur des Obersten Gerichtshofes hätte stattgegeben werden müssen, die den Lauf der Verjährungsfrist bei Schuldsprüchen wegen fahrlässiger Krida spätestens mit der Erstattung des Sachverständigengutachtens im Strafverfahren beginnen lasse (7 Ob 602/94). Eine Bindung des Obersten Gerichtshofes an die seinerzeit unangefochten gebliebene, mit dem angeführten Judikat aber unvereinbare Rechtsansicht des Berufungsgerichtes bestehe nicht. Darüber hinaus fehlten aktenmäßig gedeckte Feststellungen über die Höhe der noch streitgegenständlichen Klagsforderungen, insbesondere über die nicht abgeführten Dienstnehmerbeiträge. So weit könne die vom Obersten Gerichtshof wieder eingeführte Bindung an Strafurteile nicht gehen, daß im Zivilverfahren jegliche Feststellungen über die Schadenshöhe entbehrlich wären. Hinsichtlich der geschuldeten Dienstgeberbeiträge fehle es überdies an der Feststellung eines haftungsbegründenden Verhaltens des Beklagten. Schließlich leide das angefochtene Urteil, soweit es sich auf die Einbehaltung und Nichtabführung von Dienstnehmerbeiträgen zu Sozialversicherung handle, an einer Nichtigkeit, weil über die nunmehr in § 67 Abs 10 ASVG abschließend geregelte Geschäftsführerhaftung ausschließlich im Verwaltungsverfahren abgesprochen werden könne. Wegen dieser Regelung sei § 114 ASVG kein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB zugunsten der Beitragsforderungen des Sozialversicherungsträgers. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder iS einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssachen zur Ergänzung des Verfahrens und Neuschöpfung eines Urteils (an eine der Vorinstanzen) zurückzuverweisen.
Von der Klägerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsbeantwortung mit dem Antrag vor, die Revision entweder als unzulässig zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist wegen der in einem Punkt abweichend von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes gelösten Verjährungsfrage zulässig und teilweise auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß sich der Beklagte wegen der Bindungswirkung seiner strafgerichtlichen Verurteilung nicht darauf berufen kann, ihm läge weder das durch § 114 ASVG inkriminierte Delikt der Vorenthaltung von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung noch fahrlässige Krida in der Begehungsform der Verletzung seiner Konkursantragspflicht als Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen GmbH (§ 159 Abs 1 Z 2 iVm § 161 Abs 1 StGB) zur Last. Es kann insoweit auf die durch die Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95, herbeigeführte Judikaturänderung verwiesen werden.
In Ansehung jenes Betrages, von dem feststeht, daß ihn der Beklagte in einer den Tatbestand des § 114 ASVG erfüllenden Art und Weise der Klägerin vorenthalten hat, kann damit seiner Verjährungseinrede (worauf ebenfalls schon das Berufungsgericht hingewiesen hat) kein Erfolg beschieden sein. Das erwähnte Delikt setzt nämlich die Schuldform des Vorsatzes voraus (SZ 50/75; SZ 51/24); außerdem kann es mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet werden. Unter diesen Voraussetzungen erlischt das Recht, für den aus der gerichtlich strafbaren Handlung resultierenden Schaden Ersatz zu verlangen, erst nach dreißig Jahren (§ 1489 Satz 2 ABGB).
Der Beklagte hat dies selbst erkannt und seine auf die Verurteilung wegen des Vergehens nach § 114 ASVG gestützte Schadenersatzpflicht auch nur mehr mit dem Argument bestritten, daß es an Feststellungen zur Höhe des darauf zurückzuführenden Schadens fehle und daß § 67 Abs 10 ASVG eine abschließende, alle konkurrierenden Schadenersatzansprüche verdrängende Geschäftsführerhaftung vorsehe. Es ist jeodch schon auf Grund des beiderseits unstrittigen Prozeßvorbringens geklärt (und wurde deshalb auch bei der Wiedergabe des entscheidungswesentlichen Sachverhalts so dargestellt), daß sich die jetzt noch streitgegenständliche Forderung aus Beitragsschulden der gemeinschuldnerischen GmbH gegenüber der Klägerin zusammensetzt (AS 27) und daß davon S 292.552,80 auf nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung entfallen (AS 17 und 35). Was andererseits den auf § 67 Abs 10 ASVG gestützten Einwand (insbesondere auch der Unzulässigkeit des Rechteswegs betrifft), ist daran zu erinnern, daß die betreffende (auf die 41. ASVG-Novelle zurückzuführende) Regelung erst mit 1.1.1986 in Kraft getreten ist (Resch, GmbH-Geschäftsführerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge, JBl 1996, 218). Mangels spezifischer Rückwirkungsanordnung bedeutet dies, daß die in § 67 Abs 10 ASVG angeordnete Geschäftsführerhaftung mit der Schadenersatzpflicht des Beklagten aus der Verletzung des § 114 ASVG nicht konkurriert. Gemäß § 5 ABGB haben nämlich Gesetze auf vor ihrer Erlassung begangene Handlungen und vorher erworbene Rechte keinen Einfluß. Wurde nicht ausdrücklich die rückwirkende Geltung verfügt, sind daher die schon früher abschließend verwirklichten Sachverhalte noch nach der alten Rechtslage zu beurteilen (SZ 34/185; WoBl 1995, 232/108 ua). Ein solcher zur Schadenersatzpflicht des Beklagten nach § 114 ASVG iVm § 1311 ABGB führender Fall liegt hier vor (vgl die Nachweise bei Resch aaO zu FN 4). Es kann aus allen diesen Gründen dahingestellt bleiben, ob jetzt (wie von Resch aaO, 221 ff vertreten) § 67 Abs 10 ASVG als in sich abgeschlossene Norm öffentlichrechtlicher Geschäftsführerhaftung eine deliktische Haftung wegen Verletzung des § 114 ASVG (oder auch wegen Konkursverschleppung) ausschließen würde.
Folgerichtig war die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 292.552,80 s.A. an die Klägerin zu bestätigen.
Zu korrigieren ist jedoch die schon im Aufhebungsbeschluß ON 20 enthaltene und jetzt wegen der Selbstbindung wiederholte Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB für die nicht dem Vorsatzdelikt des § 114 ASVG zuzuordnende Restforderung (nach den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen S 366.965,96 s.A.) könne nicht vor der Ausfertigung des den Beklagten verurteilenden strafgerichtlichen Erkenntnisses im Dezember 1988 begonnen haben.
Dazu ist vorest klarzustellen, daß der Oberste Gerichtshof an die vom Berufungsgericht im unbekämpft gebliebenen Aufhebungsbeschluß geäußerte Rechtsansicht nicht gebunden ist. Revision und Revisionsgründe sind nicht deshalb beschränkt, weil von einem Rechtskraftvorbehalt (der vom Berufungsgericht eröffneten Möglichkeit einer sofortigen Anrufung des Obersten Gerichtshofes) nicht Gebrauch gemacht wurde (vgl SZ 26/312 ua). Die Verjährungsfrage ist daher, wie der Beklagte richtig geltend macht, völlig neu und umfassend zu prüfen.
Die Grundsätze der kurzen Verjährung von Schadenersatzforderungen nach § 1489 Satz 1 ABGB wurde bereits vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Sie lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen beginnt, wenn die Gewißheit über den Eintritt des Schadens, die Person des Schädigers sowie den Ursachenzusammenhang zwischen Schaden und schadensstiftendem Verhalten unter Einschluß des vorwerfbaren Verschuldens, wo dies zu den Haftungsvoraussetzungen gehört, einen solchen Grad erreicht, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden kann, doch darf der Geschädigte nicht so lange zuwarten, bis er im Rechtsstreit zu gewinnen glaubt (vgl SZ 63/37; ecolex 1994, 537; JusExtra 1647 ua). Könnte der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen, gilt die Kenntnis schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre (ecolex 1994, 537; ÖJZ-LSK 1996/74 ua).
In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof bereits erkannt, daß es gerade dann, wenn es um die deliktische Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für Beitragsschulden gegenüber einem Sozialversicherungsträger geht und hierüber ein Strafverfahren anhängig ist, für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist nicht unbedingt auf die Tatsache der strafgerichtlichen Verurteilung bzw die Beendigung des Strafverfahrens ankommt (vgl HS 8480). In der Entscheidung 2 Ob 597/93 wurde hiefür die Erstattung eines alle strafrechtlich relevanten Umstände aufzeigenden Sachverständigengutachtens als maßgeblich angesehen und ausdrücklich ausgesprochen, daß der für seine Beitragsforderungen die deliktische Geschäftsführerhaftung geltend machende Sozialversicherungsträger nicht das Ergehen eines Schuldspruchs im Strafverfahren gegen den Ersatzpflichtigen abwarten dürfe. In der vom Beklagten genannten Entscheidung 7 Ob 602/94 = ecolex 1995, 258 wurde an dieser Aussage grundsätzlich festgehalten und für den Fall, daß kein Sachverständigengutachten eingeholt wurde, das Geständnis des Beschuldigten als für den Beginn des Fristenlaufs wesentlich erkannt. Auf die Beteiligung des Geschädigten am Strafverfahren gegen den Schädiger kommt es dabei nicht an (vgl 2 Ob 597/93). Der Umstand, daß sich die Klägerin dem Strafverfahren gegen den Beklagten nicht als Privatbeteiligte anschloß und sie daher keine unmittelbaren Informationen über den Fortgang des Strafverfahrens hatte, bewirkte also für sich allein kein Hinausschieben des Beginns der Verjährungsfrist bis zum Ende des Strafverfahrens oder gar bis zum Vorliegen der schriftlichen Urteilsausfertigung.
Im gegenständlichen Fall wäre die auf den Konkursverschleppungstatbestand des § 159 Abs 1 Z 2 StGB gestützte Schadenersatzforderung der Klägerin selbst dann verjährt, wenn man den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist mit der Verkündung (29.4.1988) bzw Rechtskraft (9.5.1988) des den Beklagten verurteilenden strafgerichtlichen Erkenntnisses ansetzt, weil die Schadenersatzklage erst am 31.10.1991 bei Gericht eingebracht wurde. Zur Widerlegung der Verjährungseinrede des Beklagten müßte daher die Klägerin dartun, die für ihren Schadenersatzanspruch maßgeblichen Umstände, insbesondere das Verschulden des Beklagten, erst nach dessen Verurteilung - etwa aus der erst sehr spät vorliegenden schriftlichen Urteilsausfertigung - in Erfahrung gebracht zu haben, ohne daß ihr deshalb eine Verletzung der ihr obliegenden Erkundigungspflicht anzulasten wäre. Wo die Grenzen dieser Erkundigungspflicht des Geschädigten liegen, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab (2 Ob 597/93; ecolex 1994, 537; 5 Ob 546/94 tw veröffentlicht in ÖJZ-LSK 1996/74 ua), die deshalb zu erheben sind. Hier fehlt bislang jegliche Erörterung dieses Problems, weil das Erstgericht wegen der Bindung an den die Verjährungseinrede verwerfenden Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes im zweiten Rechtsgang keinerlei Sach- und Beweisvorbringen zur Verjährungsfrage zuließ. Der Beklagte fand mit seinem ergänzenden Vorbringen kein Gehör, die Klägerin wiederum hatte keinen Anlaß, auf die nach Meinung des Erstgerichtes irrelevanten Ausführungen des Beklagten einzugehen und ihre Gegenargumente darzulegen. Das zwingt in Ansehung jenes Teils der Klagsforderung, für den nach der Aktenlage nicht ohnehin die lange Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB gilt, zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen, um den Parteien Gelegenheit zur Erörterung des Verjährungsproblems zu geben und allenfalls relevanten Beweisanträgen zu diesem Thema zu entsprechen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.
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