Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 8.370,-- (darin S 1.395,-- USt) bestimmten Revisionskosten binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte war Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Cafe E***** GesmbH in S*****, die sozialversicherungspflichtige Dienstnehmer beschäftigt hat. Dieser Gesellschaft war es von allem Anfang an nicht möglich, den erforderlichen Mindesttagesumsatz zur Abdeckung dieser und weiterer Lieferantenverbindlichkeiten zu erzielen. Die Sozialversicherungsbeiträge wurden jedenfalls von Juni 1986 an nicht bezahlt, weshalb die Klägerin für die Zeit von Juni bis Juli 1986 Exekutionen gegen die Gesellschaft führte. Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 17.12.1986, Sa 27/86-1, wurde über das Vermögen der Cafe E***** GesmbH das Ausgleichsverfahren eröffnet und nach Zurückziehung des Ausgleichsantrages mit Beschluß vom 16.1.1987 zu S 3/87-1 der Anschlußkonkurs. Mit Beschluß desselben Gerichtes vom 16.1.1987 zu S 4/87-1 wurde auch über das Vermögen des Beklagten das Konkursverfahren eröffnet. Die Klägerin hat im Konkurs der Cafe E***** GesmbH an offenen Sozialversicherungsbeiträgen S 188.799,24 angemeldet. Die Klägerin wurde von der Bundespolizeidirektion Salzburg erstmals mit Schreiben vom 10.8.1987 davon verständigt, daß über Aufforderung der Staatsanwaltschaft gegen den Beklagten Erhebungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Krida geführt werden, zugleich wurde sie ersucht, den gesamten Beitragsrückstand bekanntzugeben. Über Antrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 31.8.1987 wurden gegen den Beklagten wegen des Verdachtes des Vergehens der fahrlässigen Krida Vorerhebungen eingeleitet, das Strafverfahren wurde jedoch (am 3.9.1987, vgl AS 1 verso des Strafaktes) wegen der Flucht des Beklagten ins Ausland gemäß § 412 StPO noch vor Einleitung von Vorerhebungen und ohne Einvernahme des Beklagten bzw ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens abgebrochen. Aufgrund der Mitteilung des Beklagtenvertreters vom 22.4.1992, daß sich der Beklagte wiederum in Österreich aufhalte, wurde das Strafverfahren fortgesetzt und nach dem Geständnis des Beklagten (am 19.5.1992) gegen ihn der Antrag auf Bestrafung erhoben. Der Beklagte wurde mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 9.3.1993, 31 E Vr 1414/92, E Hv 22/93-21, wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida als leitender Angestellter nach dem § 159 Abs.1 Z 1 und 2 iVm § 161 Abs.1 StGB rechtskräftig verurteilt. Die Klägerin hatte von der Hauptverhandlung am 9.3.1993 keine Kenntnis und wurde aufgrund ihres Schreibens vom 2.4.1993 an das Landesgericht Salzburg vom Ausgang des Strafverfahrens verständigt.
Die Klägerin begehrt mit ihrer am 5.5.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage die Zahlung der der Höhe nach außer Streit stehenden rückständigen Sozialversicherungsbeiträge von S 157.032,24 s. A.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte die Verjährung der Klagsforderung ein. Von der Überschuldung der Cafe E***** GesmbH und der Geschäftsführereigenschaft des Beklagten habe die Klägerin schon zum Zeitpunkt der Anmeldung ihrer Forderung im Konkursverfahren der GesmbH Kenntnis erlangt. Die Zahlungsunfähigkeit der Cafe E***** GesmbH sei der Klägerin auch deshalb bekannt gewesen, weil sie laufend gegen diese ab Juni 1985 Exekution geführt habe. Daß der Klägerin ein Schaden entstehen werde, sei spätestens mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens im Dezember 1986 klar gewesen. Mit einer Feststellungsklage gegen den Beklagten oder durch Forderungsanmeldung in seinem persönlichen Konkurs, die unterlassen worden sei, hätte die Klägerin die Verjährung unterbrechen können. Mit der Beendigung des Konkurses der GesmbH im Jahr 1988 sei klar gewesen, daß die Klägerin einen Totalverlust ihrer Forderung erleide.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. In rechtlicher Hinsicht bejahte es ein tatbestandsmäßiges Verhalten des Beklagten gemäß §§ 159 Abs.1 Z 1 und 2, 161 Abs.1 StGB. Der Beklagte habe die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft bereits in der Zeit vom 13.Juni bis August 1986 fahrlässig herbeigeführt und in der Zeit ab August 1986 fahrlässig die Eröffnung des Insolvenzverfahrens trotz Zahlungsunfähigkeit der GesmbH unterlassen. Da die Verjährung erst mit Kenntnis aller Umstände des Sachverhaltes, die den Tatbestand verwirklichen, zu laufen beginne, sei die Forderung der Klägerin auch nicht verjährt. Die Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen reiche nicht für diese Kenntnis aus. Der Beklagte habe keine Tatsachenbehauptungen aufgestellt, daß die Klägerin von einem pönalisierten Verhalten mehr als drei Jahre vor Einbringung der Klage Kenntnis gehabt hätte. Die Klägerin habe sich auch nicht passiv verhalten, sondern nach Kenntnisnahme von der Einleitung des Strafverfahrens im August 1987 und auch nach dessen Abbruch dieses weiterhin evident gehalten und am 22.10.1990 zunächst erfolglos die Beendigung des Strafverfahrens urgiert. Vom Strafantrag und der anschließenden Verurteilung habe die Klägerin erst aufgrund ihres Schreibens vom 2.4.1993 Kenntnis erlangt und danach binnen Monatsfrist die Klage eingebracht.
Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil. Es erklärte die Revision für zulässig. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes zur im Berufungsverfahren einzig noch geltend gemachten Verjährungsfrage. Aus dem Umstand, daß die Klägerin seit 1985 gegen die Cafe E***** GesmbH Exekutionen geführt habe, könne noch nicht ihre Kenntnis abgeleitet werden, daß diese Gesellschaft vom Beklagten als alleinverantwortlichem Geschäftsführer betrieben wurde. Daß der Bericht des Ausgleichsverwalters, in dem der Ausgleich für undurchführbar erklärt wird, von der Klägerin zur Kenntnis genommen worden sei, stehe nicht fest. Die Erkundigungspflicht des Geschädigten dürfe nicht überspannt werden, insbesondere sei ihm unzumutbar, selbst ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der Beklagte habe nicht bewiesen, daß die Klägerin schon vor seiner Flucht ins Ausland Kenntnis von seinem schuldhaften Verhalten im Sinne der §§ 159, 161 StGB gehabt habe. Weder der Bericht des Ausgleichsverwalters noch die Kenntnis von der Strafverfolgung des Beklagten hätten der Klägerin die erforderlichen Kenntnisse über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beklagten für die Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung bzw. verspätete Konkursanmeldung bringen können.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision ist nicht berechtigt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beginnt die Verjährungsfrist nach § 1489 Satz 1 ABGB erst dann zu laufen, wenn dem Geschädigten der Sachverhalt so weit bekannt ist, daß die Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann. Zu den für das Entstehen des Ersatzanspruches maßgebenden Umstände, die dem Geschädigten im Sinn des § 1489 Satz 1 ABGB bekannt sein müssen, gehört daher nicht nur die Kenntnis des Schadens und des Schädigers sowie des Ursachenzusammenhanges zwischen dem Schaden und einem dem Schädiger anzulastenden Verhalten, sondern überall dort, wo der Ersatzanspruch des Beschädigten - wie hier - ein Verschulden des Schädigers voraussetzt, auch die Kenntnis jener Umstände, die im Einzelfall ein derartiges Verschulden begründen (vgl Schubert in Rummel ABGB2 § 1489 Rz 4 mwN). Richtig ist, daß zu 2 Ob 597/93 vom Obersten Gerichtshof ausgesprochen worden ist, daß die Verjährungsfrist für den Sozialversicherungsträger bei Verfolgung seiner Beitragsansprüche gegen den schädigenden Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bereits mit der Erstattung des Sachverständigengutachtens im Strafverfahren, das alle strafrechtlich relevanten Umstände des Schädigers aufzeige, in Lauf gesetzt wird und der Sozialversicherer daher nicht das Ergehen eines Schuldspruches abwarten dürfe. In dem der zitierten Entscheidung zugrundliegenden Fall wurde davon ausgegangen, daß der Sozialversicherungsträger seine Verpflichtung, sich um den Fortgang des Strafverfahrens zu kümmern, vernachlässigt habe und daß die erst nach dem Schuldspruch eingebrachte Klage verjährt sei. Dieser Entscheidung lag jedoch ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. Im vorliegenden Fall hätten Anfragen der Klägerin über den Stand des Strafverfahrens, das zufolge der Flucht des Beklagten unterbrochen war, bis Mai 1992 keine über das Insolvenzverfahren hinausgehende Kenntnisse erbracht. Im Gegensatz zur zuvor zitierten Entscheidung wurde im Strafverfahren gegen den Beklagten kein Sachverständigengutachten eingeholt. Ausreichende Kenntnisse standen der Klägerin daher erst mit dem Geständnis des wieder nach Österreich zurückgekehrten Beklagten im Mai 1992 zur Verfügung. Erst ab diesem Zeitpunkt war die strafrechtliche Verantwortung des Beklagten geklärt. Davor hätte nur die Einholung eines Sachverständigengutachtens auf Basis der Insolvenzverfahren dieses Wissen erbracht. Wie aber das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, würde man mit einer derartigen Forderung die den Geschädigten treffende Erkundungspflicht bei weitem überspannen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und 50 ZPO.
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