Spruch:
1. Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin erzeugt und vertreibt Reinigungsgeräte, Reinigungsmittel und Reinigungszubehör. Sie tritt im geschäftlichen Verkehr unter dem Firmenschlagwort "Kärcher" auf. Mit Zustimmung der deutschen A***** GesellschaftmbH & Co verwendet die Klägerin die Wortbildmarken IR 458 636 und IR 487 467:
Diese Marken sind zugunsten des deutschen Unternehmens für die Warenklassen 1, 3, 7, 9, 11, 37 und 42 (ua) für das Gebiet der Republik Österreich mit Priorität 16.April 1980 (IR 458 636) und mit Priorität 18.Februar 1984 (IR 487 467) geschützt.
Die Klägerin vertreibt ihre Waren sowohl über eigene Verkaufs- und Servicestellen als auch über lokale Zwischenhändler ("Handelspartner"), denen die Klägerin erhebliche Rabatte gewährt.
Der Beklagte war Handelspartner der Klägerin in Kärnten. Die Klägerin gestattete ihm für die Dauer ihrer Geschäftsbeziehung, sich im geschäftlichen Verkehr als "Kärcher-Fachhändler" zu bezeichnen, ihr Firmenschlagwort "Kärcher" und die Wortbildmarken IR 458 636 und IR 487 467 zu verwenden. Mit Schreiben vom 4.Oktober 1995 löste die Klägerin die Handelspartner-Vereinbarung fristlos auf:
"Sehr geehrter Herr K*****,
leider haben diverseste Gespräche zwischen unserem Verkauf und Ihnen nicht zu einer Veränderung der Situation, dh zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Ihnen und uns geführt. Wir verfolgen seit Monaten mit äußerster Besorgnis
- dramatische Umsatzrückgänge
- Forcierung von Mitbewerberprodukten
- stark verringerte Zahlungssicherheiten
durch Ihre Firma.
Wir ziehen daraus die Konsequenzen und widerrufen daher alle mit Ihnen vereinbarten Händler- und Sonderkonditionen, und damit auch den Kärcher-Händler-Status. Wir gehen davon aus, daß der mit Ihnen gültige Abnahmevertrag vom 8.2.1995, betreffend 12 Tonnen Kärcher-Reinigungsmittel von Ihnen - aufgrund der neuen Situation - nicht mehr erfüllt wird, wobei wir diese Vorgangsweise verstehen.
Sie sind damit auch nicht mehr berechtigt, den Namen Kärcher auf Ihren Geschäftspapieren zu führen bzw. sich als Kärcher-Partner auszugeben. Dies gilt auch für die Beschriftung Ihrer Fahrzeuge und für Kundendienst-Aktivitäten.
Dieser Widerruf ist ab sofort gültig.
Ab 9.10.1995 haben Sie als Endkunde und Clean park-Betreiber bis auf Widerruf Anspruch auf folgende fixe Rabattsätze:
CCE-Geräte 15 %
Clean-park- u. CCE-
Zubehör + Reinigungsmittel 35 %
Clean park u. CCE-Ersatzteile 20 %.
Alle Rabattsätze auf jeweils gültige Preislisten.
Ausschließlich Barzahlung mit 4 % Skonto.
..."
Mit Schreiben vom 3.November 1995 teilte die Klägerin einem Kunden mit, daß sie den Vertrag mit dem Beklagten aufgekündigt habe. Das bedeute, daß die Firma I***** ab sofort und in Zukunft auch keine technischen Informationen und keine Unterstützung von Kärcher erhalte.
Der Beklagte tritt im geschäftlichen Verkehr als "Kärcher-Fachhändler" auf. Er verwendet das Zeichen "Kärcher" auf einem Schild an seinem Geschäft und auf einer Hinweistafel in der Hauptstraße von G***** sowie auf Werbeaufklebern, Briefpapier und Visitenkarten.
Mit Schreiben vom 21. November 1995 bestätigte Klaus E***** aus F***** in Deutschland, künftig mit dem Beklagten zusammenarbeiten zu wollen:
"Sehr geehrter Herr K*****,
wir freuen uns, daß Sie künftig mit uns zusammenarbeiten möchten. Gerne akzeptieren wir Sie als Fachhandelspartner für den Vertrieb von Kärcher-Reinigungssystemen.
Die erforderlichen Preisunterlagen haben Sie bereits per Post erhalten. Weitere Unterlagen, insbesondere den Service von Kärcher-Produkten betreffend, erhalten Sie mit separater Post. Über Neuerungen, Schulungen usw. werden wir Sie immer auf dem laufenden halten (diese Informationen erhalten Sie unaufgefordert).
Da Sie von Kärcher Österreich nicht mehr als A-Handelspartner geführt werden, sehen wir keine Probleme, Sie künftig zu betreuen.
..."
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, im geschäftlichen Verkehr mit Reinigungsgeräten, -mitteln und -zubehör die Benützung der Wortbildmarken (./A) und (./B) sowie der Bezeichnung "Kärcher" und/oder "Kärcher-Fachhändler" zu unterlassen, wenn diese Benützung kennzeichenmäßig und auf eine Art und Weise erfolgt, daß dadurch der Eindruck hervorgerufen wird, der Beklagte sei mit der Klägerin durch organisatorische oder vertragliche Beziehungen verbunden sowie sämtliche diesem Zustand widerstreitende Ankündigungen zu beseitigen, soweit der Beklagte hierüber noch verfügungsberechtigt ist.
Der Beklagte verwende "Kärcher" nicht bloß als Bestimmungsangabe oder zur Kennzeichnung von Ware der Klägerin. Aus der Verwendung von "Kärcher" auf den Geschäfts- und Hinweisschildern des Beklagten schlössen die angesprochenen Verkehrskreise, daß weiterhin wirtschaftliche Nahebeziehungen zwischen den Streitteilen bestünden. Es bestehe daher zumindest eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn.
Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.
Die Klägerin habe nicht bescheinigt, zum Widerruf der Handelspartner-Vereinbarung berechtigt zu sein. Der von der Klägerin vorgenommene Widerruf mit sofortiger Wirkung sei sittenwidrig. Der Beklagte stehe nach wie vor mit Kärcher in Verbindung, und zwar über den deutschen Fachhändler Klaus E*****. Kärcher sei ein weltweit tätiges Unternehmen; durch die Verwendung der Bezeichnung "Kärcher" weise der Beklagte nicht auf eine Nahebeziehung zur Klägerin hin.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung.
Der Beklagte habe die Bezeichnung "Kärcher" und die Wort-Bild-Marken nur mit Zustimmung der Klägerin benützen dürfen. Er verwende sie in einer Form, die darauf schließen lasse, daß er Vertragshändler des Herstellers und Markeninhabers sei. Dazu sei er aber nicht berechtigt, weil er nicht mehr Vertragshändler sei. Die Geschäftsbeziehung des Beklagten zu Klaus E***** rechtfertige den Markengebrauch und die Bezeichnung "Kärcher-Vertragshändler" nicht. Der Beklagte habe weder behauptet noch bescheinigt, daß ihn Klaus E***** dazu ermächtigt habe und auch berechtigt sei, solche Ermächtigungen zu erteilen.
Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Sicherungsantrag abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Gemäß § 10a MSchG gewähre die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benützen, die unter dieser Marke von ihrem Inhaber oder mit seiner Zustimmung im EWR in Verkehr gebracht worden sind. Daß die Waren nicht von der Klägerin oder mit ihrer Zustimmung, sondern von einem im EWR-Raum etablierten Markeninhaber, nämlich Klaus E*****, oder mit dessen Zustimmung in Verkehr gebracht worden seien, ändere nichts daran, daß der Beklagte befugt sei, die Waren unter den streitgegenständlichen Marken zu vertreiben. Die Klägerin habe keine Alleinvertriebsvereinbarung behauptet. Die Ausschaltung des Beklagten - in seiner Eigenschaft als Vertragspartner des Klaus E***** beim Vertrieb von Kärcher-Produkten - sei keine Verkaufsmodalität. Die einstweilige Verfügung sei daher nicht "EU-Recht-konform".
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt. Die Revisionsrekursbeantwortung des Beklagten ist verspätet. Der Beklagte hat den Schriftsatz entgegen dem im Revisionsrekursverfahren sinngemäß anzuwendenden § 508a Abs 2 ZPO (Fasching, Lehrbuch**2 Rz 2028) beim Erstgericht eingebracht; die Revisionsrekursbeantwortung ist erst nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 402 Abs 3 EO beim Obersten Gerichtshof eingelangt.
Die Klägerin verweist darauf, daß der Beklagte Original-Kärcher-Waren vertreibt und daß Klaus E***** nicht Markeninhaber, sondern deutscher Vertragshändler ist. Der Beklagte verwende "Kärcher" kennzeichenmäßig; dazu sei er seit der Auflösung der Handelspartner-Vereinbarung nicht mehr berechtigt. Der Gebrauch des Zeichens durch den Beklagten erwecke den unzutreffenden Eindruck, daß er nach wie vor Handelspartner der Klägerin sei. Der Beklagte erhalte weder die intensive technische Schulung eines Fachhändlers noch die erheblichen Fachhändler-Rabatte. Die Klägerin habe mit dem Beklagten keine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung geschlossen; europarechtliche Fragen seien nicht zu lösen.
Daß die vom Beklagten vertriebenen Waren von Klaus E***** als einem im EWR-Raum etablierten Markeninhaber in Verkehr gebracht worden seien, ist tatsächlich aktenwidrig; die als aktenwidrig bekämpften Ausführungen des Rekursgerichtes sind aber für die Entscheidung unerheblich. Es geht nämlich nicht um die Zulässigkeit eines Parallelimports, sondern um die Frage, ob der Beklagte nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit der Klägerin als der österreichischen Kärcher-Vertriebsgesellschaft das Zeichen "Kärcher" noch kennzeichenmäßig gebrauchen und sich als "Kärcher-Fachhändler" bezeichnen darf, wenn dadurch der Eindruck hervorgerufen wird, daß er mit der Klägerin durch organisatorische oder vertragliche Beziehung verbunden sei.
Daß der Beklagte sein Geschäft mit einem Geschäftsschild und einem Hinweisschild mit der Wortbildmarke "Kärcher" kennzeichnet sowie daß er Werbeaufkleber, Briefpapier und Visitenkarten mit der Wortbildmarke "Kärcher" verwendet, steht aufgrund seines eigenen Vorbringens fest (ON 2). Zu klären ist daher, ob der Gebrauch der Wortbildmarke "Kärcher" auf Hinweisschildern, Geschäftsbezeichnungen und Geschäftsdrucksorten kennzeichenmäßig ist und daher nur erfolgen darf, wenn der Markeninhaber den Gebrauch erlaubt hat, und ob durch die Verwendung des Zeichens und vor allem die Bezeichnung als "Kärcher-Fachhändler" der unzutreffende Eindruck entsteht, die Vertragsbeziehungen zwischen den Streitteilen seien noch aufrecht.
Nach § 13 MSchG ist unter Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung nicht nur der Gebrauch des Zeichens an der Ware selbst oder an Gegenständen, an denen die Dienstleistung ausgeführt wurde oder ausgeführt werden soll oder die zur Erbringung von Dienstleistungen benützt werden, zu verstehen, sondern auch der Gebrauch auf Gefäßen oder Umhüllungen sowie in Ankündigungen und Geschäftspapieren. Zeichenmäßiger Gebrauch liegt vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder in Beziehung auf sie so gebraucht wird, daß der unbefangene und flüchtige Durchschnittsabnehmer annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene zur Unterscheidung der so gekennzeichneten Waren von gleichen oder gleichartigen anderer Herkunft (Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht12 § 15 dWZG Rz 23 mwN; ÖBl 1995, 170 - Förderband-Abstreifersysteme mwN; s auch ecolex 1996, 463 - Spanische Reitschule mwN). Zeichenmäßiger Gebrauch kann demnach vorliegen, wenn ein fremdes Warenzeichen in eine Unternehmensbezeichnung oder in Werbemittel wie zB Anzeigen, Kataloge, Preislisten, Geschäftsbriefe, Drucksachen, Rechnungen usw aufgenommen wird (Baumbach/Hefermehl aaO § 15 dWZG Rz 28f mwN).
Kein kennzeichenmäßiger und damit kein ausschließlich dem Markeninhaber vorbehaltener Zeichengebrauch liegt vor, wenn die Marke nicht als Herkunftshinweis, sondern als reine Bestimmungsangabe verwendet wird. Das trifft (ua) dann zu, wenn der Inhaber einer Kfz-Reparaturwerkstätte, die auf die Reparatur von Kraftfahrzeugen bestimmter Marken spezialisiert ist, sein Unternehmen als Reparaturwerkstätte für diese Automarken bezeichnet (ÖBl 1984,78 - BMW-Spezialist; ÖBl 1992, 273 - MERCEDES-Teyrowsky mwN). Ein Eingriff in das Ausschließungsrecht des jeweiligen Markeninhabers ist hier nur dann anzunehmen, wenn durch die Art und Weise, wie das fremde Zeichen verwendet wird, bei den beteiligten Verkehrskreisen der falsche Eindruck entstehen kann, Inhaber der Reparaturwerkstätte sei entweder der Markeninhaber selbst oder ein mit ihm durch vertragliche oder organisatorische Beziehungen verbundenes Unternehmen (SZ 58/62 = ÖBl 1985, 158 - "Ford-Spezialwerkstätte" mwN).
Der Beklagte gebraucht das Zeichen "Kärcher" auf seinem Geschäfts- und auf einem Hinweisschild sowie auch auf Werbeaufklebern, Briefpapier und Visitenkarten. Insoweit liegt kennzeichenmäßiger Gebrauch vor; der Beklagte ist dazu seit der Auflösung der Handelspartner-Vereinbarung durch die Klägerin nicht mehr berechtigt. Daß er weiterhin Kärcher-Geräte vertreibt, kann die für den Gebrauch des Zeichens notwendige Zustimmung des Markeninhabers (seines Vertreters) nicht ersetzen.
Der Beklagte bezeichnet sich auch nach wie vor als "Kärcher-Fachhändler". Unter einem "Fachhändler" wird üblicherweise ein Händler verstanden, den vertragliche Beziehungen mit dem Erzeugungs- oder Vertriebsunternehmen verbinden, auf dessen Produkt(e) er sich spezialisiert hat (zu den Fachhandelsbindungen im Kartellrecht s Gugerbauer, Kommentar zum Kartellgesetz § 30a Rz 6; zum Begriff der Fachhandelsbindung s auch der [aufgehobene] § 17 Abs 3 Z 1 KartG iVm § 2 Abs 1 der V vom 6.4.1989 BGBl 185). Auch insoweit liegt daher kennzeichenmäßiger Gebrauch vor (s Baumbach/Hefermehl aaO § 15 WZG Rz 27; SZ 58/62 = ÖBl 1985, 158 - Ford-Spezialwerkstätte).
Die Verwendung des Zeichens "Kärcher" durch den Beklagten und die Bezeichnung als "Kärcher-Fachhändler" greift aber nicht nur in das Ausschließungsrecht des Markeninhabers ein; sie verstößt auch gegen § 2 UWG. Sie ist zur Irreführung geeignet, weil der Beklagte entgegen dem bei den beteiligten Verkehrskreisen erweckten Anschein nicht Vertragshändler der mit dem Vertrieb von Kärcher-Produkten in Österreich befaßten Klägerin ist. Daß sich der Beklagte nicht als "Kärcher-Fachhändler" bezeichnen darf, hindert weder den Vertrieb von Kärcher-Produkten durch ihn, noch wird dadurch ausgeschlossen, daß er im geschäftlichen Verkehr darauf hinweist, Kärcher-Produkte zu vertreiben.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jener über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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