OGH 1Ob2064/96b

OGH1Ob2064/96b4.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Sabine P*****, wegen Unterhalts, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Herbert B*****, vertreten durch Dr.Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6.März 1996, GZ 44 R 173/96-108, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung tritt Selbsterhaltungsfähigkeit ein, wenn das Kind die zur Deckung seines Unterhalts erforderlichen Mittel selbst erwirbt oder aufgrund zumutbarer Beschäftigung zu erwerben imstande ist (RZ 1992/3; EFSlg 74.839 uva, zuletzt 9 Ob 509/95 = ÖA 1996, 16). Unterläßt das Kind die Ausübung einer Beschäftigung oder scheitert eine angemessene Berufsausbildung, so hat dies nur dann Auswirkungen auf die Unterhaltsverpflichtung, wenn dem Kind ein Verschulden daran zur Last fällt. Bei Prüfung der Frage, ob im Hinblick auf das Unterbleiben einer Ausbildung bzw Erwerbstätigkeit Selbsterhaltungsfähigkeit anzunehmen ist, kann daher nicht von einem objektiven Sachverhalt ausgegangen werden, sondern es sind die Gründe zu erheben, die dazu führten, daß eine Ausbildung oder Berufstätigkeit unterblieb (zuletzt ÖA 1996, 16). Nur selbstverschuldetes Scheitern an einer angemessenen Berufsausbildung begründet demnach die Selbsterhaltungsfähigkeit (EFSlg 74.875).

Ob ein Kind wegen Erreichens der Selbsterhaltungsfähigkeit seinen Unterhaltsanspruch verliert, wenn es seine Berufsausbildung nicht zielstrebig betreibt, kann auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur nach den maßgeblichen, im Regelfall die Annahme einer erheblichen Rechtsfrage ausschließenden Umständen des Einzelfalls entschieden werden (5 Ob 1536/93 = EFSlg 71.528 = ÖA 1994, 24; vgl auch Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 50). Eine auffallende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts, eine durchgehende Unterhaltsverpflichtung des Vaters erscheine bei dem von mehreren und langdauernden Unterbrechungen gekennzeichneten bisherigen Berufsverlauf der (vormals) Minderjährigen ebenso unbillig wie die gänzliche Enthebung des Vaters, weil die (vormals) Minderjährige schließlich doch ihre Absicht dokumentiert habe, eine Berufsausbildung zu absolvieren, ist nicht zu erkennen, wird doch bei einer verzögerten Reife dem Kind unter Umständen auch ein mehrmaliger Ausbildungswechsel zugebilligt.

Stichworte