Spruch:
Der außerordentliche Rekurs des Anerben wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).
Text
Begründung
Zur Frage der Zulässigkeit des Revisionsrekurses verweist der Rekurswerber zunächst darauf, daß keine oder zumindest nur eine spärliche oberstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien zur Festlegung des Übernahmspreises nach § 11 AnerbG vorliege. Mit diesem allgemein gehaltenen Hinweis werden die Voraussetzungen für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG nicht aufgezeigt. Für die Ermittlung des Übernahmspreises stellt das Gesetz nur auf das Wohlbestehenkönnen des Hofübernehmers ab. Dem Gericht ist im Rahmen des billigen Ermessens ein weiter Spielraum eingeräumt. Der Verkehrswert ist nicht maßgeblich. Entscheidende Orientierungshilfe ist der Ertragswert (SZ 45/40 uva). Nach den Gesetzesmaterialien (Erl.Bem. zu § 11 AnerbG, teilweise abgedruckt in Edlbacher Anerbengesetz 53 f) könne es den bäuerlichen Schätzleuten überlassen werden, die richtige Grenze nach oben oder nach unten zu finden. Ein Revisionsgrund könnte somit nur im Falle einer Überschreitung des dem Gericht eingeräumten weiten Ermessensspielraums liegen.
Der Hofübernehmer beruft sich zur Zulässigkeit seines Rekurses weiters auf eine mangelnde Auseinandersetzung des Rekursgerichtes mit der Frage der realen Möglichkeiten, den Übernahmspreis aus den Erträgnissen des Hofes abstatten zu können. Von einer fehlenden Erörterung dieser Frage kann aber keine Rede sein. Das Rekursgericht hat den Anerben auf die Verwertung der festgestellten Holzvorräte verwiesen. Diese Rechtsansicht des Gerichtes zweiter Instanz bekämpft der Anerbe in zweifacher Hinsicht:
1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dahin geltend gemacht, daß die im zweiten Rechtsgang von zwei neu beigezogenen Sachverständigen erstatteten Gutachten in Widerspruch zu den Gutachten aus dem ersten Rechtsgang stünden, was von den Vorinstanzen nicht erörtert worden sei (in diesem Zusammenhang macht der Rekurswerber auch Feststellungsmängel geltend und verweist dazu im wesentlichen auf "Diskrepanzen" zu den Vorgutachten);
2. im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wendet sich der Rekurswerber gegen die ihm auferlegte Realisierung des Holzvorratsüberhanges, was zu 11,3 ha Schlagflächen (= ein Drittel der vorhandenen Waldfläche) führe. Mit einer solchen Schlägerung wäre die Existenz des Hofes gefährdet. Der Holzvorratsüberhang könne nach den Bestimmungen des Forstgesetzes auch gar nicht zur Gänze verwertet werden.
Rechtliche Beurteilung
Mit der angeführten Mängelrüge wird eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz gerügt, welche vom Rekurgericht aber bereits behandelt und verneint worden ist (S 5 f in ON 224). Dieser Verfahrensmangel kann nicht neuerlich releviert und zum Gegenstand des Revisionsrekurses gemacht werden. Auch im außerstreitigen Verfahren gilt, daß eine vom Gericht zweiter Instanz verneinte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz nicht noch nochmals an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden darf (4 Ob 524,525/95). Der Rekurswerber räumt selbst eine exakte Befundaufnahme der Sachverständigen des zweiten Rechtsganges ein (S 4 des Rekurses). Die auf den Gutachten basierenden erstinstanzlichen Feststellungen können daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden.
Die Feststellungen zum Holzvorratsüberhang können dahin zusammengefaßt werden, daß der Waldbestand einen gegenüber dem österreichischen Durchschnittswald weit höheren Prozentanteil an hiebreifem Baumbestand aufweist. Die zu lösende Rechtsfrage besteht darin, ob mit der Schlägerung und der Verwertung dieses (lebenden) Holzvorrates in die Substanz des Hofes eingegriffen wird, mit anderen Worten, ob diese Verwertung einem für den Anerben unzumutbaren Abverkauf eines Teiles des Hofes (vgl dazu 6 Ob 32/85) gleichkommt. Die Frage ist schon aus der einfachen Erwägung heraus zu verneinen, daß bei einer bereits erfolgten Schlägerung des Vorratsüberhanges und Lagerung des Holzes zu Verkaufszwecken und einer dadurch bedingten erhöhten Liquidität des Forstbetriebes man zweifelsfrei zur Feststellung gelangen müßte, daß mit dem Abverkauf des Holzes nicht in die Substanz des Unternehmens eingegriffen wird. Nicht anders kann es sich aber bei der vorliegenden Vorratshaltung in Form eines überdurchschnittlichen Anteils an hiebreifem Baumbestand verhalten. Nach den Feststellungen ist davon auszugehen, daß der Anerbe nach der Verwertung des Holzvorrates immer noch über einen Wald mit einem (dann nur mehr) durchschnittlichen Baumbestand verfügt. Gegen die Berücksichtigung des Holzvorrates bei der Ausmittlung des Übernahmspreises bestehen keine Bedenken. Der im Rahmen des richterlichen Ermessens von den Vorinstanzen richtig gelösten Rechtsfrage kommt auch keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu. An dieser Beurteilung vermag auch nicht der Hinweis des Rekurswerbers auf rechtliche Hindernisse bei der Verwertung (Schlägerung) des Holzvorrates auf Grund der Bestimmungen des Forstgesetzes etwas zu ändern. Der Rekurswerber führt diesen Rekursgrund nur unzureichend aus, indem er lediglich auf im § 80 ForstG normierte "generelle Nutzungsbeschränkungen" verweist. Diese Gesetzesbestimmung betrifft den Schutz hiebsunreifer Bestände, also gerade nicht den vorliegenden Fall der Verwertung von Altbaumbeständen im hiebsreifen Alter von über sechzig Jahren. Allenfalls tatsächlich gegen die kurzfristige Verwertung der hiebsreifen Waldbestände bestehende gesetzliche Nutzungsbeschränkungen führt der Rekurswerber nicht konkret aus. Wohl bestehen gesetzliche Nutzungsbeschränkungen wie beispielsweise unter besonderen Voraussetzungen das Verbot von Kahlhieben oder Großkahlhieben (§ 82 Abs 1 und 2 ForstG), das Gesetz sieht aber auch Ausnahmebewilligungen von diesen Verboten vor, beispielsweise bei Vorliegen forstbetrieblicher Gründe oder wenn der Fortbestand des Betriebes gefährdet wäre (§ 82 Abs 3 lit a und c ForstG). Es wäre Sache des Rekurswerbers gewesen, die nur allgemein behaupteten Nutzungsbeschränkungen sowie die Unmöglichkeit der Erlangung von Ausnahmebewilligungen konkret darzutun. Mangels solcher Ausführungen ist davon auszugehen, daß die Sachverständigen bei der Erstattung ihres Gutachtens auch die rechtlichen Voraussetzungen für die von ihnen aufgezeigte Verwertungsmöglichkeit des bestehenden lebenden Holzvorrates geprüft und bejaht haben.
Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG war der Revisionsrekurs des Anerben daher zurückzuweisen.
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