OGH 1Ob1691/95

OGH1Ob1691/951.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Cerha, Hempel und Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wider die beklagte Partei T***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Werner Walch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 109.459,35 S sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgerichts vom 18.Mai 1995, GZ 6 R 47/95-16, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Halterin eines österreichischen Zivilflugplatzes belangt das beklagte Luftbeförderungsunternehmen wegen rückständiger "Sicherheitsbeiträge" nach dem Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, BGBl 1992/824 (im folgenden nur BG), dessen Änderungen durch Art XX des SteuerreformG 1993, BGBl 1993/818, hier noch unanwendbar sind. Das BG hatte die teilweise Privatisierung der Sicherheitskontrollen auf Flugplätzen sowie die finanzielle Inanspruchnahme der Verursacher (Luftbeförderungsunternehmen und Passagiere zum Ziel [RV 693 BlgNr XVIII.GP, 5] zum Ziel und normiert ua:

"1. Abschnitt

Sicherheitskontrollen

§ 2. ...

Zutrittsbeschränkung

§ 3. ...

2. Abschnitt

Übertragung der Sicherheitskontrollen auf Unternehmen

Beauftragung von Unternehmen

§ 4. ...

3. Abschnitt

Verpflichtungen des Flugplatzhalters

Anlagen und Geräte

§ 8. ...

Räume

§ 9. ...

4. Abschnitt

Sicherheitsbeitrag

Gegenstand des Beitrages

§ 10. Der Sicherheitsbeitrag umfaßt die Sicherheitsabgabe nach § 11 und den Risikozuschlag nach § 13 Abs. 3.

"Sicherheitsabgabe, Abgabenschuldner

§ 11. (1) Tritt ein Passagier auf Grund einer von einem Luftbeförderungsunternehmen erteilten Berechtigung von einem inländischen Zivilflugplatz einen Flug an, der nicht bloß stichprobenartigen Sicherheitskontrollen unterliegt ..., so ist dafür eine Sicherheitsabgabe zu entrichten.

(2) Die Sicherheitsabgabe ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO).

(3) Abgabenschuldner ist der Zivilflugplatzhalter.

...

Höhe des Sicherheitsbeitrags

§ 13. (1) Die Höhe der Sicherheitsabgabe wird vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr mit Verordnung jeweils bis zum 30.November für das folgende Kalenderjahr bestimmt. Dabei ist dafür vorzusorgen, daß die Einnahmen zur Bedeckung der Kosten ausreichen, die dem Bund 1. aus der Wahrnehmung der §§ 2 und 3, 2. aus der Erfüllung der gemäß § 4 eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen und 3. aus der Abgeltung der vom Zivilflugplatzhalter gemäß der §§ 8 und 9 erbrachten Leistungen entstehen. Die Höhe der Abgabe darf nicht davon abhängig gemacht werden, an welchem Zivilflugplatz der Flug angetreten wird.

(2) Die Verordnung hat einen Prozentsatz der jeweils von einem Zivilflugplatzhalter geschuldeten Sicherheitsabgaben zu bestmmen, die dem Zivilflugplatzhalter zur angemessenen Abgeltung der von ihm nach den §§ 8 und 9 zu erbringenden Leistungen gebühren.

(3) Die Verordnung hat überdies die Höhe eines Zuschlags zur Sicherheitsabgabe festzusetzen, mit dem der Zivilflugplatzhalter das Risiko der Uneinbringlichkeit von Forderungen nach § 16 Abs. 1 abgegolten wird (Risikozuschlag).

...

Zivilrechtliche Begleitbestimmungen

§ 16. (1) Für jeden Passagier, der an einem inländischen Zivilflugplatz einen abgabenpflichtigen Flug beginnt, ist das Luftbeförderungsunternehmen verpflichtet, an den Zivilflugplatzhalter ein Entgelt in der Höhe des Sicherheitsbeitrages zu leisten. Dieses Entgelt ist auf dem Zivilrechtsweg einzufordern. ..."

Mit § 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Höhe des Sicherheitsbeitrags für Flugpassagiere, BGBl 1993/136, wurde für die Zeit vom 1.Mai bis 31.Dezember 1993 die Höhe der Sicherheitsabgabe mit 39,53 S und des Risikozuschlags mit 0,47 S, insgesamt somit mit 40 S, bestimmt und der der klagenden Partei gebührende Prozentsatz der von ihr zu entrichtenden Sicherheitsbeiträge mit 7,8 % bestimmt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17.Dezember 1993, Zl. G 48/93-16, V 13/93-11 (teilweise veröffentlicht in AnwBl 1994, 212 mit Anm von Arnold) zwar dem Antrag eines Luftbeförderungsunternehmens auf Aufhebung des § 16 Abs 1 des BG nach Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG nicht Folge gegeben, jedoch - über dessen Antrag nach Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG - die Verordnung BGBl 1993/136 nach Art 139 Abs 3 lit a B-VG, weil entgegen § 13 Abs 1 des BG zustandegekommen, als gesetzwidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Verordnung in einer bei einem Zivilgericht anhängigen Rechtssache - in der ein anderer Zivilflugplatzhalter das antragstellende Luftbeförderungsunternehmen belangt hatte - nicht mehr anzuwenden sei, sowie den Bundesminister für Inneres zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet. Zufolge Kundmachung im Bundesgesetzblatt am 11.Jänner 1994 trat die Verordnung mit diesem Tag außer Kraft (BGBl 1994/36). Als dessen Folge wurde auch die klagende Partei vor dem Verfassungsgerichtshof klaglos gestellt; zufolge Aufhebung des Bescheids über die Festsetzung der Sicherheitsabgaben für das

2. Quartal 1993 durch den Bundesminister für Finanzen wurden ihr die von ihr für das 2.Quartal 1993 entrichteten Sicherheitsabgaben von 109.459,35 S vom zuständigen Finanzamt zurücküberwiesen, die Differenz von 10.660,65 S auf den von der klagenden Partei der beklagten Partei für das 2.Quartal 1993 in Rechnung gestellten Betrag entfällt auf den die eigenen Leistungen der klagenden Partei betreffenden und nicht an die Finanzbehörde abzuführenden Anteil. Der Verfassungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 23.Juni 1994, Zl. G 255/93-8, den Antrag der beklagten Partei auf Aufhebung der §§ 11 und 16, in eventu des § 16 Abs 1 des BG gemäß Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG wegen entschiedener Sache, fehlender Darlegung der Verfassungswidrigkeit und mangels Antragslegitmation, weil die Luftbeförderungsunternehmen nicht Normadressaten des § 11 des BG seien, zurück.

Im vorliegenden Gerichtsverfahren bestätigte die zweite Instanz das Urteil des Erstgerichts, soweit dieses dem auf Zahlung von Sicherheitsbeiträgen mit 361,420,65 S sA gerichteten Klagebegehren stattgegeben hatte, wies jedoch das Mehrbegehren von 109,459,35 S sA (Sicherheitsabgabe für das 2.Quartal 1993) ab. § 11 des BG und die aufgehobene Verordnung hätten faktische Wirkungen auf die beklagte Partei, weil ohne Entrichtung der Sicherheitsabgabe durch den Zivilflugplatzhalter auch das Luftbeförderungsunternehmen nach § 16 leg.cit. - im Zuge des Regresses - nicht zur Entrichtung eines Entgelts in Höhe des Sicherheitsbeitrags verpflichtet wäre (faktische Reflexwirkung einer an eine andere Person gerichteten Norm). Die Begünstigung des Anlaßfalls in Ansehung des 2.Quartals 1993, die zur Rückzahlung von 109.459,35 S an die klagende Partei durch die Finanzverwaltung geführt habe, komme als "faktische Auswirkung" der insoweit ihrerseits rückzahlungspflichtigen beklagten Partei zugute, während sich die klagende Partei mit dem Risikozuschlag und dem ihr gebührenden Prozentsatz von der Sicherheitsabgabe bescheiden müsse.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei, die ihren Standpunkt wiederholt, ihr allein komme für das 2.Quartal 1993 die "Ergreiferprämie" iS des Art 139 Abs 6 B-VG in der Form zu, daß sie - gemeint wohl ungeachtet der Rückzahlung der Sicherheitsabgabe - diese dennoch von der beklagten Partei verlangen könne, ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil sich entgegen der sorgfältig ausgeführten Auffassung der Rechtsmittelwerberin Fragen iS des Art 139 Abs 6 B-VG nach dem Umfang dieser Bestimmung und der Anwendbarkeit der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Verordnung BGBl 1993/136 für die Lösung des vorliegenden Rechtsfalls aus folgenden Erwägungen gar nicht stellen:

Nach dem mit 1.März 1993 (§ 20 Abs 1 dritter Satz BG) in Kraft getretenen § 16 Abs 1 erster Satz BG ist das Luftbeförderungsunternehmen verpflichtet, an den Zivilflugplatzhalter ein Entgelt in Höhe des Sicherheitsbeitrags zu leisten. Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Zivilflugplatzhalters als Abgabenschuldners nach § 11 Abs 3 BG hat die Leistung der Sicherheitsabgabe abzüglich eines bestimmten Prozentsatzes für seine eigenen, nach den §§ 8 und 9 BG zu erbringenden Leistungen (§ 15 Abs 4 BG) an den Bund, die privatrechtliche Verpflichtung des Luftbeförderungsunternehmens nach § 16 Abs 1 BG dagegen die Leistung des Sicherheitsbeitrags (der sich aus der Sicherheitsabgabe und dem Risikozuschlag zusammensetzt) an den Zivilflugplatzhalter zum Inhalt.

Die Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Steuern stammt aus der Finanzwissenschaft und nimmt auf die Überwälzung Bezug. Als direkte Steuern werden jene bezeichnet, bei denen Steuerzahler und Steuerträger nach Absicht des Gesetzgebers identisch sein sollen, bei den indirekten Steuern wird dagegen davon ausgegangen, daß der Steuerzahler die Steuerbelastung weiterwälzen kann (Doralt-Ruppe, Grundriß des österr. Steuerrechts I5 11). Steuerschuldner ist grundsätzlich derjenige, der den Steuertatbestand erfüllt; er ist zugleich der aus dem Steuerschuldverhältnis Verpflichtete. Vom Steuerschuldner ist indes der Steuerträger und der Entrichtungspflichtige zu unterscheiden. In der Regel hat der Steuerschuldner die Steuer aus eigenem Vermögen zu tragen, Steuerschuldner und Steuerträger sind dann identisch. Aus dem Steuersystem kann es sich jedoch auch ergeben, daß der Steuerschuldner die Steuerschuld auf einen Dritten überwälzt; so ist etwa bei der Umsatzsteuer der Letztverbraucher Steuerträger. Ausnahmsweise ist die Überwälzung von Steuern ausdrücklich im Gesetz vorgesehen: Ein Beispiel bietet § 5 Abs 3 FeuerschutzsteuerG 1952, BGBl 1952/198 (Wiederverlautbarung) idgF, durch seine Fassung: "Der Steuerschuldner ist berechtigt, die Steuer bis zur Höhe von 4 vH des Versicherungsentgeltes neben dem Versicherungsentgelt vom Versicherungsnehmer gesondert anzufordern. ...". Derjenige, auf den die Steuer überwälzt werden kann, ist Steuerträger im Rechtssinn (Doralt-Ruppe aaO II2 181).

Ein solcher Fall einer vom Gesetz selbst angeordneten Überwälzung einer Abgabenschuld liegt auch hier vor: Denn nach der RV des BG (aaO 8) - die übrigen Materialien (Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten, 800 BlgNR XVII.GP, 91, und Bericht des Rechtsausschusses, 4392 BlgBR 562) enthalten dazu nichts - sollten aus Gründen der leichteren Administrierbarkeit weder die Passagiere noch die einzelnen Luftbeförderungsunternehmen unmittelbar, sondern sollte nur der Zivilflugplatzhalter als Abgabenschuldner der - als Selbstbemessungsabgabe konzipierten, vierteljährlich anzumeldenden und zu entrichtetenden - Sicherheitsabgabe in Anspruch genommen werden, doch seien die einzelnen Luftbeförderungsunternehmen zur Tragung des Sicherheitsbeitrags verpflichtet. Das bedeutet, daß nach dem Willen des Gesetzgebers Schuldner der Sicherheitsabgabe zwar der Zivilflugplatzhalter, Träger hingegen das einzelne Luftbeförderungsunternehmen und durch dessen weitere Überwälzung auf den Preis des Flugtickets im Ergebnis der einzelne Flugpassagier sein soll. Damit der Abgabenschuldner die von ihm entrichtete Sicherheitsabgabe vom Träger derselben erlangen kann (freilich nicht erlangen muß), räumt ihm das Gesetz einen zivilrechtlichen "Entgeltsanspruch", einerseits auf Ersatz der von ihm als Schuldner der Sicherheitsabgabe geleisteten Beträge, andererseits auf Abgeltung seiner eigenen Leistungen (Risikozuschlag für die Übernahme des Bonitätsrisikos bei der Sicherheitsabgabe und Entgelt für die nach den §§ 8 und 9 BG zu erbringenden Leistungen) ein.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Sicherheitsabgabe für das 2.Quartal 1993. Dieser aus der gesetzlich für zulässig erklärten Überwälzung einer Abgabenschuld resultierende zivilrechtliche Ersatzspruch ist nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen, daher sind die Regeln des Regreßrechts (§ 1313 ABGB) jedenfalls analog anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Regreßanspruch ein dem Aufwandsersatzanspruch nach § 1042 ABGB ähnlicher eigener Anspruch (Reischauer in Rummel2, § 1302 ABGB Rz 9) und setzt Zahlung voraus (SZ 58/6 uva; Reischauer aaO Rz 10). Im Zivilverfahren über den Anspruch nach § 16 BG ist daher der Abgabenschuldner auch mit der Einwendung des Abgabenträgers belastet, in Wahrheit sei keine Sicherheitsabgabe aufgelaufen oder aber - wie hier - die vom Abgabenschuldner entrichtete Sicherheitsabgabe sei vom Bund, aus welchen Gründen immer, wieder an den Abgabenschuldner zurückgeflossen, sodaß dieser in Wahrheit mit der Sicherheitsabgabe gar nicht belastet war. Diesen Nachweis hat hier der beklagte Abgabenträger in Ansehung des 2.Quartals 1993 erbracht.

Ob die vom beklagten Luftbeförderungsunternehmen als Abgabenschuldner im 2.Quartal 1993 beförderten Flugpassagiere in Ansehung der von ihnen mit dem Preis ihrer Flugtickets (anteilsmäßig) geleisteten Beiträge gegen die beklagte Partei allenfalls einen Kondiktionsanspruch auf Rückzahlung ihres Beitrags von 40 S haben, ist hier nicht zu untersuchen.

Das Rechtsmittel ist zurückzuweisen.

Stichworte