Spruch:
Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Dkfm.Roland L*****, Ing.Anton El*****, Dipl.Ing.Peter Ei*****, Ing.Harald M***** und Ing.Franz G***** wird teilweise Folge gegeben und es werden das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,
im Wahrspruch der Geschworenen zu den Eventualfragen 3, 7, 11, 19 und 26
die darauf beruhenden Schuldsprüche nach § 7 Abs 1 KrMatG (C und D) sowie
die diese Angeklagten treffenden Strafaussprüche
aufgehoben.
Für das Verbrechen der Neutralitätsgefährdung nach § 320 Abs 1 Z 3 StGB (A und B I) werden nach § 320 Abs 1 StGB verurteilt:
Dkfm.Roland L***** unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 12.Juni 1990, 31 E Vr 6/88-E Hv 22/88, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten;
Ing.Anton El***** unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht Linz vom 1.Februar 1991, 30 Vr 305/87-Hv 7/89, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 13 (dreizehn) Monaten;
Dipl.Ing.Johann Peter Ei***** unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht Linz vom 1. Februar 1991, 30 Vr 305/87 - Hv 7/89, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten;
Ing.Harald M***** zu einer Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten und
Ing.Franz G***** zu einer Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten.
Gemäß § 43 Abs 1 StGB werden die Strafen jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Im restlichen Umfange der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter des Landesgerichtes Linz verwiesen.
Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden dieser Angeklagten sowie jene des Mag.Peter U***** und des Dkfm.Gerald W***** verworfen.
Die Angeklagten Dkfm.Roland L*****, Ing.Anton El*****, Dipl.Ing.Peter Ei*****, Ing.Harald M***** und Ing.Franz G***** werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch unangefochtene Freisprüche enthält, wurden Dkfm.Roland L*****, Ing.Anton El*****, Dipl.Ing.Johann Ei*****, Ing.Harald M*****, Mag.Peter U*****, Ing.Franz G***** sowie Dkfm.Gerald W***** des Verbrechens der Neutralitätsgefährdung nach § 320 Abs 1 Z 3 StGB (teils als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB) und - ausgenommen Mag.U***** und Dkfm.W***** - auch des Vergehens nach § 7 Abs 1 KrMatG schuldig erkannt.
Danach haben in Linz und Liezen
A./ im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter unter Vortäuschung gegenüber den österreichischen Behörden, es handle sich um Lieferungen von Kriegsmaterial in den Staat Jordanien, wissentlich im Inland während eines Krieges, an dem die Republik Österreich nicht beteiligt war, nämlich während des Krieges des Staates Irak mit dem Staat Iran, für eine der Parteien, nämlich den Irak, Kampfmittel, und zwar Kanonenhaubitzen GHN 45, Kaliber 155 mm, und Ersatzrohre entgegen den bestehenden Vorschriften des Kriegsmaterialgesetzes aus dem Inland ausgeführt, und zwar
I./ Dkfm.Roland L***** als Geschäftsführer der N***** Gesellschaft mbH
am 30.April 1983
am 1.Juli 1983
am 31.August 1983 und
am 30.Oktober 1983 jeweils 20 GHN 45
II./ Ing.Anton El***** bis 31.August 1984 als Geschäftsführer der N***** Gesellschaft mbH sowie danach als Gesamtprokurist der V*****
AG
am 25.Februar 1983
am 30.April 1983
am 1.Juli 1983
am 21.August 1983 und
am 30.Oktober 1983 jeweils 20 GHN 45
am 4. und 7.Februar 1984 19 GHN 45
am 28.Dezember 1984 100 Stück Ersatzrohre und
am 4. und 5.Dezember 1985 80 Stück Ersatzrohre
III./ Dipl.Ing.Johann Peter Ei***** als Leiter des Verkaufs und Marketings des Wehrtechnikbereiches der V***** AG und als Prokurist der N***** Gesellschaft mbH sowie als Gesamtprokurist der V***** AG
am 25.Februar 1983
am 30.April 1983
am 1.Juli 1983
am 31.August 1983 und
am 30.Oktober 1983 jeweils 20 GHN 45
am 4. und 7.Februar 1984 19 GHN 45
am 28.Dezember 1984 100 Stück Ersatzrohre
am 4. und 5.Dezember 1985 80 Stück Ersatzrohre
IV./ Mag.Peter U***** als Geschäftsführer und Prokurist der N***** Gesellschaft mbH
am 4. und 5.Dezember 1985 80 Stück Ersatzrohre
V./ Ing.Harald M***** als für den kaufmännischen Bereich zuständiger Hauptabwickler der N***** Gesellschaft mbH und ab 5.November 1985 auch als deren Gesamtprokurist
am 30.April 1983
am 1.Juli 1983
am 31.August 1983
am 30.Oktober 1983 jeweils 20 GHN 45
am 4. und 7.Februar 1984 19 GHN 45
am 28.Dezember 1984 100 Stück Ersatzrohre und
am 4. und 5.Dezember 1985 80 Stück Ersatzrohre;
B./ zur Ausführung der zu A./ angeführten Handlungen als Mitglieder des Vorstandes der V***** AG, die Alleineigentümerin der N***** Gesellschaft mbH und zufolge eines Gewinn- und Verlustausschließungsvertrages mit dieser verbunden war, wobei eine Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung dieses Unternehmens bestand, beigetragen, und zwar
I./ Ing.Franz G***** in der Zeit bis einschließlich Dezember 1985 vorerst als für den Unternehmensbereich Verarbeitung zuständiges Vorstandsmitglied, in dessen sachliche Zuständigkeit auch die Sparte Wehrtechnik und somit ab deren Gründung die N***** Gesellschaft mbH fiel, sodann ab 1.Jänner 1984 als informiertes Vorstandsmitglied der V***** AG im Rahmen seiner Gesamtverantwortung für die Unternehmensziele dadurch, daß er nach dem von ihm initiierten Einstieg in die Produktion hochkalibriger Waffen die Pläne von Dipl.Ing.Johann Peter Ei*****, Dkfm.Roland L***** und Ing.Anton El*****, unter Vortäuschung von Lieferungen an die jordanische Armee im großen Stil Kriegsmaterial in den Irak zu liefern, billigte und guthieß und sie anwies, für die Durchführung der unter Punkt A./ angeführten Lieferungen am 30.April, 1.Juli, 31.August und 30.Oktober 1983 sowie am 4.Februar, 7.Februar und 28.Dezember 1984 zu sorgen;
II./ Dkfm.Gerald W***** als das für den Unternehmensbereich Finalindustrie zuständige Vorstandsmitglied der V***** AG, in dessen sachlichen Zuständigkeit die Tochtergesellschaft N***** Gesellschaft mbH fiel, dadurch, daß er es guthieß, die Lieferungen von Kriegsmaterial in den Irak unter Vortäuschen von Lieferungen an die jordanische Armee weiter zu betreiben und Mag.Peter U***** und Dipl.Ing.Johann Peter Ei***** anwies, für die Durchführung der unter A./ angeführten Lieferungen am 4.Februar, 7.Februar und 28.Dezember 1984 sowie am 4. und 5.Dezember 1985 gemäß den Vereinbarungen im "Contract 79" zu sorgen;
III./ Mag.Peter U***** als Geschäftsführer und Prokurist der N***** Gesellschaft mbH durch Vortäuschung gegenüber den österreichischen Behörden, es handle sich um Lieferungen von Kriegsmaterial in den Staat Jordanien, sodaß die beauftragte Spedition und der beauftragte Frachtführer am 4. und 7.Februar 1984 19 GHN 45 und am 28.Dezember 1984 100 Stück Ersatzrohre, sohin Kampfmittel, entgegen den bestehenden Vorschriften des Kriegsmaterialgesetzes aus dem Inland ausführen konnten;
C./ als Mittäter, wenn auch nur fahrlässig, Kriegsmaterial ohne die hiefür nach dem Kriegsmaterialgesetz erforderliche Bewilligung aus Österreich für den Irak ausgeführt, und zwar
I./ Dkfm.Roland L***** als Leiter des Geschäftsbereiches Wehrtechnik der V***** AG und ab 11.September 1981 auch als Geschäftsführer der N***** Gesellschaft mbH
am 21.August 1982
am 24.September 1982
am 30.November und 1.Dezember 1982
am 24.Dezember 1982 und
am 25.Februar 1983 jeweils 20 GHN 45;
II./ Ing.Anton El***** als Leiter des Geschäftsbereiches Wehrtechnik der V***** AG und Geschäftsführer der N***** Gesellschaft mbH
am 21.August 1982
am 24.September 1982
am 30.November 1982 und
am 24.Dezember 1982 jeweils 20 GHN 45;
III./ Dipl.Ing.Johann Peter Ei***** als Leiter des Verkaufes und Marketings des Wehrtechnikbereiches der V***** AG und als Prokurist der N***** Gesellschaft mbH sowie als Gesamtprokurist der V***** AG
am 4.Mai 1982
am 21.August 1982
am 30.November und 1.Dezember 1982 sowie
am 24.Dezember 1982 jeweils 20 GHN 45;
IV./ Ing.Harald M***** als der für den kaufmännischen Bereich zuständige Hauptabwickler der N***** Gesellschaft mbH
am 21.August 1982
am 24.September 1982
am 30.November und 1.Dezember 1982
am 24.Dezember 1982 und
am 25.Februar 1983 jeweils 20 GHN 45;
D./ Ing.Franz G***** als das für den Unternehmensbereich Verarbeitung zuständige Vorstandsmitglied, in dessen sachliche Zuständigkeit auch die Sparte Wehrtechnik und somit ab deren Gründung die N***** Gesellschaft mbH fiel, wenn auch nur fahrlässig, dazu beigetragen, daß die Mitangeklagten Dkfm.Roland L*****, Ing.Anton El*****, Dipl.Ing.Johann Peter Ei*****, Mag.Peter U***** und Ing.Harald M***** Kriegsmaterial ohne die hiefür nach dem Kriegsmaterialgesetz erforderliche Bewilligung aus Österreich für den Irak ausführen konnte, indem er nach dem von ihm initiierten Einstieg in die Produktion großkalibriger Waffen die Pläne von Dipl.Ing.Peter Ei*****, Dkfm.Roland L***** und Ing.Anton El*****, Kriegsmaterial gemäß dem "Contract 79" zu liefern, billigte und guthieß und sie anwies, für die Durchführung der Lieferungen zu sorgen, und zwar
am 21.August 1982
am 24.September 1982
am 30.November 1982 und am 1.Dezember 1982
am 24.Dezember 1982 und
am 25.Februar 1983 zur Lieferung von jeweils 20 GHN 45.
Rechtliche Beurteilung
Die Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten mit gesondert ausgeführten, inhaltlich jedoch im wesentlichen gleichen, jeweils auf die Z 1, 4, 6, 8, 10 und 11 lit a, Dipl.Ing.Johann Peter Ei*****, Mag.Peter U*****, Ing.Franz G***** und Dkfm.Gerald W***** nominell auch auf die Z 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.
I./ Zu den Nichtigkeitsbeschwerden gegen die Schuld-
sprüche wegen des Vergehens nach § 7 Abs 1 KrMatG:
In der Instruktionsrüge (Z 8) bringen Dkfm.L*****, Ing.El*****, Dipl.Ing.Ei*****, Ing.M***** und Ing.G***** (und, obwohl von einem diesbezüglichen Schuldspruch nicht betroffen) auch Dkfm.W***** vor, daß in der den Geschworenen vom Vorsitzenden erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung im Rahmen der Ausführungen zur Fahrlässigkeit die objektive Sorgfaltswidrigkeit nicht im Sinne des Vertrauensgrundsatzes behandelt worden sei, obwohl dies aufgrund der Tatbegehung durch Zusammenwirken und ihres über- bzw Unterordnungsverhältnisses als Mitarbeiter der V***** AG geboten gewesen wäre. Die Rüge ist berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 21. Jänner 1993, 13 Os 67/91 (Strafverfahren N***** I), ausgesprochen hat (S 50 ff mwN), erfährt der Begriff der objektiven Sorgfaltswidrigkeit eine Begrenzung durch den Vertrauensgrundsatz. Dieser bewirkt, daß innerhalb seines Anwendungsbereiches die an ein bestimmtes Verhalten zu stellenden Sorgfaltsanforderungen grundsätzlich nur jenes Maß erreichen muß, das ausgehend von der Annahme, alle anderen, die von diesem Verhalten berührt werden können, würden sich ebenfalls sorgfaltsgemäß verhalten, notwendig ist.
Auf diesen Vertrauensgrundsatz wird nicht nur im Straßenverkehr , sondern auch in den Fällen arbeitsteiligen Zusammenwirkens mehrerer, das für Handel, Gewerbe und Industrie oft wesentlich ist, abgestellt (Leukauf-Steininger Komm3 § 6 StGB RN 13 a, Burgstaller Fahrlässigkeitsdelikte 63 und WK § 6 Rz 54, Kienapfel AT5 Z 25 RN 20, Triffterer AT2 148). Auch hier wird vom Handelnden grundsätzlich nur jene Sorgfalt verlangt, die unter der Prämisse sorgfaltsgemäßen Verhaltens auch der Mitarbeiter erforderlich ist. Nur dann, wenn die objektive Sorgfaltswidrigkeit des Handelns eines anderen bereits eindeutig erkennbar oder doch konkret indiziert ist, darf auf die Sorgfaltsgemäßheit beim Zusammenwirken mehrerer naturgemäß insoweit nicht mehr vertraut werden, als sich eine Sorgfaltspflicht nachweisen läßt, die spezifisch auf Beaufsichtigung oder gar Überwachung des Verhaltens anderer gerichtet ist. Die Rolle des weisungsgebundenen Untergebenen stellt diesen freilich zwar nicht von jeder Verantwortung frei, sondern reduziert lediglich, wenn auch in erheblichem Maße, deren Umfang. Von dem Fall abgesehen, daß dem Untergebenen die Unrichtigkeit des sein Folgeverhalten rechtfertigenden Inhalts einer Anweisung bekannt ist, handelt er demnach dann pflichtwidrig - aber auch nur dann - wenn er Umstände kennt oder aufgrund seiner Aufgabenstellung auch ohne Nachprüfung hätte erkennen müssen, die nach dem von ihm zu verlangenden Fachwissen den Schluß auf eine solche Unrichtigkeit der Anweisung oder doch erhebliche Zweifel an deren Richtigkeit hätten aufdrängen müssen.
Inhaltlich des Wahrspruches wurde den Beschwerdeführern lediglich Fahrlässigkeit ohne nähere Konkretisierung angelastet. Die schriftliche Rechtsbelehrung (ON 1697/Bd 153) enthält dazu nur eine allgemeine Definition dieser Schuldform ohne die objektive Sorgfaltswidrigkeit näher in Richtung des Vertrauensgrundsatzes zu erörtern. Dies wäre jedoch bei der vorliegenden Sachlage geboten gewesen. Denn die Angeklagten haben sich damit verantwortet, sie hätten nach Bekanntwerden der Tatsache, daß im Juli 1982 anstelle einer jordanischen Delegation eine solche von irakischen Staatsbürgern eingetroffen war, ihren jeweiligen Vorgesetzten und letztlich den Generaldirektor der V***** AG Dkfm.A***** informiert (Dkfm.L***** S 183 ff, 199 ff/Bd 149, Ing.El*****, S 349 ff/Bd 150, Dipl.Ing.Ei*****, S 577 ff/Bd 150, Ing.M*****, S 805 ff/Bd 151, Ing.G*****, S 693/Bd 151), der nach Einholung von Informationen von Regierungsstellen und der ihm unterstellten Rechtsabteilung mitteilte, daß das Empfängerland berechtigt sei, auch andere Staatsbürger als Berater zu senden und daß alles in Ordnung sei, solange ein Vertrag mit Jordanien bestehe und dorthin geliefert werde (siehe insbesondere Aussage Ing.M***** S 805 ff/Bd 151). Daraus ergibt sich die Frage, ob und inwieweit die Angeklagten auf diese Auskunft vertrauen durften.
Nach der Niederschrift der Geschworenen haben diese ihren Schuldspruch zum Vergehen nach dem Kriegsmaterialgesetz im wesentlichen auf die Kenntnis der Angeklagten von der irakischen Staatsangehörigkeit der Mitglieder dieser Delegation gestützt. Wird nun als Maßstab für die Frage, ob ein objektiver Sorgfaltsverstoß gegeben ist, das gedachte Verhalten einer Maßfigur zugrunde gelegt, so ergibt sich, daß auch ein durchschnittlich pflichtbewußter Angestellter eines Unternehmens sich auf die Richtigkeit von Mitteilungen eines Vorgesetzten verlassen durfte. Dasselbe gilt für Vorstandsmitglieder eines Konzerns, die sich grundsätzlich einerseits auf Mitteilungen von ihnen unterstellten Mitarbeitern, andererseits auf solche der Generaldirektion verlassen können.
Die Rechtsbelehrung ist in diesem das Maß objektiv gebotenen Sorgfalt betreffenden Punkt somit so schwerwiegend unvollständig, daß sie geeignet war, die Geschworenen bei Lösung der Rechtsfrage der Fahrlässigkeit irrezuleiten, sodaß die Schuldsprüche nach dem Kriegsmaterialgesetz mit der aufgezeigten Nichtigkeit behaftet sind, was zu ihrer Aufhebung zwingt.
Damit erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die weiteren zu diesem Teil des Urteils erhobenen Beschwerdeeinwände.
II./ Zu den Nichtigkeitsbeschwerden gegen die Schuld-
sprüche wegen des Verbrechens der Neutralitäts-
gefährdung nach § 320 Abs 1 Z 3 StGB:
Die Nichtigkeitsbeschwerden zu § 345 Abs 1 Z 1 StPO behaupten, daß für das gegenständliche Verfahren die Geschäftsverteilung des Landesgerichtes Linz weder für das Jahr 1993 noch für das Jahr 1994 einen zweiten Beisitzer des Schwurgerichtshofes vorgesehen habe, dieser sei vielmehr erst vom Personalsenat mit der 1.Änderung der Geschäftsverteilung des Landesgerichts für das Jahr 1994 vom 24. Jänner 1994 in der Person des Richters des Landesgerichtes Dr.H***** - gegen den selbst in den Nichtigkeitsbeschwerden nichts vorgebracht wird - bestellt worden.
Den an diese Feststellung anknüpfenden rechtlichen Überlegungen der Nichtigkeitswerber ist vorweg zu erwidern, daß die Hauptverhandlung in der vorliegenden Strafsache vom 2.März bis zum 29.Juni 1994 stattgefunden hat, daher für das Jahr 1993 überhaupt kein Schwurgerichtshof in dieser Sache zu bestellen war. Soweit sich die Beschwerdeausführungen aber gegen die Bestellung eines zweiten Beisitzers im Jahre 1994 und damit inhaltlich gegen die Vorschrift des § 300 Abs 2 StPO wenden, wonach dem Schwurgerichtshof drei Richter angehören müssen, zielen sie selbst auf eine nicht gehörige Besetzung des Gerichtes ab und sind damit unbeachtlich.
Die weiteren Überlegungen der Rechtsmittelwerber betreffend eine allfällige Änderung der bisherigen Rechtsprechung (welche bisher in der "Befassung eines anderen als des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richters" keinen Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 1 StPO erblickt hätte) im Hinblick auf die Novellierung der GOG durch BGBl Nr 1994/557, scheitern schon daran, daß diese Bestimmung im Zeitpunkt des Verfahrens erster Instanz (s. Stellungnahme zum Croquis S 15) nicht gültiges Recht war, sondern erst nach Urteilsverkündung in Kraft trat, das Urteil aber anhand des bei Urteilsfällung geltenden Rechtes zu überprüfen ist (Mayerhofer/Rieder StPO3 E 7 zu § 281). Abgesehen davon wurde Dr.H***** gemäß der (notwendig gewordenen Änderung der) Geschäftsverteilung beigezogen, ein Verstoß gegen dieselbe lag somit gar nicht vor, der Schwurgerichtshof war vielmehr gehörig besetzt.
Nur der Vollständigkeit halber sei folgendes erwähnt:
Inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolls (S 4, 5, Bd 149) hat lediglich der Verteidiger Dr.Z***** auf den Umstand der Bestellung Dris.H***** hingewiesen, die anderen Verteidiger haben sich dem nicht angeschlossen und ist aus dem Protokoll nicht ersichtlich, daß Dr.Z***** namens aller Verteidiger gesprochen hätte. Da der Genannte nur die Angeklagten Ing.Franz G***** und Dkfm.Gerald W***** vertritt, hätten überhaupt nur diese eine formelle Grundlage zur Geltendmachung des Nichtigkeitsgrunds (§ 345 Abs 2 StPO).
Zutreffend ist jedoch der Beschwerdeeinwand (§ 345 Abs 1 Z 4 StPO), daß Dipl.Ing.Hans W***** in der fortgesetzten Hauptverhandlung am 21. April 1994 vernommen wurde, obwohl er sich schon vorher am 3.März 1994 gemäß § 152 StPO der Aussage entschlagen und später auf dieses Recht nicht ausdrücklich verzichtet hat. Seine Aussage ist damit gemäß § 152 Abs 5 StPO nichtig. Inwieweit dies im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 345 Abs 3 StPO auch als Nichtigkeit des Urteils (§ 345 Abs 1 Z 4 StPO) geltend gemacht werden kann, sei dahingestellt, weil diese Aussage nur Schuldsprüche nach § 7 Abs 1 KrMatG betrifft, welche schon (s. oben) aus einem anderen Grund nichtig und aufzuheben waren.
Soweit aber in der schriftlichen Anklagebegründung (§ 207 Abs 3 StPO) die Aussage von Zeugen enthalten ist, die sich später in der Hauptverhandlung der Aussage gemäß § 152 StPO zulässigerweise entschlagen haben, stellt dies keine gemäß § 252 Abs 4 StPO (idF des StPÄG 1993) verbotene Umgehung des im § 252 Abs 1 Z 2 a StPO enthaltenen Beweismittelverbotes dar. Denn weder die schriftliche Anklage (§ 207 StPO) noch deren Vortrag (§§ 244, 307 StPO) sind Beweismittel. Die Geschworenen haben aber (nach ihrem Schwur) gemäß § 305 StPO allein die vorgeführten Beweise zu prüfen und darauf gegründet, ihre Entscheidung zu fällen (s auch § 258 Abs 2 StPO). Gemäß § 322 StPO (der in diesem Teil auch durch das StPÄG 1993 unverändert blieb) muß aber die Anklageschrift neben den Beweisgegenständen, Augenscheinsprotokollen und den übrigen Akten mit Ausnahme der in der Hauptverhandlung nicht vorgelesenen Vernehmungsprotokolle in das Beratungszimmer der Geschworenen geschafft werden.
Als Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) rügen die Beschwerdeführer, daß die jeweils sie betreffenden Haupt- und Eventualfragen nicht entsprechend individualisiert bzw auch konkretisiert worden seien. Dies zu Unrecht.
In Haupt- und Eventualfragen - die ihrem Wesen nach gleichfalls die Schuld betreffen (§ 314 Abs 1 StPO; 10 Os 49/80) - sind gemäß § 312 Abs 1 StPO alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung und die besonderen Umstände der Tat nach Ort, Zeit und Gegenstand usw soweit beizufügen, als es zur deutlichen Kennzeichnung der Tat - im Urteil, das ja sonst (in den Gründen) keine Sachverhaltsschilderung enthält (§ 342 StPO; ÖJZ-LSK 1976/168) - notwendig ist. Die bloße Individualisierung der Tat (zur Vermeidung einer Doppelverurteilung) reicht daher nicht aus, sondern ist neben den gesetzlichen Deliktsmerkmalen daher in Schuldfragen ein solches Maß konkreter Tatsachen aufzunehmen, daß damit der Tat das Gepräge eines individuellen Vorganges verliehen (9 Os 63/82) und auch die rechtliche Überprüfung des Wahrspruchs durch den Schwurgerichtshof gleichwie (im Rechtsmittelverfahren) durch den Obersten Gerichtshof ermöglicht wird. Einer darüber hinausgehenden "Spezialisierung" des Tathergangs, also einer erschöpfenden Beschreibung des gesamten Geschehens in allen Einzelheiten (einschließlich rechtlich bedeutungsloser Tatmodalitäten) bedarf es hingegen nicht (SSt 55/82, SSt 56/7, siehe auch die folgenden Ausführungen zur Erledigung der Rechtsrügen).
Diesen Erfordernissen wird die Fragestellung an die Geschworenen in allen Punkten gerecht, enthält sie doch alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlungen und deren rechtlich bedeutungsvollen Umstände, sodaß eine durch die Abfassung der Fragen bewirkte, für den Beschwerdeführern allenfalls nachteilige Irreführung der Geschworenen (insbesondere auch über die "Alternativen der Täuschung bzw der Lieferung") und/oder eine mangelnde Überprüfbarkeit des Wahrspruches nicht eintreten konnte.
Der Angeklagte Ing.G***** bemängelt überdies das Unterbleiben einer Zusatzfrage im Sinne des § 313 StPO nach dem Vorliegen der Verjährungsvoraussetzungen (§ 345 Abs 1 Z 6 StPO) und von Erörterungen hiezu in der Rechtsbelehrung (§ 345 Abs 1 Z 8 StPO).
Keiner dieser Nichtigkeitsgründe liegt vor:
Verjährung der Strafbarkeit ist ein Strafaufhebungsgrund, der (nur) dann Anlaß für eine besondere Fragestellung ergibt, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden sind, die - wenn sie als erwiesen angenommen werden - die Strafbarkeit aufheben würden (§ 313 StPO). Aufgrund des Vorbringens in der Hauptverhandlung war jedoch eine entsprechende Fragestellung nicht indiziert. Ing.Franz G***** (im Wahrspruch - Hauptfrage 25, Pkt 7-12) wird angelastet, in der Zeit vom 30.April 1983 bis 28.Dezember 1984 zum Verbrechen der Neutralitätsgefährdung einen Tatbeitrag bei Lieferung von Kanonen und Ersatzrohren geleistet zu haben. Im Hinblick auf die anzuwendende fünfjährige Verjährungsfrist gemäß § 57 Abs 3 (3.Fall) StGB wären alle diese Tathandlungen mit Ablauf des 28.Dezember 1989 verjährt. Die Voruntersuchung gegen Ing.Franz G***** wurde jedoch mit Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes Linz (schon) vom 27.April 1989 (ON 1236, Bd 138) aufgrund eines Antrages der Staatsanwaltschaft Linz vom 23. März 1989 (AS 32 da) eingeleitet. Die Zeit ab 27.April 1989 ist wegen des anhängigen Verfahrens gemäß § 58 Abs 3 Z 2 StGB nicht mehr in die Verjährungsfrist einzurechnen. Die in der Stellungnahme zum Croquis geäußerte Meinung, es sei aber "alles verjährt, was vor dem 27. April 1984" geschah, übersieht die Bestimmung des § 58 Abs 2 StGB. Mangels Vorliegens der Verjährungsvoraussetzungen hat der Schwurgerichtshof daher eine diesbezügliche Frage zu Recht unterlassen.
Damit geht auch die daran anknüpfende Rüge nicht ausreichender Rechtsbelehrung über die Verjährungsvoraussetzungen ins Leere. Denn diese hat nur die in den gestellten Fragen aufscheinenden Rechtsbegriffe zu erläutern.
In der Instruktionsrüge (Z 8) aller Beschwerdeführer wird die Rechtsbelehrung deshalb für unvollständig und sachlich unrichtig gehalten, weil insbesondere das Tatbildmerkmal "entgegen den bestehenden Vorschriften" nicht entsprechend erläutert worden sei; auch dies trifft nicht zu.
Im vorliegenden Fall hatte die Rechtsbelehrung folgende Kriterien zu berücksichtigen:
Der § 320 Abs 1 Z 3 StGB normiert das Tatbild in der Weise, daß er neben der Festlegung einzelner Merkmale ("wissentlich", "im Inland", "während eines Krieges oder eines bewaffneten Konfliktes, an denen die Republik Österreich nicht beteiligt ist", "oder bei unmittelbar drohender Gefahr eines solches Krieges oder Konfliktes", "für eine der Parteien", "Kampfmittel ... aus dem Inland ausführt oder durch das Inland durchführt") auf außerhalb des StGB bestehende Rechtsnormen ("entgegen den bestehenden Vorschriften") verwiesen wird. Somit ist im § 320 Abs 1 Z 3 StGB das Tatbild nicht abschließend umschrieben, vielmehr ergibt es sich zum Teil erst aus anderen Rechtsnormen. Diese Verweisung bezieht sich ausschließlich auf Rechtsvorschriften, die in Ergänzung des § 320 Abs 1 Z 3 StGB normierten Tatbildes der "Neutralitätsgefährdung" ausdrücklich die Ausfuhr (und die Durchfuhr) von Kampfmitteln an eine der Parteien eines Krieges oder bewaffneten Konfliktes beschränken. Nach der - hier maßgeblichen - Rechtslage sind somit das KrMatG und die in seiner Durchführung ergangene Verordnung der Bundesregierung, BGBl 1977/624, die "bestehenden Vorschriften" im Sinne des § 320 Abs 1 Z 3 StGB.
Der von der Strafnorm (§ 320 Abs 1 Z 3 StGB) zur Verwaltungsvorschrift (KrMatG) hergestellte Sinnzusammenhang bedeutet nach derzeitiger Rechtslage, daß "entgegen den bestehenden Vorschriften" handelt, wer ohne Deckung durch eine behördliche Bewilligung, wie sie das KrMatG fordert, Kampfmittel ausführt (13 Os 67/91-39, S 29/30 mwN).
Ausdrücklich angeführt wurde - den Beschwerden zuwider - in der Rechtsbelehrung, daß eine Ausfuhr nicht entgegen den bestehenden Vorschriften erfolgt, wenn eine Ausfuhrbewilligung rechtskräftig erteilt wurde und die Ausfuhr in das im Bewilligungsbescheid genannte Land erfolgt (ON 1697, S 97/Bd 153). Ausführungen über ein mögliches Weiterliefern in ein kriegsführendes Land bedurfte es aber nicht, weil dies für die Rechtsbegriffe des Tatbestandes nicht erforderlich war und als den konkreten Weg des Kriegsmaterials in den Irak, sohin einen fallbezogenen Umstand betreffend, nicht in der Rechtsbelehrung zu erörtern, sondern der den Geschworenen vom Vorsitzenden mündlich zu erteilenden Belehrung vorzubehalten war. Hiezu ist weiters auf die Erörterungen zu den Rechtsrügen (Z 11 a) hinzuweisen.
Auch jener Teil der Beschwerde, wonach die Rechtsbelehrung deswegen unrichtig sei, weil das Verbrechen nach § 320 Abs 1 StGB als schlichtes Tätigkeitsdelikt nicht durch Unterlassung begangen werden könne, ist nicht im Recht:
Wie sich bereits aus der gesetzlichen Bezeichnung "Neutralitätsgefährdung" ergibt, handelt es sich beim Tatbestand des § 320 Abs 1 StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, bei welchem der Deliktstypus nicht darauf abstellt, ob die Handlung im Einzelfall überhaupt eine Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes der Neutralität der Republik Österreich befürchten läßt. Nach dem Urteil des Gesetzgebers hat das Verhalten, das unter Strafe gestellt ist, jedoch oft die Verletzung oder Gefährdung bestimmter Interessen zur Folge. Daher wird es ein für allemal unabhängig davon verboten, ob eine solche Folge im Einzelfall zu befürchten war (Nowakowski WK Rz 20 zu Vorbem zu § 3 - 5 StGB, Kienapfel AT5 Z 9 RN 35, 36).
Gemäß § 2 StGB kann bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen (Garantenpflicht, Gleichwertigkeitskorrektiv) grundsätzlich ein solches Delikt auch durch Unterlassung begangen werden. Die Rechtsbelehrung ist daher in diesem Punkte richtig, obwohl sie insoweit überflüssig und ohne rechtliche Relevanz ist (was die Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur auch einräumt), als den Angeklagten in bezug auf das Verbrechen der Neutralitätsgefährdung keine Begehung durch Unterlassung vorgeworfen wurde.
Zu Unrecht bekämpfen die Beschwerdeführer die schriftliche Rechtsbelehrung ferner dahin, daß sie sich mit der "dogmatischen Zuordnung eines Rechtsirrtums" nicht beschäftige und daher unvollständig im Sinne einer Unrichtigkeit sei.
Dem ist zunächst abermals entgegenzuhalten, daß sich die Rechtsbelehrung auf die gestellten Fragen zu beschränken hat (§ 321 Abs 2 StPO) und Zusatzfragen (§ 313 StPO) nach Rechts-(Verbots-)irrtum (§ 9 StGB) nicht gestellt worden sind. Das Unterbleiben solcher - nach den Verfahrensergebnissen auch nicht indizierter - Zusatzfragen wird von den Beschwerdeführern unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO zutreffend gar nicht gerügt. Davon abgesehen geht der Ausschluß des Vorsatzes bei Tatbildirrtum - wozu auch der Irrtum über ein normatives Tatbildmerkmal gehört - bereits aus der in der Rechtsbelehrung ohnehin zitierten Vorsatzdefinition des § 5 Abs 1 StGB hervor (Leukauf-Steininger Komm3 § 7 RN 10 bis 12, Mayerhofer/Rieder StPO3 E 59 a zu § 345 Z 8). Daß die Geschworenen ungeachtet des Fehlens weiterer Erläuterungen in diesem Zusammenhang keineswegs einem Mißverständnis unterlegen sind, sondern insbesondere die Frage, ob die Angeklagten die Möglichkeit der Tatbildverwirklichung irrtümlich nicht erkannt haben, geprüft, jedoch verneint haben, ergibt sich auch aus dem Inhalt der gemäß § 331 Abs 3 StPO angefertigten Niederschrift (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 E 68 und 69 zu § 345 Z 8). Danach haben die Laienrichter, gestützt auf die Mitteilung der Monteure U***** und R*****, wonach sie bereits im Februar und März 1983 Reparaturarbeiten an im Irak stehenden, von der V***** AG gelieferten Kanonen durchzuführen hatten, das Wissen unterstellt, daß die weiteren Lieferungen ab diesem Zeitpunkt neuerlich entgegen dem Jordanien als Bestimmungsland anführenden Bewilligungsbescheid nicht in das Land Jordanien, sondern in den für die Lieferung in Wahrheit bestimmten Irak erfolgen werden.
Den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10 StPO erblicken die Beschwerdeführer (Dkfm.L***** hat diesen Nichtigkeitsgrund trotz des Zitats am Beginn seiner Beschwerde nicht ausgeführt) darin, daß vom Schwurgerichtshof ein Moniturverfahren beschlossen worden sei, das schließlich zu einer Ergänzung des Inhaltes der Niederschrift der Geschworenen führte. Dieses Moniturverfahren sei nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden, sodaß es einem unterlassenen Moniturverfahren gleichzuhalten sei.
Der Einwand versagt:
Gemäß § 332 Abs 4 StPO hat der Schwurgerichtshof den Geschworenen die Verbesserung des Wahrspruches aufzutragen, wenn von einem oder mehreren Geschworenen ein Mißverständnis bei der Abstimmung behauptet wird oder wenn er nach Anhörung des Anklägers und des Verteidigers zu der Überzeugung kommt, daß der Wahrspruch der Geschworenen undeutlich, unvollständig oder in sich widersprechend ist oder mit dem Inhalt der in § 331 Abs 3 StPO bezeichneten Niederschrift in Widerspruch steht. Die Unterlassung eines solchen Verbesserungsauftrages steht aber nur bei Behauptung eines Mißverständnisses durch einen oder mehrere Geschworene (§ 345 Abs 1 Z 10 StPO) oder innerem Widerspruch des Wahrspruchs (§ 345 Abs 1 Z 9 StPO), nicht aber bei einem Widerspruch zwischen Wahrspruch und Niederschrift unter Nichtigkeitssanktion. Dies bedeutet indes nicht, daß ein solcher Widerspruch von einer Partei nicht aufgegriffen werden kann. Behauptet sie einen solchen Widerspruch, so steht es ihr gemäß § 332 Abs 5 StPO frei, eine Änderung oder Ergänzung der Fragen zu beantragen, worauf der Schwurgerichtshof die Verhandlung wieder zu eröffnen und nach Vorschrift des § 310 Abs 3 und 4 StPO zu verfahren hat. Gegen eine abweisliche Entscheidung des Schwurgerichtshofes steht der Partei die allgemeine Verfahrensrüge nach § 345 Abs 1 Z 5 StPO, allenfalls der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6 StPO wegen Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung offen (Mayerhofer/Rieder StPO3 E 37 zu § 332).
Inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolls beantragte der Staatsanwalt ohne Begründung eine Verbesserung der "Niederschrift" zur Hauptfrage 13, Eventualfrage 14 und Hauptfrage 27. Die Verteidiger Dr.L***** (für Dipl.Ing.Johann Peter Ei*****) Dr.Z***** (für Dkfm.Gerald W***** und Ing.Franz G*****) und Dr.M***** (für Ing.Harald M*****) beantragten ihrerseits Verbesserungen der Niederschriften zu den Fragen 9 bzw 25 und 5 bzw 17 unter Anschluß an den Antrag des Staatsanwaltes (Dr.L***** nur hinsichtlich Frage 14). Alle diese Erläuterungen und Antragstellungen der Verteidiger blieben nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls ebenfalls ohne Begründung (HV-Protokoll S 1345/Bd 152).
Vom Schwurgerichtshof wurde den Geschworenen nun eine Verbesserung der "Niederschrift" im Sinne der Anträge aufgetragen. Die geschehene Verbesserung derselben (ON 1699) wurde verlesen (S 1346/Bd 152).
Daraus ergibt sich, daß ungeachtet des Zitats des § 332 Abs 4 StPO im Protokoll (S 1345/Bd 152) weder von den Parteien ein begründeter Antrag auf Verbesserung des Wahrspruches iS der §§ 332, 333 StPO gestellt wurde, noch der Schwurgerichtshof den Geschworenen einen solchen Auftrag erteilte, sondern Anträge, Beschlußfassung und entsprechendes Vorgehen der Geschworenen sich auf eine bloße Verbesserung der Niederschrift beschränkten, nach deren Verlesung diesbezüglich keine weiteren Anträge gestellt und so zum Ausdruck gebracht wurde, daß dem Begehren allseits ohnedies entsprochen wurde (S 1346/Bd 152), sodaß es - unter dem (übrigens erstmals im Gerichtstag angesprochenen) Gesichtspunkt der Z 5 des § 345 Abs 1 StPO - an einer Beschwerdelegitimation mangelt.
In ihrer Rechtsrüge (Z 11 lit a) bringen die Beschwerdeführer vor, daß § 320 Abs 1 Z 3 StPO das Tatbild nicht abschließend regle, sondern auf bestimmte andere Rechtsnormen verweise; diese Rechtsvorschriften beschränken das Tatbild ausdrücklich auf die Ausfuhr von Kampfmitteln an eine der Parteien eines Krieges oder bewaffneten Konfliktes. "Entgegen den bestehenden Vorschriften" handle daher nur, wer ohne Deckung durch eine behördliche Bewilligung, wie sie das Kriegsmaterialgesetz fordere, handle. Erfolge jedoch eine Waffenlieferung im Rahmen einer solchen rechtskräftigen Bewilligung, also somit in das bescheidmäßig festgelegte Bestimmungsland, so handle der Täter nicht gegen die bestehenden Vorschriften. Ob der Bewilligungsbescheid der verwaltungsrechtlichen Rechtslage entspreche, sei nicht zu überprüfen. Dem Wahrspruch der Geschworenen hafte somit ein "Feststellungsmangel" an, weil die Formulierung "unter Vortäuschung gegenüber den österreichischen Behörden" offenlasse, ob das Kriegsmaterial direkt an das bewilligte Bestimmungsland Jordanien oder direkt an den Irak gelangte.
Die Rechtsrügen - in denen überdies verkannt wird, daß die zu § 281 Abs 1 Z 9 lit a und b sowie Z 10 StPO für das schöffengerichtliche Verfahren entwickelte Judikatur über den sogenannten Feststellungsmangel im geschworenengerichtlichen Verfahren (nach § 345 Abs 1 Z 11 lit a und Z 12 StPO) nicht anwendbar ist (mwN zuletzt 13 Os 156/94) - sind nicht begründet.
§ 320 Abs 1 StGB droht (in der hier aktuellen Fallkonstellation der Z 3) dem eine Strafe an, der wissentlich im Inland während eines Krieges oder bewaffneten Konfliktes, an dem die Republik Österreich nicht beteiligt ist, oder bei unmittelbar drohender Gefahr eines solchen Krieges oder Konfliktes Kampfmittel für (nicht: an) eine der Parteien entgegen den bestehenden Vorschriften aus dem Inland ausführt (oder durch das Inland durchführt). "Entgegen den bestehenden Vorschriften" handelt, wer die Ausfuhr (oder Durchfuhr) von Kampfmitteln ohne Deckung durch eine behördliche Bewilligung nach dem § 1 KrMatG tätigt. Dabei kommt dem Bewilligungsbescheid bei Beurteilung, ob entgegen den bestehenden Vorschriften gehandelt wurde, entscheidende Bedeutung zu (13 Os 67/91-39, insbesondere S 22; VfGH G 280, 281, 325/91, insbesondere S 51). Nur wenn die Ausfuhr gemäß der Bewilligung erfolgt, handelt der Täter nicht entgegen den bestehenden Vorschriften. Sind jedoch die Lieferungen von Kampfmitteln nicht für das im Bescheid bezeichnete Land, sondern für ein anderes Land bestimmt, so liegt eine Ausfuhr entgegen den bestehenden Vorschriften vor. Dabei ist nicht sosehr ausschlaggebend, welchen (Land-, See- oder Luft-)Weg die Kampfmittel nehmen, sondern für wen die Ausfuhr (Durchfuhr) erfolgte.
War wie im konkreten Fall bereits bei der jeweiligen Ausfuhr der Kampfmittel vorgesehen, diese für eine der Kriegsparteien, nämlich den Irak, zu exportieren, so handelten die Täter auch dann entgegen den bestehenden Vorschriften, wenn die Kampfmittel über das im Bewilligungsbescheid angeführte Land Jordanien geliefert wurden. War nämlich vom Wissen des Täters umfaßt, daß die Waren entsprechend dem Tatplan nie in den Besitz der jordanischen Armee für ihre Zwecke gelangen sollten, sondern waren sie direkt oder lediglich zum Schein durch Lieferung über das Bewilligungsland für die Kriegspartei Irak bestimmt, war die Ausffuhr nicht durch den Bewilligungsbescheid gedeckt und sohin gesetzwidrig.
Nun haben die Geschworenen durch ihren Wahrspruch betreffend das Verbrechen der Neutralitätsgefährdung nach § 320 Abs 1 Z 3 StGB festgestellt, daß die Angeklagten im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter ab April 1983 Kampfmittel, nämlich Kanonenhaubitzen GHN 45, Kaliber 155 mm und Ersatzrohre hiefür, unter Vortäuschung gegenüber den österreichischen Behörden, es handle sich um Lieferungen von Kriegsmaterial an den Staat Jordanien, wissentlich im Inland während des Krieges des Staates Irak mit dem Staat Iran, für eine der Parteien, nämlich den Irak, entgegen den bestehenden Vorschriften des Kriegsmaterialgesetzes ausgeführt und Mag.Peter U***** teilweise und Ing.Franz G***** sowie Dkfm.Gerald W***** hiezu einen Tatbeitrag geleistet haben. Damit wird die Lösung der Rechtsfrage den angeführten Kriterien des § 320 Abs 1 Z 3 StGB durchaus gerecht, zumal dem Wahrspruch zufolge die Ausfuhr der Kampfmittel wissentlich für die Kriegspartei Irak erfolgte.
In der den Geschworenen dazu erteilten Rechtsbelehrung wird darauf hingewiesen, daß für die Ausfuhr von Kriegsmaterial eine behördliche Bewilligung erforderlich ist (§ 1 Abs 1 KrMatG), und auch dargelegt, welche Behörde für die Ausfuhrbewilligung zuständig ist (ON 1697, S 161, 169 bis 171/Bd 153), sodaß für die Geschworenen kein Zweifel darüber bestehen konnte, welche inländische Behörde ihrer Annahme nach getäuscht wurde. Da eine solche Täuschung nicht Tatbestandsmerkmal des § 320 Abs 1 StGB ist, haben die Geschworenen mit der Bejahung von Täuschungshandlung unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die Ausfuhr unter Verschleierung bewirkt wurde und daher keine behördliche Exportbewilligung für den Irak vorlag.
Unbegründet ist auch der Einwand in der Rechtsrüge, die Bestimmung des § 320 Abs 1 Z 3 StGB und damit auch die des § 7 KrMatG habe "Sonderdeliktscharakter", den Angeklagten fehle die erforderliche "Subjektsqualität", weil gegen die genannten Strafnormen nur derjenige verstoßen könne, der als Bewilligungs- bzw Ausfuhrwerber in Erscheinung getreten sei, im vorliegenden Falle also nur die V***** AG bzw die N***** GesmbH; eine Tatbestands- und Täterausweitung sei nur durch die §§ 161 StGB, 153 KartellG und 19 Abs 2 UWG erfolgt, nicht jedoch für § 320 StGB.
Täter des Verbrechens der Neutralitätsgefährdung (im Sinne des umfassenden Täterbegriffs des § 12 StGB) kann jedoch jedermann sein, der unter den im § 320 Abs 1 StGB umschriebenen Voraussetzungen Kampfmittel entgegen den bestehenden Vorschriften ausführt oder durch das Inland durchführt (Argument aus § 320 Abs 1 StGB: "Wer ..."). Die von den Beschwerdeführern vertretene Auffassung, es handle sich hier um ein Sonderdelikt, ist somit nicht haltbar (13 Os 67/91-39 S 26). Sie macht daher eine - auch von den Beschwerdeführern unterlassene - Prüfung der Frage, "ob die besonderen persönlichen Eigenschaften oder Verhältnisse des Täters, das Unrecht oder die Schuld betreffen", was (gemäß § 14 StGB) zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würde, entbehrlich.
Die von den Angeklagten Dipl.Ing.Johann Peter Ei*****, Mag.Peter U*****, Ing.Franz G***** und Dkfm.Gerald W***** weiters erhobenen Tatsachenrüge (Z 10) entbehrt mangels Substantiierung einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung.
Es war sohin in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden hinsichtlich der Angeklagten Dkfm.Roland L*****, Ing.Anton El*****, Dipl.Ing.Peter Ei*****, Ing.Harald M***** und Ing.Franz G***** der Wahrspruch der Geschworenen und das darauf beruhende Urteil, soweit davon das Vergehen nach § 7 Abs 1 KrMatG betroffen ist, sowie der diese Angeklagten betreffende Strafausspruch aufzuheben in (analoger) Anwendung des § 289 StPO (Mayerhofer/Rieder StPO3 E 17 zu § 289) für das maßgebliche aufrecht gebliebene Verbrechen die Strafen neu zu bemessen und die Sache im Umfange der Aufhebung, soweit sie nicht durch diese Entscheidung erledigt wurde, zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter des Landesgerichtes Linz (§ 13 Abs 2 StPO) zurückzuverweisen (Mayerhofer/Rieder StPO3 E 20-28 zu § 349); im übrigen jedoch die Nichtigkeitsbeschwerden der genannten Angeklagten sowie jene des Mag.Peter U***** und des Dkfm.Gerald W***** zu verwerfen und sämtliche Angeklagten mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen.
Bei der Strafneubemessung war bei allen davon betroffenen Angeklagten erschwerend die wiederholte Tatbegehung, mildernd hingegen jeweils der ordentliche Lebenswandel, das lange Zurückliegen der strafbaren Handlungen und das Bestreben nach Verbesserung der schlechten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Größe der Schuld und des Tatbeitrages werden die neu ausgemessenen (Zusatz-)Strafen den Taten und Tätern gerecht. Sie liegen nur unmaßgeblich unter den vom Geschworenengericht verhängten, zufolge Ausklammerung des hier vergleichsweise hier unbedeutenden Vergehens nach § 17 Abs 1 KrMatG. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht ist schon durch §§ 290 Abs 2, 344 StPO geboten.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.
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