OGH 7Ob619/94

OGH7Ob619/947.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber in der beim Landesgericht Wels anhängigen Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Franz S*****, 2.) Aloisia S*****, 3.) Johann S*****, vertreten durch Dr.Hubert Stüger, Rechtsanwalt in Frankenmarkt, wider die beklagte Partei Maria H*****, vertreten durch Dr.Ulrich Schwab, Rechtsanwalt in Wels, und des der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Josef H*****, vertreten durch Dr.Harald Fahrner und Dr.Ilse Fahrner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, infolge Rekurses der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als des gemäß § 23 JN zuständigen Gerichtes vom 30.September 1994, GZ Nc 208/94-2, womit die Ablehnung der Mitglieder des Berufungssenates im Verfahren über die Berufung der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 28.Juli 1993, GZ 5 Cg 144/91-28, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte und der Nebenintervenient haben die Kosten ihrer Rekurse selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluß hat der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichtes Linz den in der im Zuge des Verfahrens 5 Cg 144/91 des Landesgerichtes Wels durchgeführten Berufungsverhandlung vom 12.7.1994 von der Beklagten und den ihr beigetretenen Nebenintervenienten erhobenen Antrag auf Ablehnung des gesamten Berufungssenates mit der Begründung abgewiesen, daß der zum Gegenstand des Ablehnungsantrages gemachte Subsidiarantrag des Nebenintervenienten im Verfahren 12 Vr 652/94 des Landesgerichtes Ried i.I. die Mitglieder des Berufungssenates gar nicht namentlich erfasse, bloß "gegen bestimmte Richter des Oberlandesgerichtes Linz" gerichtet sei und nicht erkennen lasse, welcher konkreter Tathandlungen die angezeigten Richter verdächtigt würden. Dagegen hätten die abgelehnten Richter erklärt, nicht in Kenntnis dieses Strafverfahrens zu sein, den Subsidiarantrag nicht persönlich zu nehmen, sondern nur als Mittel der Rechtsdurchsetzung zu betrachten. Sie seien daher nicht befangen.

Die dagegen von der Beklagten und vom Nebenintervenienten erhobenen Rekurse sind nicht berechtigt.

Die Beklagte verband mit ihrem Rekurs auch einen Ablehnungsantrag gegen das Mitglied des Ablehnungssenates des Oberlandesgerichtes Linz Dr.Angelika Kremser. Der Nebenintervenient habe diese Richterin anläßlich des Verfahrens 6 R 26/94 des Oberlandesgerichtes Linz als befangen abgelehnt und auch gegen diese Richterin Strafanzeige erstattet. Wegen der gleichen Interessen der Beklagten und des Nebenintervenienten erstrecke sich die Befangenheit dieser Richterin auch auf die Beklagte.

Rechtliche Beurteilung

Vor Erledigung der Rekurse ist auf diesen Ablehnungsantrag einzugehen. Er ist, selbst wenn unterstellt wird, daß er noch rechtzeitig eingebracht wurde (vgl hiezu JBl 1989, 664 mwN) und trotz der bereits erfolgten Entscheidung durch den Ablehnungssenat noch in einem eigenen Verfahren zulässig ist (siehe zum Meinungsstand Mayr in Rechberger ZPO Anm 3 zu § 21 JN und die dort angeführte Literatur), nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Darin erhebt die Beklagte nur pauschal den Vorwurf, die Richterin des Ablehnungssenates des Oberlandesgerichtes Linz Dr.Angelika Kremser sei (auch ihr gegenüber) befangen, weil der Nebenintervenient gegen sie aus Anlaß eines anderen Berufungsverfahrens einen Ablehnungsantrag erhoben und eine Strafanzeige erstattet habe. Aufgrund dieser Angaben kann aber nicht beurteilt werden, worin das der abgelehnten Richterin angelastete Verhalten bestanden haben soll; somit könnte auch nicht geprüft werden, ob diese Richterin auch im vorliegenden Verfahren (EvBl 1990/145 ua) zu Recht als befangen abgelehnt wurde. Die Tatsache der Erstattung einer Anzeige gegen einen Richter durch eine Partei allein genügt noch nicht, eine Befangenheit anzunehmen. Von einem Richter muß erwartet werden, daß er selbst dann unbefangen entscheidet, wenn eine Partei gegen ihn - noch dazu unbegründet - Straf- bzw Disziplinaranzeigen erstattet, hätte sie es doch sonst auch in der Hand, ihr Ziel, ihr mißliebig erscheinende Richter in ihren Rechtssachen vom Richteramt auszuschließen, durch wiederholte unbegründete und substanzlose Strafanzeigen zu erreichen (1 Ob 575/91; 1 Ob 623/92). Es bestand daher kein Anlaß, vor der Entscheidung über die Rekurse die Entscheidung des zuständigen Senates des Oberlandesgerichtes Linz über diesen Ablehnungsantrag einzuholen (5 Ob 366/87; 5 Ob 517/90; Mayr aaO Rz 3 zu § 21 JN).

Gemäß § 19 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, weil er im gegebenen Fall nach dem Gesetz von der Ausübung richterlicher Geschäfte ausgeschlossen ist (Z 1) oder ein zureichender Grund vorliegt, seine Befangenheit in Zweifel zu ziehen (Z 2). Nur letzterer Grund könnte nach den Behauptungen hier Platz greifen. Als befangen ist ein Richter dann anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen; dabei genügt schon die Besorgnis, daß bei der Entscheidung dieses Richters andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten (JBl 1968, 94; SZ 43/104; RZ 1984/81). Der Umstand allein, daß eine Partei gegen den Richter (unbegründete) Straf- oder Disziplinaranzeigen erstattet hat, bildet aber, worauf er bereits hingewiesen wurde, keinen Befangenheitsgrund. Auch eine unrichtige Sachentscheidung durch einen Richter kann nicht zur Begründung der Befangenheit herangezogen werden (ZBl 1921/149).

Darauf, ob die Mitglieder des Berufungssenates in dem genannten Strafakt namentlich als Beschuldigte aufscheinen, kommt es entgegen der Auffassung der Rekurswerber nicht an. Maßgebend ist vielmehr, daß sich nach den vom Ablehnungssenat getroffenen Feststellungen weder aus der Strafanzeige noch aus dem Subsidiarantrag ergibt, welcher konkreter Tathandlungen die abgelehnten Richter beschuldigt werden. Dazu haben die Ablehnungswerber auch hier nichts vorgetragen. Daß die abgelehnten Mitglieder des Berufungssenates des Oberlandesgerichtes Linz an Entscheidungen mitgewirkt haben, die für die Beklagte nachteilig sind und sie und ihr Nebenintervenient das - allerdings ohne konkrete Tatsachenbehauptungen - zum Anlaß genommen haben, deshalb den Vorwurf des Amtsmißbrauches zu erheben, reicht nicht aus, einen tauglichen Befangenheitsgrund anzunehmen (EvBl 1989/18). Es ist aber auch nicht Aufgabe des zur Beurteilung eines aus der Entscheidung eines Richters abgeleiteten Ablehnungsantrages berufenen gerichtlichen Organs, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen (RZ 1989/110).

Mit der Rüge im Rekurs des Nebenintervenienten, daß der Nebenintervenient das Mitglied des Ablehnungssenates des Oberlandesgerichtes Linz Dr.Angelika Kremser in einem anderen Verfahren als befangen abgelehnt habe, vermag auch keine Verletzung von Verfahrensgesetzen dargetan zu werden. Nur die rechtskräftig festgestellte Befangenheit des Richters bewirkt Nichtigkeit des Verfahrens (Mayr aaO Rz 3 zu § 19 JN mit Judikaturhinweisen). Daß dies der Fall sei, behauptet er in seinem Rekurs gar nicht. Im übrigen ist aber auch in diesem Rahmen darauf zu verweisen, daß ein konkreter Befangenheitsgrund betreffend diese Richterin gar nicht ausgeführt wurde.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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