OGH 8Ob535/93

OGH8Ob535/9313.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Andreas K*****, vertreten durch Dr.Karl Zingher und Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Franz G*****, Pensionist, und 2.) Veronika G*****, Geschäftsfrau, beide wohnhaft in ***** beide vertreten durch Dr.Otto Kern und Dr.Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 9.983,08 sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 29.Oktober 1992, GZ R 404, 405/92-30, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 13.Juli 1992, GZ 2 C 1515/91g-16, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger brachte vor, der Erstbeklagte habe sein in dem vom Kläger gemieteten Geschäftslokal betriebenes Textilhandelsunternehmen an die Zweitbeklagte übertragen, weshalb die beiden Beklagten im Sinne des § 12 Abs 3 MRG nunmehr zur Zahlung eines ortsüblichen Mietzinses verpflichtet seien. Demgemäß begehre er mit der vorliegenden Klage für die Zeit vom 1.11.1989 bis 28.2.1991 die Differenz zwischen dem bisherigen Mietzins von monatlich S 500,- und dem ortüblichen Mietzins von monatlich S 2.000,-. In der mündlichen Verhandlung schränkte der Kläger nach Einholung eines Sachverständigengutachtens das Klagebegehren auf Zahlung eines Betrages von S 9.983,08 sA als der offenen Differenz auf den ortsüblichen (im betreffenden Zeitraum zwischen monatlich S 1.024,51 und S 1.165,- gelegenen) Mietzins ein.

Die Beklagten beantragten aus den im einzelnen angeführten Gründen die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens statt. Es stellte fest, daß der Erstbeklagte als Mieter des gegenständlichen Geschäftslokals in diesem auf Grund seines Gewerbescheines seit dem Jahre 1969 einen Textilhandel betrieb, diesen Gewerbeschein aber im Jahre 1989 zugunsten seiner Ehefrau, der Zweitbeklagten, zurücklegte und dieser sodann die Gewerbeberechtigung erteilt wurde. Die Beklagten sind seit 44 Jahren miteinander verheiratet und hatten "das Unternehmen" gemeinsam aufgebaut und betrieben; bis zur Zurücklegung der Gewerbeberechtigung durch den Erstbeklagten war die Zweitbeklagte bei ihm als Angestellte tätig, seither ist es umgekehrt, der Erstbeklagte ist Angestellter der Zweitbeklagten. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Mietrechte seien auf die Zweitbeklagte übergegangen, sodaß dem Kläger nunmehr ein angemessener Mietzins zustehe, für den die Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes hafteten.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das gesamte Klagebegehren auf Zahlung von S 9.983,08 sA abwies. Es sprach aus, daß gegen seine Entscheidung die Revision jedenfalls unzulässig sei. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es die Ansicht, die Beklagten hätten stillschweigend einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und im Rahmen einer bürgerlichen Erwerbsgesellschaft das Unternehmen gemeinsam geführt. Der Erstbeklagte habe in diese Gesellschaft sein Mietrecht bloß zum Gebrauch eingebracht, sodaß es zu einem "gespalteten Mietverhältnis" gekommen sei, kraft dessen die Mietrechte weiterhin beim Erstbeklagten verblieben seien. Somit liege hier keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG vor.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhebt der Kläger ein als "außerordentliche Revision" bezeichnetes Rechtsmittel, das vom Erstgericht gemäß § 507 Abs 1 ZPO im Sinne des berufungsgerichtlichen Ausspruches als nach § 502 Abs 2 ZPO unzulässig zurückgewiesen wurde, zumal auch nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 3 Z 2 letzte Alternative ZPO vorlägen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen den erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erhobenen Rekurs Folge und trug dem Erstgericht auf, die außerordentliche Revision des Klägers dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus, der berufungsgerichtliche Ausspruch nach den §§ 500 Abs 2 Z 2, 502 Abs 2 ZPO binde gemäß der Anordnung des § 500 Abs 3 ZPO weder die Parteien noch die Gerichte, sodaß die Entscheidung über die Zulässigkeit eines dennoch gegen das berufungsgerichtliche Urteil eingebrachten Rechtsmittels mangels einer solchen Bindung allein der Oberste Gerichtshof zu treffen habe. Auch die Beurteilung der Frage des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO stehe nur dem Obersten Gerichtshof zu, sodaß eine Zurückweisung des Rechtsmittels durch das Erstgericht wegen Fehlens einer solchen Rechtsfrage auf Grund der Anordnung des § 507 Abs 1 ZPO ausgeschlossen sei.

Rechtliche Beurteilung

Im Sinne der rekursgerichtlichen Ausführungen findet gegen einen Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 2 ZPO, daß die Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist, zufolge der ausdrücklichen Regelung des § 500 Abs 4 letzter Satz ZPO kein Rechtsmittel statt. Dieser Ausspruch kann daher, zumal er andererseits zufolge der Anordnung des § 500 Abs 3 ZPO weder die Parteien noch die Gerichte bindet, zwar nicht selbständig, wohl aber in einer - behauptetermaßen dennoch - zulässigen (ordentlichen oder außerordentlichen) Revision bekämpft werden (ähnlich 5 Ob 1538, 1539/84; 8 Ob 562/86). Eine Zurückweisungsmöglichkeit im Rahmen des § 507 Abs 1 ZPO besteht für das Erstgericht nicht. Der Oberste Gerichtshof hat somit mangels Bindung an den berufungsgerichtlichen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision bei deren Behandlung diese Frage selbst zu beantworten.

Im vorliegenden Falle ist die außerordentliche Revision des Klägers im Sinne des zutreffenden berufungsgerichtlichen Ausspruches im Hinblick auf den die Zahlung eines Betrages von S 9.983,08 sA betreffenden Streitgegenstand gemäß § 502 Abs 2 ZPO und mangels Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes nach § 502 Abs 3 Z 2 ZPO unzulässig und war daher zurückzuweisen:

Nach der letztgenannten Bestimmung gilt die Revisionsbeschränkung des § 502 Abs 2 ZPO für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten nicht, "wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages entschieden wird". Diese gesetzliche Regelung bezweckt, alle Streitigkeiten, in denen auf die beschriebene Weise ein Verlust des Bestandobjektes droht, ohne Rücksicht auf den Streitwert jedenfalls revisibel zu machen.

Nach der Rechtsprechung wird durch die Formulierung "wenn dabei .............." ausgedrückt, daß unter die Ausnahme von der wertmäßigen Revisionsbeschränkung nicht nur der Ausspruch über die Kündigung usw selbst fällt, sondern auch die gleichzeitige Entscheidung über andere Aussprüche im Sinne des § 49 Abs 2 Z 5 ZPO, also etwa auch über einen Zinszahlungsanspruch (8 Ob 502/91, 5 Ob 512, 1542/93; 1 Ob 562/93; 2 Ob 606/93 ua). Fasching führt hiezu aus (ZPR2 1887/1), es komme demgemäß in allen Fällen darauf an, ob die in § 502 Abs 3 ZPO genannten Streitsachen und Rechtsverhältnisse "im Urteilsspruch entschieden werden (auf Grund von Klage oder Zwischenfeststellungsantrag)".

Somit gilt die Ausnahme vom Revisionsausschluß des § 502 Abs 2 ZPO also dann nicht, wenn die Kündigung, Räumung oder die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens des Vertrages nicht einen Entscheidunggegenstand bildet, sondern lediglich als Vorfrage zu beurteilen ist (1 Ob 562/93 ua). Dies ist insbesondere aber auch der Fall, wenn die spruchmäßige Erledigung des Rechtsfalles allein auf Bezahlung eines Mietzinsbetrages lautet, die Lösung der Frage des Bestehens eines Mietverhältnisses hingegen nur in den Entscheidungsgründen erfolgt (2 Ob 535/91).

Hier ist das Bestehen oder Nichtbestehen eines Bestandvertrages nicht Entscheidungsgegenstand, denn das Begehren des Klägers ist ausschließlich auf Zahlung eines Mietzinserhöhungsbetrages von (zuletzt) S 9.983,08 sA gerichtet. Das Bestehen eines Mietvertrages wird hier für dieses einzige Klagebegehren sogar ausdrücklich und notwendigerweise vorausgesetzt; ein Verlust des Bestandrechtes liegt der Klageführung demnach keinesfalls zugrunde.

Da der ausschließlich in Geld bestehende Entscheidungsgegenstand des berufungsgerichtlichen Urteiles S 50.000,- nicht übersteigt ist die Revision des Klägers gemäß § 502 Abs 2 ZPO unzulässig und daher zurückzuweisen.

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