OGH 4Ob542/94

OGH4Ob542/9431.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand G*****, geboren am 6. Mai 1948 in G*****, vertreten durch DDr.Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Renate G*****, geboren am 6.Juli 1941 in K*****, vertreten durch Dr.Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 21.Jänner 1994, GZ 2 a R 744/93-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 6.Oktober 1993, GZ 2 C 38/93a-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das auf Ehescheidung unter Ausspruch des Verschuldens der klagenden Partei an der Zerrüttung lautende Ersturteil in der Hauptsache zur Gänze wiederhergestellt, sein Kostenausspruch aber dahin abgeändert wird, daß er wie folgt zu lauten hat:

"Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 12.865,20 S bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten 2.144,20 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen".

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.183,36 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 530,56 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Parteien haben am 7.2.1967 vor dem Standesamt H***** die - beiderseits erste - Ehe geschlossen, welcher vier Kinder entstammen, die allesamt bereits selbsterhaltungsfähig sind. Der letzte gemeinsame Wohnsitz der Ehegatten war die Ehewohnung in I*****. Sie wurde dem Kläger als Landesbediensteten vom Land Tirol als Naturalwohnung zur Verfügung gestellt. Seit dem Ausziehen des Klägers aus der Ehewohnung im Februar 1990 ist die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben. Die Ehe ist tiefgreifend und unheilbar zerrüttet. Beide Ehegatten sind berufstätig; sie beziehen derzeit ein etwa gleich hohes Einkommen. Gemäß Erklärung des Landes Tirol vom 30.8.1993 darf die Beklagte die von ihr bewohnte Naturalwohnung des Klägers noch auf die Dauer von zwei Jahren nach Abschluß des gegenständlichen Scheidungsverfahrens zu denselben Bedingungen benützen wie bisher (Beilage 1).

Der Kläger begehrt mit der am 6.4.1993 eingelangten Klage die Scheidung der Ehe gemäß § 55 Abs 1 EheG.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Kläger die Zerrütung der Ehe allein verschuldet habe und sie die Scheidung härter treffe als ihn, drohe ihr doch im Scheidungsfall die Obdachlosigkeit, weil sie die dem nachehelichen Aufteilungsverfahren nicht unterliegende Naturalwohnung des Landes Tirol mit Rechtskraft der Scheidung verliere. Eine weitere Härte treffe die Beklagte auch im Zusammenhang mit ihrem allfälligen Anspruch auf Witwenpension. Im Hinblick auf die ähnlichen Einkommensverhältnisse habe sie derzeit gegen den Kläger keinen Anspruch auf Unterhalt und damit auch keinen Anspruch auf eine Witwenpension im Scheidungsfall. Sie werde aber in zwei Jahren in Pension gehen; dann stehe ihr aufgrund der Differenz zum Einkommen des Klägers ein Unterhaltsanspruch und damit auch ein Pensionsanspruch im Scheidungsfalle zu. Für den Fall der Stattgebung des Scheidungsbegehrens stellt die Beklagte den Antrag, im Urteil auszusprechen, daß der Kläger die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet hat.

Der Kläger hält der Berufung der Beklagten auf die Härteklausel des § 55 Abs 2 EheG entgegen, sie wisse schon seit zwei Jahren, daß sie im Fall einer Scheidung nicht in der Ehewohnung bleiben könne; sie habe daher hinreichend Zeit gehabt, sich eine andere Wohnung zu suchen. Überdies werde der Beklagten nach den Richtlinien des Landes Tirol nach Rechtskraft der Scheidung eine zweijährige Frist zur Beschaffung einer neuen Wohnung eingeräumt. Ihr Vorbringen in bezug auf eine Witwenpension sei nicht als Härte zu qualifizieren.

Das Erstgericht schied die Ehe der Streitteile gemäß § 55 Abs 1 EheG und sprach aus, daß der Kläger die Zerrüttung (allein) verschuldet habe. Der gegen das Scheidungsbegehren von der Beklagten gemäß § 55 Abs 2 EheG erhobene Widerspruch sei nicht berechtigt. Die Beklagte sei schon seit längerem mit dem Scheidungswunsch des Klägers konfrontiert und wisse seit zwei Jahren, daß sie im Falle der Scheidung aus der Ehewohnung ausziehen müsse. Nun habe ihr aber der Naturalwohnungsgeber sogar die Möglichkeit eingeräumt, noch weitere zwei Jahre nach Abschluß dieses Ehescheidungsverfahrens in der Wohnung zu bleiben. Die Beklagte sei daher durch die Scheidung keineswegs von unmittelbarer Obdachlosigkeit bedroht. Im übrigen wäre ab Februar 1996 einem Scheidungsbegehren des Klägers gemäß § 55 Abs 3 EheG jedenfalls stattzugeben, worauf die Beklagte aus der Ehewohnung ausziehen müßte. Die Frage der Deckung des gesetzlichen Unterhalts sei in die Interessenabwägung nach § 55 Abs 2 EheG nicht einzubeziehen, weil der beklagte Ehegatte auch nach der Scheidung im Fall eines Verschuldensausspruches nach § 61 Abs 3 EheG seinen Unterhaltsanspruch gemäß § 69 Abs 2 EheG auf § 94 ABGB stützen könne. Selbst wenn die Beklagte im Fall des Ablebens des Klägers nach der Scheidung pensionsrechtlich schlechter gestellt wäre als im Todesfall des Klägers bei aufrechter Ehe, rechtfertige dieser Umstand allein noch nicht die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Einerseits könne nämlich die Beklagte die Ehe ohnehin nur noch für eine relativ kurze Zeit aufrecht erhalten und danach den Eintritt der von ihr befürchteten pensionsrechtlichen Schlechterstellung nicht verhindern, andererseits sei die bloße Spekulation mit dem Ableben des Klägers bis Februar 1996 kein geeignetes Kriterium für eine Berücksichtigung im Rahmen einer Härteabwägung gemäß § 55 Abs 2 EheG.

Das Berufungsgericht wies das Scheidungsbegehren des Klägers ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes sei das Verlangen der Beklagten, dem Scheidungsbegehren des Klägers trotz Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit mehr als drei Jahren gemäß § 55 Abs 2 EheG nicht stattzugeben, berechtigt. Bei der Härteabwägung sei nicht nur zu berücksichtigen, daß die Streitteile schon seit mehr als 25 Jahren verheiratet seien und daß eine Scheidung der Ehe gemäß § 55 Abs 3 EheG spätestens erst im Februar 1996 möglich wäre, sondern auch, daß die Beklagte während aufrechter Ehe und noch bis längstens zwei Jahre nach der rechtskräftigen Ehescheidung in der Ehewohnung bleiben könne. Die Beklagte müsse so lange als möglich in der Naturalwohnung des Klägers bleiben können; es gehe nicht an, ihr schon während aufrechter Ehe die Suche nach einer anderen Wohnmöglichkeit aufzubürden. Aber auch denkbare Verschlechterungen der pensionsrechtlichen Stellung der Beklagten seien nicht gänzlich unbeachtlich. Im Hinblick auf das aktuelle, ähnlich hohe Einkommen der Streitteile wäre es der Beklagten in näherer Zukunft unmöglich, sich einen Unterhaltstitel zu verschaffen, so daß ihr im Fall eines baldigen Ablebens des Klägers - anders als bei aufrechter Ehe - kein Anspruch auf eine Witwenpension nach § 258 ASVG zustünde. Die Gesamtabwägung führe daher zum Ergebnis, daß die Scheidung die schuldlose Beklagte deutlich härter treffe als den Kläger die Abweisung des Scheidungsbegehrens.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers ist schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht bei seiner Härteabwägung gemäß § 55 Abs 2 EheG von den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist und überdies zu den hier zu beurteilenden Einzelfragen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Die Revision ist auch berechtigt.

Gemäß § 55 Abs 2 EheG ist einem nach Abs 1 gestellten Scheidungsbegehren auf Verlangen des beklagten Ehegatten dann nicht stattzugeben, wenn der Ehegatte, der die Scheidung begehrt, die Zerrüttung allein oder überwiegend verschuldet hat und den beklagten Ehegatten die Scheidung härter träfe als den klagenden Ehegatten die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Bei dieser Abwägung ist auf alle Umstände des Falles, besonders auf die Dauer der ehelichen Gemeinschaft, das Alter und die Gesundheit der Ehegatten, das Wohl der Kinder sowie auf die Dauer der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft Bedacht zu nehmen. Nach ständiger Rechtsprechung sind aber die in Satz 2 aufgezählten Umstände für sich allein noch kein ausreichender Grund für die Abweisung des Scheidungsbegehrens; vielmehr werden diese Umstände nur bei Vorliegen konkreter weiterer Tatsachen, die einen Schluß auf eine besondere Härte zulassen, eher zu deren Bejahung führen als ihr Fehlen (EFSlg 43.658, 57.163, 60.223 uva). Bei der Härteabwägung ist daher davon auszugehen, daß in der Regel jede Ehescheidung für denjenigen Teil, der die Zerrüttung nicht verschuldet hat und der an der Ehe festhalten will, Härten mit sich bringt. § 55 Abs 3 EheG läßt jedoch erkennen, daß selbst die größte Härte für einen der Ehegatten nicht zur dauernden Verweigerung der Scheidung führen darf. Es können daher nur ganz besonders schwerwiegende Umstände die Verweigerung des Scheidungsbegehrens rechtfertigen (EFSlg 43.660, 57.165, 60.225 uva), weshalb in jedem Falle konkrete Umstände vorliegen müssen, aus denen im Einzelfall eine gegenüber dem Normalfall besondere Härte für den der Scheidung widersprechenden Ehegatten abgeleitet werden kann. Da dem Scheidungsbegehren gemäß § 55 Abs 3 EheG jedenfalls stattzugeben ist, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit sechs Jahren aufgehoben ist, kann der Sinn der Härteklausel des § 55 Abs 2 EheG nur darin liegen, daß der schuldlose Ehegatte nicht plötzlich mit der vollen Härte der Scheidung konfrontiert, sondern ihm in Ausnahmefällen eine Anpassungsfrist gewährt wird (SZ 52/59; EvBl 1981/10; EvBl 1982/194; EFSlg 43.655 ua). Den für die Härteabwägung maßgebenden Umständen ist daher umso geringeres Gewicht beizumessen, je mehr sich die Dauer der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft der Sechsjahresfrist des § 55 Abs 3 EheG nähert (RZ 1981/28; EFSlg 41.248, 57.169, 60.222 ua).

Die Beklagte hat ihren Widerspruch gegen die Scheidung ausschließlich damit begründet, daß sie durch den damit verbundenen Verlust der von ihr bewohnten Naturalwohnung des Klägers der Obdachlosigkeit ausgesetzt wäre und im Hinblick auf die Berufstätigkeit nur als "Witwe" des Klägers, also im Todesfall bei aufrechter Ehe, einen Anspruch auf Witwenpension hätte. Sie werde erst in zwei Jahren in Pension gehen und erst dann einen Unterhaltstitel erwirken können, so daß ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Witwenpension des "früheren Ehegatten" erfüllt seien. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes reichen aber diese beiden Gründe keineswegs aus, um im Sinne der dargelegten Grundsätze dem Scheidungsbegehren gemäß § 55 Abs 2 EheG nicht stattzugeben:

Zur Wohnungsfrage kann die Beklagte zwar nicht auf das nacheheliche Aufteilungsverfahren verwiesen werden, weil eine - bescheidmäßig zugeteilte - Naturalwohnung des Landes Tirol nicht der Zuweisung nach § 88 EheG unterliegt (JBl 1988, 170 = EvBl 1988/12 = EFSlg 54.631/1);

es steht aber fest, daß im Fall der Scheidung die von der Beklagten behauptete Obdachlosigkeit gar nicht eintreten wird, hat doch das Land Tirol die Erklärung abgegeben, daß sie die Ehewohnung - so wie bisher - noch auf die Dauer von zwei Jahren ab der Scheidung benützen darf. Diese Erklärung des Landes Tirol bezieht sich ausdrücklich auf das "gegenständliche Scheidungsverfahren", welches infolge des Rechtsmittelverfahrens erst jetzt "abgeschlossen" werden kann. Die zugesagte zweijährige Benützungsdauer der Naturalwohnung läuft somit bereits derzeit über den Februar 1996 hinaus, ab welchem Zeitpunkt aber dem Scheidungsbegehren gemäß § 55 Abs 3 EheG jedenfalls stattzugeben wäre. Schon aus diesem Grund kann die von der Beklagten aufgeworfene Wohnungsfrage für sie keine besondere Härte mehr bedeuten.

Soweit die Beklagte eine zweijährige Anpassungsfrist begehrt, weil sie erst dann auch als geschiedene Ehegattin im Falle des Todes des Klägers einen Anspruch auf Witwenpension verwirklichen könne, wird damit schon aus folgenden Gründen keine besondere Härte gegenüber dem Normalfall dargetan:

Der Gesetzgeber wollte in den Scheidungsfällen nach § 55 EheG den gegen seinen Willen geschiedenen Ehegatten nicht nur unterhaltsrechtlich, sondern auch sozialversicherungsrechtlich schützen (Schrammel in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 124 f). Während ihm das unterhaltsrechtlich geglückt ist, weil im Falle eines Ausspruches nach § 61 Abs 3 EheG gemäß § 69 Abs 2 EheG für den Unterhaltsanspruch des beklagten Ehegatten auch nach der Scheidung weiterhin der § 94 ABGB gilt, trifft dies auf den pensionsrechtlichen Schutz des beklagten Ehegatten nicht in vollem Umfang zu, wenngleich dieser durch Art XIV bis XXI EheRÄG auch gesichert werden sollte (916 BlgNR

14. GP 35 ff; RZ 1981/28; 4 Ob 502/89, insoweit von den Veröffentlichungen in EFSlg 60.222, 60.225 und 60.228 nicht umfaßt). Danach besteht nämlich pensionsrechtlich eine Diskrepanz zwischen der "Witwe" (dem "Witwer") und einem "früheren Ehegatten", der mit dem verstorbenen Versicherten in einer geschiedenen Ehe gelebt hat. Während die "Witwen(Witwer)pension" vom Unterhaltsrecht völlig losgelöst ist (siehe nur die hier in Betracht kommenden Bestimmungen entweder des § 258 Abs 1 ASVG oder des § 14 PG iVm § 2 lit d Z 1 TirLandesbeamtenG 1994, LGBlNr.19), hat auch der gemäß § 55 EheG geschiedene Ehegatte nur dann einen Anspruch auf eine solche Pension, wenn ihm der frühere Ehegatte bei seinem Tode aufgrund eines gerichtlichen Urteils, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer während des aufrechten Bestandes der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung Unterhalt zu leisten hatte (§ 258 Abs 4 ASVG; § 19 PG; Schrammel aaO 121 f; Teschner in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechtes 405). Daraus folgt bereits, daß diese Diskrepanz in der pensionsrechtlichen Versorgung "der Normalfall" ist, werden doch von ihr alle einer Scheidung gemäß § 55 Abs 1 EheG widersprechenden Ehegatten gleichermaßen betroffen, die noch keinen pensionsrechtlich erforderlichen Unterhaltstitel haben. Obwohl dies zwar ein Nachteil ist, kann darin aber noch keine besondere Härte im Sinne des § 55 Abs 2 EheG erblickt werden, wäre doch sonst in der Mehrzahl aller Fälle den Scheidungen nach § 55 Abs 1 EheG der Boden entzogen und damit das erklärte Ziel des Gesetzgebers des EheRÄG, die Scheidung unheilbar zerrütteter Ehen zu erleichtern (vgl EvBl 1982/194), unterlaufen. Abgesehen davon, kann dieser Umstand für sich allein auch deshalb noch keine konkrete besondere Härte für den beklagten Ehegatten bewirken, weil ihm nur die abstrakte Möglichkeit eines vorzeitigen Ablebens des Scheidungsklägers zugrundeliegt. Dem steht aber mit zumindest gleich hoher Wahrscheinlichkeit die abstrakte Möglichkeit eines vorzeitigen Ablebens des der Scheidung widersprechenden beklagten Ehegatten gegenüber. Der Oberste Gerichtshof hat daher schon ausgesprochen, daß eine im Falle der Ehescheidung bewirkte nachteilige Veränderung der Voraussetzungen oder des Umfanges eines pensionsrechtlichen Versorgungsanspruches für den betroffenen Ehegatten nicht stets eine für die Abwägung nach § 55 Abs 2 EheG beachtliche besondere Härte sein kann, sondern nur dann, wenn sich das im Einzelfall auf Grund einer konkreten früheren einvernehmlichen Lebensgestaltung der Ehegatten ergibt (EvBl 1983/30 = EFSlg 41.252/5; 6 Ob 620/89, teilweise veröffentlicht in EFSlg 60.226). Behauptungen in dieser Richtung hat aber die Beklagte gar nicht aufgestellt. Vielmehr beruht die von ihr in Anspruch genommene zweijährige Anpassungsfrist auf der am 30.8.1993 aufgestellten - unschlüssigen - Behauptung, sie werde in zwei Jahren in Pension gehen. Im August 1995 wird die Beklagte nämlich das 55.Lebensjahr noch gar nicht vollendet haben, weshalb die Grundvoraussetzung für sämtliche Fälle einer vorzeitigen Alterspension (§ 222 Abs 1 Z 1 lit b) c) e) ASVG) fehlt. Es ist aber von vornherein denkunmöglich, den Eintritt der Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeitspension (§ 271 ASVG) für einen bestimmten, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt zu prognostizieren.

Die Beklagte vermochte daher keine Gründe aufzuzeigen, aus denen dem Scheidungsbegehren gemäß § 55 Abs 2 EheG nicht stattzugeben wäre, weshalb in Stattgebung der Revision das Ersturteil in der Hauptsache wiederherzustellen war. Da die Beklagte aber in ihrer Berufung zutreffend den Kostenzuspruch an den Kläger bekämpft hat, weil das Erstgericht die Bestimmung des § 45 a Abs 2 ZPO übersehen hat, war das Ersturteil im Kostenpunkt abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht in Ansehung des Berufungsverfahrens auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO und in Ansehung des Revisionsverfahrens auf §§ 45 a Abs 2, 50 Abs 1 ZPO. § 45 a Abs 2 ZPO ist bei einem erfolglosen Rechtsmittel des beklagten Ehegatten nicht anzuwenden (SZ 52/140; EFSlg 34.360 ua). Die Beklagte hat daher dem Kläger die mit 3.623,04 S bestimmten Kosten seiner Berufungsbeantwortung (darin enthalten 603,84 S Umsatzsteuer) zu ersetzen. Davon waren die mit 1.935,36 S bestimmten Kosten des erfolgreichen angenommenen Kostenrekurses der Beklagten (darin enthalten 322,56 S Umsatzsteuer) in Abzug zu bringen, sodaß die Beklagte dem Kläger noch 1.687,68 S (darin enthalten 281,28 S Umsatzsteuer) zu ersetzen hat. Demgegenüber hat der Kläger der Beklagten die mit 4.871,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 811,84 S Umsatzsteuer) zu ersetzen. Abzüglich der ihm von der Beklagten zu ersetzenden restlichen Kosten des Berufungsverfahrens verbleibt daher noch ein von ihm der Beklagten zu ersetzender Kostenbetrag von 3.183,36 S (darin enthalten 530,56 S Umsatzsteuer).

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