OGH 4Ob539/94

OGH4Ob539/9410.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** KG, ***** vertreten durch Dr.Karl-Heinz Lahnsteiner, Rechtsanwalt in Ebensee, wider die beklagte Partei Franz O*****, vertreten durch Dr.Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen S 84.150,-- sA, infolge Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 11.Jänner 1994, GZ 4 R 43/93-62, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 15.Dezember 1992, GZ 2 Cg 267/90-57, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 15.678,-

bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 1.613,- USt und S 6.000,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte verlegte im Auftrag der Klägerin in einem Büroraum einen Holzstöckelparkettboden. Der Untergrund bestand aus Spanplatten-Polsterholz. Der Büroraum liegt zu ca 64 % über einem PKW-Unterstellplatz, zu ca 36 % über einer Garage. Die Fußbodenunterkonstuktion stammt nicht vom Beklagten. Sie ist in beiden Bereichen verschieden und nicht fachgerecht ausgeführt. Die handwerklichen Ausführungsmängel sind jedoch nicht Ursache der Fugenrisse und Aufwölbungen, die im Parkettboden aufgetreten sind. Die Spanplatten wurden im Auftrag der Klägerin vom Tischler Max N***** geliefert und verlegt. Vor der Verlegung erkundigte sich Max N***** beim Beklagten, welche Spanplatten zu verwenden seien und ob eine Verlegung mit Nut und Feder notwendig sei. Er erhielt entweder vom Beklagten oder von dessen im Betrieb mittätigen Sohn die Auskunft, daß es ausreiche, die Spanplatten zu verschrauben. Nachdem die Unterkonstruktion hergestellt war, verlegte der Beklagte die Holzstöckel schubfest verklebt auf den Spanplatten; er schliff die Oberfläche und versiegelte sie. Die Holzstöckel sind mängelfrei; sie sind ordnungsgemäß verklebt und verlegt.

Zu den Fugenrissen und Aufwölbungen kam es während der ersten Heizperiode 1988/89 durch Feuchtigkeitseinwirkung, weil die nach den örtlichen Gegebenheiten notwendige 0,4 mm starke Dampfsperre aus Alufolie nicht eingebaut worden war. Die Tischlerei N***** hatte nur einen Teilbereich mit einer überdies unzureichenden Wärmedämmung versehen; eine vollflächig wirksame Dampfbremse oder gar Dampfsperre fehlt. Diese wäre unter den Spanplatten einzubauen gewesen.

Der Beklagte hat die Klägerin vor der Verlegung des Parkettbodens nicht darauf aufmerksam gemacht, daß eine Feuchtigkeitsabdichtung und Dampfsperre notwendig sei. Gemäß Punkt 23123 Ö-Norm B 2218 ist der Auftragnehmer zwar nicht verpflichtet festzustellen, ob eine Dampfdiffusionssperre erforderlich, eingebaut und wirksam ist. Es muß jedoch bei Verlegung von Holzfußböden (ua) über Durchgängen und Garagen den Auftraggeber nachweislich auf die Notwendigkeit einer Feuchtigkeitsabdichtung und Dampfsperre aufmerksam machen. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß der Beklagte seine Gewährleistungsverpflichtung anerkannt oder die kostenlose Sanierung des Bodens zugesagt hätte.

Die Klägerin begehrt S 84.150,-- sA. Der Beklagte habe die Mängel des Bodens zu vertreten. Der Tischlermeister Max N***** habe den Unterboden nach den Anweisungen des Beklagten hergestellt; der Beklagte habe den Unterboden kontrolliert und, nach Verbesserungen, für in Ordnung befunden. Der Beklagte habe seine Warnpflicht verletzt. Er hätte die Unterkonstruktion vor Verlegung des Parkettbodens überprüfen und nachweislich auf die Notwendigkeit einer Feuchtigkeitsabdichtung und Dampfsperre aufmerksam machen müssen. Der Beklagte habe seine Gewährleistungsverpflichtung anerkannt und sich verpflichtet, die Mängel zu beheben.

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Der Unterboden sei nicht nach seinen Anweisungen ausgeführt worden; sein Aufbau sei ihm nicht bekannt. Er habe darauf vertrauen dürfen, daß die Unterkonstruktion von einem Fachmann fachgerecht hergestellt worden sei. Vor Beginn der Verlegearbeiten habe er die verlegten Spanplatten überprüft und die erforderlichen Ergänzungen angeordnet. Zu weiteren Überprüfungen sei er nicht verpflichtet gewesen. Die Ö-Norm B 2218 sei nicht vereinbart worden. Die Klägerin habe den Mangel mitzuverantworten, weil sie das Bauwerk ohne ausreichende Planung errichtet und sich eines Tischlermeisters bedient habe, dem die nötigen Fachkenntnisse gefehlt hätten. Eine allfällige Warnpflicht treffe den Beklagten nur innerhalb seiner eigenen Leistungsverpflichtung. Der Beklagte habe nur aus Kulanz die Risse verfugt; er habe aber nie einen Mangel anerkannt oder eingestanden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehen ab. Es stellte fest, daß die Klägerin keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen hätte, wenn sie vom Beklagten vor der Verlegung des Parkettbodens darauf aufmerksam gemacht worden, daß eine Feuchtigkeitsabdichtung und Dampfsperre notwendig sei, weil in Teilflächen ohnedies eine Wärmedämmung mit Alufolie eingebaut war. Der Beklagte habe den Holzstöckelparkettboden fachgerecht verlegt; das verwendete Material sei mängelfrei gewesen. Der beklagte habe allerdings seine Hinweispflicht verletzt, weil er es unterlassen habe, auf die Notwendigkeit einer Feuchtigkeitsabdichtung und Dampfsperre aufmerksam zu machen. Diese Pflichtverletzung sei jedoch folgenlos geblieben; die Klägerin hätte auch bei einem entsprechenden Hinweis keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Daß die Parteien die Ö-Norm B 2218 nicht vereinbart haben, ändere nichts an der Warnpflicht des Beklagten. Der Beklagte habe jene Sorgfalt zu beachten, die bei der Verlegung von Holzböden üblich sei. Das Maß dieser Sorgfalt ergebe sich aus der Ö-Norm; es sei daher auch dann zugrundezulegen, wenn die Geltung der Ö-Norm nicht vereinbart worden sei. Dahingestellt bleiben könne, ob die von der Klägerin bekämpfte Feststellung, daß sie auch bei einem entsprechenden Hinweis des Beklagten vor Verlegung des Parkettbodens keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen hätte, richtig sei. Die Warnpflicht habe den Beklagten bereits zu einem früheren Zeitpunkt getroffen, und zwar spätestens dann, als Max N***** mit ihm "Schulterschluß gesucht" und vor Verlegung der Spanplatten Anweisungen hiefür eingeholt habe. Daß ein Hinweis zu diesem Zeitpunkt erfolglos geblieben wäre, habe der Beklagte nicht darlegen können. Der Beweis, daß die Klägerin auch dann nicht für einen geeigneten Aufbau mit Dampfsperre gesorgt hätte, wenn er seiner Warnpflicht (rechtzeitig) nachgekommen wäre, sei ihm daher nicht gelungen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Ersturteil wieder hergestellt werde.

In eventu stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Der Beklagte weist darauf hin, daß sich die Anfrage des Tischlermeisters Max N***** allein darauf bezogen habe, welche Spanplatten auf welche Weise zu verlegen seien. Er habe die Dampfsperre nicht erwähnt, weil die Unterkonstruktion von einem von der Klägerin beauftragten Fachmann hergestellt worden sei. Als Bodenleger sei er nicht verpflichtet, einem Bau- und Möbeltischler Anweisungen zu geben, die nicht in sein Fachgebiet fallen. Ein "Schulterschluß" sei nur herzustellen, wenn der Werkunternehmer, dessen Werk auf dem eines anderen aufbaut, einen offenkundigen Mangel dieses Werkes wahrnehme, der das Gelingen des gemeinsamen Werkes bedrohe. Das Berufungsgericht habe die Warnpflicht des Klägers weit überspannt.

Gemäß § 1168a Satz 3 ABGB ist der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers mißlingt und er den Besteller nicht gewarnt hat. Stoff iS dieser Gesetzesstelle ist alles, aus dem oder mit dessen Hilfe ein Werk herzustellen ist (SZ 45/75; SZ 52/15; WBl 1988, 98; SZ 54/128 ua). Dazu zählen auch Vorarbeiten eines anderen Unternehmers, auf denen der Werkunternehmer aufbauen muß (s SZ 36/41; SZ 37/163; s auch Krejci in Rummel, ABGB2, § 1168a Rz 18). Die Warnpflicht des Unternehmers ist eine werkvertragliche Nebenpflicht, die auch schon im vorvertraglichen Stadium bestehen kann und die Interessen des - wenngleich auch selbst sachkundigen oder sachverständig beratenen - Werkbestellers wahren soll, wenn die vom Unternehmer erkannte oder für ihn erkennbare Gefahr besteht, daß das Werk wegen außerhalb der unmittelbaren Sphäre des Unternehmens liegender Umstände auf Bestellerseite mißlingen und dem Besteller dadurch ein Schaden entstehen könnte. Diese Aufklärungs- und Wahrnehmungs- (Prüf-)Pflichten dürfen aber nicht überspannt werde und bestehen immer nur im Rahmen der eigenen Leistungspflicht des Unternehmers.

Muß der Werkunternehmer vor der Fertigstellung des Werkes schon auf Grund des von ihm zu fordernden Fachwissens ohne besondere weitere Untersuchungen aus der Beschaffenheit der von anderen Werkunternehmern geleisteten Vorarbeiten erkennen, daß bei vertragsgemäßer eigener Werkleistung die Gefahr des Mißlingens des Gesamtwerkes und eines Schadens für den Besteller daraus droht, daß die Leistungen technisch nicht richtig aufeinander abgestimmt sind und beim "Gesamtwerk" die anerkannten Regeln der Technik mißachtet werden, dann hat er diesen "offenbar" auf Bestellerseite liegenden Gefahrenumstand wahrzunehmen und den Besteller darüber aufzuklären (SZ 63/20 = ecolex 1990, 409 = JBl 1990, 656). Die Warnpflicht besteht demnach nur bei "offenbaren" Mängeln (s Krejci aaO § 1168a Rz 27 mwN). Sie geht nicht so weit, daß der Werkunternehmer davon ausgehen müßte, daß sein (fachkundiger) "Vormann" nicht fachgerecht arbeiten werde und er diesem daher genaue Anweisungen zu geben habe, wie dessen Werk auszuführen sei.

Der Beklagte konnte aus der Beschaffenheit des Unterbodens, soweit sie für ihn wahrnehmbar war, nicht erkennen, daß eine wirksame Dampfsperre fehlte. Auch aus der Anfrage des Tischlermeisters, welche Spanplatten zu verlegen seien und ob ihre Verlegung mit Nut und Feder notwendig sei, war nicht zu ersehen, daß dem Tischermeister das nötige Fachwissen für die Herstellung der Unterkonstruktion fehlte. Für den Beklagten war das Fehlen einer wirksamen Feuchtigkeitsabdichtung daher kein "offenbarer" Mangel, so daß ihn keine Warnpflicht traf. Aus der Ö-Norm B 2218 folgt nichts Gegenteiliges. Es kann daraus keine allgemeine Sorgfaltsanforderung - insoweit wäre die (technische) Ö-Norm auch ohne Vereinbarung heranzuziehen (s ecolex 1990, 543) - auch an denjenigen abgeleitet werden, der nur den Holzfußboden verlegt und nicht auch die Unterkonstruktion herstellt. Der Beklagte hätte seine Warnpflicht daher nur dann verletzt, wenn er Grund gehabt hätte anzunehmen, daß der (fachkundige) Hersteller der Unterkonstruktion nicht fachgerecht arbeiten werde oder nicht fachgerecht gearbeitet habe. Da für eine solche Annahme jeder Anhaltspunkt fehlte, entfällt auch die Grundlage für die von der Klägerin geltend gemachte Haftung, ohne daß es noch darauf ankäme, ob die Klägerin einen (rechtzeitigen) Hinweis des Beklagten befolgt hätte.

Das Verfahren ist daher iS einer Klageabweisung und damit einer Wiederherstellung des Ersturteiles spruchreif.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Revision ist somit Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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