OGH 6Ob307/64

OGH6Ob307/6411.11.1964

SZ 37/163

Normen

ABGB §1168a
ABGB §1168a

 

Spruch:

Wenn der Unternehmer bei Vorliegen eines für ihn erkennbaren Mangels der Vorarbeiten nicht warnt, hat er die volle Gefahr und insbesondere die zur Unschädlichmachung des Mangels aufzuwendenden Kosten zu tragen.

Entscheidung vom 11. November 1964, 6 Ob 307/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Kitzbühel; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Unbestritten ist, daß der Kläger im Auftrage des Beklagten Fliesenlegerarbeiten in dessen Haus in O. durchführte und daß von dem vereinbarten Preis ein Teilbetrag von 2044.05 S noch unberichtigt ist.

Der Kläger beantragte Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Betrages von 2044.05 S s. A. Der Beklagte wendete ein, der Kläger sei auch verpflichtet gewesen, verschiedene Vorbereitungsarbeiten zu besorgen, darunter auch die notwendigen Isolierungsarbeiten. Dies habe der Kläger aber vernachlässigt, sodaß von der Dusche Wasser durch die Decke in das darunterliegende Geschoß sickere. Dieser Mangel sei dem Kläger bekanntgegeben worden. Vor seiner Behebung sei der Entgeltanspruch nicht fällig.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung. Es stellte im wesentlichen fest, der Kläger habe es übernommen, die Fliesenlegerarbeiten vorzunehmen, die notwendige Isolierung durchführen zu lassen und die Arbeiten, auf denen seine Fliesenlegertätigkeiten aufzubauen waren, zu denen die Maurerarbeiten, die Montage der Rohre und die Isolierungsarbeiten gehören, zu kontrollieren. Er habe sich verpflichtet, die Verfliesung erst durchzuführen, nachdem er sich überzeugt hatte, daß die vorbereitenden Arbeiten fehlerlos gewesen seien. Der Kläger habe die Isolierungsarbeiten bei Josef G. bestellt. Nachdem die Maurer auf die Bodenisolierung im Duschraum als Isolierungsschutz und als Bindemittel für die Fliesen eine Mörtelschicht aufgelegt hätten, habe der Kläger die Fliesen verlegt. Bei jeder intensiven Benützung der Dusche dringe aber nunmehr durch den Boden Wasser in die darunterliegende Küche. Eine Verfliesung allein sei nie wasserdicht, es sei daher in Duschräumen eine Isolierung erforderlich. Die Ursache des Mangels könne nur in der Bodenisolierung liegen, und zwar sei entweder die Isolierungsschicht nicht fachgerecht angebracht oder nachträglich allenfalls beim Aufspritzen der Mörtelschicht, beschädigt worden. Eine Kontrolle der Isolierung, die nur vor dem Anbringen der Mörtelschicht möglich gewesen wäre, habe der Kläger nicht durchgeführt. Der Beklagte habe von ihm Behebung des Mangels verlangt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, der Beklagte habe, wie die Benützung der Duschanlage zeige, das Werk übernommen. Gemäß § 1170 ABGB. sei damit der Lohnanspruch des Klägers fällig geworden. Wenn auch der Beklagte aus der Unterlassung der Kontrolle der Isolierung durch den Kläger allenfalls Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche gegen ihn habe, so habe er eine Gegenforderung aus diesem Titel doch nicht eingewendet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Gemäß § 1170 ABGB. sei das Entgelt in der Regel, d. h. wenn nichts vereinbart oder ortsüblich sei, nach vollendetem Werk zu entrichten. Nach den insoweit nicht bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes habe es der Kläger übernommen, nicht nur die Fliesenlegerarbeiten durchzuführen, sondern vor der Verfliesung die notwendigen Vorarbeiten und insbesondere auch die Isolierung zu prüfen. Dies habe er aber unterlassen. Dringe Wasser durch den Boden, weil die Isolierungsschicht entweder nicht fachgemäß aufgebracht oder nachträglich beschädigt worden sei, so ergebe sich, daß der Kläger sein Werk nicht vollendet habe. Sein Entgeltanspruch sei daher nicht fällig.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und hob die Urteile der Untergerichte auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es liegen wesentliche Feststellungsmängel vor. Das Erstgericht beschränkte sich, was das Durchsickern des Wassers durch den Boden der Duschanlage betrifft, auf die Feststellung dieser Tatsache, aber ohne die Ursache dafür zu erheben. Seine Ausführungen, die Ursache des Durchsickerns könne nur in der Bodenisolierung liegen, und zwar sei entweder die Isolierungsschicht nicht fachgerecht angebracht oder nachträglich, allenfalls beim Aufspritzen der Mörtelschicht, beschädigt worden, sind keine Feststellungen entscheidender Tatsachen auf Grund der Ergebnisse der Beweisaufnahmen, sondern eine Vermutung. Als Ursache des Durchdringens des Wassers kann vor allem eine Mangelhaftigkeit der vom Kläger ausgeführten Fliesenlegerarbeiten oder eine Mangelhaftigkeit der seinen Tätigkeiten vorausgegangenen Vorarbeiten in Betracht kommen.

Sollte die Ursache des Durchdringens des Wassers in der Mangelhaftigkeit der vom Kläger ausgeführten Fliesenlegerarbeiten liegen, steht es bei einer solchen Vernachlässigung der Pflichten des Unternehmers dem Besteller frei, wenn ihm der Mangel bei der Übergabe bekannt ist, die Übernahme zu verweigern, oder, wenn, wie im gegebenen Falle, die Übernahme erfolgt ist, nur ein entsprechend gemindertes Entgelt zu entrichten (Adler - Höller in Klang[2] V S. 418).

Sollte die Ursache des Durchsickerns des Wassers in einer Mangelhaftigkeit der die Tätigkeiten des Klägers vorbereitenden Arbeiten liegen, wäre folgendes zu beachten: Wenn bei Ausführung von Arbeiten an demselben Werk mehrere Unternehmer beteiligt sind, wobei die Arbeiten des einen Unternehmers auf denen des anderen aufgebaut sein müssen, ergibt sich schon aus der Natur der Sache ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit. Dem Unternehmer obliegt es, keine Unterlassung zu begehen, durch die das Gelingen des Werkes in Frage gestellt werden könnte. Der in diesem Zusammenhange anzuwendende § 1168a ABGB. (SZ. XXXVI 41) verpflichtet den Unternehmer zur Wahrung des für ihn bei der bei ihm vorausgesetzten Fachkenntnis und bei sachgemäßer Behandlung und Ausführung der Arbeit erkennbaren Mangels (Klang a. a. O. S. 408). Ist der Mangel für den Unternehmer erkennbar, so ist es seine Pflicht, den Besteller zu warnen. Hat er dieser Verpflichtung entsprochen, behält er seinen Anspruch auf das Entgelt gemäß § 1168 ABGB., während er bei Unterlassung dieser Warnung die volle Gefahr und insbesondere die zur Unschädlichmachung des Mangels aufzuwendenden Kosten zu tragen hat (Klang a. a. O. S. 409). Allerdings ist der Unternehmer in der Regel nicht verpflichtet, im Rahmen der ihn nach § 1168a ABGB. treffenden Verpflichtung, besondere sonst nicht übliche Prüfungen und Untersuchungen anzustellen (Klang a. a. O. S. 408). Im vorliegenden Fall muß eher davon ausgegangen werden, daß der Kläger die Kontrolle der Vorarbeiten im Vertrag übernommen hat. In seiner Berufungsmitteilung gegen das erstgerichtliche Urteil, auf die er sich in der Revision bezieht, führte er selbst aus, sowohl er als auch zwei weitere Firmen hätten die Vorarbeiten zu überprüfen gehabt. Damit bestätigte er aber die Feststellung des Erstgerichtes über die in dieser Richtung zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung. Die Übernahme dieser Kontrollpflicht bedeutet nun, daß dem Unternehmer, der, wie ausgeführt, normalerweise zu besonderen Untersuchungen nicht verpflichtet ist, in diesem Falle eine eingehende Prüfung der geleisteten Vorarbeiten zuzumuten ist. Nur wenn der Mangel der Vorarbeiten von der Art war, daß er bei der beim Kläger vorauszusetzenden Fachkenntnis von diesem trotz gewissenhafter Kontrolle und eingehender Prüfung nicht erkennbar war, würde dies den Entgeltsanspruch des Klägers nicht berühren, dies selbst dann nicht, wenn der Kläger persönlich die Vorarbeiten nicht überprüft hätte.

Es bedarf daher der Feststellung der Ursache des Durchdringens des Wassers, in welcher Phase der den Tätigkeiten des Klägers vorausgegangenen Arbeiten der für das Durchdringen ursächliche Mangel unterlaufen ist, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen er für den Kläger erkennbar war und wie und mit welchem Kostenaufwand er allenfalls behebbar ist. Diese Prüfung kann aber nur durch einen Sachverständigen geschehen. Unerheblich ist es, daß der Kläger einen Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen im erstgerichtlichen Verfahren nicht stellte, da der Beklagte hinsichtlich des Mangels beweispflichtig ist und auch den Beweis durch Sachverständige angeboten hat, den das Erstgericht zunächst auch zuließ; überdies kann der Sachverständigenbeweis auch von Amts wegen durchgeführt werden (§§ 183, 363 (2 ZPO) .). Die Notwendigkeit einer solchen Beweisaufnahme aber ist gegeben.

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