OGH 15Os139/93

OGH15Os139/9326.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.August 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner und Dr.Kuch als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Weigl als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 12 Vr 896/93 anhängigen Strafsache gegen Walter L* wegen des Verbrechens des schweren räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 131 erster Fall StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Verurteilten gegen die Übernahme in Strafhaft nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00139.9300000.0826.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

 

Begründung:

 

Walter L* wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 3.Juni 1993, GZ 12 Vr 896/93‑35, wegen des Verbrechens des schweren räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 131 erster Fall StGB schuldig gesprochen und nach § 131 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten verurteilt; die bis zur Urteilsverkündung erlittene Vorhaft wurde auf die Freiheitsstrafe angerechnet. L* erbat sich nach der Urteilsverkündung zunächst Bedenkzeit; unmittelbar nach der Hauptverhandlung erschien jedoch sein Verteidiger und erklärte, nach Rücksprache mit dem Verurteilten und mit dessen Einverständnis auf Rechtsmittel gegen das Urteil zu verzichten (S 207, 275, 281 im Akt AZ 12 Vr 896/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz), worauf der Verurteilte sogleich in Strafhaft übernommen wurde (S 255).

Noch am selben Tag, aber auch in weiteren Eingaben beantragte der Verurteilte einen Strafaufschub. Dieser Antrag wurde mit dem Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 18.Juni 1993 abgewiesen (S 249 ff). Über die dagegen erhobene Beschwerde wurde ‑ nach einer fernmündlichen Erhebung des Obersten Gerichtshofes beim Oberlandesgericht Graz vom 25.August 1993 ‑ bis zu diesem Tag noch nicht entschieden.

Der Verurteilte hatte zwar in einer seiner Eingaben (S 237) selbst eingeräumt, daß er "seine Verurteilung angenommen" habe; in späteren Eingaben erklärte er jedoch, "Nichtigkeit einzureichen", wobei er in einer Vernehmung hiezu angab, das Rechtsmittel (der Nichtigkeitsbeschwerde) aufrecht zu erhalten (S 277).

 

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluß des Vorsitzenden des Schöffensenates vom 23.Juni 1993 wurde die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen (S 285). Der gegen diesen Zurückweisungsbeschluß erhobenen Beschwerde wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom heutigen Tag, GZ 15 Os 114/93‑6, nicht Folge gegeben.

Der Verurteilte hatte mittlerweile eine mit 20.Juli 1993 datierte, an das Bundesministerium für Justiz gerichtete und dort am 27.Juli 1993 eingelangte, nicht mit der Unterschrift des Verteidigers versehene (handschriftlich abgefaßte) Grundrechtsbeschwerde eingebracht, die dem Landesgericht für Strafsachen Graz übermittelt wurde. Dieses stellte sie mit Note vom 11.August 1993 dem Verurteilten "zur Verbesserung" (allerdings ohne Hinweis, worin diese Verbesserung bestehen solle) zurück, worauf sie der Verurteilte (ohne Unterschrift eines Verteidigers) dem Obersten Gerichtshof übermittelte, wo sie am 23.August 1993 einlangte.

Der Grundrechtsbeschwerde kann, soweit sie lesbar ist, entnommen werden, daß der Beschwerdeführe die Qualifikationen des Diebstahls nach § 128 Abs. 1 Z 4 und § 131 erster Fall StGB als zu Unrecht angenommen erachtet ‑ soweit sein Vorbringen die Tresoreigenschaft eines Behältnisses bezweifelt, geht es schon deshalb ins Leere, weil das Schöffengericht eine Qualifikation nach § 129 Z 2 StGB ausdrücklich verneinte ‑, die Übernahme in Strafhaft als unzulässig hält und seine "sofortige Enthaftung auf Gelöbnis" begehrt.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach Abgabe des Rechtsmittelverzichtes stand der Strafvollstreckung kein gesetzliches Hindernis entgegen, das Strafurteil war vielmehr ungesäumt in Vollzug zu setzen (§ 397 StPO); der bis dahin in Untersuchungshaft befindliche Verurteilte war somit sofort in den Strafvollzug zu übernehmen (§ 3 Abs. 4 StVG).

Die diesen Vorgang als unzulässig bezeichnende Grundrechtsbeschwerde richtet sich demnach der Sache nach gegen den Vollzug einer ‑ nach dem Gesagten prozeßordnungsgemäß ‑ verhängten Freiheitsstrafe. Gemäß § 1 Abs. 2 GRBG gilt der Anwendungsbereich dieses Gesetzes jedoch nicht für die Verhängung und den Vollzug von Freiheitsstrafen und vorbeugenden Maßnahmen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen.

Sollte die Beschwerde aber gegen die Anhaltung in Untersuchungshaft gerichtet sein, so wäre sie verspätet. Denn die Untersuchungshaft endete am 3.Juni 1993. Die Grundrechtsbeschwerde wurde erst am 20.Juli 1993 verfaßt, also weit nach Ablauf der im § 4 Abs. 1 GRBG bestimmten Frist von vierzehn Tagen; außerdem wurde sie beim Bundesministerium für Justiz, also keinem der im § 4 Abs. 1 GRBG bezeichneten Gerichte, eingebracht, sodaß überdies noch die Zeit des weiteren Postlaufes bis zum Einlangen beim Landesgericht für Strafsachen Graz hinzuzurechnen wäre.

Aus den angeführten Erwägungen war die Beschwerde daher in sinngemäßer Anwendung der sonst für den Obersten Gerichtshof geltenden strafprozessualen Vorschriften zurückzuweisen.

Ist eine Grundrechtsbeschwerde ‑ wie hier ‑ mangels Zulässigkeit und/oder wegen Verspätung zurückzuweisen, bedarf es keines Vorgehens nach § 3 Abs. 2 zweiter und dritter Satz GRBG, denn eine Verbesserung durch Beisetzung einer Verteidigerunterschrift und allenfalls eine Beigebung eines Verteidigers setzt voraus, daß eine zulässige, meritorisch zu behandelnde Grundrechtsbeschwerde eingebracht wird (15 Os 26/93, 14 Os 75/93 ua).

 

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