OGH 2Ob535/93

OGH2Ob535/9326.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dieter N*****, vertreten durch Dr.Karl Ludwig Vavrovsky und Dr.Ingrid Stöger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Ingeborg N*****, vertreten durch Dr.Gerald Jahn, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterfertigung eines Vertrages, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24.Feber 1993, GZ 1 R 241/92-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8.Juli 1992, GZ 3 Cg 279/91-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 19.339,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.223,20 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das auf einem Treuhandvertrag beruhende, gegen die Beklagte als Treuhänderin gerichtete, auf Unterfertigung eines Abtretungsvertrages bezüglich eines GesmbH-Geschäftsanteiles bestimmt angeführten Inhaltes in Notariatsform lautende Klagebegehren ab, weil die in der zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Treuhandvereinbarung enthaltene Verpflichtung zur Rückabtretung des Geschäftsanteiles zu ihrer Wirksamkeit sowohl gemäß § 76 Abs 2 GmbHG als auch gemäß § 1 Abs 1 lit b NZwG als "Schuldbekenntnis" eines Notariatsaktes bedurft hätte, dieses Formerfordernis hier jedoch nicht erfüllt sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab der vom Kläger dagegen erhobenen Berufung teilweise Folge und gab dem Klagebegehren - von einem Vertragspunkt, bezüglich welchem es das Klagebegehren abwies, abgesehen - statt, wobei es aussprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete es lediglich mit einem Hinweis auf "die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Rechtsfragen, denen eine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommen könne".

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz ihrem ganzen Inhalt nach richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten, die unzulässig ist.

Insoweit sich die Revision gegen den das Klagebegehren abweisenden Teil des berufungsgerichtlichen Urteiles wendet, fehlt der Beklagten die Beschwer. Im übrigen hängt die Zulässigkeit der Revision vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO ab. Bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht an den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Ist eine ordentliche Revision - so wie hier - wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und daher zurückzuweisen, so kann sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzer Satz ZPO).

Im vorliegenden Verfahren geht es allein um die Frage, ob das Formgebot des Notariatsaktes auch für die Verpflichtung des Treuhänders gilt, den treuhändig gehaltenen GmbH-Anteil nach Beendigung des Treuhandverhältnisses auf den Treugeber zu übertragen. Die Beklagte hat diese Formpflicht sowohl aus der Bestimmung des § 76 Abs 2 GmbHG als auch aus § 1 Abs 1 lit b NZwG abgeleitet.

In seiner Entscheidung vom 23.Juni 1988, 8 Ob 565/87, (SZ 61/153 = WBl 1988, 370) hat sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, ob die Verpflichtung des Treunehmers, den Geschäftsanteil einer GmbH nach Beendigung des Treuhandverhältnisses auf den Treugeber zu übertragen, eines Notariatsaktes bedarf, eingehend auseinandergesetzt. Er ist dabei nach Darstellung der bis dahin dazu ergangenen österreichischen und deutschen Rechtsprechung sowie der kontroversiellen österreichischen und der deutschen Lehre der neueren österreichischen Lehre (Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 643; Gellis-Feil, Kommentar zum GmbH-Gesetz2 403; Kastner, Die Treuhand im österreichischen Recht, JBl 1958, 110 f; insbes Lessiak, Formgebundenheit der Übertragung von GmbH-Anteilen im Treuhandverhältnis?, GesRZ 1988, 217 ff) gefolgt und zu dem Ergebnis gelangt, daß die Verpflichtung des Treuhänders, den Geschäftsanteil nach Beendigung der Treuhandschaft an den Treugeber zu übertragen, nicht dem Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG unterliegt. Dieser Rechtsansicht ist der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 7.2.1989, 2 Ob 597/88 (WBl 1989, 157) ebenso erfolgt wie der 6.Senat des Obersten Gerichtshofes (E vom 27.5.1992, 6 Ob 545/92, ecolex 1992, 853). Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung unter Hinweis auf weitere Lehrmeinungen (Kastner, FS Hämmerle 625; Kostner-Umfahrer GmbH4 Rz 738; P.Bydlinski, Veräußerung und Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen 57) auf diese Rechtsansicht gestützt. Es muß daher gesagt werden, daß das Berufungsgericht im Sinne einer seit etlichen Jahren gefestigten, mit der neueren Lehre übereinstimmenden Rechtsprechung entschieden hat. Damit kann die Zulässigkeit der Revision nur mit neuen bedeutsamen Argumenten begründet werden (EFSlg 49.383 ua). Dies ist hier aber nicht der Fall.

In der Revision versucht die Beklagte ihren Rechtsstandpunkt, die Formvorschrift des § 76 Abs 2 GmbHG müsse auch bei Treuhandverhältnissen für das daraus resultierende Verpflichtungsgeschäft gelten, aus der - ihrer Ansicht nach gebotenen - Notwendigkeit, Mißbräuche und Umtriebe zahlungsunwilliger Schuldner durch die mit einem Notariatsakt verbundene Publizität zu verhindern, abzuleiten. Sie meint nämlich, ein von Gläubigern bedrängter Gesellschafter, auf dessen Gesellschaftsanteil Exekution geführt wird, könne erklären, daß der von ihm gehaltene Geschäftsanteil in Wahrheit wirtschaftlich nicht ihm, sondern auf Grund eines mündlich abgeschlossenen Treuhandvertrages jemand anderem (vorwiegend nahen Angehörigen) zuzurechnen sei, und es dem Gläubiger bei einem Zusammenspiel mit dem Angehörigen regelmäßig unmöglich sein werde, die Unrichtigkeit einer solchen Behauptung nachzuweisen. Die Notariatsaktpflicht für das Verfügungsgeschäft allein trage daher dem Erfordernis der Publizität nicht hinlänglich Rechnung. Dem kann nicht gefolgt werden. Zum einen haftet der Treuhänder aus Verträgen mit Dritten diesen uneingeschränkt, und zwar mit seinem ganzen Vermögen (vgl Strasser in Rummel, ABGB2, Rz 42 zu § 1002), sodaß er sich selbst nicht auf seine Eigenschaft als Treuhänder berufen kann, zum andern müßte der Treugeber im Falle der Exekution auf das Treugut als Exszindierungskläger oder bei Insolvenz des Treuhänders als Aussonderungsgläubiger ohnehin jeglichen Verdacht ausräumen, daß das die Exszindierung oder Aussonderung stützende Treuhandverhältnis nachträglich zwecks Schädigung der Gläubiger des Treuhänders konstruiert worden sei (vgl Strasser, aaO, unter Hinweis auf die dazu ergangene Rechtsprechung). Die von der Revisionswerberin beispielsweise angeführte betrügerische Kollusion naher Angehöriger vermag somit die Annahme der Formbedürftigkeit der Aufhebung der Treuhandbindung eines GmbH-Anteiles nicht zu rechtfertigen. Der erkennende Senat sieht sich daher nicht veranlaßt, von der neueren nun schon gefestigten Rechtsprechung zu § 76 Abs 2 GmbHG abzugehen. Insoweit liegt somit keine die Zulässigkeit der Revision begründende erhebliche Rechtsfrage vor.

Zur Stützung ihrer Ansicht, die Notariatsaktpflicht ergäbe sich auch aus § 1 Abs 1 lit b NZwG, beruft sich die Revisionswerberin - ohne auf die konkreten Umstände des vorliegenden Falles einzugehen - auf die Gefahr vor nicht nachweisbaren Vermögensverschiebungen zwischen Ehegatten zum Nachteil Dritter, der durch die Notwendigkeit der Errichtung eines Notariatsaktes vorgebeugt werden sollte. Auch hier kann der Revisionswerberin nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht ist iS der Lehre und Rechtsprechung zutreffend davon ausgegangen, daß die Aufzählung der in § 1 Abs 1 NZwG genannten Verträge und Rechtshandlungen taxativ ist (vgl auch EFSlg 36.588), andere als in lit b leg cit aufgezählte Vertragstypen zwischen Ehegatten daher formfrei sind. Es hat sich auch bei der Annahme, die in dieser Bestimmung nicht erwähnten Treuhandverträge unterlägen nicht der Notariatsaktpflicht, im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gehalten (vgl JBl 1973, 208). Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung stellt auch kein Schuldbekenntnis dar (vgl 7 Ob 587/84). Im übrigen ist nach dem Willen des Gesetzgebers zugunsten der Formfreiheit zu entscheiden, wenn Zweifel bleiben, ob für den Abschluß eines Rechtsgeschäftes eine bestimmte Form einzuhalten ist (EvBl 1993/89). Da die Beklagte in ihrer Revision nicht darzulegen vermag, von welcher Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes das Berufungsgericht abgewichen wäre, oder inwieweit die höchstgerichtliche Rechtsprechung uneinheitlich sein sollte, zeigt sie auch in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Die Revision erweist sich daher als unzulässig, weshalb sie ungeachtet des Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, waren ihm die Kosten seiner Beteiligung am Revisionsverfahren zuzusprechen.

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