European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00587.840.0628.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts (einstweilige Verfügung) wiederhergestellt wird.
Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei hat seine Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen. Die klagende und gefährdende Partei hat ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen.
Begründung
Die Streitteile sind miteinander verheiratet, doch ist ein Ehescheidungsverfahren zwischen ihnen anhängig.
Die Klägerin und gefährdete Partei (kurz Antragstellerin) behauptet, sie habe zusammen mit dem Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (kurz Antragsgegner) ein Unternehmen in ***** aufgebaut und führte dieses Unternehmen zusammen mit ihm in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zum Gesellschaftsvermögen gehöre auch die Liegenschaft EZ 4409 Katastralgemeinde O*****. Der Antragsgegner verweigere jedoch in der letzten Zeit der Antragstellerin eine Einflussnahme auf das gemeinsame Unternehmen. Insbesondere beabsichtige er die Liegenschaft zu veräußern, weshalb die Gefahr bestehe, dass die Antragstellerin um den ihr zustehenden Anteil am Gesellschaftsvermögen gebracht werde. Die Streitteile hätten daher beim Anwalt der Antragstellerin eine Vereinbarung über die Regelung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen getroffen, wobei sich der Antragsgegner im Rahmen dieser Vereinbarung verpflichtet habe, der Antragstellerin 1.200.000 S als Abgeltung für sämtliche Ansprüche aus dem gemeinsamen Unternehmen zu zahlen. Die Streitteile würden sich gemeinsam bemühen, die Liegenschaft bestmöglich zu verkaufen, wobei der erwähnte Abgeltungsbetrag aus dem Verkaufserlös zu zahlen sei. Außerdem habe sich der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin an Kosten ihres Vertreters 120.000 S zu zahlen. Schließlich habe er sich verpflichtet, eine Schuld‑ und Pfandbestellungsurkunde über 1.320.000 S zugunsten der Klägerin betreffend die gemeinsame Liegenschaft zu errichten. Nunmehr weigere sich der Antragsgegner jedoch, seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung, die er nicht unterschreiben wolle, nachzukommen. Die Antragstellerin begehrt daher das Urteil, den Antragsgegner schuldig zu erkennen, in die Einverleibung eines Pfandrechts in der Höhe von 1.320.000 S sA ob der gemeinsamen Liegenschaft einzuwilligen.
Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 1983, (ON 9) stellte die Klägerin den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung dahin, dass dem Antragsgegner verboten werde, die Liegenschaft zu veräußern oder zu belasten.
Das Erstgericht hat das beantragte Belastungsverbot erlassen, das begehrte Veräußerungsverbot jedoch rechtskräftig abgewiesen. Es ging dabei von der Feststellung aus, dass zwischen den Streitteilen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffend das erwähnte Unternehmen geschlossen worden ist, und dass der Abschluss des oben erwähnten außergerichtlichen Vergleichs unabhängig von einer anschließend ins Auge gefassten Ehescheidung erfolgte. Der Antragsgegner weigert sich, den Verpflichtungen des Vergleichs zu entsprechen und beabsichtigt, die Liegenschaft ohne Rücksichtnahme auf die Forderung der Antragstellerin zu veräußern.
Rechtlich vertrat das Erstgericht den Standpunkt, der Anspruch sei derart hinreichend bescheinigt, dass die beantragte einstweilige Verfügung ohne Sicherheitsleistung erlassen werden könne. Die beabsichtigte Veräußerung ohne Bedachtnahme auf die Forderung der Antragstellerin habe der Antragsgegner selbst zugestanden, sodass auch eine Anspruchsgefährdung vorliege. Zur Anspruchssicherung genüge jedoch ein Belastungsverbot.
Das Rekursgericht, das ausgesprochen hat, dass der Wert des Streitgegenstands 300.000 S übersteigt, hat den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen. Es hat zwar die Gefahrenbescheinigung ebenfalls als erbracht erachtet, jedoch ausgeführt, bei der Vereinbarung handle es sich um ein Schuldbekenntnis zwischen Ehegatten, das nur in Form eines Notariatsakts rechtswirksam abgegeben werden könne. Da die Vereinbarung weder in der Form eines Notariatsakts noch eines gerichtlichen Vergleichs getroffen worden sei, entbehre sie der Rechtswirksamkeit, sodass der Anspruch nicht bescheinigt sei.
Der von der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobene Revisionsrekurs ist gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Auszugehen ist von dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, den auch das Rekursgericht übernommen hat. Nach diesem Sachverhalt ist die getroffene Vereinbarung nicht Teil einer ausschließlich auf die beabsichtigte Ehescheidung abgestellten Regelung, sondern stellt eine abgesonderte Auseinandersetzung betreffend die zwischen den Streitteilen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar. Dass das strittige Unternehmen in der Form einer solchen Gesellschaft geführt wurde, hat die Antragstellerin ausdrücklich behauptet. Auch die Vorinstanzen sind davon ausgegangen. § 1 Abs 1 lit b NotZwG macht zwar die Gültigkeit von Schuldbekenntnissen zwischen Ehegatten von der Errichtung eines Notariatsakts abhängig, doch gilt dies nur für Fälle, in denen das Grundgeschäft formbedürftig war und es sich um ein konstitutives Anerkenntnis handelt ( Rummel , Anm 9 zu Anh § 886). Verträge zwischen Ehegatten über eine Gesellschaft bürgerliches Rechts gehören nicht zu den in § 1 NotZwG aufgezählten Geschäften, weshalb sie auch formlos abgeschlossen werden können. Demnach bedarf auch die Auseinandersetzung im Zuge der Auflösung solcher Gesellschaften nicht eines Notariatsakts (EvBl 1963/243, EFSlg 33.723, JBl 1963, 264, JBl 1961, 281 ua). Daher war die Rechtswirksamkeit der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung nicht vom Abschluss eines Notariatsakts abhängig. Da die Antragstellerin diese Vereinbarung bescheinigt hat, ist davon auszugehen, dass sie tatsächlich den Anspruch auf Einräumung eines Pfandrechts ob der Liegenschaft zur Sicherung ihrer in der Vereinbarung festgehaltenen Forderung hat. Einer solchen Sicherung stünde aber eine Veräußerung der Liegenschaft vor Einräumung eines Pfandrechts an die Antragstellerin entgegen. Durch eine Veräußerung ohne Berücksichtigung der Forderung der Antragstellerin würde nämlich deren Forderung eine Beeinträchtigung erfahren. Die von der Antragstellerin angestrebte einstweilige Verfügung dient demnach der Sicherung des von ihr hinreichend bescheinigten Anspruchs. Mit Recht hat das Erstgericht bei dieser Sachlage von der Auferlegung einer Sicherheit Abstand genommen.
Dass die Gefährdung des behaupteten Anspruchs im Hinblick auf die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft ohne Bedachtnahme auf die Forderung der Antragstellerin gegeben ist, bestreitet der Antragsgegner gar nicht.
Sohin lagen die Voraussetzungen für die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung vor.
Die Entscheidung über die Kosten des Antragsgegners im Rechtsmittelverfahren gründet sich auf die §§ 402 und 78 EO, sowie 41 und 50 ZPO, während der Kostenvorbehalt bezüglich der Kosten der Antragstellerin in § 393 Abs 1 EO begründet ist.
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