Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es als Zwischen- und Teilurteil zu lauten hat:
Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung wegen Entziehung des Dienstwagens besteht dem Grunde nach zu Recht.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger den Betrag von S 110.000 brutto samt 4 % Zinsen aus S 35.000 seit 1.4.1990, aus S 15.000 seit 1.5.1990, aus S 15.000 seit 1.6.1990, aus S 15.000 seit 1.7.1990, aus S 15.000 seit 1.8.1990 und aus S 15.000 seit 1.9.1990 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Die Kostenentscheidung wird dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde von der beklagten Versicherungsanstalt mit Übereinkommen vom 22.12.1986 zum Leiter der Direktion für Industrie- und Großkundenbetreuung bestellt. Er erhielt für seine Tätigkeit ein Gehalt nach dem für Prokuristen geltenden Schema und für die Dauer seiner Tätigkeit als Leiter dieser Direktion ein Organisationspauschale von S 15.000 zwölf mal jährlich und einen Dienstkraftwagen mit dem Recht auf Privatbenützung.
Am 20.2.1990 wurde der Kläger von der Leitung der Direktion für Industrie- und Großkundenbetreuung enthoben und gleichzeitig vom Dienst freigestellt. Am 23.2.1990 kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis des Klägers zum 30.9.1990.
Der Kläger begehrt die Bezahlung des ihm seit Februar 1990 vorenthaltenen bzw rückverrechneten Organisationspauschales von S 110.000 sowie S 35.000 als Entschädigung für den ungerechtfertigten Entzug des Dienstwagens von März bis September 1990.
Er sei nur deshalb enthoben worden, weil der Nationalratsabgeordnete und Schwiegersohn des ehemaligen Bundespräsidenten Dr.Kurt Waldheim, Othmar Karas, mit der Leitung der Direktion betraut worden sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, daß die Enthebung deshalb erfolgt sei, weil der Kläger den Anforderungen nicht entsprochen und das ihm unterstellte Personal schlecht behandelt habe. Das Organisationspauschale sei vereinbarungsgemäß nur für die Ausübung der Funktion als Landesdirektor zu gewähren gewesen und stehe daher dem Kläger nach Dienstfreistellung nicht mehr zu.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge.
Beide Instanzen vertraten die Rechtsansicht, daß dem Kläger das Organisationspauschale nach dem klaren Wortlaut des § 5 Z 4 des Dienstvertrages (Beilage 3) nur für die Dauer seiner Tätigkeit als Leiter der Direktion für Industrie- und Großkundenbetreuung zugestanden sei. Eine sittenwidrige Einräumung der Leistungsbestimmung durch einen Vertragspartner liege nicht vor.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Er beantragt, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern.
Die Beklagte beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Nach dem Übereinkommen stand dem Kläger die Leitung der Direktion für Industrie- und Großkundenbetreuung der Beklagten zu. Er war verpflichtet, auf Anordnung des Verkaufsvorstandes anderen Landesdirektionen Akquisitionsunterstützung zu leisten. Diese Unterstützung wurde mit dem laut § 5 Punkt 4 des Übereinkommens für die Dauer der Funktion 12 mal jährlich zur Auszahlung gelangenden Organisationspauschale von S 15.000 abgegolten und begründete keinen Anspruch auf Produktionszurechnung. Außerdem stellte die Beklagte dem Kläger für die Dauer seiner Funktion einen Dienstkraftwagen zur Verfügung, den er auch privat benützen durfte.
Unter dem weit auszulegenden Begriff Entgelt sind Geld- und Sachleistungen jeder Art zu verstehen, die dem Arbeitnehmer für das Zurverfügungstellen seiner Arbeitskraft gewährt werden. Nicht nur das eigentliche Gehalt, sondern auch Leistungen zusätzlicher Art oder erfolgsorientierte Entgeltsarten kommen in Frage (Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz, AngG7 177 f, 221 mit Judikaturhinweisen; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 246; Tutschka, HdB des österreichischen Arbeitsrechtes4, 115; Arb 10.891).
Nicht zum Entgelt gehört die Aufwandsentschädigung, die bestimmte Aufwendungen abdecken soll. Auf die Bezeichnung selbst kommt es nicht an (Floretta-Strasser, Komm z ArbVG 576). Auch eine als Aufwandsentschädigung bezeichnete Leistung ist aber Entgelt, wenn sie tatsächlich keine Aufwandsfunktion erfüllt und kein anderer Rechtsgrund in Betracht kommt (Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz aaO 178, 221).
Erst in der Revisionsbeantwortung hat die Beklagte dieses Organisationspauschale als Aufwandsentschädigung qualifiziert. Welcher konkrete Aufwand damit abgedeckt werden sollte, wurde aber nie behauptet und ist auch im Verfahren nicht hervorgekommen. Daraus folgt, daß das Organisationspauschale, dessen Bezeichnung und gleichförmige regelmäßige Auszahlung nicht auf eine Aufwandsentschädigung schließen läßt, genauso als wie der Wert der Privatnutzung des Dienstkraftwagens (Tutschka aaO 115 Anm 1a), als Gehaltsbestandteil zu qualifizieren ist, zumal eine Naturalleistung nicht mehr in Frage kommt (vgl Arb 10.892).
Daß das Organisationspauschale und die Gestattung der privaten Benützung des Dienstkraftwagens an die Funktion des Leiters der Direktion für Industrie- und Großkundenbetreuung geknüpft wurde, bedeutet keine einseitige Ermächtigung des Dienstgebers, ohne Zustimmung des Dienstnehmers das für das Zuverfügungstellen der Arbeitskraft geleistete Entgelt zu kürzen (9 Ob A 54/89). Eine solche im Dienstvertrag eingeräumte Ermächtigung käme darauf hinaus, daß der Arbeitgeber ohne Einflußmöglichkeit des Arbeitnehmers durch Entziehen der Funktion auch das Arbeitsentgelt nach Belieben einseitig bestimmen könnte. Dies wäre sittenwidrig (Arb 9854). Es handelt sich dabei nicht um die überprüfbare Vereinbarung einer Leistung nach billigem Ermessen, sondern um die Einräumung eines beliebigen Ermessens bei der Gestaltung eines Hauptpunktes des Arbeitsvertrages, nämlich des Arbeitsentgelts. Eine solche Vereinbarung ist unzulässig (SZ 42/77).
Von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen, besteht kein Recht des Dienstnehmers auf Beschäftigung (Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz aaO 152; Arb 8116 [dazu kritisch Resch in DRdA 1991, 424 ff] ua), doch bleibt ihm bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses der auf das aufrechte Arbeitsverhältnis gestützte Anspruch auf Entgelt erhalten. Eine einseitige Herabminderung des Gehaltes wegen geringerer Leistungsfähigkeit, Schlechtleistung oder Nichtleistung oder einer einseitig angeordneten Dienstfreistellung oder einer Enthebung von der bisherigen Arbeitsleistung oder Funktion ist unzulässig. Ein bestimmter Arbeitserfolg wird nicht geschuldet (SZ 57/1; 9 Ob A 77/91; Tutschka aaO 119).
Nur im Wege einer Änderungskündigung oder einer Verschlechterungsvereinbarung wäre es möglich gewesen, eine Herabsetzung des Entgelts durch Kürzung um das Organisationspauschale bzw den Nutzungswert des Dienstkraftwagens bei aufrechtem Dienstverhältnis herbeizuführen (Martinek-Schwarz, Abfertigung, Auflösung des Arbeitsverhältnisses 79 f; Arb 10.913 ua).
Auf die von der Beklagten in der Revisionsbeantwortung behauptete Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung und Enthebung kommt es nicht an, weil sie die erforderliche Zustimmung des Arbeitnehmers zu der mit einer Verschlechterung seiner Entgeltbedingungen verbundenen Vertragsänderung nicht ersetzen konnte.
Der Kläger hat somit nach seinen bisherigen Entgeltvereinbarungen auch für die Kündigungsfrist bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses Anspruch auf das Organisationspauschale und den Nutzungswert der Privatnutzung des Dienstkraftwagens (Cerny aaO 421; RdW 1988, 459), da eine Naturalleistung nicht mehr in Frage kommt (vgl Arb 10.892). Die Beklagte bestritt den Anspruch des Klägers auf das Organisationspauschale und den Nutzungswert für das Kfz mit der Begründung, daß der Anspruch an die Dauer der Funktion als Leiter der Direktion für Industrie- und Großkundenbetreuung geknüpft war. Die Höhe des Organisationspauschales wurde mit S 15.000 monatlich festgestellt. Die Zahlung der eingeklagten Beträge ergab sich nicht. Dem Kläger steht daher der Betrag von S 110.000 brutto sA zu.
Der Revision ist daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil in ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruches und Teilurteil über das Organisationspauschale abzuändern. Infolge der Rechtsansicht der Vorinstanzen fehlen Feststellungen über die Höhe des Nutzungswertes des entzogenen Dienstwagens.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 2 und § 393 Abs 4 ZPO.
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