OGH 4Ob164/83

OGH4Ob164/8310.1.1984

SZ 57/1

Normen

ABGB §1151
ABGB §1165
ABGB §1151
ABGB §1165

 

Spruch:

Der Arbeitnehmer schuldet dem Arbeitgeber eine auf Zeit abgestellte Arbeitsleistung und nicht einen bestimmten Arbeitserfolg; er ist aber verpflichtet, seine geistigen und körperlichen Fähigkeiten aufzubieten und die Arbeit so zu leisten, wie er sie ohne Schädigung seiner Gesundheit auf die Dauer nach seinem individuellen Leistungsvermögen unter Bedachtnahme auf die betrieblichen Gegebenheiten oder den Ortsgebrauch erbringen kann

Eine einseitige "Dienstanweisung" des Arbeitgebers, mit der dem Arbeitnehmer im Widerspruch zum Arbeitsvertrag für die Zukunft ein täglich zu erbringender (Mindest-)Arbeitserfolg vorgeschrieben wird, ist rechtsunwirksam

OGH 10. 1. 1984, 4 Ob 164/83 (LG Salzburg 31 Cg 49/83; ArbG Salzburg Cr 131/83)

Text

Der Kläger ist zahntechnischer Angestellter der beklagten Sbg. Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte in der in B befindlichen Nebenstelle des Zahnambulatoriums Salzburg. Auf das Dienstverhältnis der Parteien findet die Dienstordnung für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DOA) Anwendung.

Die beklagte Partei hat unter der Nr. 23/80 eine undatierte Dienstanweisung für die in ihren Zahnambulatorien beschäftigten Zahntechniker im Jahr 1980 erlassen. Diese Dienstanweisung hat folgenden Wortlaut:

"Betrifft: Festsetzung der technischen Tagespflichtleistungen der Zahntechniker in den Zahnambulatorien.

Eine Umfrage bei den Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen hat ergeben, daß die technische Tagespflichtleistung der Zahntechniker bei 2.4 Einheiten liegt. Voll- und Teilprothesen werden hiebei als je eine Leistungseinheit, Reparaturen je nach Größe von 0.15 bis 0.6 Einheiten berechnet.

Die Tagesleistung von 2.4 Einheiten wurde in den Ambulatorien unserer Kasse von den Technikern zum Teil bereits wesentlich überschritten und es bestand daher kein Anlaß, das Leistungsminimum von 2.4 Tageseinheiten in einer separaten Dienstanweisung festzuhalten.

Es ist in letzter Zeit jedoch im Zusammenhang mit dem Leistungssoll zu Unstimmigkeiten gekommen und sind einzelne Techniker der Meinung, daß der bereits vor vielen Jahren festgehaltene Mindestleistungswert von 1.8 Einheiten pro Tag auch derzeit noch als Richtwert zu gelten habe.

Material und Technik ermöglichen jedoch jetzt eine raschere Anfertigung bzw. Reparatur von Zahnprothesen und dies muß natürlich auch in der Leistungsnorm ihren Niederschlag finden.

Die Sbg. Gebietskrankenkasse setzt daher die Tagespflichtleistung für Zahntechniker ab sofort ebenfalls mit 2.4 Einheiten fest, also mit einem Richtwert, der schon bisher von den meisten Technikern nicht nur erbracht, sondern sogar zum Teil überschritten wurde."

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger der beklagten Partei gegenüber die Feststellung der Nichtigkeit dieser Dienstanweisung im Rechtsverhältnis zwischen den beiden Prozeßparteien. Zur Begründung brachte der Kläger im wesentlichen vor, die verlangte Tagespflichtleistung sei aus verschiedenen näher angeführten Gründen nicht sachgerecht und werde nur von wenigen Angestellten erreicht. Die Zahntechniker der beklagten Partei, darunter auch der Kläger, hätten sich seit jeher grundsätzlich gegen derartige einseitige Festlegungen sowie gegen die Höhe der verlangten Pflichtleistungen gewendet. Die Anordnung einer solchen Leistung sei überdies rechtlich unzulässig. Gemäß § 9 Abs. 6 DOA müsse eine Arbeitszeiteinteilung und Verteilung der Arbeitszeit im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erfolgen. Ein solches Einvernehmen sei von der beklagten Partei nicht hergestellt worden. Das Angestelltengesetz sehe ebenfalls keine Bestimmung über einen von einem Angestellten zu erbringenden bestimmten Arbeitserfolg vor. Die Anordnung eines solchen Arbeitserfolges widerspreche dem Wesen des Arbeitsvertrages und verstoße gegen die guten Sitten sowie gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Vor allem aber sei die in dieser Dienstanweisung zu erblickende Anordnung eines leistungsbezogenen Entgelts gemäß § 96 Abs. 1 Z 4 ArbVG von der Zustimmung des Betriebsrates abhängig. Der Betriebsrat habe jedoch nicht zugestimmt, sondern habe sich gegen diese Anordnung ausgesprochen. Die Dienstanweisung sei daher rechtswidrig und somit nichtig. Da eine Nichtbefolgung der Dienstanweisung die Gefahr disziplinärer Maßnahmen hervorrufen könnte, liege ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit dieser Anordnung vor. Diese widerspreche auch dem § 96 Abs. 1 Z 3 ArbVG, weil mit ihr eine die Menschenwürde berührende Kontrollmaßnahme eingeführt worden sei.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Die mit der erwähnten Dienstanweisung festgesetzte technische Tagespflichtleistung der Zahntechniker könne "ohne außergewöhnliche Anstrengung" erreicht werden, wie die Tagesleistungen der Zahntechniker der beklagten Partei und der Zahntechniker anderer Krankenversicherungsträger zeigten. Der Angestelltenbetriebsrat habe erstmals im Jahr 1980 Einspruch gegen die Festlegung von 2.4 Einheiten als Tagespflichtleistung erhoben. Der Kläger sei gemäß § 8 DOA verpflichtet, sich an die gegenständliche Dienstanweisung zu halten. In dieser Bestimmung sei das Weisungsrecht der beklagten Partei verankert. Gemäß § 6 AngG müsse der Angestellte die den Umständen nach angemessenen Dienste leisten. Der Arbeitgeber sei berechtigt, vom Arbeitnehmer einen bestimmten oder bestimmbaren Arbeitserfolg zu verlangen; der Arbeitnehmer sei verpflichtet, ein bestimmtes Ausmaß an Diensten zu leisten. Die von den Zahntechnikern verlangte Tagespflichtleistung sei angemessen und entspreche, wie Vergleiche mit anderen Zahnambulatorien zeigten, dem Ortsgebrauch. Die beklagte Partei verlange nichts Unmögliches, sondern habe ein erbringbares Tagespensum festgelegt. Sie habe für den Fall der Nichterbringung der festgesetzten Tagespflichtleistungen disziplinäre Maßnahmen weder angedroht noch eingeleitet. Der Kläger sei der einzige Zahntechniker, der sich durch die Festsetzung dieser Einheiten beschwert erachte; es sei offenkundig, daß dies auf mangelnden Arbeitswillen des Klägers zurückzuführen sei. Da der Kläger sein Arbeitsentgelt ohne Rücksicht auf den Arbeitserfolg erhalte, liege ein leistungsbezogenes Entgelt iS des § 96 Abs. 1 Z 4 ArbVG nicht vor. Mit der gegenständlichen Dienstanweisung sei aber auch keine Kontrollmaßnahme iS des § 96 Abs. 1 Z 3 ArbVG eingeführt worden, sodaß auch unter diesem Gesichtspunkt ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht gegeben sei.

Das Erstgericht entschied iS des Klagebegehrens. Es ging von folgenden für das Revisionsverfahren wesentlichen Feststellungen aus: Die in der Dienstanweisung Nr. 23/80 festgesetzte technische Tagespflichtleistung bezieht sich auf ein näher festgestelltes Leistungsschema, das im einzelnen die Einheiten oder Einheitsbruchteile für die Arbeiten der Zahntechniker enthält. Zumindest seit dem Jahr 1968 bestand bei der beklagten Partei für die Zahntechniker des Zahnambulatoriums eine Tagespflichtleistung von 1.8 Einheiten. Die Dienstanweisung Nr. 23/80 wurde ohne Beiziehung oder Zustimmung des Betriebsrates erlassen; dieser hat sich vielmehr öfters schriftlich gegen die in dieser Dienstanweisung erfolgte Festlegung der Tagespflichtleistung gewandt. Zwischen der Leitung des Zahnambulatoriums und den Zahntechnikern ist es im Zusammenhang mit der gegenständlichen Dienstanweisung zu Unstimmigkeiten gekommen, weil die Normerhöhung als ungerecht empfunden wurde. Mit Schreiben vom 27. 3. 1981 beantragte der Leiter des Zahnambulatoriums, denjenigen Zahntechnikern eine außerordentliche Vorrückung zu gewähren, die das seit 1. 11. 1980 geltende Leistungssoll erfüllen. Dieser Antrag wurde vom Personalausschuß der beklagten Partei mit Stimmenmehrheit abgelehnt. Nach der für den Zeitraum November 1976 bis Juni 1979 von der beklagten Partei vorgenommenen Dienstbeschreibung des am 7. 2. 1972 in die Dienste der beklagten Partei eingetretenen, mit "sehr gut" beurteilten Kläger erledigt dieser seine Arbeiten äußerst gewissenhaft und pünktlich; Funktion und Ausarbeitung der Arbeiten liegen weit über dem Durchschnitt. Mit Schreiben vom 12. 10. 1982 haben - vermutlich - alle Zahntechniker der beklagten Partei darauf hingewiesen, daß die Erhöhung der Tagesleistung von 1.8 auf 2.4 Einheiten ohne Zustimmung des Betriebsrates erfolgt sei. Die Zahntechniker beantragten, die einseitige und nach ihrer Auffassung rechtswidrige Dienstanweisung außer Kraft zu setzen. Um einem vermeintlichen Dienstvergehen vorzubeugen, werde die verlangte Tagesleistung unter Protest erbracht werden. Im Interesse der Aufrechterhaltung des zahntechnischen Dienstes seien sie bereit, eine erhöhte Tagesleistung zu erbringen, wenn die Mehrleistung entsprechend finanziell abgegolten werde.

Das Erstgericht hat ferner die Überschreitungen der Tagespflichtleistung von 1.8 bzw. von 2.4 Einheiten hinsichtlich der einzelnen Zahntechniker sowie die bei anderen Zahnambulatorien üblichen Pflichtleistungen näher festgestellt. Während im Jahr 1981 die Tagespflichtleistung von 2.4 Einheiten von elf Zahntechnikern überschritten und nur vom Kläger und einem zweiten Zahntechniker unterschritten wurde, sind im Jahr 1982 die 2.4 Einheiten nur von acht Zahntechnikern (von sechs davon nur ganz geringfügig) übertroffen, von einem Zahntechniker gerade noch erfüllt und von vier Zahntechnikern unterschritten worden. Repressalien gegen Zahntechniker, welche die Norm nicht erfüllt haben, sind dem Angestelltenbetriebsrat nicht bekannt. Solche Zahntechniker werden aber regelmäßig auf die Nichterfüllung hingewiesen und über den Grund der Nichterfüllung befragt. Die beklagte Partei führt über die erbrachten Leistungen der Zahntechniker Aufzeichnungen. Ein Fall, in dem das Nichterreichen der Norm nicht gerechtfertigt worden wäre, ist bisher noch nicht eingetreten. Nach Meinung des Chefarztes des Zahnambulatoriums haben Änderungen der Technik und des Materials zu einer Entlastung der Zahntechniker geführt. Die Art des Patienten und die Tätigkeit des Zahnbehandlers kann sich auf den Zeitaufwand des Technikers bei der Herstellung einer Prothese auswirken. Für Korrekturen an Prothesen werden dem Zahntechniker keine Einheiten angerechnet. Der zeitliche Aufwand für die Herstellung einer Prothese ist unterschiedlich. Die angeordneten Tagespflichtleistungen sind nach Meinung des Leiters des Zahnambulatoriums ein Mindesterfordernis.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht zunächst das Feststellungsinteresse des Klägers, weil diesem eine Nichtbefolgung der Dienstanweisung zum Nachteil gereichen könnte. Die beklagte Partei erblicke in der Dienstanweisung nicht bloß eine interne Richtlinie, sodaß mit der Anordnung rechtliche Konsequenzen grundsätzlich verbunden seien, gleichgültig ob sie von der beklagten Partei bisher gezogen worden seien oder nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers liege ein leistungsbezogenes Entgelt iS des § 96 Abs. 1 Z 4 ArbVG nicht vor, sodaß eine Zustimmung des Betriebsrates zu der Dienstanweisung nicht erforderlich sei; der Kläger erhalte nämlich sein Arbeitsentgelt ohne Rücksicht auf seinen Arbeitserfolg. Mit der gegenständlichen Dienstanweisung sei auch keine Kontrollmaßnahme iS des § 96 Abs. 1 Z 3 ArbVG angeordnet worden, sodaß auch insoweit eine zustimmungspflichtige Maßnahme nicht gegeben sei. Die Anordnung eines bestimmten Arbeitserfolges widerspreche jedoch dem Wesen eines Arbeitsvertrages. Der Arbeitnehmer schulde keinen Erfolg seiner Arbeit, sondern nur die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft und ein gewisses Bemühen. Die beklagte Partei fordere jedoch vom Kläger darüber hinaus die Erbringung eines konkreten objektiven Erfolges und nicht etwa nur ein subjektives Bemühen des Arbeitnehmers oder einen ihre Leistungserwartung zum Ausdruck bringenden unverbindlichen Leistungsrichtwert. Der Arbeitgeber könne den Arbeitnehmer durch eine Weisung nur in den Grenzen des Arbeitsvertrages und im Rahmen der Verpflichtung des Arbeitnehmers, seine Arbeitskraft für die vertraglich bedungene Arbeitszeit dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen, zu einem subjektiven Bemühen auffordern. Da der Arbeitnehmer einen bestimmten Arbeitserfolg nicht schulde, sei die gegenständliche Dienstanweisung, mit der eine konkrete Leistung abverlangt werde, unzulässig. Diese Anordnung widerspreche auch der Verpflichtung des Arbeitnehmers, angemessene, durch den Ortsgebrauch bestimmte Dienste zu leisten. Die beklagte Partei habe zwar behauptet, infolge der Entwicklung der Technik und des Materials sei eine raschere Anfertigung und Reparatur von Zahnprothesen möglich geworden; sie habe jedoch ein konkretes Vorbringen dazu nicht erstattet. Hiebei müsse beachtet werden, daß in dieser Zeit die Normalarbeitszeit wesentlich reduziert worden sei, sodaß ein gewisser Ausgleich auch im Falle einer Erleichterung der Arbeitsbedingungen eingetreten sein könne. Während des Arbeitsverhältnisses könnten aus dem Begriff der Angemessenheit der zu erbringenden Leistung auch bei einer Änderung der Arbeitsbedingungen neue Rechtspflichten des Arbeitnehmers nicht abgeleitet werden, soweit nicht die Treuepflicht des Arbeitnehmers ausnahmsweise eine Mehrleistung oder eine andere Leistung verlange.

Im Berufungsverfahren hat die beklagte Partei ergänzend vorgebracht, eine raschere Arbeit sei durch das sogenannte Ausbrühgerät sowie durch die Verwendung von Optosil und von selbstpolymerisierendem Kunststoff möglich geworden.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 30 000 S übersteige. Es führte das Verfahren gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht nicht die Auffassung des Erstgerichtes, der Arbeitnehmer schulde keinen bestimmten Arbeitserfolg; der Arbeitgeber sei vielmehr berechtigt, das Arbeitstempo durch Weisungen zu beeinflussen. Ob allerdings die gegenständliche Erhöhung der Pflichtleistung deshalb rechtswidrig sei, weil sie durch die von der beklagten Partei behauptete technische Entwicklung nicht gerechtfertigt werde, könne dahingestellt bleiben. Der gegenständlichen Dienstanweisung liege nämlich eine Arbeitsplatzbewertung zugrunde. Die beklagte Partei habe die Relation zwischen Entgelt und Arbeitsleistung dadurch zu Lasten des Klägers verändert, daß sie für das gleiche Entgelt eine höhere Leistung verlange. Sie habe dadurch ein leistungsbezogenes Entgelt im weiteren Sinn eingeführt. Eine solche Maßnahme falle aber unter § 96 Abs. 1 Z 4 ArbVG und bedürfe zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrates. Hätte die beklagte Partei für die geforderte Mehrleistung eine Prämie zugesagt, dann läge auf jeden Fall eine zustimmungsbedürftige Maßnahme iS der zitierten Gesetzesstelle vor. Diese Zustimmungsbedürftigkeit sei umso mehr gerechtfertigt, wenn die Mindestdienstleistung ohne Zusage einer Prämie erhöht werde, weil auf diese Weise noch tiefer in die Interessen der Belegschaft eingegriffen werde. Ob sich diese Maßnahme auf die Entgelthöhe auswirke, sei für die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit belanglos. Da die somit erforderliche Zustimmung des Betriebsrates fehle, sei die Dienstanweisung unwirksam und mithin nichtig.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge; er bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes mit der Maßgabe, daß der die Feststellung betreffende Teil des Ersturteils zu lauten habe:

"Es wird festgestellt, daß die klagende Partei nicht verpflichtet ist, die in der von der beklagten Partei erlassenen Dienstanweisung Nr. 23/80 für Zahntechniker festgesetzte Tagespflichtleistung von

2.4 Einheiten zu erbringen."

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Da die Frage des Feststellungsinteresses in der Revision nicht in Zweifel gezogen wird, kann auf die diesbezüglich zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

Die vom Berufungsgericht bejahte Frage der in der gegenständlichen Dienstanweisung vorgenommenen Regelung eines leistungsbezogenen Entgelts iS des § 96 Abs. 1 Z 4 ArbVG kann aus den noch darzulegenden Gründen hier auf sich beruhen; der Auffassung des Klägers, die beklagte Partei sei schon auf Grund des Dienstvertrages nicht berechtigt, eine tägliche Pflichtleistung von 2.4 Einheiten von ihm zu verlangen, ist nämlich zuzustimmen. Hiebei ist davon auszugehen, daß die beklagte Partei nicht etwa nur einen unverbindlichen Richtwert für eine von ihr als angemessen betrachtete tägliche Arbeitsleistung festgelegt hat. Die beklagte Partei hat vielmehr, wie sich schon aus dem Wortlaut der gegenständlichen Dienstanweisung, vor allem aber aus ihrem Parteivorbringen, ergibt, eine Tagespflichtleistung festgesetzt, die sie als Minimum des von den Zahntechnikern und damit auch vom Kläger geschuldeten Arbeitserfolges betrachtet. Sie hat dazu vorgebracht, der Kläger sei gemäß § 8 DOA verpflichtet, diese Dienstanweisung zu beachten; sie sei berechtigt, einen bestimmten oder bestimmbaren Arbeitserfolg zu verlangen, und der Arbeitnehmer sei verpflichtet, ein bestimmtes Ausmaß an Diensten zu leisten; die verlangte Tagespflichtleistung sei angemessen, entspreche dem Ortsgebrauch und sei ein von ihr festgelegtes "erbringbares Tagespensum". Es ist daher davon auszugehen, daß die beklagte Partei die Zahntechniker und damit auch den Kläger generell verpflichten wollte, eine bestimmte Mindesttagespflichtleistung zu erbringen, wobei für das gegenständliche Verfahren dahingestellt bleiben kann, ob es sich hiebei nur um eine während eines längeren Zeitraumes zu erbringende Durchschnittsleistung (diesbezüglich hat die beklagte Partei allerdings nichts vorgebracht) handelt.

Für die Beurteilung der Frage nach dem Umfang der Arbeitspflicht eines Arbeitnehmers ist - wie sich aus § 6 AngG ergibt - primär der Arbeitsvertrag, subsidiär der Ortsgebrauch maßgebend; in Ermangelung eines solchen sind angemessene Dienste zu leisten. Da im gegenständlichen Fall eine Regelung dieser Frage im Arbeitsvertrag weder behauptet noch festgestellt wurde, ist zu prüfen, ob in der auf das Arbeitsverhältnis der Prozeßparteien anzuwendenden DOA eine entsprechende Regelung enthalten ist. Gemäß § 8 Abs. 1 DOA ist der Angestellte verpflichtet, die Interessen und das Ansehen des Versicherungsträgers in jeder Hinsicht zu wahren und zu fördern, seinen Dienst gewissenhaft und pünktlich zu versehen sowie den dienstlichen Weisungen seiner Vorgesetzten nachzukommen. Der Angestellte ist daher auch nach der DOA nicht etwa zur Erbringung eines konkreten Arbeitserfolges, sondern zur gewissenhaften und pünktlichen Dienstverrichtung verpflichtet. Nach den auf der Dienstbeschreibung des Klägers beruhenden Feststellungen kommt der Kläger dieser Verpflichtung nach, weil er seine Arbeiten äußerst gewissenhaft und pünktlich verrichtet sowie Funktion und Ausübung seiner Arbeiten weit über dem Durchschnitt liegen. Die beklagte Partei hat zwar vorgebracht, der Kläger erfülle die ihm mit der Dienstanweisung abverlangte Pflichtleistung infolge mangelnden Arbeitswillens nicht; eine solche - mit der Dienstbeschreibung in Widerspruch stehende - Feststellung wurde aber nicht getroffen. Hingegen wurde ausdrücklich festgestellt, daß jeder Zahntechniker der beklagten Partei, der die tägliche Pflichtleistung nicht erfüllt, über die hiefür maßgebenden Gründe befragt wird, daß aber bisher ein Fall, in dem das Nichterreichen der Norm (vom betreffenden Zahntechniker) nicht gerechtfertigt worden wäre, noch nicht eingetreten ist. Daraus folgt, daß der Kläger jedenfalls aus nicht ungerechtfertigten Gründen hinter der täglichen Pflichtleistung von 2.4 Einheiten zurückgeblieben ist und daß er nicht etwa die Arbeitsleistung bewußt zurückgehalten hat. Daraus folgt weiters, daß es jedenfalls Gründe gibt, die ein Nichterreichen der von der beklagten Partei den Zahntechnikern vorgeschriebenen Norm durchaus rechtfertigen.

Damit ist aber für die Beurteilung der Frage, ob die beklagte Partei berechtigt war, den Umfang der von den Zahntechnikern und damit auch vom Kläger zu erbringenden täglichen Mindestpflichtleistung generell festzusetzen, noch nichts Entscheidendes gewonnen. Prüft man ganz allgemein die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber berechtigt ist, den Umfang der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistungen (Arbeitserfolge) mangels vertraglicher Vereinbarung durch Weisung, also einseitig, festzusetzen, dann muß vom Wesen des Arbeitsvertrages ausgegangen werden. Ein wesentliches Merkmal des Arbeitsvertrages ist die persönliche Erbringung der Arbeitsleistung auf die Dauer eines gewissen Zeitraumes durch den Arbeitnehmer. Während für den Arbeitsvertrag die Verfügung des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ohne daß die Tätigkeit des Arbeitnehmers durch einen bestimmten Arbeitserfolg charakterisiert wäre, wesentlich ist, kommt es bei dem davon zu unterscheidenden Werkvertrag auf das Ergebnis der Arbeitsleistung als eine in sich geschlossene Einheit an. Entscheidend ist, ob nach dem Parteiwillen die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft erreicht und entlohnt werden soll oder ob die Herstellung eines bestimmten Arbeitserfolges Ziel des Vertrages auf Grund der Entgeltzahlung ist (Arb. 9489 mit weiteren Hinweisen; RdA 1982, 207 ua.).

Der Arbeitnehmer schuldet sohin eine auf Zeit abgestellte Arbeitsleistung, nicht aber einen bestimmten Erfolg seiner Arbeitsleistung (Firlei, RdA 1979, 227, veröffentlicht auch in Strasser, Fälle und Lösungen zum Arbeitsrecht 19 ff.). Der Umfang seiner Leistungspflicht bestimmt sich nicht nach einem vorgegebenen quantitativen "Soll"; die Zeit und nicht die Menge ist das Maß der vom Arbeitnehmer geschuldeten Leistung. Der vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer geschuldete Zeitlohn steht daher mit der Arbeitszeit und nicht mit dem Quantum der konkreten Arbeitsverrichtungen in einem synallagmatischen Zusammenhang (Söllner, Der Umfang der Arbeitspflicht beim Zeitlohn, in Tomandl, Entgeltprobleme aus arbeitsrechtlicher Sicht, 93 ff.).

Diese Grundsätze bedeuten aber nicht etwa, daß zwischen der vom Arbeitnehmer zeitmäßig geschuldeten Arbeitsleitung und dem Arbeitserfolg nicht grundsätzlich ein Zusammenhang bestunde. Die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung wird nicht ausschließlich durch das Zeitmaß bestimmt; der Arbeitnehmer ist vielmehr verpflichtet, seine geistigen und körperlichen Fähigkeiten aufzubieten und die Arbeit so zu leisten, wie er sie ohne Schädigung seiner Gesundheit auf die Dauer nach seinem individuellen Leistungsvermögen unter Bedachtnahme auf die betrieblichen Gegebenheiten (Ortsgebrauch) erbringen kann (vgl. Söllner aaO 98 f.). Da der Arbeitnehmer seine Dienste "in Person" zu leisten hat, muß der Maßstab für den Umfang seiner Arbeitspflicht individuell bestimmt, dh. auf die Person des einzelnen Arbeitnehmers bezogen werden (Söllner aaO 97). Der Arbeitnehmer schuldet dem Arbeitgeber somit grundsätzlich kein von dem oben erwähnten Leistungsvermögen unabhängiges, bestimmtes Minimum an Arbeit. Die vorerwähnte Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers und die betrieblichen Gegebenheiten (zB Arbeitsbedingungen, Arbeitsmethoden, Arbeitsmaterial, Abhängigkeit von der von Arbeitskollegen verrichteten Arbeit, Umstände in der Person dritter Personen, wie etwa Kunden oder Patienten; Arbeitsanfall, Nichtberücksichtigung bestimmter Arbeiten bei der Bemessung der zu erbringenden Leistungen wie etwa im gegenständlichen Fall die Nichtberücksichtigung von Korrekturarbeiten an Prothesen im Einheitenschema usw.) können sich während des Arbeitsverhältnisses verbessern oder verschlechtern und sich damit sowohl auf den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung als auch auf den Arbeitserfolg erheblich auswirken.

Mit der gegenständlichen Dienstanweisung schreibt die beklagte Partei den bei ihr angestellten Zahntechnikern und damit auch dem Kläger ein täglich zu erbringendes Minimum an - in Einheiten zu bemessendem - Arbeitserfolg generell vor. Wie bereits erwähnt, handelt es sich hiebei nicht bloß um eine in Schriftform zum Ausdruck gebrachte subjektive Erwartung der beklagten Partei über den zu erbringenden Arbeitserfolg in Form unverbindlicher, von den Angestellten nur nach Möglichkeit zu erfüllender Richtwerte; die beklagte Partei vertritt vielmehr die Auffassung, die Zahntechniker schuldeten ihr diesen Arbeitserfolg auf der Grundlage dieser Weisung. Prozeßentscheidend ist daher nicht eine im nachhinein (etwa im Zusammenhang mit einer Entlassung oder Kündigung) zu beantwortende Frage, ob der Kläger seine Vertragspflicht zur Leistung angemessener Dienste (in der Vergangenheit) erfüllt hat, sondern die Frage, ob der Kläger (so wie die anderen angestellten Zahntechniker der beklagten Partei) für die Zukunft arbeitsvertraglich verpflichtet ist, diesen Mindestarbeitserfolg als geschuldete Leistung zu erbringen. Einer solchen, von der beklagten Partei vertretenen Annahme stehen aber die oben dargelegten, aus dem Wesen des Arbeitsvertrages, aus der DOA und dem Angestelltengesetz abgeleiteten Grundsätze entgegen, wonach der Arbeitnehmer eine auf Zeit abgestellte, seinem individuellen Leistungsvermögen und den betrieblichen Gegebenheiten (Ortsgebrauch) angemessene Arbeitsleistung, nicht aber einen bestimmten Arbeitserfolg schuldet. Daß der den Zahntechnikern generell und ohne Bedachtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit abverlangten, in Einheiten bemessenen Pflichtleistung eine solche angemessene Arbeitsleistung (also ohne Rücksicht auf den in Einheiten ausgedrückten Arbeitserfolg) zugrunde läge, hat die beklagte Partei in dieser Form nicht einmal behauptet. Einer solchen Annahme stunde im übrigen die Feststellung über die äußerst gewissenhafte, pünktliche und weit über dem Durchschnitt liegende Arbeitsweise des Klägers sowie die weitere Feststellung entgegen, daß ein Zurückbleiben hinter der Norm bisher nie ungerechtfertigt gewesen war. Diese persönliche, mehr der Genauigkeit als dem Arbeitstempo verhaftete Arbeitsweise des Klägers bildet daher einen sehr wesentlichen Teil seines individuellen Leistungsvermögens, auf das die gegenständliche Dienstanweisung, wie ihr Wortlaut einerseits sowie das - nicht ungerechtfertigte - Zurückbleiben des Klägers hinter der Norm andererseits zeigen, nicht Bedacht nimmt. Da auch drei weitere angestellte Zahntechniker die tägliche Pflichtleistung von 2.4 Einheiten im Jahr 1982 - ebenfalls aus nicht ungerechtfertigten Gründen - nicht erreicht haben, zeigt sich mit aller Deutlichkeit, daß die Dienstanweisung mit dem oben erläuterten Wesen des Arbeitsvertrages sowie mit den Bestimmungen des § 6 AngG und des § 8 Abs. 1 DOA bezüglich des Umfanges der geschuldeten Arbeitsleistung im Widerspruch steht. In der Dienstanweisung ist vielmehr ein Versuch der beklagten Partei zu erblicken, den Arbeitsvertrag einseitig und im Widerspruch zu diesen Bestimmungen zum Nachteil der betreffenden Arbeitnehmer abzuändern. Daß ein Teil der Zahntechniker die tägliche Pflichtleistung (wenn auch meistens nur sehr geringfügig) überschreitet und ähnliche Tagesleistungen auch in Ambulatorien anderer Krankenversicherungsträger verlangt oder auch erbracht werden, ist somit nicht entscheidungsrelevant. Das gleiche gilt für den von der beklagten Partei behaupteten Umstand, die Erhöhung der Pflichtleistung von 1.8 auf 2.4 Einheiten sei durch den technischen Fortschritt gerechtfertigt. Abgesehen davon, daß hiebei auch die im selben Zeitraum erfolgte Reduzierung der Normalarbeitszeit berücksichtigt werden müßte, vermag auch ein solcher Umstand an der aus den dargelegten Erwägungen grundsätzlich fehlenden Berechtigung der beklagten Partei, einseitig einen konkreten Arbeitserfolg ohne Bedachtnahme auf das individuelle Leistungsvermögen der Arbeitnehmer generell zu verlangen, nichts zu ändern. Die gegenständliche Dienstanweisung ist daher für den Kläger nicht rechtsverbindlich.

Der oben erwähnte, nach dem einseitigen Willen der beklagten Partei vertragsändernde und mit dem Wesen eines Arbeitsvertrages im Widerspruch stehende Charakter der Dienstanweisung schließt die Annahme, in der Dienstanweisung sei eine dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterliegende Maßnahme iS der § 96 Abs. 1 Z 3 oder 4 § 100 ArbVG enthalten, von vornherein aus. Mit einer etwaigen Zustimmung des Betriebsrates griffe dieser nämlich in die Vertragsautonomie der Parteien des Arbeitsvertrages ein und würde den Vertragswillen des einzelnen Arbeitnehmers (Konsens) ersetzen. Dies widerspräche aber der Absicht des Gesetzgebers, wie auch der Fall einer vertragsändernden Versetzung eines Arbeitnehmers zeigt. Auch in einem solchen Fall kann die fehlende Zustimmung des Arbeitnehmers durch eine Zustimmung des Betriebsrates im Sinne des § 101 ArbVG nicht ersetzt werden (Strasser, ArbVG-Handkommentar 532, 592). Die mangelnde Rechtswirksamkeit der gegenständlichen Dienstanweisung ergibt sich somit aus vertragsrechtlichen, nicht aber aus den hier nicht wirksam werdenden arbeitsverfassungsrechtlichen Gründen.

Da gemäß § 228 ZPO nur auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes, nicht aber einer Rechtshandlung (hier: Dienstanweisung) geklagt werden kann, ist das angefochtene Urteil mit der Maßgabe zu bestätigen, daß festgestellt wird, der Kläger sei nicht verpflichtet, die in der Dienstanweisung festgesetzte Tagespflichtleistung von 2.4 Einheiten zu erbringen.

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