OGH 2Ob570/92

OGH2Ob570/929.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Schinko als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Stefanie T*****, geboren am *****, vertreten durch die Mutter Elisabeth T*****, diese vertreten durch Dr.Andrea Haniger, Rechtsanwältin in Innsbruck, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr.Robert G*****, vertreten durch Dr.Martin Schatz, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 14.Februar 1992, GZ 3 b R 20/92-59, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 30.Dezember 1991, GZ 29 P 46/91-54, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in Ansehung des Unterhaltsbegehrens für die Zeit vom 15.4.1988 bis 31.5.1990 und des Begehrens auf Zuspruch von 4 % Zinsen aus dem gesamten rückständigen Unterhaltsbetrag seit 15.3.1991 aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die am 11.9.1983 geborene mj. Stefanie T***** ist ein außereheliches Kind der Elisabeth T***** und des Dr.Robert G*****. Am 10.10.1983 hatte zunächst der damalige Lebensgefährte der Elisabeth T*****, Reinhard G*****, die Vaterschaft zu dem Kind anerkannt und sich gleichzeitig zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 980 S verpflichtet. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 30.7.1990 wurde Reinhard G***** von seiner Unterhaltsverpflichtung der Minderjährigen gegenüber mit Ablauf des Monates Mai 1990 enthoben. In der Folge wurde die Rechtsunwirksamkeit des von Reinhard G***** abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses festgestellt (Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 17.12.1990).

Am 8.3.1991 brachte die Minderjährige - damals noch vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Sozialreferat-Jugendwohlfahrt - gegen Dr.Robert G***** eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft sowie auf Leistung eines monatlichen Unterhaltes von 5.500 S ab 1.6.1990 ein. Der Beklagte anerkannte einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 4.000 S ab dem Tag der Klagezustellung und bestritt das darüber hinausgehende Unterhaltsbegehren. In der Tagsatzung vom 15.4.1991 wurde das Klagebegehren auf Leistung eines weiteren Unterhaltes von 4.000 S monatlich für die Zeit vom 15.4.1988 bis 31.5.1990 ausgedehnt. Da Dr.Robert G***** am 12.4.1991 vor der Bezirksverwaltungsbehörde die Vaterschaft zu der mj. Stefanie T***** anerkannt hatte, wurde die Vaterschaftsklage gemäß Art.V Z 7 UeKindG von Amts wegen als ohne Verzicht auf den Anspruch für zurückgenommen erklärt und das Unterhaltsbegehren in das außerstreitige Verfahren überwiesen (Art.V Z 7 letzter Satz UeKindG und § 40a JN). Mit Schriftsatz vom 16.5.1991 beantragte die Minderjährige weiters noch, den Vater zur Zahlung von 4 % Zinsen aus dem Unterhaltsrückstand seit dem Tag der Klagezustellung (15.3.1991) zu verpflichten.

Im Pflegschaftsverfahren brachte der Vater noch vor, daß die Minderjährige bis 31.5.1990 Unterhaltsbeträge erhalten habe, eine Unterhaltsverpflichtung für ihn bis 31.5.1990 daher ausscheide. Er werde sich allenfalls mit dem bisherigen - vermeintlichen - Vater wegen Rückersatz der von diesem getätigten Aufwendungen (im Sinne des § 1402, richtig wohl: § 1042 ABGB) auseinanderzusetzen haben (ON 43 dA).

Mit Beschluß vom 9.10.1991 (ON 49 dA) verpflichtete das Erstgericht den ae. Vater zur Zahlung eines einstweiligen Unterhaltsbeitrages von monatlich 4.000 S ab 15.3.1991. Die Entscheidung über das zeitliche Mehrbegehren vom 15.4.1988 bis 15.3.1991 (ausschließlich) sowie über das inhaltliche Mehrbegehren von 1.500 S monatlich ab 1.6.1990 behielt es vor. Im Zuge des von Amts wegen eingeleiteten Verfahrens auf Feststellung der Leistungsfähigkeit des Vaters (Sachbefund über das Jahresnettoeinkommen des Vaters für die Jahre 1988 bis 1990) gab Dr.Robert G***** dem Gericht bekannt, daß er grundsätzlich zur Leistung eines Unterhaltes in der begehrten Höhe für den fraglichen Zeitraum in der Lage "gewesen wäre bzw. ist". Gleichzeitig verwies er noch einmal darauf, daß das Kind bis einschließlich Mai 1990 vom damaligen mutmaßlichen Vater den notwendigen Unterhalt gereicht bekommen habe und eine Forderung auf Bezahlung eines doppelten Unterhaltes für die Vergangenheit nicht berechtigt sei.

Mit Beschluß vom 30.12.1991 (ON 54 dA) erkannte das Erstgericht den Vater Dr.Robert G***** schuldig, für die Minderjährige beginnend mit 1.6.1990 über den einstweilig festgesetzten Unterhaltsbeitrag von 4.000 S monatlich hinaus einen endgültigen Unterhaltsbetrag von 5.500 S monatlich zu bezahlen (Punkt 1) des Spruches); das Mehrbegehren, den Vater für die Zeit vom 15.4.1988 bis 31.5.1990 zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von 4.000 S sowie zur Zahlung von 4 % Zinsen aus dem Unterhaltsrückstand ab dem Tag der Klagezustellung zu verpflichten, wies es ab (Punkt 2) und 3) des Spruches).

Das Erstgericht traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Zuletzt zahlte Reinhard G***** einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.500 S für die mj. Stefanie. Mit Schreiben vom 11.12.1991 teilte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Vertreter der Minderjährigen mit, daß Dr.G***** einen Betrag von 60.000 S für die Zeit von Juni 1990 bis November 1991 an die "Kindesmutter" überwiesen hat. Außerdem wurde mitgeteilt, daß die "Kindesmutter" weiterhin auf der Forderung von 4.000 S ab 15.4.1988 bestehe. Hiebei handle es sich um den Differenzbetrag zur alten Verpflichtung von 1.500 S auf die von der Bezirkshauptmannschaft gestellte Forderung von 5.500 S. Am 6.6.1991 brachte Reinhard G***** gegen Dr.Robert G***** eine Klage gemäß § 1042 ABGB ein (5 Cg 170/91). Gegenstand der Klage war ein Rückforderungsanspruch aus dem Titel der Verwendung von Unterhaltsbeiträgen und sonstigen Auslagen für die mj.Stefanie T*****. In der Folge schlossen die Parteien am 21.10.1991 einen Vergleich, wonach sich der Beklagte Dr.G***** verpflichtete, einen Betrag von 215.000,-- S an Reinhard G***** bzw. dessen Vertreter zu bezahlen. Außer für die mj. Stefanie T***** ist Dr.G***** für seine beiden ehelichen Kinder Robert, geb. am 2.11.1982, und Caroline, geb. am 2.9.1984, sorgepflichtig. Seine Gattin Christine ist zeitweise in der Ordination beschäftigt und verfügt somit über ein eigenes Einkommen.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß Unterhalt nunmehr grundsätzlich auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden könne und insoweit nur der Verjährung nach § 1480 ABGB unterläge. Voraussetzung für den Zuspruch eines Unterhaltes für die Vergangenheit sei neben dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen auch, daß der Unterhaltsanspruch noch nicht erloschen sei. Eine Unterhaltsforderung erlösche durch Erfüllung, auch wenn diese durch einen Dritten erfolge. Im vorliegenden Fall sei der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen dadurch erfüllt worden, daß der mutmaßliche Vater Reinhard G***** in der Vergangenheit bis Ende Mai 1990 Unterhalt geleistet habe. Der Umstand der Tilgung des Unterhaltsanspruches während dieser Zeit durch einen Dritten sei vom tatsächlichen Vater im vorliegenden Fall auch konkret eingewendet worden. Darüber hinaus sei der Vater von Reinhard G***** auch gemäß § 1042 ABGB in Anspuch genommen worden. Dies schließe eine weitere Verfolgung des Unterhaltsanspruches im außerstreitigen Verfahren aus, insbesondere auch hinsichtlich des bei Gegenüberstellung des nunmehr geltend gemachten und des tatsächlich geleisteten Unterhaltes sich ergebenden Differenzbetrages. Das von der früheren Rechtsprechung für die Ablehnung einer rückwirkenden Unterhaltsverpflichtung ebenfalls herangezogene Argument, daß ein Unterhaltsschuldner bei einer rückwirkenden Verpflichtung mit zum Teil exorbitanten Rückstandsforderungen überrascht werde, sei vom Obersten Gerichtshof nunmehr zwar verworfen worden, da die Gefahr des Überraschtwerdens dadurch minimiert werde, daß ein zahlungswilliger Unterhaltsschuldner die gesetzliche Höhe seiner Unterhaltsverpflichtung zumindest annähernd ermitteln und somit Rücklagen bilden könne. Im vorliegenden Fall sei der unterhaltspflichtige Vater jedoch zahlungswillig lediglich ab jenem Zeitpunkt, zu dem ihm seine Unterhaltsverpflichtung bekannt geworden sei, während er eine Unterhaltsverpflichtung seinerseits für den davorliegenden Zeitraum, als ihm diese noch nicht bekannt gewesen sei, bestreite. Da für diesen Zeitraum ein rechtsgültiges Vaterschaftsanerkenntnis des Reinhard G***** existiert habe, habe für den tatsächlichen Vater weder eine Ursache bestanden, dies zu bezweifeln noch sei für ihn eine Veranlassung gegeben gewesen, Rücklagen für eine allfällige Inanspruchnahme zu bilden. Bei Dr.Robert G*****, der mit einer Heranziehung zu Unterhaltsleistungen für die mj. Stefanie T***** während des fraglichen Zeitraumes nicht gerechnet habe, sei bezogen auf seine Lebensgestaltung und seinen Verbrauch eine Vertrauenslage entstanden, welche ihm nicht nachträglich entzogen werden könne. Er habe nicht, wie ein Unterhaltsschuldner, welcher seine Verpflichtung kenne, Rücklagen bilden können. Das Argument des "Überraschtwerdens" greife daher hier Platz. Außerdem würde eine rückwirkende Unterhaltsverpflichtung des tatsächlichen Vaters insofern zu einem unbilligen Ergebnis führen, als er diesfalls für den betreffenden Zeitraum doppelt, nämlich nach § 1042 ABGB von Reinhard G***** und im Wege einer rückwirkenden Unterhaltsforderung von der Minderjährigen in Anspruch genommen würde, was jedoch sicherlich nicht in der Absicht der nunmehrigen Rechtsprechung zum Unterhalt für die Vergangenheit gelegen sein könne. Der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme werde eben dadurch begegnet, daß durch Leistung eines Dritten der Unterhaltsanspruch erlösche, und nur mehr dem Drittzahler Ansprüche gegen den wahren Unterhaltspflichtigen zustünden. Da bei Unterhaltsleistungen das Geld nur Wertmesser einer im Grunde andersartigen Schuld sei, die Geldzahlung sohin nur ein Mittel zur Beschaffung des Lebensunterhaltes darstelle, sei auch das Begehren, den Vater zur Bezahlung von 4 % Zinsen des Unterhaltsrückstandes zu verpflichten, abzuweisen gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Minderjährigen Folge und änderte die erstinstanzliche Entscheidung, die hinsichtlich ihres Punktes 1) unangefochten geblieben war, im übrigen, also in ihren Punkten 2) und 3) dahin ab, daß es den Vater für die Zeit vom 15.4.1988 bis 31.5.1990 zur Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge von jeweils 4.000 S für die Minderjährige verpflichtete und aussprach, daß diese fälligen Unterhaltsbeiträge zuzüglich 4 % Zinsen seit 15.3.1991 aus dem gesamten rückständigen Betrag binnen 14 Tagen zu Handen der Mutter der Minderjährigen zu bezahlen seien. Den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 14 Abs.1 AußStrG erklärte es für zulässig.

Das Rekursgericht billigte die auf die Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 9.6.1988, 6 Ob 544/87 = SZ 61/143 gegründete Rechtsansicht, wonach Unterhaltsansprüche grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden könnten, sowie die Ansicht, daß dann, wenn ein Dritter den gesetzlichen Unterhalt in Erwartung des Ersatzes vom Unterhaltsschuldner leiste, die Unterhaltsverpflichtung erlösche und dem Leistenden - außer bei Schenkungsabsicht - nur der Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den Unterhaltspflichtigen zustehe. Dieses Erlöschen der Unterhaltsverpflichtung trete aber - worauf im Rekurs zutreffend hingewiesen werde - nur im Umfang der von dritter Seite erbrachten Leistung ein (vgl. SZ 61/143). Im vorliegenden Fall sei die Verpflichtung des Vaters zur Leistung eines monatlichen Unterhaltes für die Minderjährige in der Höhe von 5.500 S begehrt worden, wobei der unterhaltspflichtige Vater seine Leistungsfähigkeit zur Zahlung eines solchen Unterhaltsbetrages weder für die Zeit ab Antragstellung noch für den im Rekursverfahren noch gegenständlichen Zeitraum vom 15.4.1988 bis 31.5.1990 in Abrede gestellt habe (vgl. AS 240). Er habe vielmehr in bezug auf den Unterhalt für die Vergangenheit lediglich den Standpunkt vertreten, ein Unterhaltsanspruch der Minderjährigen ihm gegenüber sei für diesen Zeitraum zufolge Leistung des notwendigen Unterhaltes durch Reinhard G***** erloschen und eine "doppelte" Unterhaltsleistung für die Minderjährige nicht gerechtfertigt. Hiebei werde jedoch übersehen, daß die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des tatsächlichen Vaters nur im Umfang der von Reinhard G***** als Dritten erbrachten Unterhaltsleistung erloschen sei. Zum Ausmaß dieser Leistung habe das Erstgericht eingangs seiner Entscheidung die Feststellung getroffen, daß Reinhard G***** "zuletzt" einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.500,-- S für die Minderjährige bezahlt habe. Der genaue Zeitpunkt, ab dem Reinhard G***** einen Unterhaltsbeitrag in dieser Höhe geleistet habe, könne dem Pflegschaftsakt nicht genau entnommen werden. Anläßlich des Vaterschaftsanerkenntnisses vom 10.10.1983 habe er sich seinerzeit zur Leistung eines monatlichen Unterhaltes von 980,-- S verpflichtet (AS 17). Im weiteren finde sich im Pflegschaftsakt nur die Angabe der Mutter vom 24.4.1990, wonach Reinhard G***** auch für die mj.Stefanie T***** schon seit etwa 3 Jahren Unterhalt von 1.500,-- S bezahle (AS 27). Dafür, daß Reinhard G***** für die Minderjährige jemals höhere Unterhaltsbeiträge oder auch zusätzliche Leistungen erbracht hätte, finde sich im Pflegschaftsakt kein Anhaltspunkt; Reinhard G***** habe danach vielmehr seine Leistungsfähigkeit zu einer höheren Unterhaltsleistung als 1.500,-- S monatlich bestritten (AS 33 ff). Lediglich in dem von Reinhard G***** zu 5 Cg 170/91 des Landesgerichtes Innsbruck gegen den tatsächlichen Vater der Minderjährigen geführten Rechtsstreit, welcher letztlich durch einen Vergleich beendet worden sei, habe er zur Begründung seines auf § 1042 ABGB gestützten Rückforderungsanspruches höhere (Unterhalts-)Leistungen für die Minderjährige seinerseits behauptet (AS 3 in 5 Cg 170/91 des Landesgerichtes Innsbruck), wobei diese behaupteten tatsächlichen Aufwendungen von Dr.Robert G***** in seiner Klagebeantwortung allerdings bestritten worden seien (AS 10 in 5 Cg 170/91 des Landesgerichtes Innsbruck). Auch im gegenständlichen Verfahren auf Unterhaltsfestsetzung habe der Vater keine Behauptung dahin aufgestellt, daß der für die Vergangenheit begehrte Unterhalt auch deshalb nicht berechtigt sei, weil von dritter Seite höhere Leistungen erbracht worden wären, als sie mit 1.500,-- S monatlich von der Mutter der Minderjährigen behauptet und vom Erstgericht auch festgestellt worden seien, und sohin im Sinne der oben angeführten Grundsätze der Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit in einem weiteren Umfang erloschen wäre. Auch im Bereich des vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahrens außer Streitsachen seien subjektive Behauptungs- und Beweislastregeln jedenfalls dann heranzuziehen, wenn vermögensrechtliche Ansprüche in Verfahren, in denen sich zwei oder mehr Parteien in verschiedenen Rollen gegenüberstehen, zur Entscheidung stehen (ÖA 1988, 69; SZ 53/54). Es obliege daher dem Unterhaltspflichtigen, zu behaupten, daß durch Leistungen Dritter allenfalls für die Vergangenheit zu Recht bestehende Unterhaltsforderungen getilgt worden seien (RZ 1991/35). Da im vorliegenden Fall in bezug auf das Unterhaltsbegehren für die Vergangenheit der Vater - sein diesbezüglicher Standpunkt sei oben bereits ausführlich dargelegt worden - lediglich ein (gänzliches) Erlöschen der Unterhaltsverpflichtung im Hinblick auf die von dritter Seite erfolgte Leistung behaupte, gegenüber dem Vorbringen im Unterhaltsantrag, wonach die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für den Zeitraum vom 15.4.1988 bis 31.5.1990 nur im Ausmaß von 1.500,-- S erloschen sei, aber nicht etwa konkret eingewendet habe, Reinhard G***** habe höhere Leistungen an die Minderjährige erbracht, sei unter diesen Umständen auch ohne nähere diesbezügliche Erhebungen davon auszugehen, daß ein Erlöschen der Unterhaltsverpflichtung des Vaters durch Drittleistung nur in dem von der Mutter unwidersprochen behaupteten und vom Erstgericht in diesem Sinne auch festgestellten Umfang von monatlich 1.500,-- S eingetreten sei. Ausgehend von einem der Leistungsfähigkeit des Vaters entsprechenden Unterhaltsanspruch der Minderjährigen von monatlich 5.500,-- S sei sohin entgegen der vom Erstgericht vertretenen Auffassung auch für die Vergangenheit das Bestehen eines Unterhaltsanspruches der Minderjährigen in Höhe der Differenz zwischen Unterhaltsanspruch und Drittleistung, also in der Höhe von monatlich 4.000,-- S zu bejahen. Wie im Rekurs zutreffend geltend gemacht werde, handle es sich bei der Unterhaltsverpflichtung des Vaters in diesem Ausmaß nicht wie vom Vater angenommen um eine Doppelalimentierung der Minderjährigen, sondern lediglich um den Zuspruch des Differenzbetrages, der sich zufolge der erheblich größeren Leistungsfähigkeit des tatsächlichen Vaters gegenüber jener des an seiner Stelle den Unterhalt geleistet habenden Reinhard G***** als Dritten ergebe. Daß es sich hiebei um keine Doppelzahlung an Unterhalt handle, zeige schon der Umstand, daß die Minderjährige bei Stattgebung des Unterhaltsantrages in bezug auf die Vergangenheit für den Zeitraum vom 15.4.1988 bis 31.5.1990 insgesamt nicht mehr an Unterhalt erhalte, als sie vom tatsächlichen Vater im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit hätte beanspruchen können, wenn dessen Vaterschaft bereits im angeführten vergangenen Zeitraum festgestellt gewesen wäre. Das Rekursgericht vermöge auch die Ausführungen des Erstgerichtes nicht zu teilen, wonach der unterhaltspflichtige Vater im vorliegenden Fall infolge Unkenntnis von seiner Vaterschaft in seinem Vertrauen darauf, daß gegen ihn keine Unterhaltsansprüche für die mj.Stefanie T***** geltend gemacht würden, schutzwürdig sei. Dem in der früheren Rechtsprechung zur Stützung ihres Leitsatzes, wonach Unterhalt nicht für die Vergangenheit begehrt werden könne, gebrauchten Argument eines für den Unterhaltspflichtigen gebotenen Schutzes vor überraschenden Nachforderungen sei die Lage eines Schadenersatzschuldners im Fall des § 1327 ABGB oder eines Bereicherungsschuldners im Fall des § 1042 ABGB entgegenzuhalten. Es sei nicht einzusehen, weshalb ein Schuldner vor den (überraschenden) Unterhaltsforderungen zu schützen sei, nicht aber davor, daß derselbe Betrag als Aufwandersatz begehrt werde. Das Überraschungsmoment gebe sohin für eine Ablehnung eines Unterhaltes für die Vergangenheit keine geeignete Rechtfertigung ab, sei doch der Unterhaltsschuldner bei der späteren Ersatzforderung nach § 1042 ABGB nicht vor der unangenehmen Überraschung der plötzlichen Nachforderung erheblicher Beträge geschützt, welcher Umstand sich hier augenscheinlich auf Grund des Aktes 5 Cg 170/91 des Landesgerichtes Innsbruck ergebe, in welchem Rechtsstreit sich der unterhaltspflichtige Vater und Reinhard G***** letztlich auf eine Rückzahlung in der Höhe von 215.000,-- S verglichen haben, welche Zahlung nicht nur den hier rekursgegenständlichen Zeitraum vom 15.4.1988 bis 31.5.1990, sondern den gesamten Zeitraum der Unterhaltsleistung des Reinhard G***** für die Minderjährige seit ihrer Geburt betreffe. Das Rekursgericht pflichte daher dem Rekurs der Minderjährigen bei, daß auch ihr Unterhaltsbegehren von 4.000,-- S monatlich für die Vergangenheit berechtigt sei. Als begründet erweise sich der Rekurs der Minderjährigen schließlich auch, soweit darin die Abweisung des Begehrens auf 4 % Zinsen aus dem Unterhaltsrückstand seit dem Tag der Klagszustellung (15.3.1991) bekämpft werde. Richtig sei zwar, daß in der vom Erstgericht für seine Auffassung zitierten Entscheidung EFSlg. 60.066 ein Zinsenbegehren bezüglich Unterhaltszahlungen mit der vom Erstgericht wiedergegebenen Begründung abgewiesen worden sei. Dieser Auffassung vermöge sich das Rekursgericht im vorliegenden Fall, wo Zinsen nur bezüglich eines Unterhaltsrückstandes aus der Vergangenheit begehrt würden, nicht anzuschließen. § 1333 ABGB, wonach der Schade, welchen der Schuldner seinem Gläubiger durch Verzögerung der bedungenen Zahlung des schuldigen Kapitals zugefügt habe, durch die von dem Gesetz bestimmten Zinsen vergütet werde, sei zwar nur auf Geldforderungen anwendbar, gelte allerdings für sämtliche Geldforderungen und damit wohl auch für die in Geld zu leistenden Unterhaltszahlungen, vor allem, wenn es sich wie im vorliegenden Fall um einen Unterhaltsrückstand handle (vgl. EFSlg. 43.553, 48.688 ua). Der Minderjährigen stünden daher im vorliegenden Fall auch die begehrten 4 % Zinsen aus dem Unterhaltsrückstand zu.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses gemäß § 14 Abs.1 AußStrG begründete das Rekursgericht damit, daß zur Frage, inwieweit die Unterhaltsverpflichtung für die Vergangenheit im Fall einer gegenüber der Leistungsfähigkeit des tatsächlich Unterhaltspflichtigen geringeren Unterhaltsleistung eines Dritten erlösche, soweit überschaubar, der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht ausdrücklich Stellung genommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Diese rekursgerichtliche Entscheidung wird mit dem vom außerehelichen Vater erhobenen, auf Abänderung der Entscheidung der zweiten Instanz im Sinne des erstinstanzlichen Beschlusses und hilfsweise Aufhebung der Entscheidung beider Instanzen und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht gerichteten Revisionsrekurs bekämpft, der zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt ist.

Vorerst ist festzuhalten, daß die Vorinstanzen mit Recht im Sinne der

seit der zu 6 Ob 544/87 ergangenen Entscheidung (SZ 61/143 = JBl.

1988, 586 = EFSlg. 57.045/3 = AnwBl. 1989, 294 = ÖAV 1988, 79)

maßgeblichen Rechtsprechung die grundsätzliche Zulässigkeit der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen für die Vergangenheit bejaht haben. Da der Unterhaltsanspruch auf dem Gesetz beruht (§§ 140, 166 ABGB) und dieser Anspruch mit der Geburt des Kindes entsteht (SZ 61/143 mit Hinweis auf Literatur und Rechtsprechung), also nicht von der Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von seiner Unterhaltspflicht abhängt, kommt den von Dr.G***** im Revisionsrekurs zur Darlegung seiner letztlich vertretenen Ansicht über die Unanwendbarkeit dieser Rechtsprechung im Zusammenhang damit, daß er ja vorerst von seiner Vaterschaft keine Kenntnis gehabt habe und von seiner Unterhaltspflicht überrascht worden sei, angestellten Überlegungen für die Frage seiner Unterhaltspflicht für die Vergangenheit keine entscheidende Bedeutung zu. Voraussetzung für den Anspruch auf Unterhalt für die Vergangenheit ist allerdings, daß der Unterhaltsanspruch noch nicht erloschen ist (SZ 61/143; EFSlg. 57.053).

Erbringt ein Dritter, der vorerst - sei es, weil er die Vaterschaft in der Meinung, Vater zu sein, anerkannt hat oder als Vater festgestellt wurde - unterhaltspflichtig war, Unterhaltsleistungen, so wird ihm nach Beseitigung des ihn als Vater feststellenden Rechtsaktes (Unwirksamerklärung des Vaterschaftsanerkenntnisses oder Gerichtsurteil) - außer bei Schenkungsabsicht - von der neueren Lehre und Rechtsprechung gegen den in Wahrheit nach dem Gesetz Unterhaltspflichtigen ein Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB gewährt (SZ 27/175 = EFSlg. 1.640; SZ 31/8 = EvBl. 1958/96 = RZ 1958, 75; SZ 33/41; EFSlg. 22.523, 43.479, 54.188; Auckenthaler, Irrtümliche Zahlung fremder Schulden 1980, 27 ff; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 7 zu § 1042 und derselbe, ABGB, Rz 7 zu § 1431; Apathy in Schwimann, ABGB IV/1, Rz 4 zu § 1042; vgl. auch Koziol, Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit, JBl. 1978, 626 ff, 633, der für einen Fall wie den vorliegenden - durch die gerichtliche Geltendmachung des Ersatzanspruches Reinhard G***** gegen Dr.G***** hat der Scheinvater zum Ausdruck gebracht, seine Leistungen als Leistungen auf die Unterhaltspflicht Dris.G***** gelten zu lassen - ebenfalls dem Scheinvater einen Anspruch nach § 1042 ABGB einräumt). Der Umfang dieses Ersatzanspruches bestimmt sich einerseits nach der Leistung des Scheinvaters (SZ 27/41), er ist aber anderseits auch durch die dem wahren Unterhaltsschuldner nach dem Gesetz obliegende Unterhaltsverpflichtung begrenzt (EFSlg. 38.510, 41.026 f, 43.477, 56.929 ua). Der Nutzen des wahren Unterhaltspflichtigen liegt eben darin, daß im Umfang der vom Scheinvater erbrachten Leistung der gesetzliche Unterhaltsanspruch des Kindes erloschen ist und er, der wahre Unterhaltsschuldner, von seiner Verpflichtung im Ausmaß der vom Scheinvater (Verkürzten) erfüllten Unterhaltsschuld befreit ist. Hat der Scheinvater vorerst Unterhaltszahlungen vorgenommen, die umfänglich hinter jenen Unterhaltsbeträgen zurückbleiben, die der tatsächlich Unterhaltspflichtige hätte leisten müssen, wenn seine Unterhaltspflicht bereits bekannt gewesen wäre, so bleibt der die Vergangenheit betreffende Unterhaltsanspruch des Kindes nur im Ausmaß der Differenz zwischen diesen beiden Beträgen bestehen. Dieser Differenzbetrag ist allerdings auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse noch nicht feststellbar.

Der Revisionsrekurswerber hat bereits im streitigen Verfahren das Gegenstand des drittinstanzlichen Verfahrens gebliebene Unterhaltsbegehren bestritten und in der Folge dies damit begründet, daß die Minderjährige bis Mai 1990 vom Scheinvater den notwendigen Unterhalt bekommen habe und er sich allenfalls mit dem Scheinvater wegen Rückersatz im Sinne des § 1042 ABGB auseinanderzusetzen habe. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen fand ein solches Verfahren auf Rückersatz der von Reinhard G***** der Minderjährigen erbrachten Unterhaltsbeträge und der von diesem für sie gemachten Auslagen statt und verpflichtete sich Dr.G***** in diesem Verfahren zur Zahlung eines Betrages von 215.000,-- S. Im Urteil des Erstgerichtes findet sich weiters die dem Tatsachenbereich zuzuordnende Annahme, daß Reinhard G***** der Minderjährigen "zuletzt" einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.500,-- S bezahlt hat. Nähere Feststellungen über die Unterhaltszahlungen des Scheinvaters in dem das strittig gebliebene Unterhaltsbegehren betreffenden Zeitraum wurden nicht getroffen. Wenngleich die Feststellungen über die vom Vater im Vergleich übernommene, aus § 1042 ABGB abgeleitete Zahlungspflicht für die Höhe der Unterhaltsschuld des wirklichen Vaters unerheblich sind und auch nicht erkennen lassen, welche Leistungen G***** tatsächlich erbracht hat, so wäre es im Hinblick auf den Betrag, den der Vater zur Rückzahlung übernommen hat und aus dem sich - durchschnittlich betrachtet - höhere Leistungen an die Minderjährige als 1.500,-- S monatlich ergeben, doch angezeigt gewesen, die bloß kursorische Feststellung über die von G***** erbrachten Unterhaltsleistungen zu konkretisieren. Da vom Erstgericht auch nicht dargetan wurde, auf welchen Beweisergebnissen diese Annahme beruht, und auch die Höhe des Unterhaltsbedarfes der - von der Mutter betreuten? - Minderjährigen nicht erörtert wurde, bildet der von den Vorinstanzen der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegte Sachverhalt keine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Frage, welche Leistungen Reinhard G***** in der klagsgegenständlichen Zeit tatsächlich für die Minderjährige erbracht hat und welche Unterhaltsleistungen der Revisionsrekurswerber - wäre seine Vaterschaft damals schon festgestanden - hätte erbringen müssen; die vom Vater zugestandene Leistungsfähigkeit - als nur eine Komponente des Unterhaltsanspruches - allein reicht dazu nicht aus. Im Hinblick darauf, daß das Erstgericht eine - wenngleich unzureichende - Feststellung über erfolgte Leistungen des Scheinvaters getroffen hat und nicht davon ausgegangen ist, weitere Feststellungen dazu nicht treffen zu können, gehen die vom Rekursgericht angestellten Überlegungen über die Frage der für die Unterhaltstilgung maßgeblichen Behauptungs- und Beweislast ins Leere. Im übrigen übersieht das Rekursgericht dabei auch die wiederholt vertretene Ansicht, daß in Fällen, in welchen bereits ein erster Anschein für das Zutreffen der - vom Unterhaltsschuldner zu behauptenden - Tilgung des Unterhaltsanspruches durch einen Aufwand eines Dritten spricht, es Sache des Unterhaltsgläubigers ist, einen derartigen Einwand zu entkräften, und daß davon abgesehen der Schuldner vielfach mangels Einsicht in die Versorgungsverhältnisse des Unterhaltsberechtigten nicht in der Lage sein wird, das Ausmaß und die näheren Umstände von Drittleistungen aufzudecken, sodaß ein Unterbleiben diesbezüglicher Behauptungen und Beweisanbote zu Lasten des Unterhaltsgläubigers zu veranschlagen ist (SZ 61/143; ÖAV 1990, 15 = EFSlg. 57.053 ua). Reicht somit die Sachverhaltsgrundlage für eine abschließende Beurteilung des offen gebliebenen Unterhaltsanspruches der Minderjährigen nicht aus, so erweist sich die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen als unumgänglich.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien die Frage des Ausmaßes der Unterhaltsleistungen Reinhard G***** in der klagsgegenständlichen Zeit sowie des Unterhaltsbedarfes der Minderjährigen während dieser Zeit zu erörtern, darüber zu verhandeln und dazu Feststellungen zu treffen haben. Erst dann wird der für das Ausmaß des von der Minderjährigen für die Vergangenheit begehrten Unterhaltsanspruches maßgebliche Differenzbetrag abschließend beurteilt werden können.

Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses die Rechtssache nach Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

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