OGH 8Ob5/92

OGH8Ob5/9226.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gottfried R*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma B***** Gesellschaft mbH, ***** wider die beklagte Partei Dr. Gerhard S*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Josef R*****, wegen S 85.934,50 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 5. Dezember 1991, GZ 2 R 215/91-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 30. Juli 1991, GZ 2 i Cg 29/90-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Die Stellungnahme der klagenden Partei zur Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

2.) Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird als nichtig aufgehoben. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Die klagende Gesellschaft mbH begehrte vom Beklagten aus dem Titel der Bereicherung die Zahlung von S 130.843,90 abzüglich eines vom Beklagten ersiegten Kostenbetrages in der Höhe von S 44.909,40.

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 30. 7. 1991 wurde das Klagebegehren abgewiesen. Dagegen erhob die Klägerin am 5. 9. 1991 Berufung, der Beklagte erstattete am 7. 10. 1991 Berufungsbeantwortung.

Mit Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 21. 10. 1991 wurde über das Vermögen der Klägerin der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Gottfried R***** zum Masseverwalter bestellt.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem in nichtöffentlicher Sitzung am 5. 12. 1991 ergangenen Urteil des Berufungsgerichtes wurde der Berufung nicht Folge gegeben und die klagende Partei zum Kostenersatz verpflichtet; die ordentliche Revision wurde nicht für zulässig erklärt.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des klagenden Masseverwalters mit dem Antrag, das angefochtene Urteil wegen Nichtigkeit aufzuheben und dem Berufungsgericht aufzutragen, über die Berufung der klagenden Partei während der Unterbrechung des Verfahrens nicht zu entscheiden.

Der Beklagte hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, die Revision des Klägers als unzulässig zurückzuweisen bzw. ihr keine Folge zu geben.

Dazu hat der Kläger eine weitere Stellungnahme eingebracht, die aber unzulässig ist, weil im Revisionsverfahren nach der Erstattung der Revisionsbeantwortung ein weiterer Wechsel von Schriftsätzen nicht vorgesehen ist.

Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel Nichtigkeit gemäß § 477 Abs.1 Z 5 ZPO geltend, weil das Berufungsgericht über die vor Eröffnung des Konkurses eingebrachte Berufung während der Dauer der gemäß § 7 KO eingetretenen Unterbrechung entschieden habe.

Die Revision ist zulässig; aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine dem Urteil des Berufungsgerichtes anhaftende Nichtigkeit wahrzunehmen.

Die vom Kläger geltend gemachte Nichtigkeit liegt vor.

Gemäß § 7 Abs.1 KO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der im § 6 Abs.3 KO bezeichneten Streitigkeiten - eine solche liegt hier nicht vor -, durch die Konkurseröffnung unterbrochen. Die Unterbrechung tritt ex lege ein, auch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens (EvBl. 1982/119); ein Beschluß über den Eintritt der Unterbrechung hat nur deklarative Wirkung (MietSlg. 30.909 ua). Ein nach Eintritt der Unterbrechung gefälltes Urteil leidet an der Nichtigkeit nach § 477 Abs.1 Z 5 ZPO (JBl. 1972, 578; SZ 51/150).

Die Ausnahmsbestimmung des § 163 Abs.3 ZPO, wonach durch die nach Schluß einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung die Verkündung der aufgrund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert wird, ist entgegen der von Fasching (Kommentar II 795 und LB2, Rz 598) vertretenen Ansicht nicht im Wege einer ausdehnenden Auslegung auch auf Entscheidungen über vor Konkurseröffnung eingebrachte Rechtsmittel, über die in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden ist, anzuwenden. Die Entscheidungen SZ 49/135, 3 Ob 506/87 sowie EvBl. 1982/119, in denen der Oberste Gerichtshof der Ansicht Faschings folgte, wurden in der Folge abgelehnt (EvBl. 1979/115; GesRZ 1983, 222; 1 Ob 554/84; 1 Ob 580/85; SZ 56/32; SZ 59/45; RZ 1992/21). Auch der erkennende Senat schließt sich der nunmehr herrschenden Rechtsprechung an. Auch über ein vor Eröffnung des Konkurses eingebrachtes Rechtsmittel ist daher während der Dauer der Unterbrechung nicht zu entscheiden, eine dennoch ergangene Entscheidung ist nichtig.

Trotz der Unterbrechung des Verfahrens ist die Revision des Klägers zulässig. Während der Unterbrechung des Verfahrens sind Prozeßhandlungen zwar unwirksam, doch kann einer Partei, die sich durch eine trotz erfolgter Verfahrensunterbrechung ergangene Entscheidung beschwert erachtet, nicht verwehrt werden, diese Entscheidung anzufechten, wenn sie damit einen Verstoß gegen § 7 KO geltend machen will (SZ 43/158; SZ 45/19; SZ 51/150; 6 Ob 582/87; RZ 1992/21).

Die in der Revisionsbeantwortung behauptete Vereinbarung zwischen den Streitteilen über die Fortsetzung des Verfahrens vermag daran, daß das Verfahren nach wie vor unterbrochen ist, nichts zu ändern.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 51 Abs.2 ZPO. Es gereicht den Parteien nicht zum Verschulden, daß trotz eingetretener Unterbrechung über die Berufung entschieden wurde.

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