OGH 8Ob611/90

OGH8Ob611/9020.6.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Günther K*****, vertreten durch Dr. Karl Safron, Dr. Franz Großmann und Dr. Leopold Wagner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die Antragsgegnerin Herta K*****, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag, Dr. Wilhelm Dieter Eckart und Dr. Gerhard Gratzer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 4. Mai 1990, GZ 1 R 195/90-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 12. März 1990, GZ 1 F 3/80-24, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1) Die Revisionsrekursbeantwortung des Antragstellers wird zurückgewieen.

2) Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

3) Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird Folge gegeben. In Abänderung der vorinstanzlichen Beschlüsse werden folgende Vermögenszuweisungen getroffen:

Der Hälfteanteil des Antragstellers Günther K***** an der Liegenschaft EZ *****, wird der Antragsgegnerin Herta K***** zugewiesen.

Ob dem Hälfteanteil des Günther K***** an der Liegenschaft EZ ***** wird daher nachstehende Grundbuchshandlung durchzuführen sein:

  1. a) Löschung des Eigentumsrechtes unter BlNr. 3 für Günther K*****;
  2. b) Einverleibung des Eigentumsrechtes unter BlNr. 3 für Herta K*****.

    Die in der vormaligen Ehewohnung ***** in K***** befindlichen und in dem Gutachten des Sachverständigen Leo Friessnig vom 19.1.1990 (ON 20), das einen Bestandteil dieser Entscheidung bildet, verzeichneten Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens werden mit Ausnahme der PZ 20, 39, 65 und 66 sowie der Münzsammlung der Antragsgegnerin, die vorgenannten Postzahlen und die Münzsammlung dagegen dem Antragsteller zugeteilt.

    Die Ehewohnung in K*****, verbleibt dem Antragsteller zur alleinigen Benützung.

    Die Antragsgegnerin hat die Ehewohnung binnen sechs Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu räumen und dem Antragsteller geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben.

    Die Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Nach der am 22.11.1985 aus seinem Alleinverschulden erfolgten Scheidung seiner Ehe mit der Antragsgegnerin beantragte der Antragsteller fristgerecht die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse; beide Parteien haben einen Aufteilungsvorschlag erstattet.

Das Erstgericht traf nach Verhandlung folgende Vermögenszuweisungen:

1. Der Hälfteanteil des Antragstellers an der Liegenschaft EZ ***** samt lebenslänglichem unentgeltlichem Wohnungsrecht an dem gesamten, aus drei Räumen, einer Einbauküche und einem WC bestehenden Obergeschoß des Hauses A*****-Gasse ***** sowie das Recht auf Mitbenützung des Gartens, des Kellers und der Waschküche, wird der Antragsgegnerin zugewiesen....

2. Der Hälfteanteil der Antragsgegnerin an der Liegenschaft ***** wird dem Antragsteller zugewiesen.....

3. Die gesamten, in der Ehewohnung A*****-Gasse ***** in ***** befindlichen Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens (laut Gutachten ON 20....) sowie die Münzsammlung, soweit diese eheliche Ersparnisse darstellt, werden der Antragsgegnerin allein zugeteilt.

4. Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller binnen 3 Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses eine Ausgleichszahlung in der Höhe von S 80.000,-- zu leisten.

Das Begehren des Antragstellers auf Zuweisung der Ehewohnung samt Fernseher und Videorecorder wies das Erstgericht ab. Es stellte fest:

Der Antragsteller hat im Juli 1985 die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben, indem er aus der Ehewohnung in der A*****-Gasse ***** in ***** auszog. Nach einer von den Ehegatten am 7.8.1985 getroffenen Vereinbarung trug der Antragsteller weiterhin die Betriebskosten für die Ehewohnung von monatlich S 3.000,--. Auf Grund eines im Jahre 1974 mit seinem inzwischen verstorbenen Vater geschlossenen Schenkungsvertrages auf den Todesfall ist der Antragsteller Hälfteeigentümer der Liegenschaft *****, auf welcher sich das Haus A*****-*****-Gasse ***** mit der im Obergeschoß gelegenen letzten Ehewohnung der Parteien befindet. An dieser Obergeschoßwohnung steht dem Antragsteller das lebenslängliche unentgeltliche Wohnrecht zu. Die zweite Hälfte der Liegenschaft gehört seiner Mutter, deren Wohnung sich im Parterre des Hauses befindet. Die beiden in sich abgeschlossenen Wohnungen haben einen gemeinsamen Hauseingang. Während des aufrechten Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft wurde diese letzte Ehewohnung von beiden Ehegatten neu eingerichtet. Der Verkehrswert der hiefür vorgenommenen Investitionen beträgt S 120.000,--. Der Verkehrswert einer Hälfte der Liegenschaft ***** beträgt einschließlich dieser Investitionen S 550.000,--. Die Einrichtung und Ausstattung der Ehewohnung hat einen Wert von S 147.190,--. Zu den während des aufrechten Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft vorgenommenen Investitionen leisteten beide Streitteile ihren finanziellen Beitrag. Die Antragsgegnerin arbeitete seit Beginn der Ehe ganztägig als kaufmännische Angestellte und verdiente ca. S 4.500,-- monatlich. Daneben führte sie den ehelichen Haushalt. Ein Jahr nach der Geburt der Tochter P***** nahm sie im Jahr 1975 ihre unterbrochene Arbeit wieder auf, seit die Tochter die Schule besucht, geht sie jedoch nur mehr einer Halbtagsbeschäftigung nach. Derzeit beträgt ihr monatliches Nettoeinkommen exklusive Familienbeihilfe ca. S 8.000,--. Sie lebt nach wie vor mit der Tochter in der Ehewohnung und "ist auf die Weiterbenützung dieser Wohnung angewiesen"; die Minderjährige möchte auch auf jeden Fall in dieser Wohnung verbleiben. Das Verhältnis der Antragsgegnerin zur Mutter des Antragstellers ist normal, der Kontakt der Minderjährigen zu ihr ist sehr gut. Der Antragsteller trägt auf Grund der Vereinbarung der Streitteile vom 7.8.1985 Beilage ./A nach wie vor die Betriebskosten für die Ehewohnung von monatlich S 3.000,-- einschließlich einer jährlichen Haushaltsversicherung von S 1.071,--. Er war zunächst als Chauffeur mit einem monatlichen Einkommen von netto ca. S 8.000,-- tätig und verdient seit dem Jahre 1973 als Bezirkssekretär der ***** monatlich netto ca. S 18.000,--. Nunmehr lebt er mit seiner Lebensgefährtin in einer Genossenschaftswohnung in K*****. Nach seinem Auszug aus der Ehewohnung hat er in dieser einen neuen Boiler im Werte von ca. S 8.000,-- eingebaut und das Dach des Hauses um ca. S 40.000,-- neu eingedeckt. Im Jahre 1984 haben die Streitteile je zur Hälfte das Eigentum an der Liegenschaft EZ ***** im Gesamtausmaß von 784 m2 erworben. Der Kaufpreis wurde teils aus gemeinsamen Barmitteln und teils aus der Belehnung von gemeinsamen Pfandbriefen sowie einem vom Antragsteller aufgenommenen Gehaltskredit von S 100.000,-- finanziert, der bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch mit einem Betrag von S 70.000,-- aushaftete. Der Verkehrswert dieser Liegenschaft beträgt S 590.000,--. Zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besaßen die Streitteile weiters ein Sparbuch mit einem Kontostand von S 14.861,--. Verschiedene weitere Vermögenswerte (Pfandbriefe, Auto, Münzsammlung) kamen den vormaligen Ehegatten annähernd gleichteilig zu.

Das Erstgericht vertrat den Rechtsstandpunkt, zur Wohnversorgung der Antragsgegnerin und ihrer Tochter erscheine es unumgänglich, ihr die Ehewohnung zuzuweisen, zumal der Antragsteller anderweitig wohnversorgt sei. Die Übertragung des Hälfteeigentums des Antragstellers an der Liegenschaft ***** sei deswegen erforderlich, weil die bloße Anordnung eines Fruchtgenusses auf Lebenszeit der Antragsgegnerin zufolge der damit verbundenen Entwertung nicht zweckmäßig erscheine. Demgegenüber sei dem Antragsteller das Hälfteeigentum der Antragsgegnerin an der Liegenschaft ***** zu überlassen. Eine Gegenüberstellung dieser während der Ehe geschaffenen weiteren Vermögenswerte führe dazu, daß die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von S 80.000,-- zu leisten habe.

Das vom Antragsteller angerufene Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß derart ab, daß dessen Punkt 4 zu entfallen und Punkt 1 wie folgt zu lauten habe:

Der Antragsgegnerin wird das bisher dem Antragsteller an der Liegenschaft ***** zustehende und nunmehr der Antragsgegnerin bücherlich zu übertragende lebenslängliche unentgeltliche Wohnungsrecht an dem aus 3 Räumen, einer Einbauküche und einem WC bestehenden gesamten Obergeschoß des Hauses A*****-Gasse ***** sowie das Recht der Mitbenützung des Gartens, des Kellers und der Waschküche zugewiesen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Es trat der Auffassung des Erstgerichtes bei, daß der Antragsgegnerin als schuldlos geschiedener Ehegattin eine Option hinsichtlich der Ehewohnung zustehe, zumal der Antragsteller auf diese wegen anderweitiger Wohnversorgung nicht angewiesen sei und es der Antragsgegnerin nicht zugemutet werden könne, bei ihrem festgestellten monatlichen Nettoeinkommen von ca. S 8.000,-- sich eine Wohnung anzuschaffen. Der Ausnahmetatbestand des § 82 Abs.2 EheG liege hier demnach vor. Die Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen oder die Begründung von dinglichen Rechten daran dürfe zwar gemäß § 90 Abs.1 EheG nur angeordnet werden, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden könne; gerade dies sei hier aber der Fall, weil der Antragsteller seine Ehefrau und seine Tochter verlassen habe, um mit einer anderen Frau zusammenzuziehen, und weil ihm eine Verwertung des gemeinsam angeschafften Grundstückes eher zugemutet werden könne als der Antragsgegnerin, da er selbst schon wohnversorgt sei. Einer Übertragung des Hälfteeigentums des Antragstellers an der Liegenschaft EZ ***** an die Antragsgegnerin stünden aber die Bestimmungen des § 82 Abs.2 und § 90 Abs.1 EheG entgegen. Einerseits sei die Wohnversorgung der Antragsgegnerin durch das Wohnrecht hinlänglich gesichert, andererseits müsse im Rahmen der Billigkeit berücksichtigt werden, daß dieses Vermögensobjekt keine eheliche Errungenschaft darstelle, sondern dem Antragsteller von einem Dritten zugekommen sei, sodaß sich zwangsläufig die Ausgleichszahlung erhöhen müsse. In Anbetracht des Einkommens der Antragsgegnerin und der auch sie treffenden bedeutenden Verfahrenskosten sei eine solche Lösung nicht vertretbar. Die nunmehr getroffene Regelung biete der Antragsgegnerin auch den Vorteil, daß von einer Ausgleichszahlung überhaupt abgesehen werden könne. Der Nachteil, den sie durch die überwiegende Zuweisung des gemeinsam geschaffenen Vermögens an den Antragsteller erleide, werde durch die Einräumung des Wohnungsrechtes aufgewogen.

Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erheben sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin Revisionsrekurs; diese beantragt die Abänderung des Beschlusses durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung, hilfsweise die Auferlegung einer vom Antragsteller an sie zu leistenden Ausgleichszahlung von S 300.000,--. Der Antragsteller wiederholt seine vor dem Rekursgericht gestellten Anträge (AS 215 f). Er führt aus, die Einbeziehung der in die Ehe eingebrachten Ehewohnung in das Aufteilungsverfahren dürfe nur erfolgen, wenn ihre Benützung für den anderen Teil von existentieller Bedeutung sei. Die Antragsgegnerin könne auf Grund ihres Einkommens ihr Wohnbedürfnis aber auf andere Weise befriedigen. Das Verschulden an der Ehescheidung sei nur zu berücksichtigen, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der Ehe von Bedeutung gewesen sei. Bei Zuweisung der Liegenschaftshälfte der EZ ***** an die Antragsgegnerin könne sich diese andernorts wohnversorgen. Der Antragsteller werde einmal allein Eigentümer der Liegenschaft mit der vormaligen Ehewohnung sein, sodaß die Gefahr von Auseinandersetzungen zwischen den Parteien bestehe. Nach dem Vorschlag des Antragstellers würde die Antragsgegnerin die Liegenschaftshälfte der EZ ***** mit einem Vermögenswert von S 295.000,-- und durch die Zuteilung sonstigen Gebrauchsvermögens usw. weitere ca. S 80.000,-- bekommen.

Die Antragsgegnerin rügt die Unterlassung der, wie sie meint, auf Grund der rekursgerichtlichen Rechtsansicht erheblichen Feststellung, daß nach ihrem Vorbringen die Überlassung des Hälfteanteils der Liegenschaft ***** an den Antragsteller durch seinen Vater nur deshalb möglich geworden sei, weil beide vormaligen Ehegatten gemeinsam einen Betrag von S 100.000,-- an den Bruder des Antragstellers gezahlt hätten, damit er auf das ihm zustehende Erbrecht verzichte. Der Antragsteller habe das Hälfteeigentum an der vorgenannten Liegenschaft somit nicht von Dritten unentgeltlich überlassen bekommen, dieser Hälfteanteil sei vielmehr während aufrechter Ehe von beiden Parteien durch Hingabe des Betrages von S 100.000,-- erworben worden. Somit stelle dieses Vermögensobjekt eine eheliche Errungenschaft dar, sodaß eine Übertragung des Hälfteanteiles an die Antragstellerin auch nach den Bestimmungen des § 82 Abs.2, § 90 Abs.1 EheG möglich sei. Aber auch die rekursgerichtliche Auffassung, durch die Zuweisung des lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnungsrechtes an der Liegenschaft ***** an die Antragsgegnerin sei ein Ausgleich dafür geschaffen, daß dem Antragsteller das Hälfteeigentum an der Liegenschaft ***** zugewiesen werde, sei unrichtig. Da die Liegenschaft ***** einen Wert von S 590.000,-- habe, müsse in Wahrheit die Antragsgegnerin ihr "unentgeltliches Wohnungsrecht" mit einem Betrag von rund S 300.000,-- bezahlen. Dies sei unbillig und widerspreche allen Aufteilungsgrundsätzen, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Antragsteller die Antragsgegnerin und Tochter verlassen habe, um mit einer anderen Frau zusammenzuziehen. Das Rekursgericht hätte daher dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von S 300.000,-- auferlegen müssen. Das bloße lebenslängliche unwiderrufliche Wohnungsrecht habe ihr der Antragsteller ohnehin bereits mit der schriftlichen Vereinbarung vom 7.8.1985 eingeräumt und zusätzlich auch die Zahlung der Betriebskosten übernommen, sodaß die Antragsgegnerin durch die rekursgerichtliche Entscheidung schlechter gestellt werde als nach der Vereinbarung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Antragstellers ist gerechtfertigt, jener der Antragsgegnerin ist nicht berechtigt.

Das Rekursgericht hat auf Grund des zwischen dem Antragsteller und seinem Vater über den Hälfteanteil am Hause A*****-Gasse ***** in *****, samt lebenslänglichem Wohnungsrecht des Antragstellers im Obergeschoß geschlossenen Schenkungsvertrages vom 5.7.1974 zutreffend zugrundegelegt, daß die im Obergeschoß gelegene und seit damals von den vormaligen Ehegatten benützte Ehewohnung (siehe ON 12, AS 41, 50, 54) im Hinblick auf die Bestimmung des § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen ist. Daran ändern auch die späteren Aufwendungen der vormaligen Ehegatten für die Ausgestaltung dieser Wohnung in der festgestellten Höhe von S 120.000,-- und der Umstand nichts, daß in diesem Zusammenhang an den Bruder des Antragstellers als Miterben eine "Erbsentfertigung" in der Höhe von S 100.000,-- geleistet worden ist (Angaben des Antragstellers ON 12 AS 52). Der Wert des geschenkten Hälfteanteils am Hause A*****-Gasse ***** mit dem lebenslangen unentgeltlichen Benützungsrecht des Antragstellers am Obergeschoß des Hauses überwiegt bei weitem diese Aufwendungen, sodaß in wirtschaftlicher Sicht dieser Eigentumserwerb samt Nutzungsrecht allein dem Antragsteller zuzurechnen ist (vgl. Wilhelm in NZ 1986, 145 f, 149; EvBl 1981/49; 6 Ob 533/87; 8 Ob 690/88 ua). Die vorgenannten gemeinsamen Aufwendungen sind allerdings im Rahmen der nach Billigkeit vorzunehmenden Vermögensaufteilung zu veranschlagen.

Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Vorinstanzen, daß im vorliegenden Fall die Ausnahmebestimmung des § 82 Abs 2 EheG zur Anwendung komme, weil die Antragsgegnerin im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle "auf die Weiterbenützung der Ehewohnung zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse angewiesen" sei. Diese gesetzliche Voraussetzung liegt nach der übereinstimmenden Lehre und Rechtsprechung nur dann vor, wenn existentielle Interessen dieses Ehegatten betroffen sind, dh., wenn ihm ohne diese Wohnung eine längerwährende Obdachlosigkeit und damit existenzgefährdende Notlage droht (Schwind Eherecht2 318; EvBl 1984/82; SZ 54/79; SZ 56/193; 6 Ob 573/90; EFSlg 38.863, 51.744, 51.745, 57.341, 57.343, 57.345, 57.347 ua). Das Fehlen einer anderen Wohnmöglichkeit für sich allein erfüllt also noch nicht den Tatbestand des § 82 Abs 2 EheG, weil der davon betroffene Ehegatte nach seinem Einkommen und Vermögen unter Bedachtnahme auf seine Sorgepflichten doch in der Lage sein kann, sein Wohnbedürfnis auf andere Weise als durch Weiterbenützung der vormaligen Ehewohnung zu befriedigen (2 Ob 644/86; 6 Ob 671/88 ua).

Die Antragsgegnerin hat in erster Instanz in keiner Weise behauptet, auf die Weiterbenützung der Wohnung zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse angewiesen zu sein, und im gesamten Verfahren auch nicht vorgebracht, daß sie ohne diese Wohnung der Obdachlosigkeit ausgesetzt sei. In ihrem Schriftsatz ON 2 vom 15.10.1986 erklärte sie, daß sie grundsätzlich mit dem Kind weiterhin in der vormaligen Ehewohnung wohne und daß sich das Kind nur während der Sommerferien bei ihren Eltern als Aufsichtspersonen befinde; es sei ihr "keinesfalls zumutbar, mit dem 11-jährigen Kind P***** nunmehr einen Wohnungswechsel vorzunehmen", dies sei nicht nur für sie, die Antragsgegnerin, "sondern vor allem für das Kind schon psychologisch von großem Nachteil"; bei der Bedarfszuweisung werde davon auszugehen sein, daß die eheliche Wohnung weiterhin ihr, der Antragsgegnerin, zur Benützung verbleibe, "insbesondere deshalb, weil der Antragsteller seinerzeit aus eigenem die Ehewohnung verlassen hat, um mit einer anderen Frau zusammenzuleben". Bei ihrer Parteienvernehmung ON 12, AS 41 f, gab die Antragsgegnerin lediglich an: "Ich bin nach wie vor mit meiner Tochter P***** in dieser Wohnung wohnhaft. Ich bin nach wie vor auf die Weiterbenützung dieser Wohnung angewiesen, auch meine Tochter P*****... "Meine Tochter P***** möchte auf jeden Fall in der Wohnung bleiben....." Die Darstellung in der Parteienvernehmung des Antragstellers (ON 12, AS 49), wonach die Antragsgegnerin und die mj. P***** in der Ehewohnung, zumindest aber in der Wohngegend, bleiben möchten und daß er im Laufe der Vergleichsversuche der Antragsgegnerin vier bis fünf nahegelegene Wohnungen angeboten habe, sie jedoch mit keiner einverstanden gewesen sei, blieb von der Antragsgegnerin unwidersprochen.

Ob die Notwendigkeit der Weiterbenützung der vormaligen Ehewohnung durch die Antragsgegnerin im Sinne des § 82 Abs 2 EheG hier tatsächlich besteht, hängt davon ab, welches Einkommen und Vermögen ihr zur Anschaffung einer hinreichenden anderen Wohnmöglichket zur Verfügung steht. Kann die Antragsgegnerin durch eine nach Billigkeitsgrundsätzen vorgenommene Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens finanziell in den Stand gesetzt werden, sich eine andere Unterkunft zu beschaffen, dann kann ein existentielles Interesse an der Weiterbenützung der vormaligen Ehewohnung nicht anerkannt werden.

Es ist daher zunächst auf der von den Parteien und Vorinstanzen übereinstimmend und zutreffend angenommenen Grundlage eines gleichteiligen Beitrages der vormaligen Ehegatten zur Vermögensschaffung die Zuweisung des jedenfalls der Aufteilung unterliegenden gemeinsamen Vermögens vorzunehmen. Da der Hälfteanteil des Antragstellers am Hause A*****-Gasse ***** in ***** samt Wohnrecht im Sinne des § 82 Abs 1 Z 1 EheG außer Betracht bleibt, sind grundsätzlich folgende festgestellte Vermögenswerte zu veranschlagen:

Liegenschaft EZ ***** S 590.000,--

abzüglich offenem Kaufpreisrest S 70.000,--

S 520.000,--

Ausstattung der Ehewohnung S 147.190,--

gemeinsame Investitionen in die Ehe-

wohnung während aufrechter Ehe S 120.000,--

während der Ehe erforderliche Aufwen-

dungen für die Liegenschaftshälfte des

Antragstellers S 100.000,--

Zuwachs Münzsammlung S 20.000,--

Sparguthaben S 14.860,--

Versicherungsleistung für PKW-Schaden S 19.500,--

S 941.550,--

Von diesem Gesamtvermögen im Werte von S 941.550,-- gebührt der Antragsgegnerin - ohne Bedachtnahme auf den ihr bei der außergerichtlichen Pfandbriefaufteilung zugekommenen Mehrbetrag von S 8.000,-- sowie den Umstand, daß der offene Kaufpreisrest von S 70.000,-- vom Antragsteller allein getragen wird - ein Hälfteanteil von S 470.775,--.

Der Antragsteller hat sich in seinen Rechtsmitteln selbst damit

einverstanden erklärt, daß der Antragsgegnerin die gemeinsame

Liegenschaft EZ ***** im Verkehrswerte von S 590.000,--

sowie Einrichtungsgegenstände im

Werte von rund S 80.000,--

somit vom aufzuteilenden Gesamtvermö-

gen von S 941.550,-- ein Anteil im

Werte von insgesamt rund S 670.000,--

zugewiesen wird.

Damit ist aber aus der Sicht der - schuldlos

geschiedenen - Antragsgegnerin dem Gebote der Billigkeit der Vermögensaufteilung entsprochen und die Antragsgegnerin wird solcherart auch in den Stand gesetzt, sich durch Verkauf der ihr zugewiesenen Liegenschaft im Verkehrswert von S 590.000,-- eine andere Unterkunft zu verschaffen und den neuen Haushalt überwiegend mit den ihr zugewiesenen - nicht

eingebauten - Einrichtungsgegenständen einzurichten. Hinsichtlich der Finanzierung ihrer künftigen laufenden Wohnungs- und Betriebskosten ist zu ihrem eigenen Nettoeinkommen von monatlich S 8.000,-- zuzüglich Familienbeihilfe der auch der Wohnversorgung dienende Unterhaltsbeitrag des Antragstellers für das am 4.11.1974 geborene eheliche Kind mj. P***** teilweise hinzuzurechnen.

Unter allen diesen Umständen sis somit aber die - in den Entscheidungsgründen unbegründet gebliebene - Annahme der Vorinstanzen, der Antragsgegnerin drohe ohne Weiterbenützung der vormaligen Ehewohnung eine existenzgefährdende Notlage, nicht gerechtfertigt. Der Ausnahmefall des § 82 Abs 2 EheG ist daher nicht gegeben.

Durch die Zuweisung des mit Ausnahme der Ehewohnung der Aufteilung unterliegenden ehelichen Gebrauchsvermögens der vormaligen Ehegatten im Sinne der obigen Wertanteile ist die Antragsgegnerin offenkundig nicht beschwert, sondern begünstigt. Ihre Rekursbehauptung, der Antragsteller habe ihr in der Vereinbarung ./A hinsichtlich der vormaligen Ehewohnung bereits ein lebenslanges Wohnungsrecht eingeräumt, widerspricht dem Inhalt dieser Urkunde und den diesbezüglichen vorinstanzlichen Feststellungen.

Demgemäß war dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben, dagegen im Sinne des Rechtsmittelantrages des Antragstellers zu entscheiden.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Antragstellers wurde, wie dieser selbst zugesteht, nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist des § 231 Abs 2 AußStrG eingebracht und war daher als verspätet zurückzuweisen; die Bestimmung des § 11 Abs 2 ist auf Rechtsmittelbeantwortungen von vornherein nicht anwendbar.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller Instanzen beruht auf § 234 AußStrG.

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